BERLIN. (hpd) Europa ist zu einem verwundbaren Ziel des islamistischen Terrorismus geworden. Der hpd sprach mit dem Nahost-Experten Thomas Osten-Sacken über die Anschläge, Radikalisierung und die Rolle des Islam.
Der islamistische Terrorismus scheint immer bedrohlicher zu werden. Was hat sich in letzter Zeit konkret verändert?
Die Taktung an Anschlägen nimmt einfach wahnsinnig zu. Allein in den vergangenen drei Wochen gab es in Bagdad über 300 Tote, dann Nizza, Dhaka, Würzburg, … Der Terrorismus kommt außerdem immer näher. Früher hat es pro Jahr einen großen Anschlag in Europa gegeben. Im Moment finden die Attentate dagegen in weitaus kürzeren zeitlichen Abständen statt.
Gibt es geopolitische Gründe, die dazu beigetragen haben?
Ja, natürlich. Der Nahe Osten hat sich in den letzten fünf bis sechs Jahren in eine "failed region" verwandelt. Anders als die Terrororganisation Al-Quaida, die dezentral organisiert war, verfolgt der IS die Strategie ein Kalifat zu errichten, um damit ein möglichst großes Territorium zu kontrollieren. In den zwei wichtigsten Ländern des Nahen Ostens, nämlich Syrien und Irak, ist damit ein riesiger Rückzugsraum entstanden, von dem aus der Terror orchestriert wird.
Verfolgen die islamistischen Terroristen dabei auch andere Motivationen als zuvor?
Die Feindstellung ist mit den USA, Israel, der Freiheit und einem selbstbestimmten Leben dieselbe geblieben. Allerdings haben sich die Angriffsziele verändert. Denn heute ist es nicht mehr so einfach in ein Hochhaus zu fliegen. Für diese neuen Terroranschläge gibt es nun keine jahrelange militärische, fast geheimdienstliche Planung mehr. Stattdessen sind sie durch ihre Willkür immer barbarischer und haben nicht mehr den symbolischen Charakter wie alte Formen des Terrorismus.
Zum Soldaten des IS wird man nicht, indem man sich dem IS anschließt, sondern wenn man im Namen des IS mordet und totschlägt. Erst dann ist man IS. Und das verspricht Raqqa jedem auf dieser Welt: "Töte, töte möglichst viele möglichst barbarisch und posthum wirst du einer von uns werden, ein Märtyrer, berühmt, erinnert."
Was kann man nun konkret gegen den Terrorismus tun?
Erstmal muss man für bessere Verhältnisse im Nahen Osten sorgen. Denn dort liegt der Krankheitsherd, der ganz eng mit dem Islamismus und Terrorismus in Europa zusammenhängt. Es macht wenig Sinn den IS in Europa zu bekämpfen, wenn die Ursache in Raqqa und Mosul sitzt. Das wird bis heute nicht verstanden. Stattdessen schustert man an Symptomen herum. Die Lösung des Problems wird durch diese Versäumnisse natürlich zunehmend erschwert. Ganz ähnlich wie bei Zahnschmerzen: Je länger man nicht zum Zahnarzt geht, desto aufwendiger und kostspieliger wird es.
Man muss sich zudem bewusst machen, dass die Terroristen nicht dumm sind. Islamistische Terroristen lernen viel schneller als ihre Gegner. So hat der IS gelernt, dass sogenannte "Lone-Wolf-Anschläge" durch vermeintliche Einzeltäter eine immens effektive Form des Terrorismus sind. Denn diese Leute, die sich teilweise in zwei Wochen radikalisieren, sind der Alptraum jedes Geheimdienstes und laufen unter jedem Radar. Das sind eben keine Mohammad Attas, sondern irgendwer. Und ein Dutzend von diesen Irgendwers werden ausreichen, um das ganze Land zu paralysieren und in den finalen Irrsinn zu treiben. Und das wiederum wissen die Irgendwers.
Der IS präsentiert sich als radikale Jugendbewegung und inszeniert eine Protestkultur, die viele junge Menschen anspricht. Könnte es eine Deradikalisierungsstrategie sein, andere Protestkulturen zu stärken?
Klar. Natürlich ist es möglich Alternativen entgegenzusetzen. Das ist allerdings eine wahnsinnig aufwendige und komplizierte Angelegenheit.
Man muss erstmal verstehen, dass es für junge Menschen im Nahen Osten keine Hoffnung auf Zukunft im Status Quo gibt. Sie können auf die Straße gehen und für Demokratie demonstrieren, sie können fliehen oder sich Islamisten anschließen. Aber Europa behandelt die Region so, als könne man den Status Quo wiederherstellen. Die ganzen Demokratie-Aktivisten und Leute des arabischen Frühlings hat man nicht unterstützt, sondern hängen gelassen. Heute sitzen sie frustriert in Gefängnissen, zerbombt in Syrien, sind irgendwo auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken oder ziehen sich ins Private zurück. Das stärkt natürlich die Islamisten, weil sie die Bedürfnisse ernst nehmen und die Sprache der Jugendlichen sprechen.
