BERLIN. (exc) Nach Anti-Islam-Äußerungen der AfD: Politikwissenschaftler Ulrich Willems mahnt die übrigen Parteien, religionspolitische Debatten und Entscheidungen nicht länger zu vermeiden. Man solle "in der Bevölkerung Verständnis für Religionsvielfalt wecken".
Angesichts der Anti-Islam-Äußerungen der AfD sollten sich die herkömmlichen Parteien nach Einschätzung von Politikwissenschaftlern dringend dem "lange vernachlässigten Feld der Religionspolitik" zuwenden. "Wir haben ein hohes Niveau der Polarisierung erreicht, die Verschärfung war lange vorherzusehen. Jetzt sollten endlich alle Parteien eine offene und sachliche Debatte über die Rolle der christlichen Kirchen, des Islams und anderer religiöser Minderheiten sowie der Konfessionslosen führen", sagt der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Willems vom Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Uni Münster.
"Wir brauchen auch differenzierte Gespräche darüber, ob sich das Modell einer engen Staat-Kirche-Kooperation noch eignet, um den religiösen Mehr- und Minderheiten gleichermaßen Religionsfreiheit zu gewähren. Bislang sind sich die Gruppen sogar oft innerhalb der herkömmlichen Parteien nicht einig."
Der Wissenschaftler kündigte eine neue öffentliche Reihe "Religionspolitik heute" des Exzellenzclusters und des Centrums für Religion und Moderne (CRM) der WWU mit Vorträgen und Podien ab dem 10. Mai in Münster an, die eine differenzierte Debatte über religionspolitische Grundsatzfragen und aktuelle Konflikte und Lösungswege stärken will. "Wir ziehen auch internationale Beispiele heran, da andere Länder in der Religionspolitik weiter sind als Deutschland", so Prof. Willems. "Die Ringvorlesung bringt gezielt Wissenschaft, Politik, Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften ins Gespräch. Der Exzellenzcluster stellt mit seiner Wissenschaftskommunikation seit Jahren seine Expertise in aktuellen Fragen öffentlich zur Verfügung."
Kopftuch, Schächten, Islamunterricht
"Die deutsche Politik hat die Bevölkerung nicht rechtzeitig auf die Religionsvielfalt vorbereitet und religionspolitische Debatten und Entscheidungen vermieden", sagt Prof. Willems. "Die Konflikte werden stattdessen den Gerichten überlassen. Dabei besteht erheblicher Problemdruck, wie die Konflikte um Kopftuch, Schächten, Beschneidung, Islamunterricht oder Moscheebau zeigen." Der Politikwissenschaftler plädiert dafür, konsensfähige Regeln für die religiösen Praktiken verschiedener Religionsgemeinschaften in demokratischen Verfahren zu entwickeln.
Die Politik sei gut beraten, bundesweit Diskussionsprozesse über allgemeine und konkrete religionspolitische Fragen in Gang zu bringen, wie dies in Kanada gelungen sei, so Willems. "Entscheidend ist es, in welchen Verfahren und Foren sich religionspolitische Debatten und Entscheidungen künftig organisieren lassen." Ein Anfang sei die Deutsche Islam Konferenz (DIK) in Berlin. Weitere Foren, auch auf Länder- und Kommunenebene, sollten folgen.
Wollen Muslime Sonderrechte?
"Nur wenn die Bevölkerung ein Verständnis für die Realität der religiösen Vielfalt entwickelt, können Abwägungsprozesse um die Rechte religiöser und nicht-religiöser Mehrheiten und Minderheiten gelingen, etwa hinsichtlich religiöser Bekleidungsvorschriften oder Feiertagen", so Willems. Andernfalls nehme die christliche und konfessionslose Mehrheit Forderungen der muslimischen Minderheit so wahr, als wolle sie Sonderrechte durchsetzen oder als sei die säkulare Grundordnung in Gefahr. "Umgekehrt meinen Minderheiten, sie würden nicht anerkannt und von Mehrheitstraditionen bestimmt."
