Missbrauch durch Geistliche

Wo steht Italiens katholische Kirche?

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Während es weltweit zig Skandale um Missbrauchsfälle um die katholische Kirche gab, war es ausgerechnet in Italien die letzten Jahre still. Betroffene beklagen die fehlende Sensibilität und fordern Aufarbeitung. Ein Betroffenenverband hat gemeinsam mit einer Zeitung ein Onlinearchiv aufgesetzt.

In Italien wurde ein Onlinearchiv freigeschaltet. Gemeinsam mit dem Betroffenenverband "Rete l'abuso", hat die Zeitung Left dort alle bekannten Missbrauchsfälle in Italien veröffentlicht. Die Fälle stammen aus den Jahren 1993 bis 2021, berichtet katholisch.de. Die Delikte würden Kindesmissbrauch, Besitz von Kinderpornografie, Kinderprostitution und Anstiftung dazu, schwere sexuelle Nötigung sowie Gewalt gegen Kinder und Frauen beinhalten.

Als ob das Problem nicht existiere

Francesco Zanardi hat das Betroffenennetzwerk "Rete l'abuso" gegründet, das auf den Missbrauch in der Kirche Italiens aufmerksam machen will. Es sei in Italien so, als ob gar kein Problem existieren würde, sagt Zanardi gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. "Die Presse berichtet nicht darüber, das Fernsehen schon seit Jahren nicht mehr, vor allem das staatliche", sagt er. Auf ihrer Webseite "Rete l'abuso" (Missbrauchs-Netzwerk) listen Zanardi und seine Mitstreiter etwa 320 italienische Priester auf, die wegen Kindesmissbrauch verurteilt wurden oder gegen die aktuell ermittelt wird.

Einfach nur Zahlen?

Zanardi geht von bis zu einer Million Missbrauchsopfern seit 1950 aus, sagt er gegenüber der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Diese Schätzung ergebe sich aus Vergleichen: In Frankreich waren es laut einem Bericht einer von der Kirche selbst beauftragten Kommission 330.000 minderjährige Betroffene, davon 216.000 Opfer von Priestern und 114.000 von Laien. In Frankreich gibt es etwa 21.000 Priester, in Italien rund 52.000 Geistliche. Grundsätzlich belegten Untersuchungen, dass um die vier Prozent aller Priester Missbrauchstäter sind, heißt es bei der Augsburger Allgemeinen.

Untersuchungsberichte wie in Deutschland, Frankreich oder den USA habe der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Gualtiero Bassetti, ausgeschlossen. "Man erweist der verwundeten Gemeinschaft und der Kirche keinen guten Dienst, wenn man oberflächlich vorgeht und einfach nur mit Zahlen um sich wirft", sagte er.

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