Viel wird momentan über islamistische Radikalisierung im Zusammenhang mit der psychischen Verfassung von Terroristen diskutiert. Könnte es nicht sein, dass die Täter einfach Wahnsinnige sind? Oder steht hinter dem Ganzen doch eine Rationalität?
Diese Dichotomie funktioniert nicht. Islamistische Terroristen haben in der Regel psychische Probleme. Aber das schließt sich nicht aus. Denn die psychischen Probleme erklären nicht, wieso sie Islamisten geworden ist.
Die Analyse von Ideologien stellt ja die Frage, wie eine politische Bewegung Bedürfnisse befriedigt und wie sie mit Ängsten umgeht, die in immense Aggressionen umgewandelt werden können. Hier gehören sozialpsychologische und psychoanalytische Analysen genauso zusammen, wie politische und geostrategische. So hat man es auch getan, um den Nationalsozialismus zu verstehen.
Kann man den Nationalsozialismus und den Islamismus miteinander vergleichen? Gibt es ideologische Parallelen?
Natürlich. Der Antisemitismus, der Wunsch nach autoritären Strukturen und der Hass auf die freie Sexualität sind beispielsweise gemeinsame Organisationsformen. Und auch historisch gibt es große Schnittmengen, wie die Faszination vieler Panarabisten und Islamisten für den Nationalsozialismus. Um den Islamismus zu verstehen, ist eine Analyse des Faschismus jedenfalls sehr hilfreich – vielleicht sogar hilfreicher, als den Koran zu lesen.
Wie steht es dabei um das Verhältnis von Islam und Islamismus?
Selbstverständlich gibt es Unterschiede zwischen den islamischen Vorstellungen und Weltbildern. Der Mainstream-Islam und der Islamismus hängen jedoch miteinander zusammen und es gibt eine enorm große Überschneidung in wichtigen Fragen: Wie hältst du es mit der Volkssouveränität? Wie hälst du es mit von Menschen gemachten Gesetzen? Wie hälst du es mit Antisemitismus? Wie hälst du es mit der Gleichberechtigung der Geschlechter?
Wenn man diese Fragen an die Vertreter der offiziellen Islamverbände in Deutschland stellt, wird man Ausflüchte und Gestammel hören. Die Politik hat diese Fragen immer ausgeklammert, um gemeinsam mit den Verbänden gegen Extremismus zu arbeiten und einen Dialog zu führen. Ich halte das für einen der fatalsten Ansätze, die man sich vorstellen kann. Diesen Verbänden geht es um Herrschaftsstabilisierung und die permanente Verteidigung einer anti-emanzipatorischen Haltung. Dabei vertreten sie nur einen winzigen Bruchteil der in Deutschland lebenden Muslime.
Die Islamdebatte polarisiert. Auf der einen Seite finden sich Positionen, die fremdenfeindliche Ressentiments gegen Muslime hegen. Auf der anderen Seite stehen Kulturrelativisten, die die konfliktreiche Rolle des Islam beschönigen oder kleinreden. Wie ist eine humanistische Islamkritik zwischen diesen zwei Fronten möglich?
Glücklicherweise gibt es Leute wie Ahmad Mansour, Hamed Abdel-Samad, Necla Kelek und Mina Ahadi, denen niemand vorwerfen kann, dass sie weiße Rassisten sind. Sie zeigen, dass es eine Islamkritik gibt, die Menschenrechte auf eine universalistische, kulturübergreifende Basis stellt.
Das Interview führte Florian Chefai für den hpd
15 Kommentare
Kommentare
Erhard Birkenstock am Permanenter Link
Ich stimme Ihrem Standpunkt voll zu!
Nur am Ende sollten Sie auch Sabatina James, Ayaan Hirsi-Ali, und Düzen Tekkel hinzufügen!
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Wir sollten uns angewöhnen von Politreligion zu sprechen. Religion und Politreligion eint, dass beide Ideologien sind. Das wichtige Trennende ist das Wörtchen "Polit" bei Politreligion.
Die Grundzüge der Politreligion hat Thomas Osten-Sacken gut dargestellt. Diese sollten erkannt und in reale Politik umgesetzt werden. Und in der Tat liegt das Epizentrum der Politreligion Islam, al-Raqqa, nur ca. 100 km vom türkischen Harran entfernt, wo der Legende und meinen Forschungen nach der Monotheismus seine wesentlichen Impulse erhielt.
In dieser Region gibt es ein exzessives Festhalten an archaisch-tribalistischen Strukturen, die bis heute für gesellschaftliche Verwerfungen sorgen. Doch die Erdbeben ruckeln hier nichts zurecht, sondern scheinen die Region im Gegenteil immer mehr zu verkrusten.
Hier müsste "der Westen" ansetzen, um das fatale "Monotheismus-Prinzip" aus den Köpfen der Bevölkerung zu bekommen. Hier - so schwer dies erscheinen mag - muss angesetzt werden. Alles andere - Wiederaufbauhilfen, Schulen errichten, Lebensmitteltransporte oder gar Waffen- und Soldatenlieferungen - sind nur kurzfristige Pflaster, die Wunden aber nicht verheilen lassen, da sie am Status Quo nichts ändern.
little Louis am Permanenter Link
@ B. K. und
"..Hier müsste "der Westen" ansetzen, um das fatale "Monotheismus-Prinzip" aus den Köpfen der Bevölkerung zu bekommen. " (Zitatende)
Wie vereinbaren Sie diese Forderung aber mit dem religiösen oder ideologischen Selbstbestimmungsrecht der Personen dort? Es sind nicht unsere unmündigen Kinder, über die wir eine (legale) Erziehungsgewalt auszuüben berechtigt wären. Man kann meines Erachtens nur durch Vorbildwirkung liberaler Lebensformen versuchen zu überzeugen.
Das kann aber nur gelingen, wenn man glaubhaft zeigen kann, dass "der Westen" in der Lage und vor allemUNEIGENNÜTZIG willens ist, in ihrer Heimat vermittels seiner politischen Grundsätze und Strukturen ein humanes und menschenwürdiges Leben zu garantieren. Aber rein ökonomische Verbesserungen reichen auch nicht, denn den meisten sind liberale Freiheiten sch...-egal, solange nur der Brotkorb ausreichend gefüllt
ist.
Genauso wie es vielen (angeblichen) "Demokraten" in manchen Staaten Sch...-egal ist, ob Menschen in anderen Staaten unter grausamen Diktaturen zu leiden haben, solange sie nur dort Stabilität zur Unterstützung gegenwärtiger oder vermuteter zukünftiger Geschäftsinteressen vorfinden. wärtiger
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Wie vereinbaren Sie diese Forderung aber mit dem religiösen oder ideologischen Selbstbestimmungsrecht der Personen dort?"
Wie haben wir dies (weitestgehend) hinbekommen: durch teilweise schmerzhafte Aufklärung. Durch ein "Weiter so!" geht es gewiss nicht. Die Alternative wäre, diese Regionen ausbrennen zu lassen, bis sich keiner mehr rührt. Das kann ja wohl keine ernsthafte Alternative sein.
"Man kann meines Erachtens nur durch Vorbildwirkung liberaler Lebensformen versuchen zu überzeugen."
Genau das funktioniert eben nicht, sonst würde ja funktionieren. Menschen aus dem nahöstlichen Kulturkreis bekommen von klein auf indoktriniert, dass unsere Lebensweise direkt in die Hölle führt. Und wer will da schon hin?
"Das kann aber nur gelingen, wenn man glaubhaft zeigen kann, dass "der Westen" in der Lage und vor allemUNEIGENNÜTZIG willens ist, in ihrer Heimat vermittels seiner politischen Grundsätze und Strukturen ein humanes und menschenwürdiges Leben zu garantieren."
Das ist ein möglicher Weg.
"Aber rein ökonomische Verbesserungen reichen auch nicht, denn den meisten sind liberale Freiheiten sch...-egal, solange nur der Brotkorb ausreichend gefüllt ist."
Das ist meine Kernthese.
"Genauso wie es vielen (angeblichen) "Demokraten" in manchen Staaten Sch...-egal ist, ob Menschen in anderen Staaten unter grausamen Diktaturen zu leiden haben, solange sie nur dort Stabilität zur Unterstützung gegenwärtiger oder vermuteter zukünftiger Geschäftsinteressen vorfinden."
Ich denke (hoffe) dass gerade unter dem Eindruck des Terrorismus ein Umdenken in Gang kommt. Solange dieses Länder intern gekämpft und nur dort alles verwüstet haben, konnte dies vielen "Demokraten" am A... vorbeigehen. Deutschland wird am Hindukusch verteidigt. Wo bitte ist der Hindukusch...?
Doch heute ist er mitten unter uns, nimmt an Häufigkeit zu. Ein "Weiter so!" darf es nicht geben. Die Bevölkerung hier muss über die Zusammenhänge aufgeklärt werden. Das geschieht zunehmend, aber noch immer tröpfchenweise. Frau Merkel hat viel zu lange die "Fluchtursachen" in der Türkei gesehen. Doch die liegen viel tiefer.
