Offener Brief an meine katholische Familie

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Ist es typisch, dass in katholischen Familien nicht über Religion gesprochen wird? Das Katholizismus in ihnen praktiziert aber nicht diskutiert wird? Dass die grundlegenden Fragen unseres menschlichen Selbstverständnisses an die "Experten" der Religion abgetreten werden?

Dabei ist uns doch völlig bewusst, dass Religion nichts erklären kann. Selbst für uns ist sie längst vom Erklärenden zum zu Erklärenden geworden. Formuliert mit den Worten Scott Atrans: "Die Vorstellung von einer transzendenten Kraft, die das Universum oder die Geschichte lenkt oder darüber bestimmt, was richtig und gut ist – und deren Existenz sich der Vernunft grundsätzlich entzieht und immun gegen eine logische oder empirische Falsifikation ist -, ist das einfachste, eleganteste und wissenschaftlich verblüffendste Phänomen, das ich kenne. Ihre Macht und Absurdität sorgen für mächtige Aufregung und haben eine sorgfältige wissenschaftliche Untersuchung verdient. In einer Zeit, in der viele der explosivsten und offensichtlich am wenigsten lösbaren Konflikte heilige Ursprünge haben, sind wissenschaftliche Kenntnisse darüber, wie man am besten mit dem Thema umgeht, von so entscheidender Bedeutung wie nie zuvor" (2014: 34).

Nie habe ich dieses "Outsourcen" existenzieller Fragen deutlicher und unerträglicher empfunden als in einem Gespräch mit meiner Mutter über ihre unheilbare Krankheit wenige Wochen vor ihrem Tod. Jede religiöse Andeutung wäre in diesem Gespräch ein Signal gewesen, dass ich über das Thema nicht sprechen will oder kann. Wenn alles von uns abfällt, wir nichts mehr vorgeben, spielen, bewirken und verteidigen müssen, oder gefasst mit einem Begriff von Karl Jaspers: in Grenzsituationen, können wir auch das religiöse Spiel nicht aufrechterhalten. Wir können uns religiöse Geschichten anhören. Aber sie bleiben für uns ein Fremdkörper. Wir können diese Sprache nicht übernehmen, wenn wir authentisch, aufrichtig und ehrlich reden wollen. Wir können uns das verbale Gefiederkleid, das sich Theologie nennt, nicht umhängen ohne Gefühle der Unredlichkeit, Scham und Schuld.

Priester und Theologen mögen sich die religiöse Sprache als Handwerkszeug angeeignet haben, das sie für ihren Job benötigen. Anders als wir empfinden sie keine Scham und keinen Skrupel, wenn sie von Göttern reden, als redeten sie von Kühen, Bergen oder Fahrrädern. Für uns bleibt die Differenz zwischen realen und fantasierten Dingen, die wir ohne Skrupel nicht verwischen können, wenn wir uns in Grenzsituationen befinden, in denen wir nicht fähig sind zu tricksen, zu täuschen, zu betrügen, zu manipulieren und zu lügen.

Durch unser Aufwachsen im Katholizismus konnten wir vieles, das für uns heute die Kraft der Gewissheit hat, mit den Worten Francois Jacobs ausgedrückt, zur "Tagwissenschaft" zählt, nur in mühsamen, oft quälenden Prozessen der "Nachtwissenschaft" herausarbeiten (1988: 367). "Die Nachtwissenschaft ist ein blindes Irren. Sie zögert, stolpert, stößt an, kommt ins Schwitzen, schreckt auf. An allem zweifelnd, sucht sie sich, befragt sich, setzt unaufhörlich neu an. Sie ist eine Art Werkstätte des Möglichen, in welcher der künftige Baustoff der Wissenschaft ausgearbeitet wird. In der die Hypothesen bloße Ahnungen, dunkle Vorgefühle bleiben. In der die Phänomene erst Einzelerscheinungen sind, unter sich durch nichts verbunden. In der das Denken verschlungene Wege geht, windungsreiche Sträßchen, die sich meist als Sackgassen herausstellen. Dem Zufall ausgeliefert, irrt das Denken durch ein Labyrinth, in einer Flut von Hinweisen, auf der Suche nach einem Zeichen, einem Wink, einem unerwarteten Begegnis. Es kreist wie ein Gefangener in seiner Zelle, sucht einen Ausgang, einen Lichtschein. Ohne je zum Einhalt zu kommen, schöpft es Hoffnung und wird wieder enttäuscht, gerät von äußerster Erregung erneut in tiefe Melancholie. Nichts lässt darauf schließen, dass die Nachtwissenschaft je das Tagstadium erreicht" (Jacob 1988: 367).

Als "geborene Katholiken" kennen wir den Katholizismus besser als jeder andere – wir haben ihn mit der Muttermilch aufgesogen. Wir haben uns diese "verhängnisvolle Affäre" mit ihm nicht ausgesucht. Unsere Eltern haben sie für uns arrangiert, wodurch sie Teil unserer Geschichte geworden ist. Wir waren bereits getauft, bevor wir wissen konnten, was sie vorhatten. Unsere Eltern haben es gut gemeint.

Wir haben mit der Taufe kein Schweigegelübde abgelegt und sind keine Verpflichtung eingegangen uns nur affirmativ zur Religion zu äußern oder gar nicht. Unsere Beteiligung am Katholizismus kann sich nicht auf die gebetsmühlenartige Wiederholung von Priestern vorformulierter Phrasen in Heiligen Messen beschränken. Eine Religion, die über uns verfügen konnte, als wir Kinder und Jugendliche waren, muss uns auch als Erwachsene ertragen, die durch Erfahrung und Wissen möglicherweise zu anderen Einsichten gelangen als ihre Priester.

Das Argument, wir dürften uns nicht kritisch zu Religion äußern, weil wir die Gefühle anderer Menschen verletzen könnten, fordert von uns nichts anderes, als schweigend zusehen, wie Religion Unrecht begeht, Menschenrechte missachtet und uns mit den absurdesten Geschichten an der Nase herumführt. Wenn wir nicht über Religion reden, machen wir uns schuldig durch Schweigen.

1. Glaubenszumutungen:

Der Katholizismus verlangt uns einiges ab, mit dem, was zu glauben er uns aufbürdet:

Maria Himmelfahrt

1950 verkündete Papst Pius XII das Dogma von der leiblichen Aufnahme der "Gottesmutter" Maria in den Himmel. Ein Dogma ist eine Aussage, die unter Berufung auf die göttliche Offenbarung als wahr zu gelten hat. Wenn Priester uns fragen, ob wir das glauben, könnten wir diplomatisch antworten wie Anton J. Carlson, dass wir leider nicht bei dem Ereignis anwesend waren und darauf hinweisen, dass die "Gottesmutter" beim Erreichen der Stratosphäre aufgrund des Sauerstoffmangels ohnmächtig geworden sein müsse (Wilson 2015: 165). Wir können ihnen aber auch klar und deutlich antworten, was wir davon halten: "Erzählt uns nicht so einen Blödsinn!".

Konklave

Wenn uns nach einem Konklave verkündet wird, dass ein neuer Stellvertreter Gottes durch das Wirken des Heiligen Geistes bestimmt werden konnte, dann ist uns völlig klar, was hinter verschlossenen Türen wirklich geschah: der Kampf der Funktionäre einer Organisation um die Macht. Das "Hauen und Stechen" der unterschiedlichen Flügel und Interessengruppen, wie wir es von jeder politischen Partei kennen. In früheren Zeiten wurde dem Heiligen Geist auch schon mal durch Bestechung, Erpressung und Gift auf die Sprünge geholfen.

Transsubstantiation

In jeder Messe soll während der Eucharistiefeier die sogenannte Transsubstantiation stattfinden, die Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Jesu Christi. Wir müssen keinen Chemiker beauftragen um festzustellen, dass die chemische Zusammensetzung von Brot und Wein nach der Wandlung unverändert ist. Was uns Priester hier weiszumachen versuchen, ist vergleichbar mit den Tricks und Täuschungsmanövern bei den Initiationsriten des Volkes der Baktaman in Neuguinea oder Beti in Kamerun, die Pascal Boyer beschreibt (2011: 299-302).

2. Warum wir Katholizismus mitspielen?

Wir spielen Katholizismus schon lange nicht mehr mit, weil die Geschichten, die uns Priester erzählen, so plausibel, glaubwürdig und überzeugend sind, d. h. nicht, weil es gute Belege für den Realitätsgehalt ihrer Geschichten gibt. Auch nicht, weil wir dem Terror ihrer Heiligen Inquisition ausgesetzt sind, wie es unsere Vorfahren einst waren und noch heute Millionen von Menschen in anderen Staaten, die der Gewalt der Religionen ausgesetzt sind. Wir spielen Katholizismus aus pragmatischen Gründen mit:

  • weil uns seine operettenhaften Zeremonien zu unseren Familienfesten und Weihnachten gefallen;
  • weil seine Räumlichkeiten ein schönes Ambiente für Hochzeiten liefern;
  • weil seine Priester reden können, wenn uns die Trauer am Grab eines Menschen den wir geliebt haben, verstummen lässt;
  • weil wir den örtlichen Priester als Menschen schätzen, seine Offenheit, seine Empathie, sein Engagement für das Gemeinwesen und weil wir ihm glauben, dass auch er häufig an dieser Kirche leidet;
  • weil uns der Staat nicht schützt vor Diskriminierung am Arbeitsplatz in all den Einrichtungen, die staatlich finanziert werden, sich jedoch in kirchlicher Trägerschaft befinden;
  • weil unsere Verwandtschaft verärgert wäre, thematisierten wir die Widersprüche und Absurdität des Katholizismus

3. Familienspaltung

Religionen spalten nicht nur Gesellschaften, sie spalten auch unsere Familien. Darin sind sich Religionen in der ganzen Welt sehr ähnlich, unabhängig davon, ob es sich um Mun-Sekte, Scientology, Christentum oder Islam handelt.

Im Oktober 2015 entschuldigten sich katholische deutsche Bischöfe für das, was sie ledigen Müttern, unehelich geborenen Kindern und unverheirateten Paaren angetan haben mit den Worten: "Im falsch verstandenen Bemühen, die kirchliche Lehre hochzuhalten, kam es in der Pastoral immer wieder zu harten und unbarmherzigen Haltungen, die Leid über Menschen gebracht haben, insbesondere über ledige Mütter und außerehelich geborene Kinder, über Menschen in vorehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften, über homosexuell orientierte Menschen und über Geschiedene und Wiederverheiratete. Als Bischöfe bitten wir diese Menschen um Verzeihung" (Deutsche Bischofskonferenz 2015).

Für die Bischöfe sind es heute zwei Sätze. Für die betroffenen Menschen war es nicht selten ein ganzes Leben in Scham und gesellschaftlicher Ausgrenzung, das ihnen die Religion durch ihre Verurteilung bereitet hat.

Bis in die 1960er Jahre wurden in den USA Ehen zwischen Menschen der "falschen" Rasse durch Anti-Mischehen-Gesetze verboten und religiös mit der göttlichen Kreation unterschiedlicher Rassen begründet.

In Indien müssen Paare vor ihren religiösen Familienangehörigen versteckt und beschützt werden, weil sie sich in einen Menschen verliebt haben, der der "falschen" Kaste angehört.

Muslimische Frauen werden immer wieder von ihren religiösen Familienangehörigen ermordet, weil sie sich in einen Partner mit der "falschen" Religion verliebt haben.

