Die aktuelle SINUS-Studie mit einem gravierenden Manko

So also sind unsere Jugendlichen?

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BERLIN. (hpd) In den vergangenen Tagen wiesen etliche Medien auf die aktuelle SINUS-Studie hin. Die Umfrage wurde vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb und der Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) beauftragt. In diesem Jahr beteiligten sich auch die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (afj) sowie die VDV-Akademie (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen -Akademie) an der Studie.

"Die Studie ist für uns ein wertvolles Instrument, um die vielfältigen Lebenswelten junger Menschen noch besser zu verstehen. Gerade die Themen Nachhaltigkeit und Kritischer Konsum sind für uns sehr wichtig. Die SINUS-Jugendstudie zeigt klar, dass diese Themen junge Menschen bewegen, ihnen aber häufig der konkrete Zugang fehlt" hießt es bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der SINUS-Studie. "Mit den Erkenntnissen können wir unsere Bildungsangebote und Engagementmöglichkeiten in diesen Bereichen noch besser ausbauen und unseren politischen Einsatz für rechtliche Rahmenbedingungen untermauern", betonte BDKJ-Bundesvorsitzender Wolfgang Ehrenlechner in Berlin. Mit der SINUS-Studie wird alle vier Jahre untersucht, wie junge Menschen in Deutschland ticken.

In der Pressemitteilung kann man erfahren:

Jugendliche in Deutschland leben nach wie vor in unterschiedlichen Lebenswelten, aber sie rücken in mehrfacher Hinsicht zusammen. Für die meisten 14 bis 17-Jährigen heute gilt: Man möchte sein wie alle. Die auf Abgrenzung und Provokation zielenden großen Jugend-Subkulturen gibt es kaum mehr. Eine Mehrheit ist sich einig, dass gerade in der heutigen Zeit ein gemeinsamer Wertekanon von Freiheit, Aufklärung, Toleranz und sozialen Werten gelten muss, weil nur er das "gute Leben", das man in diesem Land hat, garantieren kann.

Das ist nun – anders als viele Medien darstellen wollten – keine so ganz neue Erkenntnis. Auch, dass die Jugendlichen immer angepasster werden und nur noch selten aufbegehren überrascht nicht: "Der Begriff 'Mainstream' ist bei den meisten Jugendlichen kein Schimpfwort, sondern - im Gegenteil – ein Schlüsselbegriff im Selbstverständnis und bei der Selbstbeschreibung." Die Zeiten, in den gegen "das Establishment" aufbegehrt wurde, sind lang vorüber. Die moderne Jugend ist längst Teil des kapitalistischen und konsumorientierten Establishments.

Flüchtlinge, Datenschutz und Religion

In der Befragung wurde auch nach dem Umgang mit Flüchtlingen gefragt. Erfreulich ist, dass "der überwiegende Teil der Befragten die Aufnahme von Geflüchteten befürwortet, Zuwanderung unterstützt, Toleranz zeigt und mehr Engagement für eine gelungene Integration fordert." Hier hat es den Anschein, als wären die Jugendlichen toleranter als ihre Eltern.

Auch beim Thema Datenschutz und Umgang mit sozialen Medien scheint sich sich ein Wandel abzuzeichnen. Die Studie weist aus, dass Jugendliche von der Ausbildung mehr digitale Kompetenz fordern (dabei haben sie in den meisten Fällen mehr davon als ihre Lehrer). Die Faszination für die neuen Medien ist noch vorhanden. Aber inzwischen sind Datenschutz, Überwachung und unkontrollierte Datennutzung in den Vordergrund getreten.

Für die religiösen Auftraggeber der Studie unerfreulich muss sein, dass "Jugendliche an Sinnfragen interessiert, … aber skeptisch gegenüber Religionsgemeinschaften als Institutionen" sind. Selbst die eigene Konfession wird als "nicht besonders wichtig" erfahren, grundsätzlich aber auch nicht in Frage gestellt. "Religiöse Heterogenität im Freundeskreis wird akzeptiert", wichtiger jedoch ist, dass "es eine gemeinsame Wertebasis gibt."

Erfreulich ist auch jeden Fall auch die Tatsache, dass eine deutliche Mehrheit "religiöse Begründungen von Gewalt" ablehnen. "Speziell bei den befragten muslimischen Jugendlichen zeigt sich eine Festigung von religiöser Toleranz als Norm und eine demonstrative Distanzierung vom radikalen Islamismus."

Der Haken

Über die Ergebnisse der Studie, die in vielen Medien Niederschlag fand, kann man sich freuen oder sie bedauern – je nach Gusto. Denn tatsächlich ist die Studie keine; zumindest keine, die wissenschaftlichen Standards entspricht.

Die Studie "Wie ticken Jugendliche 2016?" beschreibt auf Basis von 72 qualitativen Tiefeninterviews Wertvorstellungen von 14- bis 17-Jähringen in Deutschland sowie ihre Einstellungen zu Themen wie digitale Medien und digitales Lernen, Mobilität, Nachhaltigkeit, Liebe und Partnerschaft, Glaube und Religion, Geschichtsbilder, Nation und nationale Identität sowie Flucht und Asyl. (Hervorhebung durch die Redaktion)

Zweiundsiebzig Tiefeninterviews sollen also die Lebenswirklichkeit aller in Deutschland lebenden Jugendlichen abdecken? Mit 72 Interviews soll ein Bild gezeichnet werden, wie Jugendliche in Deutschland denken, fühlen; welche Wünsche und Erwartungen sie haben und ob sie in der Gesellschaft integriert sind. Das entspricht nicht einmal der durchschnittliche Jahrgangsstärke einer durchschnittlichen Schule. Und damit ist die Studie nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurde.