Neue Aufmerksamkeit für Bürgerbegehren des Düsseldorfer Aufklärungsdienstes

Narren spotten über die Finanzierung von Kirchentagen

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Düsseldorfer Gallier beim Widerstand gegen die Verschwendung öffentlicher Gelder für die Finanzierung des Kirchentags 2027.

Der Düsseldorfer Löwe verbrennt 5,8 Millionen für die Bezuschussung des Evangelischen Kirchentags 2027. Mit der Skulptur des Wagenbauers Jacques Tilly hat der Düsseldorfer Rosenmontagszug ein Thema aufgegriffen, das die Landeshauptstadt schon seit Monaten beschäftigt. Denn die öffentliche Finanzierung des Kirchentags rechnet sich für die Stadt weder ökonomisch noch ist sie politisch angemessen, da die Mehrheit der Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger konfessionsfrei ist.

Tatsächlich gehören nur noch 15 Prozent der Stadtbevölkerung der evangelischen Kirche an. Zudem stehen dem geplanten Zuschuss von 5,8 Millionen Euro deutlich geringere Steuermehreinnahmen in Höhe von 1,8 Millionen Euro gegenüber. Zum Vergleich: Der Düsseldorfer Karneval sorgt für sehr viel höhere Steuereinnahmen als der Kirchentag, erhält aber nur ein Bruchteil der öffentlichen Gelder. Der Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!), eine der aktivsten Regionalgruppen der Giordano-Bruno-Stiftung, hat deshalb ein Bürgerbegehren gestartet, das die unverhältnismäßig hohe Bezuschussung des protestantischen Glaubensfestes verhindern will.

Unterstützt von der Aktionsgruppe 11. Gebot ("Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen!") regt der Aufklärungsdienst an, den Millionenbetrag dort zu investieren, wo er wirklich gebraucht wird. Immerhin muss die mit 1,1 Milliarden Euro verschuldete Stadt überall Kürzungen vornehmen. Sollte man das Geld nicht sehr viel eher für die dringend notwendige Sanierung der öffentlichen Schulen einsetzen statt ausgerechnet für einen Kirchentag, mit dem die meisten Bürgerinnen und Bürger gar nichts anfangen können? Ohnehin: Warum fließt der Geldtransfer nicht in die exakt entgegengesetzte Richtung? Sollten die reichen Kirchen den verschuldeten Städten nicht etwas dafür zahlen, dass sie deren Zentren als Kulisse für ihre Glaubensfeste nutzen dürfen?

Inzwischen hat der Düsseldorfer Aufklärungsdienst mehr als ein Drittel der für das Bürgerbegehren benötigten Stimmen zusammenbekommen – und dies, obwohl er daran gehindert wurde, größere Aktionen auf wichtigen Events, etwa auf Weihnachtsmärkten, durchzuführen. Den Karneval will sich die Gruppe nun aber auf keinen Fall entgehen lassen: In Anlehnung an die berühmte Geschichte von Asterix & Obelix, die sich so erfolgreich der römischen Besetzungsmacht widersetzen, haben sich die Aktivistinnen und Aktivisten als Gallier verkleidet, um im Schatten des Tilly-Wagens auf Stimmenfang zu gehen.

Widerstand gegen die Kirchenlobby

Unterstützung erfahren die widerständigen Düsseldorfer Gallier dabei von Sympathisantinnen und Sympathisanten aus ganz Deutschland, unter anderem von dem Berliner Sozialforscher Carsten Frerk, der wie kein anderer deutscher Wissenschaftler die Finanzen und Vermögen der Kirchen unter die Lupe genommen hat. Frerk hält die Kirchen für die "erfolgreichsten Lobbyorganisationen in Deutschland", deren Durchschlagskraft nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass sie in der Regel gar nicht als Lobbyorganisationen wahrgenommen werden.

Tatsächlich ist der Aufstieg der Kirche von einem winzigen "Start-up" ("12 Männer und ein Esel") zu einem veritablen Weltkonzern, der hierzulande größere Gewinne erwirtschaftet als die Giganten der Automobilindustrie, beeindruckend. Allerdings wird das "Geschäftsmodell der Kirchen" (Frerk) auf Dauer kaum von Erfolg gekrönt sein. Denn ihr Kundenkreis wird zunehmend kleiner – zumindest im finanziell attraktiven Westeuropa. Ricarda Hinz vom Düsseldorfer Aufklärungsdienst verdeutlicht dies am Beispiel ihrer Heimatstadt: "Gegenwärtig sind nur noch 15 Prozent der Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger Mitglieder der Evangelischen Kirche. Schon bald werden es unter 10 Prozent sein. Irgendwann werden wir den Punkt erreichen, an dem selbst die rückwärtsgewandtesten Politiker einsehen müssen, dass es nicht mehr angemessen ist, einer gesellschaftlichen Randgruppe mit solch unverhältnismäßigen Mitteln unter die Arme zu greifen."

Natürlich hofft der Düsseldorfer Aufklärungsdienst, dass es ihm bis zum 21. April gelingt, die noch erforderlichen 9.000 zusätzlichen Stimmen für das Bürgerbegehren zu gewinnen. Damit könnte das erste Mal in der deutschen Geschichte die öffentliche Finanzierung eines Kirchentags verhindert werden. Doch selbst wenn das Bürgerbegehren in dieser Hinsicht scheitern sollte, müsste es als Erfolg verbucht werden. Denn niemals zuvor wurde die öffentliche Finanzierung eines Kirchentags in so vielen Medienberichten problematisiert. Allein die Tatsache, dass das Comitee Düsseldorfer Carneval (CC) Jacques Tilly beauftragt hat, einen eigenen Rosenmontagswagen zur Kirchentagsfinanzierung zu bauen, zeigt, wie weit das Thema in die Gesellschaft vorgedrungen ist. Und so wird die "politische Selbstverständlichkeit" der öffentlichen Kirchentagsfinanzierung wohl schon recht bald keine Selbstverständlichkeit mehr sein.

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