Der Wissenschaftler hat die Ringvorlesung "Religionspolitik heute. Problemfelder und Perspektiven in Deutschland" gemeinsam vorbereitet mit dem Religionssoziologen und Sprecher des Exzellenzclusters, Prof. Dr. Detlef Pollack, der Leiterin des Zentrums für Wissenschaftskommunikation, Viola van Melis, und dem Historiker und wissenschaftlichen Mitarbeiter im CRM, Dr. Daniel Gerster.
Hintergründe der religionspolitischen Herausforderungen
Als Religionspolitik sind all jene politischen Prozesse und Beschlüsse zu verstehen, die die individuelle Praxis und kollektive Ausdrucksformen von Religion ebenso regeln wie den öffentlichen Status von Religionsgemeinschaften und religiösen Symbolen. Durch die hohe Verrechtlichung ist das Politikfeld von Konkurrenz zwischen politischer und richterlicher Regulierung gekennzeichnet, wie Prof. Willems sagt. "Zugleich hat es sich stark politisiert: So fordern Muslime Zugang zu denselben öffentlichen Ressourcen wie die Kirchen, und eine religionskritische Öffentlichkeit kritisiert religiöse Praktiken wie das Kopftuchtragen oder die Beschneidung."
Im Hintergrund der religionspolitischen Herausforderungen stehen starke Veränderungen der religiös-kirchlichen Landschaft: Die Vielfalt der Religionen ist durch Zuwanderung gewachsen, der Islam zur drittgrößten religiösen Gemeinschaft geworden. Durch die stetige Entkirchlichung seit den 1960er Jahren und die Wiedervereinigung hat sich die Zahl der Konfessionslosen erhöht. Zugleich wächst die religiöse Individualisierung. Ulrich Willems: "Sie findet Ausdruck in einer nachlassenden sozialmoralischen Prägekraft der Kirchen und einer Vermischung religiöser Traditionen." (vvm)
17 Kommentare
Kommentare
Wolfgang am Permanenter Link
Religionskritik nicht länger vernachlässigen!
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Man solle "in der Bevölkerung Verständnis für Religionsvielfalt wecken"."
Meiner Meinung nach solle man in der Bevölkerung in erster Linie Verständnis für die Menschenvielfalt wecken. Wenn Religion oder Religionszugehörigkeit in einen privaten Bereich verschoben würde, ähnlich wie die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder einem Fußballclub, dann polarisiert Religion auch nur noch in dem Maße, wie eine politische Meinung oder Fußballanhängerschaft polarisiert.
Dies ist dann stets rechtsstaatlich zu reglementieren, wenn Grenzen des Gesetztes überschritten werden, Bei Religion wäre dies Fundamentalismus, bei Politik Rechts- oder Linksextremismus und beim Fußball das Wirken der Hooligans oder anderer Chaoten.
Wer sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegt, kann in einem freiheitlichen Land allen seinen Hobbys nachgehen, egal wie wichtig sie sind, solange er nicht seine sozialen Funktionen vernachlässigt.
""Die Konflikte werden stattdessen den Gerichten überlassen. Dabei besteht erheblicher Problemdruck, wie die Konflikte um Kopftuch, Schächten, Beschneidung, Islamunterricht oder Moscheebau zeigen." Der Politikwissenschaftler plädiert dafür, konsensfähige Regeln für die religiösen Praktiken verschiedener Religionsgemeinschaften in demokratischen Verfahren zu entwickeln."
Das klingt sehr gut. Ich hoffe jedoch auch, dass hier sämtliche Riten und "Moralvorstellungen" sämtlicher in Deutschland vertretenen Religionen unter die rechtsstaatliche Lupe genommen werden. Das GG muss dabei in all seinen Artikeln erfüllt sein, von der Würde des Menschen über seine körperliche Unversehrtheit, seine Selbstbestimmung bis zur Gleichstellung von Mann und Frau. Hier sehe ich großen Nachholbedarf bei allen Religionen.
