Menschenrechtler drängen auf Aus für das Blasphemiegesetz in Indonesien

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Flagge von Indonesien
Flagge von Indonesien

Blasphemie ist in Indonesien eine Straftat. Damit soll nun Schluss sein, fordert die Menschenrechtsorganisation Setara Institute for Democracy and Peace. Auch andere NGOs beobachten das Verbot mit Sorge. Laut Human Rights Watch sind seit Einführung des Blasphemiegesetzes 1965 mehr als 150 Menschen wegen Gotteslästerung verurteilt worden, meist Angehörige religiöser Minderheiten. 

Anlässlich der Feierlichkeiten zum 77-jährigen Jubiläum der staatlichen Polizei Anfang Juli forderte das Setara Insitute von den Behörden einen Stopp, zumindest jedoch ein Moratorium für die Anwendung des Blasphemiegesetzes. Der Vize-Vorsitzende von Setara, Bonar Tigor Naipospos, appellierte an die Regierung, die Vorschriften zu überarbeiten oder ganz zu streichen. Für die Übergangszeit solle die Polizei darauf verzichten, das Gesetz anzuwenden. Durch diese Maßnahmen hoffen die Menschenrechtler, die Religionsfreiheit aller Bürger zu gewährleisten.

Indonesien ist der Staat mit der größten muslimischen Bevölkerung weltweit. Rund 230 Millionen Menschen dort (etwa 87 Prozent) gehören offiziell dem Islam an. Er ist neben Christentum, Hinduismus, Buddhismus und Konfuzianismus eine der fünf Religionen, zu denen sich jeder Bürger bekennen muss. Der Staat gilt in Glaubensfragen als tolerant, doch die Verurteilungen wegen Blasphemie stellten diesen guten Ruf zunehmend infrage, sagte Andreas Harsono von Human Rights Watch gegenüber der katholischen Nachrichtenagentur UCA News.

Das indonesische Blasphemiegesetz ist äußert vage formuliert und lässt Raum für interessengeleitete Auslegungen, wie kritische Stimmen bemängeln. Laut Artikel 156 des Strafgesetzbuches macht sich strafbar, wer "absichtlich Gefühle zum Ausdruck bringt oder Handlungen begeht, die als feindselig angesehen und als Missbrauch oder Verleumdung einer Religion betrachtet werden". Artikel 157 untersagt die Verbreitung "von Schriften oder Bildern mit feindseligen, hasserfüllten oder erniedrigenden Äußerungen gegen andere Menschen oder religiöse Gruppen".

Gegenüber UCA wies Naipospos darauf hin, dass auf dieser Grundlage die Polizei selbst entscheiden könne, ob eine Handlung als Blasphemie gilt oder nicht. Bei fast allen derartigen Anzeigen beriefen sich die Ermittler auf Fatwas des indonesischen Ulema-Rates, des bedeutendsten Verbandes von islamischen Rechtsgelehrten im Land. Da aber eine Fatwa lediglich die religiöse Ansicht bestimmter Glaubensgruppen wiedergebe, könne sie nicht als Grundlage für ein Verfahren vor einem staatlichen Gericht dienen, so der Bürgerrechtler weiter. Untersuchungen zum Zeitraum zwischen 2007 und 2022 hätten gezeigt, dass die Gesetze oft zur willkürlichen Kriminalisierung bestimmter Gruppen angewandt würden. Im vergangenen Jahr gab es laut Setara 19 Verurteilungen wegen Blasphemie, 2021 waren es nur zehn Fälle gewesen.

Zuletzt erregte der Fall der muslimischen Influencerin Lina Mukherjee internationales Aufsehen. Sie muss mit einer fünfjährigen Haftstrafe rechnen, nachdem sie von einem islamischen Geistlichen angezeigt wurde. Der Grund: Mukherjee hatte im März in einem TikTok-Video zunächst die Formel "Bismillah" (etwa: "Im Namen Allahs") ausgesprochen und anschließend Schweinefleisch verzehrt. 

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