Der russische Aktivist und Aktionskünstler Pjotr Wersilow ist wegen "Verunglimpfung der russischen Armee" in Abwesenheit zu achteinhalb Jahren Straflager verurteilt worden. Putins Justiz will damit jede Opposition gegen den Ukraine-Krieg einschüchtern.
Der 36 Jahre alte Mitgründer der oppositionellen Nachrichtenplattform MediaZona wurde für schuldig befunden, "Falschinformationen" über die russische Armee verbreitet zu haben. Dabei handelt es sich um einen Straftatbestand nach den Anti-Dissidenten-Gesetzen, die von Putins Justiz nach dem Angriff auf die Ukraine eingeführt wurden. Wersilow wurde in Abwesenheit verurteilt. Nach Angaben der amtlichen russischen Nachrichtenagentur Tass bezieht sich der Vorwurf der "Falschinformationen" auf Beiträge über Butscha, die Wersilow in Onlinediensten veröffentlicht hatte. Die ukrainische Stadt war 2022 Schauplatz eines Massakers an Zivilisten, das den russischen Streitkräften angelastet wurde. Moskau stritt jegliche Verantwortung ab.
Anfang Oktober hatte Wersilow in einem Interview mit dem populären russischen Blogger Juri Dud gesagt, dass er sich den ukrainischen Streitkräften angeschlossen habe, um gegen die russischen Truppen zu kämpfen. Zuvor gehörte er neben seiner Tätigkeit bei MediaZona mit seiner Künstlergruppe "Wojna" (Krieg) auch zu den bekanntesten politischen Aktionskünstlern in Russland. International bekannt wurde auch die von ihm mitbegründete Punkband Pussy Riot, die mit scharfen Songtexten und Videos die Kreml-Politik und die Unterdrückung Andersdenkender anprangert.
Wersilow, der auch die kanadische Staatsbürgerschaft besitzt, war in Russland bereits vor einigen Jahren als "ausländischer Agent" eingestuft worden. 2018 wurde er in ein Krankenhaus in Moskau eingeliefert und anschließend in eine Berliner Klinik verlegt. Deutsche Mediziner hielten eine Vergiftung für wahrscheinlich.
Seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine wurden tausende Oppositionelle und einfache Bürger wegen ihres Widerstands gegen das russische Vorgehen im Nachbarland verurteilt, teilweise zu hohen Strafen. Fast alle prominenten Oppositionellen befinden sich hinter Gittern oder im Exil.
Zuletzt waren die Anwälte des Kremlkritikers Alexej Nawalny wegen Teilnahme an einer "extremistischen Gemeinschaft" inhaftiert worden. Menschenrechtler bezeichneten die Verhaftung als "Akt der Einschüchterung der gesamten Rechtsgemeinschaft". Putins Justiz verfolgt mit voller Härte jede Form des Protests und der Kritik am russischen Ukraine-Krieg.