""Nur wenn die Bevölkerung ein Verständnis für die Realität der religiösen Vielfalt entwickelt, können Abwägungsprozesse um die Rechte religiöser und nicht-religiöser Mehrheiten und Minderheiten gelingen, etwa hinsichtlich religiöser Bekleidungsvorschriften oder Feiertagen", so Willems."
Was habe ich unter "Verständnis für die Realität der religiösen Vielfalt" zu verstehen? Dass ich Verständnis dafür entwickeln soll, dass Knaben, die in jüdischen oder muslimischen Familien geboren werden, einfach nur Pech hatten, weil sie wegen der "Realität der religiösen Vielfalt" ein wesentliches Stück ihres Genitals amputiert bekommen?
"Zugleich hat es sich stark politisiert: So fordern Muslime Zugang zu denselben öffentlichen Ressourcen wie die Kirchen, und eine religionskritische Öffentlichkeit kritisiert religiöse Praktiken wie das Kopftuchtragen oder die Beschneidung."
Beide Positionen sind verständlich. Aus meiner grundgesetzlich bestimmten Sichtweise gibt es dafür nur eine Lösung, die der Rechtsstaat eigentlich zwingend vorschreiben müsste: 1. darf keine Religionsgemeinschaft Privilegien bekommen, wie den Zugang zu öffentlichen Ressourcen, aber auch wie konfessionellen Religionsunterricht, Sonderarbeitsrechte, Sondertierrechte, Sondermenschenrechte etc. 2. muss die religionskritische (im Sinne von Kritik, nicht Häme ála AfD) Betrachtung Standard werden, die nicht durch § 166 oder eine Einschränkung der Satire bedroht wird.
Religionsgemeinschaften müssen sich an den Gedanken gewöhnen, dass sie ganz normale Vereine in einer pluralistischen Gesellschaft sind, die sich zu 100% den verfassungsgemäßen Gesetzen zu unterwerfen haben - und nicht etwa einem beliebigen "Gott".
"Zugleich wächst die religiöse Individualisierung. Ulrich Willems: "Sie findet Ausdruck in einer nachlassenden sozialmoralischen Prägekraft der Kirchen und einer Vermischung religiöser Traditionen.""
Hier wird zum Ende des Artikels noch einmal diese aus meiner Sicht unerträgliche Selbstüberhöhung der Religion dargestellt: die "sozialmoralische Prägekraft der Kirchen". Religion mag sich zu vielem eignen, aber nicht als "moralische" Institution. Dies hängt zum einen an deren veraltetem "Lehrmaterial", an deren grundfalschem Weltbild (basierend auf dem veralteten "Lehrmaterial") und an den daraus abgeleiteten falschen Ethikvorstellungen, die als "Moral" verkauft werden.
Fazit: Wenn ich alles aus dem obigen Artikel zusammenfasse, dann entsteht ein durchaus richtiges Bild, deren Umsetzung im Detail aber Problemfelder in sich birgt. Ob sich nämlich Religionen jemals an rechtsstaatliche Normen im vollen Umfang anpassen wollen, wage ich zu bezweifeln.
Allein die Frage der Beschneidung zeigte in der Debatte der letzten Jahre, dass hier keinerlei Entgegenkommen auf Seiten jüdischer oder muslimischer Verbände erkennbar ist. Vor den freundlicheren heißt es: "Wir müssen darüber reden", die orthodoxen machen ganz dicht und verweisen auf ein "göttliches" Gebot, bestenfalls noch auf "Tradition".
Da jedoch die körperliche Unversehrtheit im GG verankert ist, werde ich nie so viel "Toleranz" aufbringen, um zu akzeptieren, gar zu respektieren, dass Knaben mitten in Deutschland des 21. Jh. gesundes Gewebe ihres Körpers ohne medizinische Indikation unwiderruflich amputiert bekommen.
