Österreich hat eine Beobachtungsstelle für den politischen Islam

Dokumentationsstelle Politischer Islam.jpg

Am 15. Juli 2020 lud Bundesministerin Susanne Raab zu einem Round Table zum Thema "Dokumentationsstelle Politischer Islam".
Round Table zum Thema "Dokumentationsstelle Politischer Islam"

Im Juli hat die Integrationsministerin Susanne Raab in Wien eine Beobachtungsstelle für den politischen Islam eingerichtet. Vorbild hierfür ist das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW), welches sich mit der Dokumentation und argumentativen Bekämpfung des klassischen Rechtsextremismus beschäftigt, aber über keinerlei Expertise in der Islamismus- beziehungsweise Dschihadismus-Bekämpfung verfügt.

Die Einrichtung dieser Institution war schon länger geplant, wurde gerade von linker Seite auch heftig kritisiert. Durch die traumatischen Ereignisse in Wien-Favoriten (also im sogenannten "Klein-Istanbul"), bei denen die rechtsextremen türkischen Nationalisten der Grauen Wölfe (vermutlich auf Anweisung Ankaras) eine kurdische Demonstration nebst deren Unterstützern von der Antifa angriffen und es zu nächtelangen Straßenschlachten mit der Polizei kam, wurde den Kritikern ein guter Teil des Windes aus den Segeln genommen.

In dieser Dokumentationsstelle Politischer Islam arbeiten unter anderem der Extremismusexperte Lorenzo Vidino (Direktor des Programms über Extremismus an der George-Washington-Universität) und dem Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide, Leiter der Islamischen Theologie an der Universität Münster und Professor für Islamische Religionspädagogik.

Für Khorchide stellt diese Berufung eine zumindest temporäre Rückkehr nach Wien dar. Im Jahre 2009 wurden die Ergebnisse seiner Soziologie-Doktorarbeit publiziert. In dieser war er zu dem Ergebnis gekommen, dass unter 210 muslimischen Lehrern 22 Prozent die Demokratie ablehnen. Daraufhin kam es zu einem Konflikt mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) und er verlor deshalb seinen Lehrauftrag als Ausbilder für IGGÖ-Religionslehrer. In einem Interview sprach sich Khorchide für die Einbeziehung der IGGÖ aus, verwahrte sich aber gegen deren Mitwirkung in der wissenschaftlichen Arbeit, "denn wenn der Verdacht bestehen sollte, dass Teile der IGGÖ mit Organisationen sympathisieren, die dem politischen Islam nahestehen, muss man sich die Frage stellen, wie frei und unabhängig die Dokustelle ist, wenn die IGGÖ zu stark involviert ist".

Der Präsident der IGGÖ, Ümit Vural, hält eine Kooperation mittlerweile auch für "unzumutbar". Für Insider kommt diese Entscheidung wenig überraschend. Vural gilt als Vertreter der Islamischen Föderation, die der islamistischen Millî-Görüş-Bewegung (und damit auch der AKP und den Grauen Wölfen) nahestehen soll. Zutreffend formulierte ein Kommentator im Standard-Forum die augenscheinliche Analogie: "Kein Wunder, die Neo-Nazis arbeiten schließlich auch nicht mit dem DÖW zusammen."

Unterstützen Sie uns bei Steady!