Im März und Dezember 2023 sollen nach Medienberichten vier Oberstufenschüler einer Neusser Gesamtschule versucht haben, Lernende wie Lehrende zur Einhaltung religiöser Regeln zu drängen. So sollte zum Beispiel nach Geschlechtern getrennt unterrichtet werden, weibliche Personen sollten sich schariakonform kleiden und muslimische Gläubige die Schule zum Freitagsgebet früher verlassen dürfen. Da Druck ausgeübt und Bedrohungen ausgesprochen worden sein sollen, wurden die Behörden informiert.
In einer Stellungnahme kommentiert die Schule die Veröffentlichung von Details und weist auf eigene Schritte hin.
Am 11. Januar 2024 hatte die Rheinische Post berichtet, dass vier Oberstufenschüler einer Neusser Gesamtschule sich als Scharia-Polizei aufgespielt haben sollen. Dabei gaben sie Forderungen aus wie Verhüllung für Frauen, Geschlechtertrennung oder auch Freistellung fürs Freitagsgebet und übten Druck auch auf andere muslimische Gläubige aus. Zudem sollen die vier Schüler erklärt haben, die Demokratie abzulehnen und Folter zu akzeptieren. Wie der WDR erklärte, soll es sich um diverse Handlungen der Oberstufenschüler in den Monaten März und Dezember 2023 gehandelt haben. In beiden Monaten hatte sich die Gesamtschule an die Polizei gewandt. Während diese für die Aktionen im März 2023 strafrechtliche Relevanz feststellen konnte, werden die Handlungen im Dezember noch auf Nötigung und Drohung geprüft.
Neben den Behörden hatte die Schule auch das "Wegweiser"-Präventionsprogramm kontaktiert, welches Jugendliche in NRW vor einem Einstieg in den Islamismus schützen soll. Ein Kontakt, der nach Angaben des WDR bei den Oberstufenschülern fruchtlos gewesen sein soll.
Die betroffene Schule – die Gesamtschule Nordstadt – selbst zeigte sich von der Berichterstattung entsetzt. Sie erklärte in einer eigenen Stellungnahme vom 12. Januar auf der Schul-Website, keine vertraulichen Details weitergegeben zu haben und die Veröffentlichung als unverantwortlich einzuschätzen. In der Stellungnahme wird angemerkt, dass es sich nicht um einen akuten Vorfall handele, sich Expertise zur Fortbildung des Kollegiums geholt worden sei und man sich eine differenzierte Betrachtung komplexer Phänomene wünsche.
Tatsächlich bauten die Veröffentlichungen der Rheinischen Post zunächst auf einem Polizeibericht auf. Landeskriminalamt samt Staatsschutz sowie das Innenministerium wurden durch Schule beziehungsweise die Polizei informiert. Der Innenminister NRWs, Herbert Reul von der CDU, hatte dazu der Redaktion der Rheinischen Post erklärt, dass sich Teile der Gesellschaft leider einen islamistischen Gottesstaat herbeisehnten und die Radikalisierung auch vor Kindern und Jugendlichen nicht halt mache.
Generell scheint man in Nordrhein-Westfalen, dem Bundesland, welches Ehrfurcht vor Gott noch immer als Teil des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule ansieht, der Radikalisierung von Kindern und Jugendlichen noch immer recht ratlos gegenüberzustehen. Zwar erklärt Innenminister Reul, dass junge Menschen besser mitgenommen werden müssten und ihnen Alternativen aufgezeigt werden sollten. Einen Niederschlag findet der fromme Wunsch der Politik in der Finanzierung von Arbeit mit Kindern und Jugendlichen jedoch nicht. Seit Jahrzehnten müssen die Stellen, die Jugendlichen Unterstützung, Vernetzung, Förderung und tatsächliche Alternativen bieten, jeden Pfennig und mittlerweile Cent mehrfach umdrehen. Wenig verwunderlich, dass diejenigen, die vermeintlich einfache, fertige und strikte Lösungen anbieten, Zulauf haben. Selbst wenn das bedeutet, massiv Freiheiten abzugeben oder gar in einer Terrororganisation zu foltern und zu morden.
7 Kommentare
Kommentare
Thomas Spickmann am Permanenter Link
Man könnte es als jugendliche Spinnerei sehen, aber dafür ist die Angelegenheit zu ernst.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
richtig, dafür ist die Sache zu ernst, wenn sich tiefen indoktrinierte Kinder schon derartig einsetzen für die Belange einer rigiden Religion, sollten die Alarmglocken laut anschlagen.
Helmut Lambert am Permanenter Link
Die Aufklärung ist durch eigene Fehlentwicklungen (tlws.
Wolfgang Aschauer am Permanenter Link
Eigentlich ist die Lösung doch ganz einfach: Wenn Gott sich angegriffen fühlt, dann soll er sich wehren.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Nun ja, als Amtsanmaßung würde ich die vielen Morde im Namen Allahs nicht bezeichnen.
David Z am Permanenter Link
Ich sehe das Problem in größerem Kontext.
Auch wenn es pessimistisch klingt, aber es gibt aus meiner Sicht nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir kämpfen wie Sisyphus gegen ein unlösbares Problem an und akzeptieren im Endeffekt damit den negativen Wandel unserer freien Gesellschaft. Oder wir stellen sicher, dass schlechte Ideen gar nicht erst nach Europa bzw D gelangen.
In UK wird übrigens grade etwas ähnliches diskutiert wie der Fall im Artikel: In einer Schule nahe London hat die Schulleiterin das Beten untersagt, da muslimische Schüler dafür stetig mehr Raum und Zeit einforderten. Dies nahm inakzeptable Ausmasse an, da der Schulfrieden mehr und mehr gestört wurde: Die "betenden" Schüler fingen an, ihren religiösen Impetus an die Mitschüler zu übertragen und zB Mädchen das Kopftuch aufzwingen. Dass die arme Schulleiterin jetzt auch noch als Rassistin diffamiert wird, kommt dann noch dazu, ist aber ein separates Problem.
Quelle: https://www.theguardian.com/education/2024/jan/17/london-headteacher-defends-school-prayer-ban-high-court
Tim Mangold am Permanenter Link
Ja, keine Frage, Jugendliche müssen mehr mitgenommen und in bessere Lösungen für ihr Leben herangeführt werden, es müssen sich soziale Standarts bessern. Dieses hier:
"Ehrfurcht vor Gott noch immer als Teil des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule ansieht"
Muss sich aber auch ändern. Weswegen sollte man einem Wesen, für dessen Existenz keine Belege existieren und dem man sehr brutale Forderungen für Glück nachsagt als wichtug ansehen?
Ich möchte gern auf den Vorschlag von Michael Schmidt Salomon verweisen, der besagt, dass wenn schon Religion unterrichtet wird, dann so, dass die großen Religionen in einem einzigen Fach bearbeitet werden können.