Ja, das mag von manchen als Angriff auf die Glaubens- und Ideologiefreiheit des Menschen gesehen werden. Das war die Befreiung Deutschlands durch die Alliierten auch. Die haben uns unseren schönen Nationalsozialismus weggenommen, Deutschland einfach entnazifiziert.
Ich bin dankbar dafür...
Damit das nicht missverstanden wird: ich bin NICHT für eine militärische Intervention und gewaltsame Entislamisierung, sondern für den Weg der friedlichen, zivilen Aufklärung. Mir ging es nur um die Gefühle, die bei beiden Methoden - militärisch oder zivil - auftreten werden. Die Überzeugung kann ja auch nicht per Dekret erfolgen, sondern muss von unten wachsen.
Anfangen wird das Ganze sowie im "Westen", indem Religionen nicht mehr als unverzichtbare Bestandteile einer Gesellschaft wahrgenommen und beschützt werden. D.h. politreligiösen Organisationen, wie Ditib, müssen endlich in ihre Schranken verwiesen werden.
Es muss eine klare Gesetzeslage geschaffen werden, die von Religionsvereinen aller Art die Vorlage von Satzungen verlangt (wie bei jedem Schrebergartenverein auch), nach denen dort agiert wird. Darin darf kein Punkt enthalten sein, der Demokratie in Frage stellt oder "göttliches" Recht höher gewichtet. Dann gilt uneingeschränkt des GG und Bekleidungsgebote oder Beschneidungen etc. würden als grundgesetzwidrig verboten werden.
Ja, manchmal muss man Menschen durch ein Verbot klarmachen, dass sie Unrechtes tun, auch wenn dies ein "Gott" von ihnen erwartet. Ich darf auch nicht entgegen der Einbahnstraße fahren, ob ich das einsehe oder nicht.
Für mich jedenfalls grenzt z.B. der §1631d BGB (Beschneidungserlaubnisgesetz ohne medizinischen Grund) an unterlassene Hilfeleistung des Staates, der dadurch gerade Kindern gegenüber sein Wächteramt aufgab. Der 1631d war das Einknicken der Regierung vor religiösen Lobbyisten. Mit dieser Appeasement-Einstellung werden wir jedenfalls nichts verändern. Und wenn wir hier schon nichts ändern, warum sollten dann Veränderungen im Kernland des Problems stattfinden?
Aber klar ist auch: Es geht nur in kleinen Schritten und in enger Kooperation mit Muslimen, die bereits die Vorteile des "Westens" erkannt haben. Das Ziel ist groß und klar, doch ohne echte Schritte bleibt es unerreichbar...
little Louis am Permanenter Link
@ B.K.
1.ZU:
"....Genau das funktioniert eben nicht, sonst würde ja funktionieren. Menschen aus dem nahöstlichen Kulturkreis bekommen von klein auf indoktriniert, dass unsere Lebensweise direkt in die Hölle führt. Und wer will da schon hin?... (Zitatende)
Sieglauben also, dass nur Gegenindoktrination möglich ist? Ich halte das immer noch für sehr bedenklich, gerade auch im humanistisch- ethischen Sinn. In der hiesigen Pädagogik würden manche das "Schwarze Pädogogik" bzw "Schwarze Psychologie" nennen, was in Bezug auf Jugendliche/Kinder schon jeher umstritten war.
2. Zu:
"..Ja, das mag von manchen als Angriff auf die Glaubens- und Ideologiefreiheit des Menschen gesehen werden. Das war die Befreiung Deutschlands durch die Alliierten auch. Die haben uns unseren schönen Nationalsozialismus weggenommen, Deutschland einfach entnazifiziert.
Ich bin dankbar dafür..." (Zitatende)
Machen Sie es sich hier nicht ein wenig zu einfach? Zunächst mal wurde die Entnazifizierung bekanntlich nur recht oberflächlich durchgeführt. Sehr schnell wurde der Antikommunismus die weit wichtigere Agenda. Dass dieser einzig und allein eine Ideologie zur Verteidigung der der westlichen Demokratien war ,halte ich im Lichte der objektiven historischen Forschung und der weltplitischen Vorgänge der letzten Jahrzehnte für einen Propagandamythos.
Denn da , wo die Fachkompetenz von Nazis im (beginnenden) kalten Krieg nützlich war, war einem deren ideologicsche Prägung oder gar eine eventuelle Beteiligungen an Verbrechen schnurzegal. Das zeigte sich auch in der Unterstützung aller möglichen rechten Diktaturen durch " den Westen", solange diese nur den machtpolitischen und ökonomischen Interessen "des Westens" zu dienen willens waren. Das ging bis zur gezielten vedeckten oder Offenen Unterstützung von Putschen gegen demokratisch gewählte Regierungen. Ganz abgesehen von Wirtschaftsboykotten und allen möglichen Zersetzungsversuchen.
