In Michigan hat Richter Bernard Friedman Dr. Jumana Nagarwala und sieben weitere Angeklagte von einem Großteil der Vorwürfe zu weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) bei Minderjährigen und Verschwörung freigesprochen. Er begründete seine Entscheidung damit, dass der Kongress seine Kompetenzen bei einem Verbot der Verstümmelung, welches zur Verhaftung und Anklage von Nagarwala und Co. geführt habe, überschritten habe. Dies falle in den Bereich der Verfassung und müsse von den einzelnen Staaten verboten werden.
Nagarwala war bereits im Jahre 2017 festgenommen, kam aber gegen Kaution und Auflagen wie Passabgabe und Fußfessel frei. Sie wird beschuldigt hunderten jungen Mädchen, oftmals erst sieben Jahre alt, die äußeren Genitalen verstümmelt zu haben. Mitangeklagt sind Dr. Fakhruddin Attar, der seine Klinik für die Misshandlungen zur Verfügung gestellt haben soll, bzw. zwei Personen, die bei den Prozeduren geholfen haben sollen und zwei Mütter, die ihre kleinen Töchter in die Klinik gebracht haben sollen.
Jumana Nagarwala erklärte dazu, sie habe keine Genitalien verstümmelt, sondern nur eine Tradition ihrer religiösen Gruppierung, Dawudi Bohras, durchgeführt.
Bei der Genitalverstümmelung unterschiedet die Weltgesundheitsorganisation WHO in vier Stadien, die unter anderem das Abschneiden oder Zerstören von Gewebe der Klitoris und/oder der Labien und/oder das Vernähen der Labien vorsehen. Dabei geht sie auch auf die Gefahren, Schmerzen, Traumata und Folgen dieser Tortur für die Mädchen und Frauen ein. Nicht ohne Grund also haben bereits 27 US-Staaten diese Praktiken verboten. Die verbleibenden 23 werden nun von Menschen bereist, die ihre minderjährigen Töchter, Nichten oder Enkelinnen verstümmeln lassen möchten.
Richter Friedmann ließ einen Großteil der Anklagepunkte gegen Narwala und die anderen mit der Begründung fallen, dass nur die Bundesregierung, nicht aber der Kongress das Recht habe, Gesetze, wie eines zum Verbot der weiblichen Genitalverstümmelung, zu erlassen. Der Kongress könnte bei FGM eingreifen, wenn es sich um einer kommerzielle Aktivität oder um eine Angelegenheit der Gesundheitsvorsorge handele. Beides griffe im Falle der FGM nicht, da kein Geld gezahlt würde und die Verstümmelung keine Gesundheitsvorsorge darstelle, sondern einen sexuellen Übergriff.
Dr. Narwala und drei ihrer Mitangeklagten steht noch ein weiterer Prozess bevor, in welchem entschieden werden soll, ob sie in einem anderen Punkt schuldig sind. Ihnen wird vorgeworfen sich zu Reisen abgesprochen zu haben, die unerlaubte sexuelle Handlungen an Minderjährigen umfassten.
Die Menschenrechtsorganisation AHA Foundation, die sich gegen die Genitalverstümmelung, Zwangsheirat und Ehrengewalt, bzw. Ehrenmorde einsetzt, kündigte an, ihre Bestrebungen, zum Verbot der FGM in den noch verbleibenden 23 Bundesländern zu verstärken.
13 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Jumana Nagarwala erklärte dazu, sie habe keine Genitalien verstümmelt, sondern nur eine Tradition ihrer religiösen Gruppierung, Dawudi Bohras, durchgeführt."
Meine Tradition ist es, bei solchen Aussagen zu kotzen...
Uschi am Permanenter Link
Dito.
Wieso muss man diese Körperverletzung speziell verbieten? Körperverletzung ist doch eigentlich sowieso verboten, sogar in den USA?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Das ist etwas komplizierter. Körperverletzung an sich ist verboten, das stimmt. Aber jeder medizinische Eingriff ist eine Form der Körperverletzung, die jedoch erwünscht ist.
Es geht also um das Kindeswohl. Und das hat z.B. der deutsche Gesetzgeber auch bei rituellen Beschneidungen an Knaben in die Hände der Eltern gelegt. Sie dürfen also medizinisch unnötigen rituellen Genitalverstümmelungen zustimmen.
Das ist der Skandal, dass medizinische unnötige Eingriffe von Eltern erlaubt werden dürfen...
Carola Dengel am Permanenter Link
Wieso handelt es sich bei fgm um einen medizinischen Eingriff ? Wenn Ihnen ein Finger abgeschnitten würde, was wäre das ?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Genau lesen, nicht alles in einen Topf werfen!