Familien zerbrechen, weil religiöse Eltern ihren Kindern nicht verzeihen können, wo es zu verzeihen nichts gibt: weil sie sich in einen Partner des "falschen" Geschlechts verliebt haben und Priester den Eltern erzählen ihre Kinder widersprächen der göttlichen Schöpfungsordnung.

In afrikanischen Staaten wie Nigeria verstoßen Eltern ihre Kinder, weil obskure Priester ihnen erzählen, die Kinder seien verhext. Diese Kinder vegetieren danach in der Dorfgemeinschaft, die tatenlos zusieht, wie sie schließlich an Hunger oder Krankheit sterben. Die Bilder und Berichte über diese sogenannten "Hexenkinder", die oft bereits im Alter von drei Jahren von ihren Eltern verstoßen werden, sind unerträglich und gehören wohl zu den entsetzlichsten Zeugnissen davon, was religiöser Wahn bewirken kann.

Religionen präsentieren sich gern als Beschützer und Förderer der Familie. Doch tatsächlich konkurrieren sie um die Loyalität eines Menschen wie es auch andere totalitäre Ideologien tun. Sie fordern eine Loyalität, die höher stehen soll als Familienbande und ihnen widerspricht (vgl. Pinker 2012: 544).

Im Matthäus-Evangelium (10: 34-37) sagt Jesus: "Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig".

Können wir Jesus etwas anders entgegnen, als dass wir es unter diesen Bedingungen vorziehen, seiner nicht würdig zu sein?

Wenn Priester unsere geschiedenen wiederverheirateten Familienmitglieder als Sünder beschimpfen, sie zur öffentlichen Brandmarkung von der Kommunion ausschließen und ihnen mit ewiger Verdammnis in der Hölle drohen, müssen wir ihnen deutlich und öffentlich widersprechen. Wo Priester Sünde und Verdammnis sehen, sehen wir die menschliche Beziehung, Liebe und Glück, das wir jedem unserer Angehörigen von ganzem Herzen wünschen: einen neuen Partner zu finden, mit dem sie oder er ein gemeinsames Leben führen möchte.

4. Reden wir über Gott?

Wir sollten uns stets im Klaren darüber sein, dass wir nicht über Gott sprechen, wenn wir über Katholizismus diskutieren. Wir sprechen immer nur über Vorstellungen, die Priester und Theologen von Gott entwickelt haben. Denn eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche: kein Priester hat Gott je gesehen. Alles, was sie uns über Gott und das Jenseits erzählen, entspringt ihrer Fantasie. Woher wir das wissen? Die Priester und Theologen, die uns berichten, leben. Wer lebt ist nicht tot. Wer aber tot ist, berichtet uns nicht mehr. Auch der selbsternannte Stellvertreter Gottes auf Erden hat seinen "Chef" noch nie gesehen oder gesprochen. Wollen wir etwas über Gott und das Jenseits erfahren, könnten wir genauso gut unseren Frisör befragen. Er hat den exakt gleichen Kenntnisstand wie Priester. Der einzige Unterschied wäre vielleicht, dass er uns die Hölle nicht ausmalen würde wie Dantes Inferno. Priester entwickeln diesbezüglich viel mehr Fantasie.

Weshalb sollte ein Gott sich verstecken, Priester der unterschiedlichsten Religionen schicken, uns rätseln und gewaltsam darum kämpfen lassen, welcher der von den Religionen angebotene Gott der "richtige" sein könnte? Und uns mit ewiger Verdammnis in der Hölle bestrafen, wenn wir auf "das falsche Pferd gesetzt haben"? Die fiesen Götter, die uns Priester ausmalen, kann es gar nicht geben. Sie sind ein Verkaufstrick der Priester, mit dem sie uns dazu bringen wollen, nur ihre Götterkreation abzukaufen. Das ist in etwa so, als würde McDonald mit der Aussage "werben": "Wenn ihr unsere Burger nicht esst, werdet ihr alle in der Hölle landen!"

5. Wie die Vögel am Himmel?

Religion profitiert in hohem Maße von unserem Kurzzeitgedächtnis. Wir vergessen zu leichtfertig die entsetzlichen Einzelschicksale, die mit religiös legitimierter Gewalt und Unrecht verbunden waren und sind.

Im 16. Jahrhundert erhoben sich unsere Vorfahren in den Bauernaufständen gegen die von der Kirche gepredigte "göttliche Ordnung". Danach gehörte es zu unseren gottgegebenen Aufgaben Aristokratie und Klerus "durchzufüttern". Unsere Vorfahren haben sie wegen der Auflehnung gegen diese "göttliche Ordnung" hinrichten lassen. Ganz ähnlich geschieht dies noch heute in islamischen Staaten mit Menschen, die sich gegen die Symbiose von weltlichen Herrschern und Klerus auflehnen und die Durchsetzung von Menschenrechten fordern.

Noch heute zahlt unser Staat den Bischöfen aus Steuergeldern ein monatliches Gehalt von 9.000 bis 12.000 Euro. Zusätzlich finanziert er ihnen einen Dienstwagen mit Fahrer und eine Dienstwohnung. Bei Kritik an diesen Zahlungen verweisen die Bischöfe darauf, dass ihnen das Geld zustehe als Entschädigung für Vermögen, das der Kirche vor 200 Jahren vom Staat weggenommen wurde.

Die Zahlungen sind eine ungerechte Privilegierung der Kirche. Millionen von Menschen haben ihr Vermögen in den Weltkriegen verloren ohne dass es ihnen vom Staat ersetzt wurde.

Darüber hinaus sollten wir die Bischöfe daran erinnern, dass es sich bei ihrem damaligen Vermögen um das Geld handelte, dass sie unseren Vorfahren durch den Betrug des Sündenablasshandels aus der Tasche gezogen haben.

Warum leben Bischöfe nicht, wie es in der Bibel geschrieben steht: wie die Vögel des Himmels, die nicht säen, nicht ernten, nicht sammeln und darauf vertrauen, dass der himmlische Vater sie doch ernährt (Matthäus 6: 26)? Wenn es um ihre eigene Versorgung geht, vertrauen die Funktionäre der Kirche dem Steuerzahler offensichtlich mehr als dem himmlischen Vater.

6. Geschichte

Wenn der Katholizismus uns als Ebenbild Gottes darstellt, schneidet er uns ab von unserer wahren Geschichte. Er schneidet uns ab von unserer ununterbrochenen historischen Kontinuität, die uns mit unserer Vergangenheit, mit unseren nicht menschlichen Vorfahren verbindet und die vor 3,5 Mrd. Jahren mit der Bildung von Biomolekülen aus unbelebter Materie ihren Anfang nahm.

Religion ist ein Phänomen, das sich im Laufe der Geschichte entwickelt hat. Vielleicht entstanden religiöse Vorformen wie Animismus bereits vor 2 Mio. Jahren mit dem ersten Auftreten der Gattung Homo. Oder sie entstanden vor 200.000 Jahren mit dem Erscheinen des Homo sapiens. Wahrscheinlich ist Religion eng mit der Sprachentwicklung und der Entstehung der Kunst verbunden. "Alle heutigen größeren Religionen entstanden nach der Neolithischen Revolution, erst vor ca. 4.000 Jahren, als es zur Bildung von Städten und Staaten kam, zu Arbeitsteilungen und einem enormen Machtgefälle" (Paul 2013: 179).

Der Katholizismus versetzt uns in seine Kunstwelt, die er aus den Fantasien seiner Priester und Theologen erschaffen hat. Dabei versucht er sich selbst geschichtslos zu machen, indem er die Evolution als die Schöpfung seines Gottes darstellt. So schreibt die katholische Kirche Evolutionsbiologie in ihre "theistische Evolution" um, in der ein Gott die Entwicklung des Lebendigen plant und steuert. Was in George Orwells "1984" das "Ministerium für Wahrheit" ist, ist in der katholischen Kirche die Inquisition, die seit 1965 Glaubenskongregation heißt.

Religion nutzt unsere Schwäche in Zeiträumen zu denken, die sich unserem Erfahrungsbereich entziehen (vgl. Carroll 2008: 31) und den Umstand, dass Evolution nicht direkt sichtbar ist sondern sich allenfalls (re-)konstruieren lässt (vgl. Zrzavy u. a. 2013: VIII). Sie dockt an unsere intuitiven Schlussfolgerungen und kognitiven Vorlieben an. Sie nutzt das unserer Denkweise eigene Universalmedium "Sinn", mit dem wir alles belegen, und dem wir uns nicht entziehen können. Sie vertraut darauf, dass unser Denken den Weg des geringsten Aufwands nehmen wird und behauptet die theistische Evolution mit der lenkenden Hand Gottes.

Aber durch die Molekularbiologie haben wir heute Zugang zu einer zuverlässigen Quelle, in der die Geschichte des Lebendigen niedergeschrieben ist: die DNA. "Jeder DNA-Strang in jeder unserer Zellen ist eine uralte Aufzeichnung biologischer Geschichte, die in einem einfachen Code geschrieben und von Generation zu Generation weitergegeben wurde. eine Geschichte, die physischen Ausdruck gefunden hat und während unzähliger Erdzeitalter langsam vom erbarmungslosesten aller Phänomene geformt und angehäuft wurde: von der natürlichen Selektion" (Ward und Kirschvink 2016: 12).

"Mithilfe eines einzigen Gens können wir den Familienstammbaum aller eukaryotischen Organismen mit einer Genauigkeit rekonstruieren, die sogar die wildesten Träume von Fossiliensammlern übertrifft" (Lane 2013: 120).

"Die Molekularbiologie hat dem Jahrhunderte aufrecht erhaltenen Schöpfungsmystizismus ein Ende gesetzt, sie hat vollendet, was Galilei begann. Wenn wir schon eine Begründung unserer Ideen finden wollen, so sollten wir diese in der letzten Stufe, nämlich beim Zentralnervensystem des Menschen, suchen, denn hier ist der Ursprung aller Ideen, auch der von der göttlichen Durchdringung unsers Seins" (Manfred Eigen in: Monod 1971: XV).

Wir können unsere menschlichen Merkmale und Verhaltensweisen nur verstehen, wenn wir sie im Kontext unserer realen Geschichte als ein Produkt der Evolution begreifen und erforschen. Evolution jedoch ist kein "Weltgeist", "kein allgemeines Prinzip, das über das Schicksal der Welt herrscht, sondern eine allmähliche Lösung der momentanen Probleme, mit denen die Organismen konfrontiert werden" (Zrzavy u. a. 2013: 25).

7. Evolution

Als Bauernfamilie sollten wir ein gutes Verständnis von Evolutionsprozessen besitzen. Schließlich gehört das, was Charles Darwin "Zuchtwahl" nannte, die künstliche Selektion, zum Alltag in der Landwirtschaft. Warum lassen wir Kühe künstlich besamen und achten sehr genau darauf, welcher Eber die Sau deckt? Weil wir bestimmte Eigenschaften in Kälbern und Ferkeln erzielen wollen. Unsere Hunde zeigen, was wir aus einem Wolf machen können: vom Chiwawa bis zur Bulldogge.

Künstliche Selektion funktioniert. Eine signifikante Korrelation zwischen Gebeten und gutem Erntewetter konnten wir dagegen nie feststellen.