Es ist heute jedem unvoreingenommen kritisch denkenden Menschen ziemlich klar, dass auch in Europa versucht wurde, eventuelle Wahlerfolge von Kommunisten und auch demokratischen Sozialisten durch illegale verdeckte uns eventuell sogar staatsterroristische Mittel zu verhindern.
Sind Sie dafür auch dankbar? Man kann natürlich der Meinung sein, dass man zur Bekämpfung von Totallitarismus die Demokratie zeitweilig oder zeitweise in Pension schicken dürfe. Das ist meiner Meinung nach aber eine äußerst naive und gefährliche Sicht der Dinge, denn jede moderne Diktatur wird zur Erhaltung und weiteren Legitimation ihrer Herrschaft DIESE als unabdingbar für die Erhaltung der Demokratie und als Verwirklichung des "Volkswillens "darstellen (Siehe das aktuelle Beispiel am Bosporus)
Selbstverständlich ist eine Befreiung der deutschen Bevölkerung von einer menschenverachtenden Diktatur nicht zu beanstanden gewesen. Ob dazu aber unbedingt ein massiver Bombenterror auf Die Zivilbevölkerung von Großstädten nötig gewesen wäre, sollten gerade auch Humanisten nicht als Tabuthema betrachten. Ich weiß, ich weiß: Ich bin mir oft auch nicht sicher, ob sich Menschen , die sich bewusst antizivilatorisch verhalten, dann noch Anspruch auf human- zivisatorische Behandlung haben sollen.
Aber sind wirklich alle im Dresdener Feuersturm umgekommenen Deutschen für ihre Indoktrination und die Verbrechen des Staates persönlich (durch Tötung) zur Verantwortung zu ziehen gewesen?
Das aber mit der Umerziehung der jetzigen muslimischen Bevölkerung in oder aus östlichen Autoratien zu veggleichen, halte ich schon für sehr verwegen.
Aus Angst vor Rechtspropaganda solche Fragen als illegitim zubezeichnen ist für einen linken oder auch nur libertären Humanismus selbstmörderisch.
Denn selbstverständlich stürzen sich rechtsnationale "Rationalisten" sofort auf solche Schwachpunkte und zerpflücken Inkonsistenzen in der Argumentation mir Vergnügen und mit eheblichem Propagandaeffekt.
Man kann die Insrumantilisierung von ANGEBLICHEN "Linkstabuthemen" aktuell als Livestream bei der Linkspartei in Bezug auf Frau Wagenknecht verfolgen. Die "Linke " wird auch von innen zerlegt. Von wem und aus welchen Motiven auch immer.
3) Sie wollen die Macht von Ditip beschneiden oder gegen die Beschneidungslobby vorgenen?
Mit wem denn? Glauben Sie das geht aktuell mit der Linkspartei? Oder mit Viertelsrot oder mit Schwarz??
Ich sehe im Moment nur die Möglichkeit parteiübergreifend (von Links bis Legalrechts) themengebundene Zweckallianzen zu installieren. Das geht aber nur ohne irrationale Scheuklappen.
Lustigerweise las ich gestern, dass ein diesbezüglich tief entäuschter (ehemals?) Linker, wieder auf die kleine Linksliberale FDP- Fraktion zurückgreifen möchte. Solche Illusionen hatte ich vor langer Zeit kurzzeitig auch mal. Denn irgend eine eine Ego- Ideologie des " freien Marktes " siegte immer über humanistisch bzw. humanitär "linksliberale " Themen.
Denn ohne Vorstellungen von Menschenrechten einschließlich Gleichheit und Gerechtigkeit kann ich mir keinen Humanismus vorstellen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Sieglauben also, dass nur Gegenindoktrination möglich ist? Ich halte das immer noch für sehr bedenklich, gerade auch im humanistisch- ethischen Sinn."
Aufklärung ist also indoktrinierend?
"In der hiesigen Pädagogik würden manche das "Schwarze Pädogogik" bzw "Schwarze Psychologie" nennen, was in Bezug auf Jugendliche/Kinder schon jeher umstritten war."
Drohungen, Körperstrafen, Körperveränderungen bis hin zum sogenannten "Ehrenmord" in den meisten Religionen sind schwarze Pädagogik. Sollte man z.B. den "12 Stämmen" nicht die Rohrstöcke aus der Hand nehmen, mit denen ihre Kinder gemäß göttlichem Auftrag geprügelt werden?
"Zunächst mal wurde die Entnazifizierung bekanntlich nur recht oberflächlich durchgeführt. [...] Sind Sie dafür auch dankbar?"