"Wenn Ihnen ein Finger abgeschnitten würde," dann ist das bei einem gesunden Finger eine unnötige Körperverletzung, bei einem erfrorenen Finger aber eine notwendige Körperverletzung, weil Sie sonst krepieren würden.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Wo steht, dass FGM ein medizinischer Eingriff sei? Das ist es genauso wenig, wie MGM.
Jeder medizinische Eingriff indes ist juristisch eine Körperverletzung, die dem vorherigen Einverständnis des Betroffenen oder seiner Erziehungsberechtigten bedarf. Deshalb ist z.B. die Amputation eines Fingers dann rechtens, wenn der Betroffene zugestimmt hat und eine medizinische Indikation vorlag (z.B. eine unheilbare bakterielle Infektion). Immer dann, wenn ohne Einwilligung körperverletzt wird (Nothilfesituationen ausgenommen), macht sich der Verletzende strafbar. Die Penisse von Knaben sind davon in Deutschland leider ausgenommen...
Edward von Roy am Permanenter Link
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Auf abgeordnetenwatch unbeantwortet seit dem 28. März 2018
Frage an Dr. Katarina Barley bezüglich Inneres und Justiz
Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Barley,
erstmals in der Geschichte der USA begann im April 2017 ein Strafprozess nach 18 USC 116 (female genital mutilation, FGM). In Detroit, Michigan, waren Dr. Nagarwala sowie die Eheleute Attar angezeigt worden, drei Angehörige der schiitischen Dawudi Bohra, denen FGM religiöse Pflicht ist (https://tinyurl.com/y7wearfe).
Islam der Sunniten. Im islamischen Recht der Schafiiten gilt die männliche wie weibliche Beschneidung als wâdschib (farD), religiös verpflichtend. Die anderen sunnitischen Rechtsschulen bejahen die weibliche Beschneidung, den Malikiten gilt sie als sunna (unbedingt nachzuahmen), Hanafiten wie vielen Hanbaliten als makrumâ (ehrenwert), die übrigen Hanbaliten bewerten sie als religiöse Pflicht (https://tinyurl.com/yamu9kvt).
Sind Sie der Auffassung, dass eine religiös begründete FGM Typ Ia oder FGM Typ IV durch Art. 4 Grundgesetz gedeckt und auch nicht durch § 226a StGB verboten ist? (https://tinyurl.com/qzxoz2k)
Auch die Jungenbeschneidung, die männliche „Genitalverstümmelung ist immer ein massiver Eingriff, der nicht selten den Tod und häufig lebenslange Schmerzen und psychologische Traumata nach sich zieht“, um Ihre, für das männliche Geschlecht ebenfalls zutreffende, Aussage zur FGM zu zitieren. Die Grund- und Freiheitsrechte des Individuums betreffend, hat das Grundgesetz zwischen Frau und Mann, zwischen Mädchen und Junge nicht zu differenzieren (https://tinyurl.com/yb8dvgau).
Bekennen Sie sich zum Beibehalten der WHO-Kategorisierung weiblicher Genitalverstümmelung, welche FGM definiert als Typ I, II, III, IV? Kämpfen Sie mit uns gegen die Straffreistellung der Chatna (chitan al-inath, sunat perempuan), auch der milden Sunna? Jede Form von FGM (I, II, III, IV) gehört verboten – überall auf der Welt.
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/dr-katarina-barley/question/2018-03-28/297901
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Kay Krause am Permanenter Link
Bernd Kammermeier! Ihr Eimer ist zu weit weg für mich!
Frank am Permanenter Link
Es klingt als haben die verantwortlichen Politiker die ganze Sache vermasselt und die Gesetze nicht richtig umgesetzt hatte.
Es ist schon erstaunlich, dass es in den USA so ein Gesetz notwendig ist, dort werden Eltern von ihren Kindern getrennt, wenn sie ihren Kindern erlauben, alleine im Park zu spielen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Also nicht grundsätzlich verfassungsfeindlich, sondern eher wird die Zuständigkeit moniert. Dass da allerdings eine islamische Sekte ihr Verstümmelungsunwesen treibt, macht wütend.
Helmut Lambert am Permanenter Link
In der Sache natürlich empörend.
Beppo am Permanenter Link
Körperferletzung bleibt Körperverletzung und gehört in Industrieländern grundsätzlich verboten. Da gibt es nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Warum werden nicht die Gehirne der seltsamen Richter beschnitten? Ach ja, da ist ja nichts mehr, was man beschneiden kann!