Das hat nichts mit einer Ablehnung des Judentum oder des Islams zu tun, gar mit einer Ablehnung von Juden oder Muslimen, sondern ausschließlich mit der Rettung unmündiger Kinder vor einer grausamen Genitalverstümmelung. Hier kann es auch keine zwei Meinung geben, weil die Faktenlage erdrückend ist.
Auch Tierrechte (Schächten) und die Gleichstellung von Mann und Frau (Kopftuchzwang etc.) werden nicht ansatzweise von den praktizierenden Religionen anerkannt. Stattdessen - wie auch im Fall der Beschneidung - beruft man sich stets auf Religionsfreiheit. Dies zeigt das Denken dahinter: Religion ist wichtiger, als körperliche Unversehrtheit, Tierrechte ... etc.
Solange sich hier nichts ändert, braucht man nicht mit dieser Hoffnung zu kommen: "Man solle "in der Bevölkerung Verständnis für Religionsvielfalt wecken"."
Dieter Bauer am Permanenter Link
Religionen sind Scheinwelten, in denen sich Denkfaule und Feiglinge recht wohl fühlen.
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Warum die Kraftausdrücke "Denkfaule und Feiglinge?" Gibt es diese nicht auch unter uns Atheisten? Mit solchen Pauschalaussagen vergiften wir nur die Szene. Wollen wirt Grabenkämpfe oder Lösungen?
Dieter Bauer am Permanenter Link
War es nicht Imanuel Kant, der die angesprochene Wortwahl bereits zum Ende des 18.Jahrhunderts traf?
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Sie schreiben:
Der Realist ist bestrebt, die Gesamtsituation in seine Betrachtung einzubeziehe und Lagerbildung zu vermeiden.
Dadurch meinen Sie, Lagerbildungen zu vermeiden. Irgendwo stehe ich auf der Leitung, weil ich die Logik nicht erkenne. Vielleicht kommt es daher, das ich kein Realist bin?
Dieter Bauer am Permanenter Link
Dem "Kantönligaischd" sollte nicht gehuldigt werden, auch nicht durch Ablenkungsmanöver in vielgestalter Form.
Schwabe am Permanenter Link
Sehr gut, Herr Kammermeier!!
Ihren Ausführungen und Entgegnungen zum Artikel des Herrn Willems ist
vollinhaltlich zuzustimmen!
Noncredist am Permanenter Link
>> "Die deutsche Politik hat die Bevölkerung nicht rechtzeitig auf die Religionsvielfalt vorbereitet und religionspolitische Debatten und Entscheidungen vermieden", sagt Prof. Willems.
Wie bitte? Seit wann hat die POLITIK die Aufgabe, in den Schulen "Religionsunterricht" zu geben? Umgekehrt wird ein passender Schuh draus. Obwohl wir uns ja sooooo sehr rühmen, wunderbar konfessionellen Religionsunterricht zu besitzen. Obwohl wir sooooo stolz sind, dass nicht der böse unideologische Staat den Kindern in Sachen "Religion" etwas beibringt. Obwohl wir überall zu hören bekommen, dass Kinder von religiösen Eltern grundsätzlich *nur* von religiösen Lehrern der eigenen religiösen In-Group "abgeholt werden" sollen. Obwohl wir eigentlich diese ach so perfekten Mechanismen zur Erziehung und Erlernung der religiösen Vielfalt in unserer Gesellschaft besitzen, BESCHWERT MAN SICH NOCH?