Wenn wir einen Text wie die "Salzburger Erklärung" (2015) lesen, ist es geradezu verblüffend und zugleich empörend, dass Priester und Theologen noch heute solche Texte schreiben. Dort heißt es: "Wir bezeugen und bekennen mit dem biblischen Schöpfungszeugnis, dass der Mensch als Ebenbild Gottes und als Mann und Frau geschaffen ist", und weiter: "Der Mensch ist von Gott als »Krone der Schöpfung« bestimmt. Diese schöne und tiefe Wahrheit ist exemplarisch in Psalm 8 ausgedrückt" in dem es heißt: "Du (Herr, unser Herrscher) hast ihn (den Menschen) wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan: Schafe und Rinder allzumal, dazu auch die wilden Tiere, die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und alles, was die Meere durchzieht."

Man könnte annehmen, der Text enthielte einen Tippfehler: wo "Fantasie" stand, tippte der Schreiber irrtümlich "Wahrheit". Denn alles, was wir heute als Fakten über die Evolution des Menschen und die Entstehung des Kosmos wissen, erscheint hier wie ausgelöscht. Aussagen, die in totalem Widerspruch zu unserem heutigen Wissen stehen. Ist dieser Text also eine Zeitreise zurück in die Denkweise des Mittelalters? Die Verlautbarung einer esoterischen Sekte? Ein Täuschungsversuch von Priestern und Theologen? Es geht nicht darum, etwas anderes zu glauben, es geht darum, dass wir Fakten und Wissen nicht einfach ignorieren können. Es geht darum, dass die zahllosen Belege, die wir gewonnen haben, indem wir sie immer wieder an der Realität überprüft und korrigiert haben, "genauso wie unzählige Pixel, aus der richtigen Entfernung betrachtet, ein schlüssiges Bild ergeben" (Lane 2013: 340).

Wir wissen, dass der Mensch, wie alle anderen heute lebenden Organismen auch, in einer ununterbrochenen Generationenfolge mit dem Ursprung des Lebens auf unserer Erde vor 3,8 Mrd. Jahren verbunden ist. Wir wissen, dass die Zelle die Elementareinheit aller Lebewesen darstellt und nur durch die Teilung einer bereits existierenden Zelle neu entstehen kann. Es gibt keine Neubildung von Zellen aus dem Nichts. Es ist keine Ausnahme bekannt (vgl. Penzlin 2016: 23; 83).

Mehr noch: Darwins Theorie der sexuellen Selektion ersetzt Gottvater als den allwissenden Schöpfer, der jedes Tier in seiner ihm zugewiesenen Nische gedeihen lässt. Sie ersetzt ihn durch die walnussgroßen Gehirne von einander begehrenden "niederen" Tieren, die ihr ganzes Leben der Suche nach Sexualpartnern widmen. Ersetzt ihn durch die sexuellen Launen weiblicher Tiere, die durch die Auswahl ihrer Sexualpartner den Verlauf der Evolution beeinflussen können (vgl. Miller 2010: 59).

8. Evolution: Fortschritt?

Das Verständnis von Evolution als eine Art Stufenleiter der Natur ist noch immer verbreitet: die Evolution als eine Abfolge kontinuierlich fortschreitender Entwicklungen, wobei ein Tier ein anderes ersetzt, wenn es einen fortschrittlicheren Evolutionsgrad erklimmt (vgl. Foley 2000: 68). Ein Verständnis, das seine Attraktivität nicht zuletzt dadurch gewinnt, weil es sich mit der religiösen Vorstellung vom Menschen als Höhepunkt und Abschluss der evolutionären Entwicklung so gut vereinbaren lässt.

Aber es gibt keinen der Evolution inhärenten Fortschrittsmechanismus. Neue Merkmale von Organismen und die Entstehung neuer Arten resultieren vielmehr aus Anpassungen an die jeweiligen Anforderungen der Lebensräume und des Nahrungsangebotes. "Verschiedene Arten verkörpern alternative Antworten auf die vielfältigen Umweltbedingungen" (Foley 2000: 70). "Der zentrale Punkt bei der Evolution ist nicht der «Fortschritt», sondern das Hervorbringen verschiedenartiger Formen" (Foley 2000: 75). Selbst eng verwandte Arten weisen Variationen ihrer gemeinsamen Grundmerkmale auf und ermöglichen dadurch die Nutzung ihrer Fähigkeiten zur optimalen Bewältigung spezifischer Bedingungen der Umwelt und zur Anpassung an völlig verschiedene ökologische Nischen.

Erst die natürliche Selektion bewirkt, dass die besser angepassten Individuen aufgrund der optimaleren Nutzung der begrenzten Ressourcen mehr Nachkommen hinterlassen als die weniger gut angepassten, wodurch sich die Zusammensetzung der Population entsprechend verändert.

Aber die Stellung des am besten Angepassten ist heikel: sie ist vorübergehender Natur, kein dauerhafter Zustand (vgl. Carroll 2008: 38; 67). Die natürliche Selektion wirkt nur in der Gegenwart, auf Dinge, die hier und jetzt nützlich sind. Sie plant nicht und schaut nicht voraus. "Das Leben im Hier und Jetzt hat einen gefährlichen Nachteil: Wenn die äußeren Umstände sich so schnell ändern, dass keine Anpassung möglich ist, wenn also nicht schnell genug ein neuer Geeignetster entstehen kann, sind Populationen und Arten in großer Gefahr" (Carroll 2008: 38).

In längeren Zeiträumen betrachtet ist der Wandel der Umweltbedingungen die Regel, nicht die Ausnahme. Das Aussterben der Dinosaurier ist nur ein Beispiel für die katastrophalen Folgen, die ein abrupter Wandel der Umwelt für eine Spezies haben kann.

"Der tatsächliche Evolutionsablauf besteht aus einer endlosen Entwicklung und Bereitstellung neuer Möglichkeiten, um bestimmte Dinge zu tun, Alternativen und neue Strategien zu erproben, wenn die äußeren Bedingungen schwanken und sich ändern; all das wird durch die natürliche Selektion vorangetrieben. Die Scheuklappen unserer retrospektiven Sichtweise bewirken, dass wir in diesen Vorgängen ein Muster beständigen Fortschreitens erkennen wollen, gleichsam wie ein Pfeil, der nur in eine Richtung durch die Zeit fliegt. Der zentrale Punkt bei der Evolution ist nicht der »Fortschritt«, sondern das Hervorbringen verschiedenartiger Formen" (Foley 2000: 74f).

9. Evolution: Ziel und Zweck?

Einige der bemerkenswertesten Erkenntnisse, die uns das Verständnis der Evolution vermittelt, sind Einsichten darin, was Evolution nicht ist oder tut, weil ihre Mechanismen und Ergebnisse unserer Denkweise und unserer Intuition so sehr zuwiderlaufen:

  • sie plant nicht, das heißt sie ist nicht vorausschauend
  • sie ist nicht geradlinig, das heißt sie verläuft nicht in eine einzige Richtung
  • sie hat kein Ziel, das heißt es gibt keine Entität, die Ziele setzen könnte

"Evolutionsereignisse treten wegen der Lebensbedingungen ein, mit denen Organismen in ihrer jeweiligen Umgebung zurechtkommen müssen. Sie sind nicht »auf dem Weg nach irgendwohin«, sondern sie passen sich an" (Foley 2000: 77). Nichts hindert Evolutionsprozesse daran (abgesehen von entwicklungsbiologischen Zwängen und Barrieren (vgl. Zrzavy u. a. 2013: 352), "sich einfach umzukehren, wann immer die unstete Umwelt dies begünstigt" (vgl. Tattersall 2002). "Der Mensch ist weder das Ziel noch der Endpunkt der Evolution. – Die Zukunft ist offen" (Penzlin 2016: 34).

"Das Leben hat ohne Sinn begonnen. Die ersten Organismen auf der Erde, die wir identifizieren können, waren Bakterien. (…) Ein Bakterium vermehrt sich nicht, weil es ein Verlangen danach hat. Es kann nicht anders als das zu tun, was in seinem DNS-Programm steht. Und dieses Programm beginnt zu laufen, sobald eine neue Zelle geboren ist. (…) Die enorme Vielfalt dessen, was wir um uns herum sehen, ist komplett aus einfachen Dingen entstanden. Komplexere Lebewesen wie Delfine und Menschen haben sich nicht aus einem bestimmten Grund entwickelt. Das Leben ist nichts als die Konsequenz einer bemerkenswerten Abfolge von molekularen Interaktionen" (Moore 2014: 78).

"Die belebte Welt, so wie wir sie heute ringsum erblicken, (ist) nur eine unter vielen möglichen (…). Ihre gegenwärtige Zusammensetzung ist ein Resultat der Erbgeschichte. Sie hätte auch ganz anders aussehen können, ja es hätte sehr wohl sein können, dass es sie nie gegeben hätte!" (Jacob 1984: 27)

Der Religion entziehen diese Erkenntnisse die Existenzgrundlage, so dass kreative Theologen der katholischen Kirchen das pseudowissenschaftliche Konzept der "theistischen Evolution" erfunden haben. Danach leben wir in einer Welt, die von einem Geist durchwirkt ist und von diesem Geist auf ein bestimmtes Ziel hin in rechter Weise geordnet wird.

Tatsächlich ist Evolution, wie oben beschrieben, aber "nur die Lösung momentaner Probleme, die sich daraus ergeben, dass sich die Umwelt ändert" (Zrzavý u. a. 2013: 448). Dabei verwendet Evolution immer "das, was ihr zur Verfügung steht, denn etwas anderes kann sie nicht" (Zrzavý u. a. 2013: 448; vgl. Coen 2012: 67-71).

Francois Jacob verglich Evolution deshalb mit einem Bastler: "Im Gegensatz zum Ingenieur schafft die Evolution nichts, was komplett neu wäre. Sie bedient sich des bereits Vorhandenen, indem sie ein System entweder so umwandelt, dass es eine neue Funktion erhält, oder mehrere Systeme so kombiniert, dass ein komplexeres System entsteht. Wenn wir einen Vergleich ziehen wollen, haben wir es hier nicht mit Ingenieursarbeit, sondern mit einer Bastelei oder mit Flickwerk zu tun . Während der Ingenieur mit Rohstoffen und Werkzeugen arbeitet, die genau zu seinem Projekt passen, arbeitet der Bastler mit allem möglichen Krimskrams … Er nimmt, was er vorfindet, alte Pappstücke, Schnurenden, Holz- und Metallabfälle, um irgendein Objekt zusammenzustoppeln, das die Aufgabe erfüllt. Der Bastler sucht sich ein Objekt, das sich zufällig in seinem Besitz befindet, und verleiht ihm eine überraschende Funktion. Aus einer alten Autofelge baut er einen Ventilator und aus einem kaputten Tisch einen Sonnenschirm" (1982, zitiert nach Kandel 2014: 258 f).

Jacobs Bastler-Analogie zeigt jedoch, wie schwer es für uns ist, Evolutionsabläufe zu beschreiben, ohne dabei Anthropomorphismen einzustreuen: Evolution hat kein handelndes Subjekt, weder einen Bastler noch einen Ingenieur. Fast scheint es, als gerieten wir an die Grenzen unserer sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, weil die Sprache selbst uns aufgrund ihrer Subjektbezogenheit ständig nötigt schiefe Ausdrucksweisen zu verwenden. "Die Sprache handelt von Subjekten. Alle Verben setzen voraus, dass bekannt oder doch erkennbar ist, auf wen oder was sie sich beziehen. Viele Verben, deren Gebrauch wir weder vermeiden können noch vermeiden wollen, verweisen ihrem Alltagsverständnis nach auf einen bewusstseinsfähigen Träger der Operation" (Niklas Luhmann, in: Berghaus 2011: 35).

