Am 22. September hat der Deutsche Ethikrat eine Stellungnahme mit dem Titel "Suizid – Verantwortung, Prävention und Freiverantwortlichkeit" vorgestellt. Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) begrüßt zwar die damit verbundene Anregung, Angebote zu einer Suizidprävention über die gesamte Lebensspanne und für alle relevanten Lebensbereiche auszuweiten. Um aber individuellen Lebenslagen wirklich gerecht werden zu können, darf es keineswegs zu einer irreführenden Gleichsetzung der Personen, die sich in einer suizidalen Krise befinden, mit denjenigen, die einen Freitodwunsch entwickelt haben, kommen. Ebenfalls ist hervorzuheben, dass ein Freitodwunsch sich in aller Regel nicht aus einem pathologisch geprägten, aus Verzweiflung erwachsenen Suizidwunsch heraus entwickelt.
DGHS-Präsident Robert Roßbruch betont: "Freitodwillige Menschen kommen über einen rational geprägten, oft bilanzierenden und verschiedene Alternativen berücksichtigenden Reflexionsprozess freiverantwortlich zu einer persönlichen Entscheidung, ihr Leben selbstbestimmt beenden zu wollen und suchen hierfür nach Suizidassistenz. Ein solcher Suizidwunsch hat keinen pathologischen Hintergrund und sollte daher auch nicht fälschlich pathologisiert werden. Die Freitodwilligen entscheiden sich nicht für einen Suizid, weil sie keinen anderen Ausweg mehr sehen, sondern, weil dies unter den verfügbaren Optionen diejenige ist, die ihrem Verständnis von Selbstbestimmung und Sinnerfüllung am stärksten entspricht."
Die Unterstützung für freitodwillige Menschen dürfe, so Roßbruch, nicht von einem paternalistischen Gestus geprägt sein, der unter dem Deckmantel eines nur scheinbar ergebnisoffenen Beratungsangebots darauf abzielt, ihnen eine Lebensbindung anzutragen, die ihrem eigenen gefestigten Willen widerspricht. Laut Roßbruch ist eine Ausweitung von Angeboten der Suizidprävention für Menschen nötig, die einen Ausweg suchen, aber keinen solchen mehr finden können. Jedoch gleichermaßen vonnöten sei eine Ausweitung von Angeboten für Menschen, die freiverantwortlich und dauerhaft ihren Weg für sich bereits gefunden haben und diesen sicher, geschützt und schmerzfrei in die Tat umsetzen wollen.
In der gerade erschienen DGHS-Zeitschrift Humanes Leben – Humanes Sterben weist die Organisation auf den großen Zuspruch hin, den die gestartete Petition erfährt: Immer mehr Menschen unterschreiben und bekräftigen damit den Ruf gegen ein neues Strafgesetz, das das Recht auf Hilfe beim freiverantwortlichen Suizid unverhältnismäßig einschränken könnte. Hintergründe zur Online-Petition erläutert die aktuelle Ausgabe der Vereinszeitschrift Humanes Leben – Humanes Sterben (HLS 2022-4) auf den Seiten 4 bis 5.
Ein aufsehenerregender Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zieht die Grenze von Suizidhilfe zur (durch § 216 StGB verbotenen) "Tötung auf Verlangen" neu. Mit welcher Begründung dies das Gericht tut, sieht unser Autor und Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a. D., Prof. Dr. Thomas Fischer, eher kritisch (S. 13–15).
Über die Weiterentwicklung der DGHS-Geschäftsstelle berichtet der Geschäftsführer Johannes Weinfurter (S. 8–9). Zudem stellen wir neue Mitarbeiterinnen vor.
Welche Konsequenzen es haben kann, wenn die Patientenverfügung das Legen einer Sondenernährung kategorisch verbietet, erläutert ein Beitrag von Karoline Dichtl, einer früheren Intensivschwester und jetzt lokale Ansprechpartnerin der DGHS (S. 10–11).