Ich frage mal ketzerisch in die politische Runde: Hat man versagt? Kann es sein, dass eine "neutrale" Unterrichtung sämtlicher Religionen, unabhängig der Religiösität des Lehrers, möglicherweise(!) ein anderes Resultat ergeben hätte? Schließlich wird der Politikunterricht in der Schule auch nicht unbedingt von "politisch-idealistisch konfessionellen" Lehrern der eigenen politischen In-Group vermittelt. Kinder von CDU-Wählern bekommen keinen "gesonderten" CDU-Politikunterricht, aus der Hand eines CDU-nahen Lehrers oder gar Funktionärs. Man argumentiert nicht, dass die Kinder von CDU-Wählern von CDU-Politikern dort "abgeholt werden müssen", und dann eine CDU-Lehre erhalten, damit sie in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft eine differenzierte Sicht auf unsere pluralistische Parteilandschaft bekommen.
Was muss denn noch alles geschehen? Ist es tatsächlich so schwer oder gar unmöglich, eine "objektive Herangehensweise" gegenüber religiöser Überzeugungen zu finden, sie neutral von einem Lehrer unterrichten zu lassen und - parallel zur politischen Bildung - dem Menschen zu überlassen, sich in der Vielzahl der Weltanschauungen diejenige auszusuchen, welche einerseits den eigenen Idealen am besten entspricht, und andererseits nicht mit unserem Grundgesetz in Konflikt gerät? Ich bin der Meinung, der Mensch ist dazu fähig und unsere Gesellschaft kann eine solche Bildung nicht nur tragen, sondern womöglich gar gestärkt davon profitieren. Besser als die jetzige religiöse Indoktrinationsmethode ;)
>> So fordern Muslime Zugang zu denselben öffentlichen Ressourcen wie die Kirchen, <<
Selbst wenn sich ein Dachverband finden lassen würde, unter dem eine Mehrheit der Muslime (Sunniten, Shiiten, Wahabiten, ...) sich gleichwertig identifizieren lassen würden - was ich pers. für wohl nahezu unmöglich halte - wird sich die fundamentale Minderheit unter dem Deckmantel der religiösen Freiheit genötigt fühlen, für ihr Recht auf Diskriminierung und Diffamierung zu kämpfen. Freiheitliche Rechte vertragen sich eben nicht mit fundamentalistisch-strenggläubigen Vorstellungen. Götter sind in den Augen dieser Menschen stets oberhalb unserer Gesetzgebung positioniert. Und wer will denn einen Beweis erbringen, dass es nicht stimmt? :) Diese Gläubigen haben "das Wort Gottes", die anderen haben stets die falsche Interpretation. Wie soll man da bloß die Oberhand haben?!
Ohne ein radikales Verbot von "FDGO-störenden Überzeugungen", wird man wohl damit leben müssen, dass unter all den Meinungen, ob vom Menschen oder von übernatürlichen Wesen, auch störende oder gar feindlich gesonnene Meinungen dazwischen sind. Und wer kann denn mit Fundamentalisten diskuttieren, dass dessen Überzeugung "falsch interpretiert" wurde? Selbst die Christen erreichen es untereinander nicht, was die Evangelikalen und der Kreationismus tagtäglich zur Schau stellen.
Bis eine differenzierte schulische Meinungsbildung und mehrheitliche gesellschaftliche Akzeptanz dieser einen(!) Religion stattfindet, vergehen wohl noch gute 20 bis 30 Jahre mindestens. Und dies ist hochoptimistisch geschätzt, aufgrund der rasanten Informationsflut des Internets. Wir haben ja "nur" 50+ Jahre gebraucht, um in der Papierzeit des Nachkriegsdeutschland den Atheismus als eine "Nicht an eine Religion glauben"-Stellung zu positionieren. Und selbst dies ist noch nicht vollständig gelungen. Über 70 Jahre nach dem 2. Weltkrieg sind noch weite Teile Europas im Sumpf des blanken Unwissens über den Atheismus, der Vielfalt der sexuellen Orientierung oder gar der religiösen Überzeug Andersgläubiger versunken. Ein direktes Resultat der ach so brillanten christlichen Werteerziehung.