Evolution "verwendet denselben Baukasten von Genen immer und immer wieder auf leicht abgewandelte Weise. Ihr Vorgehen beruht darauf, dass sie die vorhandenen Bedingungen verändert, dass sie Zufallsmutationen der Genstruktur durchprobiert, Mutationen, die modifizierte Spielarten eines Proteins erzeugen oder die Verwendung dieses Proteins in den Zellen verändern. Die meisten Mutationen sind neutral oder abträglich und bewähren sich nicht im Test der Zeit. Nur die seltenen Mutationen, die dem Überleben und der Reproduktionsfähigkeit eines Organismus zuträglich sind, werden in der Regel beigehalten" (Kandel 2014: 258).

"Nüchtern betrachtet ist die Evolution in dieser Hinsicht ein sehr unvollkommenes System, das unaufhörlich Kompromisslösungen zusammenschustert" (Foley 2000: 84). "Oft können wir uns eine »bessere« Lösung vorstellen als die von den Organismen tatsächlich umgesetzte, aber was wir uns vorstellen oder nicht vorstellen können, spielt hier keine Rolle. Die Organismen haben bei der Auswahl der Lösungen nicht die notwendige Freiheit, eben weil sie die historische Kontinuität nicht unterbrechen können, die sie mit ihrer Vergangenheit, also mit ihren Vorfahren verbindet" (Zrzavý u. a. 2013: 25; vgl. Carroll 2008: 198).

Richard Dawkins vergleicht dass, was Evolution leisten muss, mit dem Umbau eines propellergetriebenen Doppeldeckers zu einem Jumbojet, wobei während des Umbaus die funktionelle Kontinuität niemals unterbrochen werden darf. "Das heißt, das Flugzeug müsste stets fliegen können, so wie alle aufeinanderfolgenden Mitglieder eines Evolutionsprozesses stets lebensfähig sein müssen" (Zrzavý u. a. 2013: 345).

Evolution durch natürliche Selektion ist ein zweistufiger Prozess. Die erste Stufe, die Entstehung genetischer Variation durch Mutation (Kopierfehler bei der Replikation) ist rein zufällig. "Der Weg der Evolution wird den Lebewesen, diesen äußerst konservativen Systemen, durch elementare Ereignisse mikroskopischer Art eröffnet, die zufällig und ohne jede Beziehung zu den Auswirkungen sind, die sie in der teleonomischen Funktionsweise auslösen können. So mancher ausgezeichnete Geist scheint auch heute noch nicht akzeptieren oder auch nur begreifen zu können, dass allein die Selektion aus störenden Geräuschen das ganze Konzert der belebten Natur hervorgebracht haben könnte" (Monod 1971: 149). Es ist die "vollständige Unabhängigkeit zwischen den Ereignissen, die in der Replikation der genetischen Botschaft einen Fehler hervorrufen können, und dessen funktionalen Auswirkungen" (Monod 1971: 143). "Der reine Zufall, nichts als der Zufall, die absolute, blinde Freiheit als Grundlage des wunderbaren Gebäudes der Evolution" (Monod 1971: 141). "Von allen Erkenntnissen aller Wissenschaften ist es diese, die einen jeglichen anthropozentrischen Standpunkt am stärksten trifft und die für uns als stark teleonomisches Wesen gefühlsmäßig am wenigsten annehmbar ist" (Monod 1971: 142).

Am Beginn der Evolution der Organismen steht somit die Unvollkommenheit ihrer Erhaltungsmechanismen (vgl. Monod 1971: 146). Erst die zweite Stufe der natürlichen Selektion zeigt durch den relativen Fortpflanzungserfolg welche Organismen die geeigneteren Organismen für die jeweiligen Umweltbedingungen sind. Die zweite Stufe ist also nicht zufällig. Durch die reproduktiv erfolgreicheren Organismen verändert sich die Zusammensetzung des Genpools der Population. "Wenn eine Mutante nur ein Prozent mehr Nachkommen hervorbringt als ihre Konkurrenten, steigt ihr Anteil an einer Population in knapp über 4000 Generationen von 0,1 auf 99,9 Prozent" (Pinker 2012: 207; vgl. Coen 2012: 37).

10. Menschwerdung

In der Salzburger Erklärung (2015) heißt es, dass "das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen als Fundament einer »Ökologie des Menschen«" dienen soll und dass der Mensch von Gott als "Krone der Schöpfung" bestimmt ist.

Für uns dagegen ist selbstverständlich: die "Menschwerdung" ist "das »normale« Produkt der üblichen Evolutionskräfte – die den Menschen nur zu einer von vielen hunderttausend einzigartigen biologischen Arten machen" (Gamble u. a. 2016: 46). Es geht um eine technisch-sachliche Frage, die Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung ist – es geht nicht um Philosophie, Theologie oder Glaubensfragen (vgl. Foley 2000: 20).

Es geht um die Erklärung, warum die Hominidenstammlinie auf diesem Planeten zu einer ganz bestimmten Zeit an einem ganz bestimmten Ort entsteht (vgl. Foley 2000: 123). Warum zweigte eine ganze Population von der Stammlinie der Gorillas und Schimpansen ab? Das ist zunächst vor allem die Frage danach, welche Veränderung der Habitate afrikanischer Menschenaffen vor ca. 6 Millionen Jahren zu Verhaltensänderungen von Individuen hinsichtlich ihrer bevorzugten Fortbewegungsweise führte: die dominierende vierfüßige Fortbewegungsweise mischte sich zunehmend mit der zweibeinigen. Nach der Ausbildung der entsprechenden neuen anatomischen Strukturen führte sie schließlich zum aufrechten Gang (vgl. Foley 2000: 98; 85). Der aufrechte Gang ist wahrscheinlich der elementare Ausgangspunkt für alle weiteren Eigenschaften, die uns zu Menschen machen. Er eröffnete den Hominiden ein ganzes Spektrum neuer Möglichkeiten, die sie in verschiedenen ökologischen Zusammenhängen weiter ausbildeten. "Einer dieser Pfade führte zur Gattung Homo, der Spielart mit den großen Gehirnen" (Foley 2000: 74).

Die durch die natürliche Selektion angetriebenen evolutionären Entwicklungen gehen aus der Anpassung an die jeweiligen Anforderungen der verschiedenen Lebensräume hervor. Deshalb ist es völlig verfehlt, darin eine Hierarchie beständigen Fortschritts, eine Stufenleiter der Natur zu sehen (Foley 2000: 68).

Uns (Homo sapiens, anatomisch moderne Mensch, Jetztmensch) als "Krone der Schöpfung" zu bezeichnen, ignoriert die Tatsache, dass andere Hominidenarten wie die Australopithecinen sehr "erfolgreich" waren und über mehrere Millionen Jahre existierten. Wir sind dagegen noch immer die "Newcomer", die gerade einmal seit 200.000 Jahren existieren. Und zu häufig entsteht der Eindruck, dass vor allem Religionen fleißig daran arbeiten, dass wir auch schnell wieder verschwinden. Leben kann sehr wohl ohne uns existieren. Immerhin entstand es auf der Erde bereits vor 3,5 Milliarden Jahren. Die Primaten, jene biologische Ordnung, der wir Menschen angehören, entwickelte sich erst vor 60 Millionen Jahren. Wir sind also buchstäblich erst in der letzten Sekunde auf der Bildfläche erschienen. Ob unsere Spezies "erfolgreich" sein wird, ist hinsichtlich der Zeitprobe noch lange nicht entschieden (vgl. Foley 2000: 47; 108).

Uns sollte zu denken geben, dass die Evolution Adaptionen, die große Überlebensvorteile mit sich bringen, typischerweise mehrfach in verschiedenen Abstammungslinien entwickelt (sog. Konvergenzevolution) (vgl. Miller 2010: 29; Carroll 2008: 36; 149). Das große Gehirn, das für unsere Spezies so charakteristisch ist, blieb dagegen bislang einzigartig und ist erst vor kurzer Zeit entstanden. Sind wir am Ende gar die Zukurzgekommenen?

Pinker zitiert dazu aus dem Comic Calvin und Hobbes den Tiger Hobbes, der von Calvin gefragt wird, warum die Menschen nie mit dem zufrieden sind, was sie haben: "Du willst mich wohl auf den Arm nehmen! Eure Fingernägel sind ein Witz, ihr habt keine Reißzähne, ihr könnt nachts nichts sehen, eure rosige Haut ist zum Lachen, eure Reflexe sind gleich null und ihr habt noch nicht einmal einen Schwanz! Natürlich sind die Menschen nicht zufrieden!" (2012: 236).

Dem ließe sich hinzufügen: wir können nicht fliegen, verglichen mit Hunden haben wir einen verkümmerten Geruchssinn, wir können uns nicht wie die Fledermaus durch Echoortung ein Bild von unserer Umwelt machen, wir können nicht wie der Mäusebussard den ultraviolett leuchtenden Mäuseurin sehen, wir können uns nicht wie Vögel mit Hilfe des Magnetismus orientieren und nicht wie Haie Elektrizität wahrnehmen. "Das Problem bei unseren typisch menschlichen Fähigkeiten ist, dass sie nicht die Standardeigenschaften von Adaptionen für das Überleben aufweisen – Konvergenz, adaptive Radiation und einen offensichtlichen Nutzen für das Überleben" (Miller 2010: 30).

11. Zweigeschlechtlichkeit

Der Katholizismus behauptet, dass der Mensch von Gott als Mann und Frau geschaffen wurde.

Leider gibt es keinen Hinweis darauf, dass wir als Homo sapiens unsere Zweigeschlechtlichkeit von Gott erhalten haben, so wenig, wie es Hinweise darauf gibt, dass der Donner den Zorn Gottes ausdrückt.

Belegen lässt sich dagegen, dass wir unsere Zweigeschlechtlichkeit als ursprüngliches Merkmal (sogenannte Plesiomorphie) von den Organismen erhalten haben, aus denen wir uns entwickelt haben. Die mit der Zweigeschlechtlichkeit verbundene sexuelle Fortpflanzungsmethode, hat sich erst vor einigen hundert Millionen Jahren bei immer mehr Arten durchgesetzt und die bis dahin vorherrschende klonale, d. h. asexuelle Fortpflanzung verdrängt. Durch die Vermischung der DNA von zwei Individuen schafft sexuelle Fortpflanzung verbesserte Möglichkeiten zur Elimination schädlicher Mutationen und zur Bekämpfung von Parasiten. Außerdem führt sie zu erhöhter genetischer Variabilität, wodurch Organismen sich besser an veränderte Umweltbedingungen anpassen können. Klonen kann dagegen nur genetisch identische Nachkommen hervorbringen (vgl. Zrzavy u. a. 2013: 62; Miller 2010: 119; Pinker 2012: 572; Lane 2013: 172).

Dass die katholische Kirche Gender-Mainstreaming, also die Gleichstellung der Geschlechter, die Vermeidung von Ungleichbehandlungen und Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts, als Bedrohung erlebt, sollte uns nicht überraschen. Schließlich sind in ihrer Organisation alle Führungspositionen mit Männern besetzt. Die Diskriminierung der Frau gehört zu ihrem Kernprogramm.

Doch für uns gehört Gender-Mainstreaming längst zu unseren moralischen Grundüberzeugungen.

Und wenn wir nicht in die von Priestern fantasierten göttlichen Geschlechterkästchen passen, ist das bedauerlich – für ihre Kästchen. Für unser Leben hat es keine Bedeutung. Immer wenn wir genauer hinschauen, können wir ohnehin nicht sagen, was das sein soll "männlich" oder "weiblich". Für jede Zuschreibung finden wir fast so viele Ausnahmen wie Bestätigungen. Starre Geschlechterrollen braucht kein Mensch. Vielleicht ist die Varianz innerhalb der Geschlechter ähnlich groß wie zwischen ihnen.

Die Aussage von Priestern, Gott habe den Menschen als Mann und Frau erschaffen, können wir als religiöse Fantasie, Fiction, Märchen, Mythologie oder Kunst akzeptieren. Sie ist gleichwertig mit der Aussage eines Hindu-Priesters, dass Gott Brahma aus einer Lotusblume geboren wurde und danach das Universum erschaffen habe.

Sie ist aber nicht gleichwertig mit unserem Wissen, das wir durch Untersuchungen, Beobachtungen und Experimente, durch wissenschaftliche Erkenntnis gewonnen haben. Priester und Theologen brauchen keinen Bezug zur Realität, keine Realitätskontrolle. Wissenschaft braucht diesen Bezug. Deshalb ist Wissenschaft für uns der Weg zu Erkenntnis. Sie kann nicht ausschließen, dass wir uns irren. Aber durch das ständige Hinterfragen ihrer Annahmen bleiben wir bereit falsche Annahmen zu revidieren.

Unsere Neigung gerne Recht zu haben, unsere Vorliebe für die Bestätigung unserer Ansichten, müssen wir dabei stets "einpreisen". Wir müssen Thomas Henry Huxleys Mahnung beherzigen: "Die Wissenschaft ist mir eine Warnung, vorsichtig zu sein, wenn ich eine Ansicht übernehmen soll, die meine vorgefassten Meinungen bestätigt; für solche Ansichten verlange ich stichhaltigere Belege als für jene, denen ich anfangs feindlich gegenüberstand" (in: Carroll 2008: 46).

12. Sexualität

Evolutionsbiologie lässt uns verstehen, welche zentrale Rolle die Sexualität im Leben jedes sich sexuell fortpflanzenden Organismus spielt. Alles in der Evolution ist letztlich auf Fortpflanzung ausgerichtet. Organismen investieren enorme Anstrengungen, Zeit und Energie in die Partnerwerbung, die nicht selten extravagante und bizarre Formen annimmt. Sexualreize können ausgehen von langen Schwanzfedern, farbenfrohen Mustern, Gesang, Tanz, Imponiergehabe, Geschenken, kunstvollen Lauben, Sandburgen, Duft- und Leuchtsignalen. Die Vielfalt der von Organismen eingesetzten Mittel zum Anlocken von Sexualpartnern scheint nahezu grenzenlos (vgl. Zahavi und Zahavi 1998: 57).

Doch angetrieben wird Sexualität nicht von der Absicht oder der Erfüllung einer Verpflichtung zur Fortpflanzung. Angetrieben wird Sexualität vom Begehren, von Lust, dem Verlangen nach körperlicher Nähe, der Aufrechterhaltung und der Überprüfung der sozialen Bindung zwischen Partnern (vgl. Zahavi und Zahavi 1998: 367).

"Damit sich Organismen fortpflanzen, müssen sie etwas davon haben. Dem Menschen, und offensichtlich nicht nur ihm, bringt zum Beispiel Sex Wohlbehagen (…) Die wenigsten Organismen "wollen" sich fortpflanzen, denn ihnen sind die Folgen ihrer sexuellen Aktivität sicherlich nicht klar. Die Nachkommen entstehen meistens versehentlich, weil wir Sex mögen. Und wenn die Jungen dann einmal da sind, fangen wir an, sie zu ernähren und zu erziehen, denn wir können nicht umhin, uns um sie zu kümmern. Ein Nebenprodukt unseres Wohlbehagens ist dann das Erfüllen des ultimaten Ziels, nämlich die Erhaltung unserer Allele." (Zrzavy u. a. 2013: 19)

Menschen müssen den Zusammenhang zwischen Sex und Fortpflanzung nicht verstanden haben, um sich fortzupflanzen – die Lustsuche allein reicht zur Fortpflanzung aus. "Einige australische Einheimische oder zumindest Angehörige einiger Stämme, verstanden bzw. kannten die Beziehung zwischen Geschlechtsverkehr und Empfängnis nicht. Sie wussten nicht, dass der Mann beim Koitus die Frau befruchtet …Weil also der Geschlechtsverkehr mit der Kinderzeugung nicht in Zusammenhang gebracht wurde, betrachteten die ursprünglichen Australier den Beischlaf nicht als etwas, das von wesentlicher Bedeutung für die Erhaltung des Klans wäre, sondern als eine angenehme Unterhaltung, Freude, die sie sich im möglichst größten Maße und so lange gönnen wollten, wie es ihnen die Gesundheit erlaubt" (Miloslav Stingl, zitiert nach Zrzavy u. a. 2013: 20)

Bestrebungen zur Indienstnahme der Sexualität für alle möglichen Zwecke hat es schon immer gegeben, nicht nur von Religionen. Aber ein Blick auf das desolate deutsche Rentensystem, das dringend neue Beitragszahler braucht, pumpt kein Blut in die Schwellkörper des Penis und erregt keine Klitoris. Auch das Wissen um das dringend erforderliche Bevölkerungswachstum israelitischer Stämme der Bronzezeit oder das Streben ethnischer Gruppen nach zahlenmäßiger Überlegenheit leisten das nicht.

Die Verknüpfung von Sexualität und Fortpflanzung, die dem katholischen Verständnis von Sexualität zugrunde liegt, reduziert Sexualität auf ihre Fortpflanzungsfunktion. Wenn Priester von Sexualität reden, könnte man meinen wir hätten es mit Klempnern zu tun: der Penis als Leitungsrohr für den zur Zeugung bestimmten Samentransport.

Aber der Penis ist ein Produkt der weiblichen Selektion, das sich als taktiles Stimulans während der kopulatorischen Partnerwerbung im Lauf der Evolution entwickelt hat. "Wenn dies nicht so wäre, hätten sich die Männer niemals mit der Entwicklung eines so großen, schlaffen und bluthungrigen Organs abgegeben. Unsere weiblichen Vorfahren brachten die Männer dazu, weil ihnen solche Penisse gefielen" (Miller 2010: 268). Der für Primaten ungewöhnlich große menschliche Penis wurde von Frauen wegen des Vergnügens, das er bei der Kopulation bereitete selektiert, wegen der gemeinsamen Erlebnisse, die er verschaffen konnte. Er ist nicht nur ein physisches Organ, das ins Körperinnere vordringt sondern ein quasi psychologisches Organ, das in das Vergnügungszentrum eines anderen Individuums vordringt (vgl. Miller 2010: 270).

Sexuelle Lust braucht keinen Zweck außerhalb der Lust. Sie ist eine eigenständige Adaption. Sie sucht nur das Vergnügen, die Verlängerung, die Intensivierung und schließlich die Befriedigung im Orgasmus. Zwischen erwachsenen Menschen liegen die moralischen Grenzen dort, wo sie bei jedem anderen Verhalten auch liegen.

Der Katholizismus betrachtet die Ehe als eine von Priestern ausgestellte Berechtigungsbescheinigung für Sexualität. Doch wir brauchen ihre Bescheinigung nicht. Wir brauchen sie so wenig, wie wir ihre Sündenablassbriefe gebraucht haben. Ob ein Paar verheiratet ist oder nicht, ist die persönliche Entscheidung des Paares und für uns so bedeutungslos wie die Schuhgröße, die uneheliche Geburt, die sexuelle Orientierung oder die Augenfarbe.

Sexuelles Erleben durchzieht das ganze menschliche Leben in einer fast grenzenlosen Vielfalt, gleichgeschlechtlich oder heterosexuell: beim ersten Verliebtsein von Jugendlichen, in Paarbeziehungen mit oder ohne Trauschein, in kinderlosen Beziehungen, in Beziehungen von alten Menschen außerhalb des reproduktionsfähigen Alters, in Phantasien bei der Selbstbefriedigung. Sexualität ist kein monolithischer Block. Was Menschen mit sexuellen Signalen, Reizen, Genuss und Befriedigung verknüpfen, die individuelle Struktur des Begehrens, ist untrennbar verbunden mit ihrer Lebensgeschichte und ergibt sich nicht aus einer biologischen Funktionalität (vgl. Schmidt 2014: 68).

Der Entwertung und dem Verbot der nicht mit Fortpflanzung verbundenen Sexualität sowie der Verwehrung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung durch Religionen, müssen wir entschieden entgegentreten, gerade weil wir um die Bedeutung der Sexualität wissen. Sie verletzen das Menschenrecht auf Partnerwahl und Partnerwerbung.

13. Ehe

Die katholische Kirche behauptet, die Ehe sei uns als lebenslange monogame Beziehung zwischen Mann und Frau von Gott gegeben worden oder wie Kardinal Müller es formuliert: "Die Ehe ist eine Idee Gottes, die er selbst kraft der Schöpfung und Erlösung in die zweigeschlechtliche Natur des Menschen und in sein gnadenhaftes Gottesverhältnis real eingeprägt hat" (Müller 2016). Priester und Theologen, die uns das heute erzählen, sind die "Experten", die uns einst erzählten, dass die Sonne um die Erde kreise und uns mit dem Scheiterhaufen drohten, als wir das nicht mehr glauben wollten.

Durch die Evolutionsbiologie wissen wir, dass wir das "normale" Produkt der Evolutionskräfte sind und das stammesgeschichtliche Erbe unserer Vorfahren, auch das der Menschenaffen, in uns tragen. Auch Kardinäle haben Zugang zu diesem Wissen, so dass man sich fragen muss: "Gilt für Kardinäle das Achte Gebot nicht?"

Der entscheidende Faktor bei der Formung des Paarungsverhaltens der Primaten ist die Verteilung der Nahrung in ihren Lebensräumen. Weitläufig verteilte Nahrung führt dazu, dass Weibchen mit ihren Jungen die Nahrung allein suchen, sich zerstreuen. Die Männchen folgen den zerstreut lebenden Weibchen, wodurch eine Tendenz zur monogamen Paarbildung entsteht.

Konzentriert sich das Nahrungsangebot in einem Gebiet, nutzen die Weibchen die Vorteile der Gruppenbildung. Ist die Gruppe relativ klein wird ein einzelnes Männchen versuchen andere Männchen vom sexuellen Kontakt abzuhalten, wodurch ein Haremssystem entsteht. Der daraus resultierende Selektionsdruck "formt" größere, stärkere und aggressivere Männchen.

Ist die Gruppe der Weibchen zu groß um von einem einzelnen Männchen kontrolliert zu werden, entstehen komplexe Gruppen mit vielen Weibchen und vielen Männchen. Unsere hominiden Vorfahren haben vermutlich in solchen Gruppen gelebt (vgl. Miller 2010: 210; Foley 2000: 125). "Die Verteilung und die Qualität der Ressourcen beeinflussen die Struktur der sozialen Gemeinschaften und somit auch das Evolutionsmuster" (Foley 2000: 128). Einmal entwickelt, entfalten Evolutionsphänomene eine Eigendynamik und können kaum mehr rückgängig gemacht werden (vgl. Zrzavý u. a. 2013: 345).

