Das erste Heft des 52. Jahrgangs der MIZ widmet sich im Schwerpunkt der Frage, warum wir eine universalistische Wissenschaft verteidigen müssen. Anlässe dazu gibt es genug: die irrationalen Debatten während der Corona-Zeit, Universitätsfächer, die die wissenschaftlichen Methoden demontieren, Filterblasen, in denen "alternative Fakten" dominieren.
Im Editorial identifiziert Christoph Lammers Krisen als einen wichtigen Motor von Wissenschaftsfeindlichkeit. Offenbar entlastet es viele Menschen in schwierigen Zeiten, Autoritäten zu folgen und wissenschaftlich begründete Skepsis gegenüber deren Versprechungen in Zweifel zu ziehen. Wenn die Ergebnisse von Wissenschaft dem eigenen Wunschdenken widersprechen, wird diese als "Überbringerin der Botschaft" zur Mitschuldigen an der Krise erklärt.
Welche Ursachen wissenschaftsskeptische Einstellungen noch haben können, erläutert Dittmar Graf in seinem Beitrag. Und der Biologiedidaktiker benennt auch eine erfolgversprechende Gegenmaßnahme: Kinder möglichst früh mit wissenschaftlichem Denken vertraut machen. Im Bereich der Medizin kommt zu den von Graf beschriebenen allgemeinen Ursachen für die Ablehnung von Wissenschaft noch eine spezifische hinzu: Die von vielen am eigenen Leib erfahrenen Schwächen des Systems Medizin werden der wissenschaftlichen Methode angelastet. Deshalb plädiert die Ärztin Natalie Grams im Interview für "gute Medizin" als wirksamstes Gegenmittel gegen Wissenschaftsskepsis.
Zwei weitere Beiträge befassen sich mit den sogenannten "Critical Studies". Martin Mahner wirft einen grundsätzlichen Blick auf deren Konzeption und kommt zu dem Schluss, dass vor allem eine deutliche Tendenz zur Kritikimmunisierung den Anfangsverdacht von Pseudowissenschaft stützt. Gunnar Schedel nimmt die Ereignisse auf der GWUP-Mitgliederversammlung zum Anlass für eine Begutachtung der in den Critical Studies anzutreffenden Auffassung von Kritik. Dazu nimmt er auch das Antirassismus-Konzept der US-amerikanischen Soziologin Robin DiAngelo unter die Lupe.
Staatsleistungen und Religionsunterricht
Gerade weil die Politik schon wieder zurückrudert, ist es wichtig, das Thema "Ablösung der Staatsleistungen" auf der politischen Agenda zu halten. Christian Casutt beschreibt die mit Jahrhunderte alten Besitzverschiebungen begründeten jährlichen Zahlungen in dreistelliger Millionenhöhe als "feudalen Stachel im Fleisch des säkularen Rechtsstaates". Rückwärts geht es auch in Berlin: Die neue schwarz-rote Koalition hat sich vorgenommen, Religionslehre als Wahlpflichtfach einzuführen – und damit nach über 70 Jahren die Freiwilligkeit der Teilnahme am Religionsunterricht einzuschränken. Außerdem gibt es noch einen Blick zurück auf die MIZ-Feedback-Konferenz, auf der über den Schwerpunkt des vorherigen Heftes diskutiert wurde: Eine zielführende säkulare Lobbyarbeit.
Humanismus und Atheismus
Von grundsätzlicher Art ist der Beitrag von Horst Groschopp. Darin wird erörtert, was denn eigentlich unter "säkularem Humanismus" zu verstehen ist. Der Humanismusforscher hat seine Zweifel, ob die beiden Begriffe so richtig zusammenpassen und bringt – auch angesichts der unterschiedlichen politischen Konzeptionen in der säkularen Szene – einen weiteren Begriff ins Spiel: den des "säkularisierenden Humanismus".
Die Intention des Atheist Day hingegen ist eindeutig: atheistische Weltsicht und Lebensweise sichtbar machen. Romo Runt berichtet über die diesjährigen Aktivitäten am 23. März und stellt auch die dieses Jahr von Projekt 48 erstmals veröffentlichte "Liste der säkularen Gefangenen" vor.
Außerdem bietet das Heft den neunten Teil der Artikelserie über die Erweiterte Evolutionäre Synthese, eine Buchbesprechung sowie die Internationale Rundschau. Und die Glosse "Neulich…bei Königs" von Daniela Wakonigg.
Weitere Informationen zur aktuellen MIZ auf der Webseite der Zeitschrift.