Großbritannien

Staatliches Geld für christliche Bekehrung von Sexarbeiterinnen

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Die konservative britische Regierung fördert mit dem "faith new deal pilot fund" religiöse Organisationen, die gemeinnützige Dienste anbieten. Darunter unter anderem eine christliche Wohltätigkeitsorganisation, die Menschen in der Sexindustrie die "biblische Wahrheit" näher bringen will. 

Laut Bericht der National Secular Society hat die britische Regierung All Souls Serve the City, einer Wohltätigkeitsorganisation zur "Förderung des christlichen Glaubens" in London, 7.747 Pfund für ihr Projekt Tamar gewährt – "ein Team von ehrenamtlichen Frauen, die Menschen, die in der Sexindustrie ausgebeutet werden, wieder Hoffnung geben wollen".

Nach einer Stellenbeschreibung auf der Website der Wohltätigkeitsorganisation ist es für die Mitarbeit beim Projekt Tamar – zu dessen Hauptaufgaben die Durchführung von "persönlichen Bibelstudien" gehört – unerlässlich, evangelikaler Christ zu sein. Erfahrungen in der Unterstützung von Frauen, die in der Sexindustrie tätig sind, sind dagegen nicht erforderlich. In der Stellenbeschreibung heißt es, Tamar versuche, Frauen, die in der Sexindustrie tätig sind, einschließlich derer, die Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung sind, die Hoffnung des Evangeliums und die biblische Wahrheit zu bringen".

Die finanzielle Unterstützung für das Projekt wurde im Rahmen des mit 1,3 Millionen Pfund dotierten "faith new deal pilot fund" der britischen Regierung vergeben. Bewerben konnten sich ausschließlich religiöse Organisationen, die gemeinnützige Dienste anbieten. Nichtreligiöse Gruppen konnten sich nicht bewerben. Sechzehn Gruppen, die meisten davon christlich, erhielten im Rahmen dieses Programms Mittel.

Selma Taha, Geschäftsführerin der in London ansässigen Frauenrechtsgruppe Southall Black Sisters, sagte: "Wir sind schockiert, dass die Regierung Mittel speziell für religiöse Gruppen bereitgestellt hat, um solch sensible Dienste anzubieten, während viele Organisationen, die über jahrelange Expertise und Erfahrung im Bereich Gewalt gegen Frauen und Mädchen verfügen, mit Finanzierungsproblemen zu kämpfen haben."

Megan Manson, Leiterin des Bereichs Kampagnen bei der National Secular Society, hob hervor, dass die Unterstützung von schutzbedürftigen Frauen, die von der Sexindustrie ausgebeutet werden, zwar eine noble Sache sei, dass die Verbindung dieser Unterstützung mit religiösen Bedingungen jedoch sehr bedenklich sei. "Tamar mag zwar die besten Absichten haben, aber die Forderung, dass die Mitarbeiter evangelikale Christen sein und Bibelstunden abhalten müssen, deutet darauf hin, dass diese Gruppe eine religiöse Agenda verfolgt. Dies zeigt, warum es falsch ist, wenn die Regierung Zuschüsse gewährt, die exklusiv nur von religiösen Gruppen in Anspruch genommen werden können. Dies diskriminiert nicht nur die bereits angeschlagenen säkularen Wohltätigkeitsorganisationen und drängt sie an den Rand, sondern öffnet auch religiösen Gruppen die Möglichkeit zur Missionierung."

Möglicherweise steckt jedoch genau dieses Ziel hinter staatlichen Förderprogrammen wie dem "faith new deal pilot fund". In einem im September veröffentlichten Bericht erklärt die parteiübergreifende parlamentarische Gruppe für Glaube und Gesellschaft APPG, dass die Öffentlichkeit erwarten solle, dass Glaubensgemeinschaften zunehmend bedeutende Beträge an öffentlichen Mitteln erhalten. Die APPG, deren Vorsitzer der evangelikale Christ und Labour-Abgeordnete Stephen Timms ist, hat das Ziel, "den Beitrag von glaubensbasierten Organisationen für die Gesellschaft hervorzuheben".

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