Aufschluss über das in den komplexen Gruppen der Hominiden vorherrschende Paarungsverhalten, das unsere Verhaltensdispositionen und Gefühle entwicklungsgeschichtlich gesehen geprägt hat, liefert der Vergleich unserer relativen Hodengröße mit denen der anderen Primaten. "Die Männchen polygamer Arten haben im Verhältnis zur Körpergröße sehr große Hoden, bei monogamen Arten dagegen sind sie sehr klein" (Gamble u. a. 2016: 99). Je mehr Samenzellen das Männchen einer polygamen Art bei der Kopulation in das Weibchen einbringt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung. Das Volumen des Ejakulats korreliert mit der Hodengröße. Der Indikator Hodengröße legt nahe, dass die Homo sapiens nicht so monogam wie die Gibbons sind aber auch nicht so polygam wie die Schimpansen. "Die ausschließliche Monogamie ist eine evolutionäre Sackgasse – durch sie wird eine Art offensichtlich weniger flexibel, zumindest was ihr Sozialsystem betrifft. Und ein Verlust von Flexibilität ist kein Rezept für Evolutionserfolg. Wenn das stimmt, gab es möglicherweise deshalb keine wirklich monogamen Homininen, weil alle Evolutionsexperimente in dieser Richtung unter den Bedingungen des fortgesetzten Klimawandels, der unsere Vorfahren in den letzten 2 Mio. Jahren heimsuchte, sehr schnell zum Aussterben führten" (Gamble u. a. 2016: 101).

Polygynie, d. h. ein Paarungsverhalten, bei dem sich besonders "attraktive" Männchen mit zwei oder mehr Weibchen paaren und dadurch mehr Nachkommen als weniger "attraktive" Männchen hervorbringen, ist die Voraussetzung für die Variation des Fortpflanzungserfolgs und macht evolutionäre Entwicklungen erst möglich (vgl. Miller 2010: 92; 182; 215).

Andererseits ist anzunehmen, dass es bei unseren Vorfahren auch einen Selektionsdruck zu festen Beziehungen gab, zumindest für einen gewissen Zeitraum der Fortpflanzung und Aufzucht der Nachkommen. Enge, mit intensiven Gefühlen verknüpfte Beziehungen der beiden Geschlechter erhöhten die Überlebenschance der Nachkommen.

Sexuelle Verhaltensweisen sind Anpassungen, die von der natürlichen Auslese auf maximalen Reproduktionserfolg selektiert wurden (vgl. Junker 2008: 63). Sexualität ist konflikthaft und störungsanfällig weil sie keine perfekte Anpassung sondern ein Design-Kompromiss einander widersprechender Selektionsrichtungen ist (vgl. Junker 2008: 64; Miller 2010: 377).

"In den christlichen Gesellschaften Europas wurde seit dem Mittelalter die monogame Ehe zur religiösen und gesetzlichen Norm; die Machthaber allerdings scharten oft immer noch viele Mätressen um sich Wer von uns in europäisch geprägten Kulturen aufgewachsen ist, hält den Menschen eher für monogam; tatsächlich war das Paarungsverhalten unserer Spezies aber stets mäßig polygyn" (Miller 2010: 92). "Historisch gesehen akzeptierten die Menschen lebenslange Ehen erst, seit sie nicht mehr von dem, was das Land hergibt, leben können, seit für das Überleben der Kinder ererbter Besitz entscheidend wurde und seit Eheleute ökonomische Gründe haben, auch dann noch zusammenzubleiben, wenn sie sich schon lange nichts mehr zu sagen haben" (Miller 2010: 218).

Zusammenfassend lässt sich also feststellen: mit Gott hat die Ehe zwischen zwei Menschen so wenig zu tun wie die wirklich monogamen "Ehen" der Gibbons, Albatrosse oder Präriewühlmäuse.

Was sich am Beispiel der Ehe zeigt, ist das typische Vorgehen der Priester und ihrer Religionen, das Maximilien de Robespierre so formulierte: "Wenn sie Gott anrufen, tun sie es um unsere Welt an sich zu reißen". Sie vereinnahmen die Ehe als die Idee ihres Gottes und leiten daraus ihr Recht ab zu bestimmen, wer heiraten darf, wer nicht heiraten darf und unter welchen Bedingungen Ehepaare sich trennen dürfen. Ginge es nach der Religion, hätten wir noch heute kein akzeptables Ehescheidungsrecht. Dass unsere Gesellschaft gleichgeschlechtlichen Paaren die rechtliche Gleichbehandlung noch immer verweigert, ist pures Unrecht.

14. Kernfamilie

Für Menschen ist die Entwicklungsgeschichte der Säugetiere auch ein Teil ihrer Geschichte. "Bei fast allen Säugetieren und allen Primaten versorgen die Weibchen den Nachwuchs nahezu ohne Hilfe der Männchen. Im Gegensatz zu den Weibchen können sich Männchen nie sicher sein, welche Nachkommen tatsächlich Träger ihrer Gene sind. Wegen dieser Unsicherheit investieren die meisten männlichen Säugetiere eher in neue sexuelle Möglichkeiten als in das Versorgen fraglicher Nachkommen. Wie bei allen anderen Primaten bildete die Mutter mit ihren Kindern auch bei unseren Vorfahren die soziale Grundeinheit" (Miller 2010: 219).

Priester beschwören die Kernfamilie, also Vater, Mutter und Kinder, als die gottgegebene, natürliche, schon immer existierende Lebensform, die die unverzichtbare Keimzelle jeder Gesellschaft sei. Ethnologische Berichte über Frauen aus heutigen Jäger- und Sammler-Gesellschaften liefern jedoch ein völlig anderes Bild des Zusammenlebens. "In den Augen dieser Frauen bedeuten viele Männer mehr Mühe als sie wert sind. Wenn die Männer herumlungern, essen sie meist mehr, als sie selbst heranschaffen, und erwarten mehr Zuwendung, als sie selbst den Kindern zukommen lassen. Wenn sie über eine sehr hohe Fitness verfügen, können ihre guten Gene, guter Sex und gute Unterhaltung ihre Nachlässigkeit und Faulheit kompensieren. Sind sie aber nur durchschnittlich, verursachen sie aufgrund ihrer potenziellen sexuellen Eifersucht und Gewalttätigkeit mehr Nachteile als Vorteile" (Miller 2010: 220).

Im Pleistozän war eine Hominidin in einer Gruppe oder Horde viel sicherer aufgehoben als mit nur einem Mann in einer Kernfamilie. Hominidinnen hatten wahrscheinlich mehrere Sexualpartner zur gleichen Zeit. Väterliche Fürsorge dürfte bei unseren hominiden Vorfahren eher ein Akt der Partnerwerbung als der elterlichen Fürsorge gewesen sein. Also ein Verhalten, um Zugang zu Frauen und Sex mit ihnen zu erlangen (vgl. Miller 2010: 378). Mütter wählten ihre Sexualpartner auch im Hinblick darauf, dass sie sich ihren Kindern gegenüber freundlich verhielten und von ihnen gemocht wurden. So prägten kindliche Präferenzen indirekt die Evolution erwachsener Männer (vgl. Miller 2010: 222).

Heutige Väter bauen in der Regel enge emotionale Beziehung zu ihren Kindern auf und verbringen viel Zeit mit ihnen – auch ohne sexuelle Absichten bezüglich der Mutter. Die Erklärung, wie eine Verhaltensadaption durch sexuelle Selektion entstanden sein könnte, sagt nichts darüber aus, welche Bedeutung sie für das Individuum im heutigen Leben hat. Die ursprüngliche Verknüpfung zwischen Motivation und Verhalten kann zu einer komplexen, vollwertigen Adaption geführt haben, die nun von der ursprünglichen Verknüpfung völlig unabhängig existiert (vgl. Miller 2010: 306; 294). Miller weist darauf hin, das Sigmund Freud diese Unterscheidung fälschlicherweise nicht vorgenommen hat (2010: 309).

15. Die Schöpfung Gottes

Als Kind habe ich mich gefragt, warum Gott erst vor 2.000 Jahren aufgetaucht ist. Was ist mit all den Menschen, die vorher gelebt hatten und zur Hölle verdammt waren, da sie Götzen anbeteten, das aber nicht wissen konnten, da der "richtige" Gott sich noch nicht gezeigt hatte? Und warum ist Gott nicht zuerst nach Amerika gegangen? War Gott ein Rassist, dem am Seelenheil der "Indianer" nichts lag? Als die "Frohe Botschaft" dann endlich 1.500 Jahre später durch die Europäer nach Amerika kam, war ihr Erscheinen mit der Auslöschung des größten Teils der indigenen Bevölkerung und mit der Zerstörung ihrer Kultur verbunden. Die Menschen starben an den von den Europäern eingeschleppten Infektionskrankheiten gegen die sie keine Immunität besaßen oder wurden von den Konquistadoren ermordet.

Religionen sind natürlich historische Phänomene. Sie kommen und gehen. Unzählige Religionen sind gegangen, und wenn es keine schriftlichen Aufzeichnungen gab und mündliche Überlieferungen verloren gegangen sind, wissen wir heute nichts mehr von ihnen.

Doch wodurch wurde die Schaffung von Göttern möglich? Unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen und Gorillas und damit wohl auch unser letzter gemeinsame Vorfahr, haben keine Götter geschaffen – sie glauben nur, was sie sehen.

Wurde die Schaffung von Göttern möglich durch eine unserer spezifisch menschlichen Fähigkeiten, die sich nach der Abspaltung der Schimpansen von unserer Abstammungslinie entwickelte und die uns von den anderen Menschenaffen unterscheidet: die Sprache? Sprache ermöglichte es Menschen "Dinge zu erörtern, die nicht in Sichtweite waren. ... Der Haken ist, dass die verbale Sprache keine Komponente enthält, die ihre Verlässlichkeit garantiert. Mit Worten lässt sich leicht lügen" (Zahavi und Zahavi 1998: 372). Sprache könnte die "Technik" sein, die es uns erlaubte Götter zu schaffen und Priestern ein Betätigungsfeld eröffnete.

Die Täuschungsanfälligkeit von Sprache ergibt sich also dadurch, dass sie auf "verlagerten Referenzen" angewiesen ist, auf Dinge, die zeitlich oder räumlich entfernt sind (vgl. Miller 2010: 393). Weil in der Natur jeder Informationsaustausch von Täuschung und Manipulation bedroht ist, beschränkt sich bei Tieren wahrheitsgemäße Kommunikation weitgehend auf Fitnessindikatoren, die durch das "Handicap-Prinzip", also die Kosten, die der Signalisierende auf sich nimmt, gegen Fälschung und Manipulation gesichert werden (vgl. Miller 2010: 392; vgl. Zahavi und Zahavi 1998: 16; 112; 150). Die menschliche Sprache benutzt Wörter, also Lautmuster, denen als Symbole eine bestimmte Bedeutung zukommt. Sie hat jedoch keine Komponente, die Zuverlässigkeit garantieren und Täuschung ausschließen kann.

Der Motor der Sprachentwicklung war nicht das Bedürfnis "Informationen von einem Geist auf den anderen zu übertragen" (Miller 2010: 393). D. h. nicht die natürliche Selektion bzw. Nützlichkeitsselektion sondern die sexuelle Selektion bzw. Signalselktion (vgl. Zahavi und Zahavi 1998: 82) dürfte die Sprachentwicklung angetrieben haben. Sprache ausschließlich als Mittel der Informationsweitergabe, verschafft dem Zuhörer mehr Vorteile als dem Sprecher. Schweigendes aufmerksames Zuhören wäre egoistischer Luxus und ununterbrochenes Reden ein altruistischer Akt. Tatsächlich konkurrieren wir aber vor allem darum, wer reden darf. Als hochgradig soziale Wesen nutzen wir Sprache vor allem zur Beeinflussung dessen, was im Kopf unseres Gegenübers vorgeht.

