Ein Roman aus drei Welten von Marlene Pfaffenzeller

Nereng gomez – Der Urin des Ochsen

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Der Kaukasus in Georgien
Georgien

Ein Roman, auch über Religionen: Marlene Pfaffenzeller erzählt von Leid, Schmerz und unsinnigen Ritualen. Und der immer währenden Sehnsucht nach Gemeinschaft und Regeln einerseits sowie Vernunft und Gerechtigkeit andererseits.

Leser sehen die drei Welten durch die Augen eines jesidischen Mädchens, die zur jungen Frau wird und schließlich eine Erwachsene ist. Ihre Erlebnisse und Begegnungen sind so universell wie die Geltung der Menschenrechte und werden ebenso oft auch verletzt und ignoriert.

Cover

Die kalte Macht der Behörden und abweisenden Grenzen der Nationalstaaten stehen in einem schrillen Kontrast zu der Wärme und Solidarität einzelner Menschen, die sich der Protagonistin annehmen. Auch die diversen unsinnigen religiösen Rituale und Namenspiele, die hier mit feinsinnigem Humor beschrieben werden, heben sich krass ab von den grausamen Auswirkungen der Kriege der (Glaubens-)Gemeinschaften.

Der Roman ist eine Auseinandersetzung mit unserer Welt, wie sie sich darstellt, in all der Unerbittlichkeit jedoch auch mit den Möglichkeiten für ein friedliches Leben, nach dem sich die meisten Menschen doch sehnen und das für viele derzeit so unerreichbar scheint. Die große Kunst des Romanes liegt im gelungenen Perspektivwechsel. Die Kombination aus Medizinerin, Therapeutin und Schriftstellerin macht es Marlene Pfaffenzeller möglich, eine haarsträubend ungerechte Lebensgeschichte dennoch einfühlsam, zart und diskret zu erzählen. Es ist die Geschichte einer Frau, die nicht das Recht hat, Rechte zu haben. Denn diese Rechte gelten erst, wie Hannah Arendt so treffend bemerkte, wenn mensch einen Pass hat, eine Staatsangehörigkeit.

Das Buch führt uns über Georgien nach Deutschland, Spanien und schließlich nach Kolumbien. Möglicherweise werden die meisten der LeserInnen am Ende des Buches Sehnsucht haben, nach einem dicken Kater, der Zarathustra heißt und einem kleinen malerischen Buchladen.

Nereng gomez ist ein aus dem Urin eines ausgewachsenen, gesunden Ochsen gewonnenes rituelles Reinigungsmittel, das in der alten orientalischen Religion der Zoroaster (griechisch für Anhänger des Propheten Zarathustra) verwendet wurde.
Noch heute finden sich die unterschiedlichsten Reinigungsrituale in fast allen Religionen und einige auch in diesem Roman.

Pfaffenzeller, Marlene, Nereng Gomes – Der Urin des Ochsen, Neukirchner Verlagsgesellschaft/Kulturmaschinen, ISBN 3943977978, 16,00 Euro