Ich hatte den Sinn meines Beispiels anschließend erläutert. Mir ging es einzig darum, ob man das Leid anderer nur beklagen soll oder ob es nicht vertretbar wäre, dieses Leid auch mindern zu wollen. Das dies nicht nur mit passiven Mitteln möglich ist, sieht man durch die gesamte Geschichte der Menschheit bis heute. Für mich stellt sich die Frage: Welche aktiven Mittel sind ethisch erlaubt? Und dies ist eben nicht militärisch (was ich ausgeführt habe), aber auch nicht die Hände in den Schoß legen und zuschauen.
"Man kann natürlich der Meinung sein, dass man zur Bekämpfung von Totallitarismus die Demokratie zeitweilig oder zeitweise in Pension schicken dürfe."
Aus welchem meine Sätze lesen Sie dies heraus?
"Selbstverständlich ist eine Befreiung der deutschen Bevölkerung von einer menschenverachtenden Diktatur nicht zu beanstanden gewesen. Ob dazu aber unbedingt ein massiver Bombenterror auf Die Zivilbevölkerung von Großstädten nötig gewesen wäre, sollten gerade auch Humanisten nicht als Tabuthema betrachten."
Auch dies ist nicht Gegenstand meiner Betrachtungen.
"Ich weiß, ich weiß: Ich bin mir oft auch nicht sicher, ob sich Menschen , die sich bewusst antizivilatorisch verhalten, dann noch Anspruch auf human- zivisatorische Behandlung haben sollen."
Ich bin mir dessen absolut sicher. Deshalb bin ich gegen jeder Art von Körperstrafen (auch Bombenteppiche). Aber erneut: Das war nicht mein Punkt.
"Das aber mit der Umerziehung der jetzigen muslimischen Bevölkerung in oder aus östlichen Autoratien zu veggleichen, halte ich schon für sehr verwegen."
Nochmal: Ich habe die Positionen "handeln" und "nicht handeln" gegeneinandergestellt. Außerdem habe ich nicht das Wort "Umerziehung" verwendet. Das gibt es in meinem Wortschatz nicht. Welche Maßnahmen dazu führen, um die muslimische Bevölkerung an die Moderne heranzuführen, weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass, wenn nichts geschieht, auch nichts geschieht. Der Status Quo kann so nicht bleiben oder wir gewöhnen uns an ein bis zwei Terroranschläge/Woche.
"Aus Angst vor Rechtspropaganda solche Fragen als illegitim zubezeichnen ist für einen linken oder auch nur libertären Humanismus selbstmörderisch."
Wer hat vor, diese Fragen auszuklammern?
"Denn selbstverständlich stürzen sich rechtsnationale "Rationalisten" sofort auf solche Schwachpunkte und zerpflücken Inkonsistenzen in der Argumentation mir Vergnügen und mit eheblichem Propagandaeffekt."
Soll ich mein Verhalten nach braunen Krakeelern ausrichten?
"Sie wollen die Macht von Ditip beschneiden oder gegen die Beschneidungslobby vorgenen? Mit wem denn?"
Die momentan gewählten Parteien sehen sich hier entweder nicht in der Verantwortung oder stecken selbst im religiösen Bundessumpf. Deshalb müssen wir die Bevölkerung sachlich informieren über die Verstrickungen ihrer Volksvertreter. Ob das was hilft bei unseren Minibudgets bleibt fraglich, aber Nichtstun wäre auch falsch.
"Ich sehe im Moment nur die Möglichkeit parteiübergreifend (von Links bis Legalrechts) themengebundene Zweckallianzen zu installieren. Das geht aber nur ohne irrationale Scheuklappen."
Ja, dazu muss man etwas deutlich machen, in Anlehnung an einen Satz von Voltaire: "Religion ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat."
"Denn ohne Vorstellungen von Menschenrechten einschließlich Gleichheit und Gerechtigkeit kann ich mir keinen Humanismus vorstellen."
Da sind wir uns doch alle einig. Nur habe ich wenig zu meinem Punkt gelesen, wie wir nun Muslimen dabei helfen können, in der Moderne anzukommen, d.h. ihr archaisches tribalistisch-patriarchales Welt- und Familienbild aufzugeben (im dem Körperstrafen zu Aufrechterhaltung des Status Quo notwendig sind, weil z.B. kaum eine Frau freiwillig ihre besten Jahre hinter Stoffbahnen verbringen möchte). Und das wäre in Anbetracht des Themas dieses hpd-Artikels, unter dem wir schreiben, mehr als angemessen.
little Louis am Permanenter Link
@ Bernd K. und auch zu:
Das sagte ich irgendwo oben schonmal:
Durch "Verlockung" hin zur "Moderne" Vor allem aber auch durch den dauernden Versuch, in fairen Diskursen zu überzeugen.
Das geht aber nur durch Glaubwürdigkeit durch das Vermeiden von "doppelter" Moral" im politischen Handeln sowie durch absolute intellektuelle Redlichkeit in der Argumentation.