16. Religion und Politik

Die von Priestern angebotenen religiösen Dienstleistungen weisen eine Besonderheit auf, die sie von denen anderer Anbieter unterscheidet. "Spezialisierte Handwerker haben oft keinerlei Schwierigkeiten, Alleinanbieter zu bleiben, entweder weil andere ihre gefährlichen und schmutzigen Arbeiten nicht machen wollen oder weil diese Arbeiten Fachkenntnisse und eine lange Lehrzeit erfordern . Religiöse Spezialisten hingegen bieten etwas an – nämlich Rituale sowie die Garantie, dass sie erfolgreich mit übernatürlichen Akteuren verkehren können -, das mühelos auch von Nichtmitgliedern ihres Verbandes geliefert werden könnte lokale Medizinmänner, Heilkundige, Schamanen, heilige Männer und erfahrene Stammesälteste" (Boyer 2011: 334).

Die leichte Ersetzbarkeit und Entbehrlichkeit der von Priestern angebotenen Dienste, bewirkt ihre prinzipiell unsichere Stellung in den jeweiligen Gesellschaften. Das ist einer der Gründe, warum Priester versuchen möglichst viel politischen Einfluss zu erhalten. Dadurch können sie ihre Position stabilisieren und ihren religiösen Verband davor bewahren als marginale Sekte zu enden.

Boyer weist darauf hin, dass nur wenige religiöse Verbände den politischen Prozess so umfassend kontrolliert haben, wie es die christlichen Kirchen jahrhundertelang in der europäischen Geschichte getan haben (vgl. 2011: 335).

Wie Politik und Religion zum beiderseitigen Vorteil zusammenarbeiten, lässt sich zurzeit in Russland beobachten. Putin nutzt die orthodoxe Kirche und profiliert sich als Garant für traditionelle Werte, der gegen den drohenden "Werteverfall" kämpft, der von der westlichen Welt ausgehe. Die russische Regierung hat drakonische Blasphemie-Gesetze erlassen, um Kritiker der orthodoxen Kirche zum Schweigen zu bringen. Die orthodoxe Kirche nutzt die Nähe zur Regierung, die ihr größeren Einfluss verschafft und unterstützt Putin beim Ausbau seiner autokratischen Herrschaft.

Politik wird auf Religion nicht verzichten – dafür ist sie zu nützlich. Und genau so sucht die katholische Kirche die Allianzen mit Autokraten und Diktatoren, wenn sie ihr nützlich sind: in Italien mit Mussolini, in Spanien mit Franco oder mit den zahlreichen Diktatoren südamerikanischer Staaten. Heute verhält sie sich ähnlich in Afrika. Dort konkurriert sie mit den an Einfluss gewinnenden Evangelikalen. Sie pflegt die Nähe zu Diktatoren wie Robert Mugabe, die ihre Länder seit vielen Jahren im Interesse der herrschenden Oligarchie ausbeuten, Menschenrechte missachten und jede demokratische Entwicklung verhindern.

17. Erklärungsansätze der Religion

Scott Atran weist im obigen Zitat darauf hin, wie notwendig ein wissenschaftliches Verständnis von Religion ist, gerade heute, angesichts der weltweiten Konflikte, in denen Religion eine Rolle spielt. Zwei Ansätze möchte ich kurz erörtern.

Sabine Paul beschreibt die Ähnlichkeiten zwischen Kunst und Religion, die sich beide auf das Reich der Fantasie beziehen und die Funktion der Gemeinschaftsbildung, der Synchronisation divergierender Interessen haben (2013: 179; Junker und Paul 2010: 165-185). Religion bezeichnet sie als die "unsympathische Schwester" der Kunst, weil Religion, im Gegensatz zur Kunst, mit psychischem Zwang, Drohungen, Vorschriften, Geboten und Verboten arbeitet und auf ihrem Realitäts- und Wahrheitsanspruch beharrt. "Religion dient der Gemeinschaftsbildung vor allem in hierarchischen Systemen Man könnte daher die Religionen als »Zwangskunst hierarchischer Systeme« bezeichnen, die zur Absicherung der asymmetrischen Machtverhältnisse genutzt und missbraucht werden kann" (Paul 2013: 180).

Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena und der Universitäten in Auckland und Wellington, die eine große Anzahl historischer Kulturen im pazifischen Raum im Hinblick auf rituelle Menschenopfer analysiert, untermauert Pauls Thesen. Demnach trug das religiös begründete Morden in vielen Fällen dazu bei, dass sich Hierarchien und Herrschaftsstrukturen verfestigten. "Die Opfer hatten typischerweise einen niedrigen sozialen Status, sie waren beispielsweise Sklaven, während die Initiatoren der Menschenopfer normalerweise zu den gesellschaftlichen Eliten gehörten, wie zum Beispiel Priester oder Häuptlinge. Dabei zeigte sich, dass die Kulturen mit den am stärksten ausgeprägten Hierarchien am ehesten Menschenopfer praktizierten. Menschenopfer boten ein besonders effektives Mittel der sozialen Kontrolle, da sie eine übernatürliche Rechtfertigung für die Bestrafung lieferten. Herrscher, wie Priester und Häuptlinge, galten oft als Gesandte der Götter und die rituelle Tötung eines Menschen war die ultimative Demonstration ihrer Macht" (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte 2016).

Einen evolutionsbiologischen Erklärungsansatz liefert Geoffrey F. Miller. Er betrachtet die sexuelle Selektion, nicht die natürliche Selektion, als die Hauptantriebskraft der Evolution des menschlichen Geistes und damit auch der Entstehung der Religionen (vgl. 2010: 32). Religion ist als "sexualspezifischer Schmuck", als Fitnessindikator entstanden, mit dem Individuen einen höheren sozialen Status zu erlangen suchen. Veranschaulichend könnte man sagen: Priester und Theologen sind die Jungs, die im Sommer mit ihren Autos, tiefergelegt und mit abgesägtem Auspuff, die lokale Eisdiele umkreisen, um die Aufmerksamkeit ihrer Artgenossen zu erlangen und um sie zu beeindrucken. Nicht anders als bei Tieren, ist ein Großteil menschlicher, insbesondere männlicher Verhaltensmuster darauf ausgerichtet, die eigene Fitness anzupreisen. Was beim Pfau der beeindruckende Schwanz ist, ist in der Theologie das verbale Gefiederkleid. Doch dieses angeberische, verschwenderische, riskante und machtbesessene Imponiergehabe führt häufig zu sozialen Belastungen. Moralische Normen haben sich auch deshalb herausgebildet, um diese Belastungen zu minimieren (vgl. Miller 2010: 159). Moralische Normen schützen Menschen damit auch vor den übelsten Auswirkungen der Religion.

Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Pfauenschwanz und dem verbalen Gefiederkleid der Theologie. Der Pfau kann seinen Fitnessindikator nicht vortäuschen – das Handicap macht ihn zu einem zuverlässigen Signal (vgl. Miller 2010: 147). Sprache dagegen, besitzt diese Garantie auf Zuverlässigkeit nicht – sie ist, ganz im Gegenteil, anfällig für Täuschung (vgl. Miller 2010: 470).

18. Moral

Wir können Priestern und Theologen vieles nachsehen. Ihre theistische Evolution, Kreationismus und all die absurden Geschichten mit denen sie uns an der Nase herumführen, können wir ihnen verzeihen. Dass Religion und Wissen nicht vereinbar sind, haben wir längst erkannt. Wir haben uns damit arrangiert: wir lassen Priester erzählen und denken uns schweigend unseren Teil. Schließlich verändert sich der Lauf der Planeten nicht dadurch, dass wir glauben die Sonne kreise um die Erde. Wir nutzen Wissenschaft zur Erkenntnisgewinnung – nicht Theologie.

Was uns aber wirklich an Religion enttäuscht, ist ihr Versagen im Hinblick auf Moral. Dass sie Moral missbraucht für den Betrieb ihrer religiösen Organisation, können wir ihr nicht verzeihen.

So groß ist die Enttäuschung, dass es uns noch immer schwer fällt zu realisieren, dass Religion und Moral nicht zusammenfallen. Dennoch: wenn Priester sagen, sie verkündeten uns die "Frohe Botschaft", ist unsere erste Frage angesichts ihrer Vergangenheit und unserer Erfahrungen mit ihnen schon heute: "Frohe Botschaft für wen?" Für Menschen, die bereit sind Andersgläubige zu ermorden (Dtn 17: 2-5)? Für Sklavenhalter (Lev 25: 44-46)? Für Menschen, die die Todesstrafe für sexuelle Untreue fordern (Lev 20: 10)? Für Homophobe (Lev 20: 13)? Für Männer, die Frauen als ihr Eigentum betrachten und ihren Gehorsam fordern (Ex 20: 17 / Eph 5: 22-24)? Für Eltern, die ihre Kinder prügeln (Spr 13: 24)?. Für Eltern, die bereit sind ihre Kinder zu töten, wenn es ihr Gott befiehlt (Gen 22: 1–10)?

Wir tun nicht, wozu uns die Bibel auffordert, weil es mit unseren Werten, mit unseren Moralvorstellungen, mit unserem Sinn für Gerechtigkeit und mit den Menschenrechten nicht vereinbar ist.

Wieso dürfen wir von unserer Religion nicht fordern, dass sie ihre Grundlagentexte den Werten einer zivilisierten Gesellschaft anpasst, die auf Menschenrechte gründen und hinter die wir nicht zurückgehen können und wollen? Eine Religion, die uns als erstes die Religionsfreiheit nimmt (Ex 20: 3), ist mit dem Menschenrecht auf Religionsfreiheit nicht vereinbar. Wieso sollten wir von unserer Religion also nicht erwarten dürfen, dass sie die Zehn Gebote korrigiert? Dass sie die Aufforderung zur Ermordung Andersgläubiger streicht und die Aufforderung zur Ermordung untreuer Ehepartner. Auch sollten wir es ihren Priestern und Theologen nicht durchgehen lassen, dass sie die Aufforderung zur Ermordung gleichgeschlechtlich liebender Menschen noch immer für zitierfähig halten.

Das sich Priester und Theologen als "Experten" empfehlen, die uns sagen: "Ihr braucht uns! Wir picken euch die 'richtigen' Stellen aus der Bibel heraus und liefern euch die 'richtige' Gesamtschau", verbessert leider gar nichts.

Hat die katholische Kirche wirklich aufgearbeitet, inwieweit der von ihr bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs geschürte Antisemitismus den Nährboden für den Zivilisationsbruch des Holocaust bereitet hat?

Ein Auszug aus einem Bischofsbrief des Primas der polnischen katholischen Kirche, der im Jahr 1936 von den Kanzeln verlesen wurde, gibt einen Eindruck von der damaligen Haltung der katholischen Kirche gegenüber Menschen jüdischen Glaubens: "It is a fact that the Jews are fighting against the Catholic Church, persisting in free-thinking, and are the vanguard of godlessness, Bolshevism and subversion. It is a fact that the Jewish influence on morality is pernicious and that their publishing houses disseminate pornography. It is a fact that Jews deceive, levy interest, and are pimps. It is a fact that the religious and ethical influence of the Jewish young people on Polish young people is a negative one” (Law 2011: 103).

Priester und Theologen nutzen immer wieder die Strategie der Schutzgelderpressung für den Betrieb ihrer religiösen Organisation: sie konstruieren Bedrohungen, und bieten sich selber als Beschützer und Retter an. In der Salzburger Erklärung warnen sie vor der "Bedrohung der menschlichen Geschöpflichkeit" und den "zerstörerischen Konsequenzen unabsehbaren Ausmaßes", die von der Gleichstellung von Mann und Frau und von der rechtlichen Gleichbehandlung heterosexueller und gleichgeschlechtlicher Ehen ausgingen.

