Im Jahr 2020 ist die Anzahl der Menschen, die einer religiösen Gemeinschaft angehören, in den USA zum ersten Mal unter 50 Prozent gefallen. Gläubige verlor vor allem die katholische Kirche. Den größten Zuwachs erhielt die Gruppe derer, die sich keiner Religion zugehörig fühlt. Diese umfasst atheistische, agnostische, spirituelle Personen und solche, die einen Glauben ohne eine Kirche ausleben. Vor allem das Alter scheint Einfluss darauf zu haben, ob Personen sich einer Glaubensgemeinschaft anschließen oder nicht.
Das Markt- und Meinungsforschungsunternehmen Gallup hat in den Jahren 2018 bis 2020 6.117 Personen über 18 Jahre aus allen 50 US-Bundesstaaten per Telefon jeweils zweimal jährlich zu ihrer Religion und ihren religiösen Praktiken befragt. Dabei stellte sich heraus, dass sich seit 2020 nur mehr 47 Prozent der Befragten einer Kirche, Synagoge oder Moschee zugehörig fühlen. In den 80 Jahren, die Gallup diese Befragungen durchführt, fiel somit die Anzahl derer, die Mitglied einer Glaubensgemeinschaft sind, zum ersten Mal unter 50 Prozent. 2018 gehörten noch 50 Prozent einer Kirche, Moschee oder Synagoge an. 1999 waren es sogar noch 70 Prozent.
Den höchsten Zuwachs hat die Gruppe der Menschen, die an nothing in particular (nichts Bestimmtes) glauben. Die Zahl der US-Amerikaner*innen, die sich keiner bestimmten Religion zugehörig fühlen, wuchs von acht Prozent in den Jahren 1998 bis 2000 auf 21 Prozent in den letzten drei Jahren. Die meisten dieser Personen sind auch nicht Mitglied einer Synagoge, Moschee oder Kirche.
Ob jemand Mitglied in einer Glaubensgemeinschaft wird, scheint auch eine Frage der Generationszugehörigkeit zu sein: Von den vor 1946 geborenen US-Amerikaner*innen gehören 66 Prozent einer Gemeinde an. Bei den nachfolgenden Generationen werden es immer weniger. Bei den sogenannten "Babyboomern", also den Geburtenjahrgängen von 1946 bis 1964, sind es nur mehr 58 Prozent. Bei Generation X, Jahrgang 1965 bis 1980, sind es 50 Prozent und bei den Millennials, geboren zwischen etwa 1980 und 1999, 36 Prozent.
Neben dem Alter gibt es bei Erwachsenen aller Jahrgänge einen Trend, die Kirche trotz vorhandenen Glaubens zu verlassen. Den größten Verlust an Kirchenmitgliedern musste die katholische Kirche hinnehmen. Die Mitgliedschaft unter ihren Gläubigen fiel von 76 Prozent auf 58. Die evangelische Kirche verlor neun Prozentpunkte: Während sie 2018 noch 73 Prozent Mitglieder verzeichnen konnte, waren es 2020 nur noch 64. Für andere Religionen konnte Gallup keine aussagekräftigen Daten vorweisen.
Für die Kirchen in den USA stellt sich nun die Frage, wie sie Mitglieder (zurück)gewinnen können. Im Gespräch ist dabei unter anderem eine in der Pandemie bereits verstärkt zu beobachtende Nutzung von Online-Medien, um zum Beispiel Messen ins Wohnzimmer zu übertragen.