Düsseldorf

Unbeugsame "Gallier" sammeln Unterschriften für Bürgerbegehren gegen Kirchentagsfinanzierung

Ist ganz Düsseldorf von Religiösen besetzt? Keineswegs! Mitglied der Evangelischen Kirche sind sogar nur noch 15 Prozent der Düsseldorfer:innen. Trotzdem sagte der Rat der hochverschuldeten Stadt dem Evangelischen Kirchentag 2027 einen Zuschuss von 5,8 Millionen Euro zu. Der Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!) strebt an, diese Entscheidung mit einem Bürgerentscheid auf den Prüfstand zu stellen. Damit dies passiert, sammelt die Gruppe derzeit Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Beim Rosenmontagszug waren die unbeugsamen Düsseldorfer Aufklärer als widerständige Gallier verkleidet anzutreffen.    

Passender konnte die Symbolik kaum sein: Eine kleine Gruppe unbeugsamer Gallier wirft sich der Übermacht der Römer entgegen. Die Römer stehen dabei für die Stadt Düsseldorf, die nicht nur den Evangelischen Kirchentag 2027 mit 5,8 Millionen Euro aus Steuergeldern co-finanzieren will. Sondern die auch den Galliern – diese stehen für den Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!) – Knüppel  zwischen die Beine wirft. Nämlich da, wo es um das vom DA! angestoßene Bürgerbegehren gegen diese öffentliche Finanzierung geht.

Schon zweimal hat sich der DA!, eine Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen die Stadt durchgesetzt, als diese mit juristischen Finessen das Bürgerbegehren ausbremsen wollte. Noch ist Zeit bis zum 21. April, die erforderlichen rund 15.000 Stimmen zu sammeln. Dann käme es zu einem Bürgerentscheid, der den Ratsbeschluss über die öffentliche Finanzierung kippen könnte. Bei den Befürwortern der Kirchentagsfinanzierung im Stadtrat ist man sich längst nicht mehr sicher, dass die Sache so einfach durchgeht wie gedacht. So hatte ein Ratsmitglied der das Vorhaben tragenden CDU kürzlich mit wohl unbeabsichtigtem Wortwitz im Stadtrat anerkennend gesagt: "Die Initiative ist weiß Gott professionell aufgestellt."

Doch zurück zu den Galliern. Der Karneval hat das Thema nun noch einmal ganz besonders ins Interesse der Düsseldorfer Stadtgesellschaft gerückt. Einer der wie immer hochpolitischen Mottowagen des Wagenbauers Jacques Tilly griff es am Rosenmontag plakativ auf: Der Löwe aus dem Düsseldorfer Stadtwappen kippt die Millionen ins Feuer und prangert die städtische Geldverbrennung an. Unübersehbar für Zehntausende am Rande des Rosenmontagszuges und einen Tag später für die Leserschaft der lokalen Medien.

Die auf den Mottowagen vorbereiteten Aktivisten des DA! und herbeigerufene Verstärkung aus anderen gbs-Regionalgruppen, unter anderem München und Berlin, werfen sich in die Kostüme der Helden aus den Asterix-Bänden. Obelix, Troubadix, Miraculix und Co. versammeln sich schon vor dem Start des Rosenmontagszuges an dem Wagen, der in der Startreihe hinter den "Aktivisten" der Fußballer von Fortuna Düsseldorf steht. Und gegenüber – beim Teutates, das ist pikant – bereitet sich die Diakonie darauf vor, im Zoch mitzulaufen.

Passanten, die sich das Tilly-Kunstwerk ansehen oder fotografieren, werden von den Galliern gleich angesprochen: "Das ist der Mottowagen zum Bürgerbegehren. Helfen Sie mit Ihrer Stimme, diese Millionenverschwendung zu stoppen." Einige derer, die dann auch unterschreiben, bedanken sich ausdrücklich für das Engagement. Eine Frau aus dem benachbarten Erkrath bedauert, dass sie als Nicht-Düsseldorferin nicht unterschreiben dürfe. Aber grinsend fügt sie hinzu, sie werde ihr Handy-Foto des Wagens mal gleich an ihren kleinen Bruder weiterleiten. Der sei nämlich evangelischer Pfarrer. Andere schütteln nur den Kopf und lehnen eine Unterschrift ab: "Die 5,8 Millionen sind doch Peanuts im Vergleich dazu, was die Stadt sonst noch so verschwendet." Oder: "Ich kann nicht unterschreiben, ich werde von der Kirche bezahlt." Oder: "Ich bin aber doch gläubig." Besonders drastisch formuliert es ein etwa 50-jähriger Mann: "Wenn uns der Islam überrollt, dann seid ihr schuld."

Beispielbild
Aktivisten vom Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!) und der Kunstaktion "11. Gebot: Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen!" (Foto: © Bruno Wolf)

Als sich der Zoch in Bewegung setzt und die Gallier ihn aus Sicherheitsgründen nicht auf der Strecke begleiten dürfen, wird das Unterschriftensammeln schwieriger. Gegen den Lärm lässt sich in der Menschenmenge kaum an-argumentieren. Zumal die Menschen einfach nur noch feiern wollen. Die Gallier ziehen weiter zu einem etwas abseits des Zuges gelegenen Platz, um dort David Farago mit seinem Moses und dem 11. Gebot "Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen" beim Stimmensammeln zu helfen. Doch auch hier hat das oftmals trunkene Narrenvolk wenig Lust auf politische Diskussionen. Und so sind es am Ende des Tages nur etwas mehr als 150 Unterschriften, die von den Galliern und dem Moses-Team eingesammelt wurden.

Noch eine weite Strecke ist es da – von den derzeit rund 5.000 gesammelten Unterschriften bis zu den erforderlichen 15.000. Aber Ricarda Hinz, Mitbegründerin des DA!, bleibt kämpferisch: "Wir hoffen auf die Düsseldorfer:innen. Dass sie sich einen Ruck geben und damit ihrer Stadt das Ausgeben von Millionen Steuergeldern ersparen." Hinz fügt hinzu: "Das wäre ein Präzedenzfall auch für andere Kirchentage, wenn hier basisdemokratisch entschieden würde, die städtische Finanzierung zu verhindern."

Vielleicht kann bei diesem Vorhaben auch helfen, dass der Mottowagen zum Kirchentag dem traurigen Schicksal entgehen wird, das die Wagen nach dem Karneval normalerweise erleiden: Das Wagenbauteam zertrümmert sie. Doch der Wagen mit der Geldverbrennung wird überleben. Jacques Tilly sagt: "Wir wollen ihn bei der Düsseldorfer 'Nacht der Museen' noch einmal zeigen." Diese Kulturveranstaltung ist freilich erst am 22. April, also nach Ablauf der Frist für das Bürgerbegehren. Aber wer sagt denn, dass das gute Stück nicht auch vorher noch Werbung für das Anliegen machen könnte? Genau darüber denken Ricarda Hinz und ihre Mitstreiter:innen bereits nach.

Unterstützen Sie uns bei Steady!