Mit der gleichen "Offenbarung", mit der Priester und Theologen einst Kreuzzüge, die Sklaverei, die "Hexen"-Verbrennung, die feudale Gesellschaftsordnung oder die Verfolgung von Menschen jüdischen Glaubens begründeten und rechtfertigten, wenden sie sich heute gegen die Gleichstellung der Geschlechter, gegen die rechtliche Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Ehen in Europa und unterstützen die Diskriminierung, Kriminalisierung und Verfolgung von homosexuellen Menschen in vielen Ländern Afrikas.

Wenn Gott es nötig hätte, müssten wir ihn vor Priestern und Theologen beschützen, angesichts dessen, was sie Gott in den vergangenen 2000 Jahren in den Mund gelegt haben.

Ein Buch, das uns auf Seite 3 auffordert, unsere Eltern zu lieben, (was wir schon taten, bevor wir das Buch gelesen hatten) und auf Seite 5 auffordert, unseren Nachbarn zu töten, weil er einen anderen Gott anbetet, taugt nicht als Moralgrundlage.

Wir sollten uns endlich eingestehen, dass Religion nicht die Quelle unseres Moralempfindens ist.

Zahavi und Zahavi erläutern dies am Beispiel des Inzesttabus. "Auch Tiere vermeiden gewöhnlich den Inzest. (…) Graudroßlinge beispielsweise vermeiden es, sich mit Individuen zu paaren, bei deren Aufzucht sie mitgeholfen haben oder die schon damals zu ihrer Gruppe gehörten" (1998: 352). "Menschen, die als Kleinkinder nebeneinander groß geworden sind, finden sich in der Regel später im Leben nicht sexuell attraktiv" (Zrzavy u. a. 2013: 93). Diese unbewusste Paarungshemmung hat sich durch natürliche Selektion herausgebildet (sogenannter "Westermarck-Effekt") und wird durch rechtliche und religiöse Verbote lediglich verstärkt (vgl. Pinker 2012: 565).

Wenn katholische Priester und Theologen von Moral sprechen, beziehen sie sich auf das Textsammelsurium der Bibel mit ihren widersprüchlichen, unklaren und, wie wir wissen, häufig falschen Aussagen. Ihre Moral erfüllt in keiner Weise die Minimalvoraussetzungen eines Moralsystems. Ihnen fehlen klare und stimmige Grundannahmen, transparente und funktionierende Entscheidungsverfahren sowie deren Begründbarkeit und Plausibilität (vgl. Edmüller 2015: 76).

Dadurch wird die "christliche Moral" zur normativen Beliebigkeit, mit der sich, wie oben beschrieben, fast alles rechtfertigen lässt. Es macht keinen Sinn anzunehmen, man müsse "nur »richtig« an die Sache herangehen" um die wahre christliche Moral zu erkennen (Edmüller 2015: 47). "Es gibt keine christliche Moral, weil unter Bezug auf christliche Werte und Gebote so ziemlich jede Handlung begründet werden kann – eine abscheuliche so gut wie eine anständige" (Edmüller 2015: 22). Aufgrund ihrer moralischen Beliebigkeit ist das Christentum in Fragen der Moral und Gerechtigkeit nicht kompetenter als in Fragen der Kosmologie und Kernphysik (vgl. Edmüller 2015: 23).

So wird verständlich, warum unser Moral- und Gerechtigkeitsempfinden so häufig in völligem Widerspruch zu den Forderungen der katholischen Kirche steht und warum Religion immer wieder der Ausgangspunkt und Verstärker für Hass ist, für die Spaltung unserer Familien und gesellschaftlicher Konflikte.

Religion benutzt Moral in gleicher Weise wie sie Wissen benutzt: als "Treibstoff". Vor Priestern und Theologen ist im Prinzip nichts sicher. Sie greifen nach allem, was anschlussfähig ist, was sich für die Konstruktion ihrer Göttergeschichten verwerten lässt. Moral und Wissen sind für sie, anders als für uns, nicht substanziell bedeutsam, sondern nur insoweit von Interesse, wie sie sich nach ihren systemeigenen Regeln für die Religion verwerten lassen. Religion kreist um Religion, nicht um Wissen und nicht um Moral.

Die Entwicklung unseres Moralempfindens können wir nicht mit Religion erklären. Vielleicht lässt sich Moralempfinden als Anpassung an ein Leben in komplexen sozialen Beziehungen begreifen. Eine Anpassung, die sich wie alle anderen typisch menschlichen Eigenschaften im Pleistozän (vor 1,6 Millionen Jahre bis 10.000 Jahren) entwickelte. Die Epoche, in der wir in überschaubaren Gruppen ohne die ausgeprägten Hierarchien der sich im Holozän entwickelnden Kulturen zusammenlebten. Diese Epoche bestimmte 99 Prozent unserer Evolutionsgeschichte.

Evolution begünstigt keinen selbstlosen Altruismus. Moral ist eine menschliche Konstruktion, kein Faktor in Evolutionsprozessen. Deshalb macht es keinen Sinn von "Morallosigkeit" zu sprechen, wenn die Gottesanbeterin dem Männchen noch beim Geschlechtsakt den Kopf abbeißt. Den verborgenen Vorteil freundlichen, hilfsbereiten und großzügigen Verhaltens müssen wir im reproduktiven Bereich suchen. Zahavi und Zahavi beschreiben altruistisches Verhalten der in Gruppen lebenden Graudroßlingen als ein Handicap, das den sozialen Status der Individuen verbessert (vgl.: 377). Moral als ein System sexuell selektierter Handicaps – vielleicht ist das ein Schlüssel zum Verständnis (vgl. Miller 2010: 360).

19. Weltbildrevision

Die Anpassung unseres Weltbildes und unseres Selbstverständnisses an das was wir wissen, ist überfällig.

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Natur ein "Projekt" verfolgt oder ein Ziel anstrebt und keinen Hinweis darauf, dass wir nicht das Zufallsprodukt der Evolution sind: entstanden wie alle anderen Organismen auch, durch nicht gelenkte Mutation und natürliche Selektion.

Unsere Verantwortung verbietet es uns zu glauben, das heißt uns Priestern und Theologen zu unterwerfen, die für sich einen privilegierten Zugang zur Wahrheit reklamieren, der auf "Spökenkiekerei" beruht. Die Basis unseres Handelns und unserer Entscheidungen sollten Informationen sein, die auf Fakten beruhen, nicht auf Mythen, Märchen oder Offenbarung. Daraus ergibt sich, "dass selbst das angeblich offenbarte Wort Gottes vor den Theorien zurücktreten muss, die wir durch Prinzipien wie Beobachtung, Induktion, Deduktion und Schluss auf die beste Erklärung gewonnen haben" (Boghossian 2015: 75).

Die Freiheit der Religion müssen wir jedoch verteidigen wie die Freiheit jeder anderen Kunst auch. Menschen haben die Freiheit den Kaffeesatz zu lesen, das Orakel zu befragen, dem Stand der Planeten Bedeutung für das eigene Leben zuzuweisen, sich in die Gedankenwelt des Nostradamus oder Ron Hubbard zu versteigen oder Texten aus der Bronzezeit Relevanz für das eigene Leben zuzuschreiben. Religiöse Freiheit endet jedoch dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.

Zur Freiheit der Religion gehört auch, dass wir uns einen ganz persönlichen religiösen oder spirituellen "Cocktail" aus den unterschiedlichsten Religionen und Philosophien mixen können, der mit unseren Werten, unserem Moralempfinden und mit den Menschenrechten vereinbar ist. "Du sollst keine Kreatur und kein lebendes Geschöpf verletzen, missbrauchen, unterdrücken, versklaven, kränken, quälen, foltern oder töten." Bringt dieses Zitat aus dem Jainismus unsere Überzeugungen nicht viel besser zum Ausdruck als die Bibelzitate der Salzburger Erklärung?

Wir schulden Priestern, Bischöfen, Kardinälen und Päpsten keinen Gehorsam. Unser Vertrauen müssen sie sich verdienen. Kraft ihres Amtes als Geschichtenerzähler kommt es ihnen gewiss nicht zu. Mit Leuten, die von sich behaupten, sie seien die Stellvertreter eines Gottes auf Erden, können wir uns nicht ernsthaft auseinandersetzen. Wir können Ihnen entgegnen: "Und ich, bin der Kaiser von China". Damit sollte die Sache für uns abgehakt sein.

Spannend und aufregend sind für uns die atemberaubenden Windungen in der Evolution des Lebendigen. Zum Beispiel die Frage danach, wie es Cyanobakterien geschafft haben Wasser aufzuspalten. Ein Prozess, der das "Abfallprodukt" Sauerstoff freisetzt, wodurch das Leben auf der Erde "revolutioniert" wurde. Oder die Frage, wie vor 2 Mrd. Jahren aus den einfachsten uns bekannten lebenden Systemen, den erzkonservativen, unveränderlichen Bakterien und Archaeen, der ultimative Speed-Junkie, der sich ständig verändernde Eukaryot entstand, die erste komplexe Zelle, aus der sich schließlich Pflanzen und Tiere entwickeln konnten (vgl. Lane 2013: 130), (ich bin mir der Anthropomorphismen bewusst).

Die Standardantwort von Priestern und Theologen zu solchen Fragen kennen wir bereits aus ihrer Erklärung des Gewitters: "Gott war es!" Für uns aber gilt: "Das Fehlen von Verständnis für etwas ist kein Beweis für Gott, es ist ein Beweis für das Fehlen von Verständnis" (Lawrence M. Krauss).

Eine der bemerkenswertesten Erkenntnisse, die wir aus der Evolutionsbiologie gewinnen, ist die zentrale Bedeutung der Verschiedenartigkeit der Individuen. Sie steht in krassem Gegensatz zur religiösen Sichtweise, die den Menschen zum Klon der von Priestern fantasierten Göttergestalten macht: "Wir bezeugen und bekennen mit dem biblischen Schöpfungszeugnis, dass der Mensch als Ebenbild Gottes und als Mann und Frau geschaffen ist" (Salzburger Erklärung 2015).

"Die durch die sexuelle Reproduktion erzeugte Verschiedenheit der Individuen einer menschlichen Population wird selten als das gesehen, was sie ist: als eine der Hauptantriebskräfte der Evolution, als ein natürliches Phänomen, ohne das es uns nicht gäbe" (Jacob1984: 92). "Jeder von uns ist ein genetisch einzigartiges Individuum, das es vorher nie gab und in der Zukunft nie mehr geben wird" (Zrzavy u. a. 2013: 286). Lebewesen lassen sich zusammenfassend nur in statistischen Begriffen beschreiben. "Aber Durchschnittswerte sind nur statistische Abstraktionen; Realität haben einzig die Individuen, aus denen die Population besteht" (Mayr 2005: 112).

Vielleicht ist unser menschliches Selbstverständnis noch immer hin- und hergerissen zwischen mythischen Vorstellungen von einer vorhandenen, wenn auch verborgenen Absicht im Universum und unserem Wissen um unsere Entstehung aus Bakterien, weil wir die Botschaft, die uns die Evolution mitteilt, noch immer nicht in ihrer ganzen Reichweite akzeptiert haben: "dass allein die Selektion aus störenden Geräuschen das ganze Konzert der belebten Natur hervorgebracht haben könnte" (Monod 1971: 143).

Dennoch, das verbale Gefiederkleid der Theologie können wir uns schon heute nicht mehr umhängen.


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