Spanien: Regierung verlangt Auskunft zu offenen Missbrauchsfällen der Kirche

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Im Februar hatte die spanische Justizministerin Dolores Delgado im Namen der Regierung die spanische Generalstaatsanwaltschaft aufgefordert, Informationen zu an Gerichten noch offenen Verfahren zu Missbrauchsfällen durch Angehörige der Kirche zu übergeben. Da die katholische Kirche, die dominierende Kirche in Spanien, viele Fälle komplett vertuscht oder Informationen nicht an Strafverfolgungsbehörden weitergegeben hat, sieht sich die Regierung zum Handeln gezwungen.

Wie El País berichtet, hatte Ministerin Delgado die spanische Generalstaatsanwaltschaft angewiesen, sowohl die Fälle sexueller Übergriffe abzufragen, die in den Gemeinden stattfanden, als auch die, die sich in religiösen Schulen stattfanden. Jedoch ist die Hoffnung auf einen umfangreichen Bericht zu anhängigen Verfahren gering, da Bischöfe und andere ranghohe Angehörige der Kirche selbst die Verhängung von Strafen, wie zum Beispiel Versetzung in eine andere Gemeinde oder das Verbot Messen abzuhalten, übernehmen, über Entschädigungen oder Schweigegelder für Betroffene entscheiden oder Fälle vollständig vertuschen wollten.

Viele Fälle sind also nicht vor Gericht gekommen und mittlerweile gar verjährt. Nachdem die Verjährungsfrist zunächst komplett abgeschafft werden sollte, ist sie aktuell nur erhöht worden. So können Menschen bis zum Alter von 45 Jahren noch sexuellen Missbrauch in Kindheit oder Jugend anzeigen. Nach dem alten Gesetz war das Vergehen 15 Jahre nach dem 18 Geburtstag des Opfers verjährt.

Nach Angaben von SER hatte Ministerin Delgado neben ihrem Auftrag an die Generalstaatsanwaltschaft auch einen Brief an den Vorsitzenden der spanischen Bischofskonferenz Ricardo Blázquez versendet, in dem sie auch ihn zur Aushändigung von Informationen auffordert und bekräftigt, dass Fälle nicht verheimlicht werden dürften und auch keine Privatangelegenheit der Kirche seien. Bisher erhielt die Ministerin, nach Angaben von SER, keine Antwort von Blázquez oder einem anderen Sprecher der katholischen Kirche zu ihrem Brief.

Aktuell scheint es tatsächlich in der Hand der Medien zu sein, Betroffenen sexuellen Missbrauchs durch den Klerus eine Stimme zu geben und sich für Gerechtigkeit einzusetzen. So hat allein El País 87 Fälle aufgedeckt, die die Kirche nicht an Behörden weitergeleitet hatte.