Das ist leider nicht selbstverständlich,denn viele glauben,es sie ethisch legitim, für das "Gute" lügen zu dürfen (d. h. mit unredlichen Mitteln Gegenpropaganda betreiben zu dürfen) . Die Wirkung wäre fatal, denn die Reaktion wäre: Die sind doch auch nicht anders - die Vertreten doch auch nur eine egoistische Ideologie oder sind genauso "verbohrt" wie die religiösen Extremisten (d. h. die unberechtigte Anwendung der historisch berechtigten Kolonialismusvorwürfe auf den aktuellen Zustand.)
Ähnliches gilt übrigens auch in Bezug auf echte völkisch- biologisch rassistische "Rechtsausleger":
Das unscharfe Konstatieren eines "kulturellen Rassismus" wenn man keinen "biologischen"nachweisen kann (wie heute durch eine Versfassungsschützerin im ö.r. Fernsehen), halte ich für unredlich und deswegen für kontraproduktiv in der politischen Debatte mit "der Rechten", da es letztlich die eigene Glaubwürdigkeit unterminiert.
Ähnlich verhält es sich auch mit der von Gutmeinenden (?) in Umlauf gebrachten"Verschwörungstheorie" (!), dass sich moderat und verfassungstreu gebende "Rechte" allesamt zur Tarnung ihres biologischen Rassismus intellektuell geschickt lügen würden, wie heute in einer TV - Sendung in Bezug auf die "Identitäre" behauptet wurde. Selbst wenn der Vorwurf in Bezug auf Viele richtig sein könnte (!), kann man nicht einfach Behauptungen ohne Beweise in die Welt setzen.
Wir nennen das ja sonst "Esoterische Mythologie" oder bei politischen Zusammenhängen auch V- Theorie. Und was anworten wir dann auf den eventuellen berechtigten Vorwurf, die Methode ähnele der der "Protokolle" (der Weisen von Z.) ?
David am Permanenter Link
Innenminister de miziere hat gesagt das er die anschläge der letzten tage auf ballerspiele am Computer zurückführt.
Wolfgang am Permanenter Link
Und jeder, der einen Kriminalroman liest, ist ein potentieller Mörder.
So einfach macht man es sich. Das sind Politiker, gelle?
Frank am Permanenter Link
Statt einer Antwort möchte ich auf einen Artikel verlinken, der sich mit dem Thema deutlich "besser" auseinander setzt als ich es je könnte.
http://www.nachdenkseiten.de/?p=34349
Harald Freunbichler am Permanenter Link
Danke - hochinteressanter Artikel!
Klarsicht am Permanenter Link
Die religiöse Ideologie des Islam ist ein „Kulturgut“ des nahen Ostens. Was übrigens auch für die religiösen Ideologien des Juden- und Christentums zutrifft.
Menschen, die man schon bald nach ihrer Geburt insbesondere im nahen Osten zu „Liebhabern“ des Islam gemacht hat oder die sich selbst dazu machten, verschafften sich verstärkt nach dem 2. Weltkrieg – aus welchen Gründen auch immer – Zugang zu Deutschland bzw. Europa, oder er wurde ihnen verschafft. Hier trafen diese „Liebhaber“ auf „Liebhaber“ des Juden- und Christentums, die das gesellschaftliche Leben heute noch weitgehend „beherrschen“. Der Respekt, der diesen „Liebhabern“ insbesondere Seitens der Politik schon seit „Urzeiten“ entgegen gebracht wird, wird nun schon seit längerer Zeit und tendenziell zunehmend auch von den „Liebhabern“ des Islam eingefordert. Dagegen wehren sich aber immer mehr Menschen, die keine „Liebhaber“ des Islam sind, weil schon sehr viele Menschen von militanten und brutalen „Liebhabern“ des Islam getötet und verstümmelt wurden.
Man kommt einfach nicht mehr um die Feststellung herum, dass die vom Grundgesetz erlaubte „Liebhaberschaft“ zum Islam Nebenwirkungen haben kann, die für andere Menschen ungesund bis tödlich sein und auch zu Sachbeschädigungen führen können. Wenn ein Medikament solche schädlichen Nebenwirkungen verursacht, wird zumindest gefordert, es vom Markt zu nehmen. Was gedenkt man aber mit dem Islam zu machen ?
Gruß von
Klarsicht
little Louis am Permanenter Link
Zu:
"..Ja, natürlich. Der Nahe Osten hat sich in den letzten fünf bis sechs Jahren in eine "failed region" verwandelt.." (Zitatende)
Der Befragte stellt das so dar, als sei dies die Folge eines Naturereignisses gewesen. Gerade als Experte sollte er (besonders hier unter "Aufklärern") Ross und Reiter nennen. Der IS z.B. ist nicht vom Himmel gefallen. Und wollte man beim kampf gegen den IS dort bisher wirklich für "... bessere Verhältnisse DORT (!) sorgen?
2) zu:
"... Die ganzen Demokratie-Aktivisten und Leute des arabischen Frühlings hat man nicht unterstützt, sondern hängen gelassen. Heute sitzen sie frustriert in Gefängnissen, zerbombt in Syrien, sind irgendwo auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken oder ziehen sich ins Private zurück"
(Zitatende)
Das ist mir zu unscharf. Wer sind die "ganzen Demokratieaktivisten des Arabischen Frühlings" und was sind die Belege dafür,dass diese von wem in Syrien ""zerbobt" wurden?
Dies sind nicht alberne Fragen eines V- Theoretkers. Es ist z. B inzwischen so gut wie erwiesen und von kritischen US- Journalisten veröffentlicht, dass die Giftgas- Vorwürfe gegen den
"Fassbomben- Schlächter" Assad von nachrichtendienstlichen Propagandaeinheiten erfunden wurden. Erstaunlich, wie naiv sich bei Religionsfragen wirklich kritische Menschen sich bei solchen Fragen manchmal geben bzw. äußern. Unser Experte fordert ja selbst später im Text geostrategische Analysen zur Therapie der Ursachen.
3)
dass im Faschismus und Antisemitismus durchweg (!) ein "Hass auf feie Sexualität" herrscht bzw. geherrscht hat, ist mir neu. Stimmt das? Mir ist das bisher eher von traditionellen Religionen bzw. deren Anhängern bekannt.
4) die "Faszination" vieler Panarabisten für den Nationalsozialismus entspringt wohl eher einem politisch- antizionistisch-
antikolonialistischen Anti- Zionismus als einem biologisch- ethnischen Antisemitismus.(Etwas anderes wäre auch dämlich. denn die meisten "Araber sind in diesem Sinn "Semiten")
In etwa nach dem Motto: Der Feind meiner Feinde sollte mein Freund sein. Über die moralische Berechtigung eines Antizionismus (Das ist die Kritik oder die Feinschaft gegen eine Ideologie, nicht gegen Menschen - siehe auch bei Herrn Traughber )
- kann man trefflich streiten.
Dass man den Islamismus verstehen kann, ohne den Koran zu lesen, auf den sich alle Islamisten berufen, bezweifleich - selbst bei der Einschränkung "vielleicht".
5) Eine "essentielle" Unterscheidung zwischen "Mainstream- Islam" und "handcore- Islam (Islamismus/Salafismus) halte ich für falsch und fatal.
Denn eventuell ist der Mainstream/light- Islam nichts anderes als ein oberflächlich- halbgläubiges Nicht -(mehr) -Ernst- nehmen des Ersteren in liberaleren Umfeldern. Und keineswegs ein unter liberalen Gesichtspunkten bewusst reformierter Glaube.
So ähnlich, wie das bei den meisten "modernen" katholiken ja auch ist.
6) Auf die im letzten Absatz erwähnten mehr oder weniger intellektuell sehr redlichen und vor allem außerordentlich mutigen Leute würde ich auch gern Hoffnungen setzen. Allerdings hege ich gleichzeitig die Befürchtung (ohne dessen gewiss zu sein), dass sich nicht alle aber manche immer noch eventuell falsche Hoffnungen auf eine Reformfähigkeit hin zu einem "Euro- Islam " machen könnten.
malte am Permanenter Link
"die "Faszination" vieler Panarabisten für den Nationalsozialismus entspringt wohl eher einem politisch- antizionistisch-antikolonialistischen Anti- Zionismus als einem biologisch- ethnischen Antisemiti
Osten-Sacken bezieht sich auf die HISTORISCHE Situation, also die 30er und 40er Jahre. Damals gab es noch keinen Staat Israel, Antizionismus und (gefühlter) "Antikolonialismus" kann also noch keine Rolle gespielt haben. Auch heute ergibt es meiner Meinung nach nicht viel Sinn, diese beiden Formen zu unterscheiden, denn bei Islamisten tritt beides meistens als "Paket" auf.
David am Permanenter Link
"Die Politik hat diese Fragen immer ausgeklammert, um gemeinsam mit den Verbänden gegen Extremismus zu arbeiten und einen Dialog zu führen.
Wie wahr.
"Glücklicherweise gibt es Leute wie Ahmad Mansour, Hamed Abdel-Samad, Necla Kelek und Mina Ahadi, denen niemand vorwerfen kann, dass sie weiße Rassisten sind. Sie zeigen, dass es eine Islamkritik gibt, die Menschenrechte auf eine universalistische, kulturübergreifende Basis stellt."
Wie wahr.
Leider dominiert das eine über dem anderen. Und das seit Jahren.