>> und eine religionskritische Öffentlichkeit kritisiert religiöse Praktiken wie das Kopftuchtragen oder die Beschneidung. <<
Kopftücher sind - solange sie nicht erzwungen(!) werden - Sache des persönlichen Geschmackes und sind in der Privatssphäre genauso geduldet wie Bademäntel oder Sonnenhüte. In der Öffentlichkeit sollte man sich möglichst nicht im Adams- bzw. Evakostüm zeigen, ausgenommen am FKK-Strand ;) - und ansonsten ist man im Beruf an den Kleidungsvorschriften des jeweiligen Arbeitgebers gebunden. Damit sind die Probleme zu 99,9% gelöst. Wer auch immer Probleme mit kopftuchtragenden Frauen auf den Sitzen in Bussen oder Bahnen hat, der sollte sich einfach kein Kopftuch kaufen und anziehen. Man ist ja auch nicht verpflichtet, Glatzenträger zu einem Kauf eines Toupets aufzufordern, nur weil einem die mangelnde Haarpracht nicht gefällt ;)
Die Beschneidung ist ein glasklarer und unmissverständlicher Bruch des Menschenrechtes auf körperliche Unversehrtheit. Wer auch immer einem Mädchen, ob aus religiösem oder ästhetischem Grunde, die Schamlippen "beschneidet", landet hinter Gitter. Das die "Schamlippe des Mannes" hingegen, aufgrund götterästhetischer Schätzungen ohne Hand und Fuß ("Ich glaube, Gott ist damit zufrieden. Steht so im 3000 Jahre altem Buch!"), entfernt werden kann - ohne jegliche medizinische Notwendigkeit - ist meiner Meinung nach eine Katastrophe.
Im Gegensatz zur plastischen Chirurgie, die aus ästhetischen Gründen z.Bsp. bei Verbrennungsopfern hilft, ist der Penis und seine Vorhaut in einer Hose versteckt und wird im Allgemeinem nicht z.Bsp. als anerkanntes Begrüßungsritual oder zur Schätzung der Zugehörigkeit zwischen Passbild und Person bei einer Polizeikontrolle zur Schau gestellt. Was auch immer der Träger der Vorhaut damit vorhat, soll der Träger selbst bestimmen können. Sowenig wie der Ehemann der Ehefrau ein Ohr abschneiden darf, um seinen Besitz zu "markieren", sowenig sollte ein Elternpaar oder eine Religionsgemeinschaft dem Kind ein Körperteil zwecks "Markierung zur (Religions-)Gemeinschaft" entfernen dürfen.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Danke für die bisherigen sehr guten Diskussionsbeträge.
Gut ins Bild passt hierzu auch die Initiative von Kerstin Griese MdB (hier wohlbekannt) zum bundesweiten Islamunterricht. Vordergründig geht es um die "Kanalisierung" des Koranunterrichts, hintergründig fraglos um das Ins-Boot-Holen des Islam im Sinne einer gemeinsamen religiösen Front. Wobei hier offen bleiben muss, welches Ausmaß Nichtwissen und Nichtverstehen der Problematik eine Rolle spielt.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article154538552/SPD-Politikerin-fuer-deutschlandweiten-Islamunterricht.html
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Gut ins Bild passt hierzu auch die Initiative von Kerstin Griese MdB (hier wohlbekannt) zum bundesweiten Islamunterricht. [...]
http://www.welt.de/politik/deutschland/article154538552/SPD-Politikerin-fuer-deutschlandweiten-Islamunterricht.html"
Genau zu diesem Artikel hatte ich an die Welt einen Kommentar geschickt, der inhaltlich die Abschaffung jeglichen Religionsunterrichts propagierte, da hierin keine sinnvollen Lehrinhalte vermittelt werden. Stattdessen solle das gesparte Geld in Deutschkurse für Migranten investiert werden, die teilweise genau von diesem Islam geflohen sind.
Mein Kommentar wurde komplett zensiert, d.h. nicht eingestellt.
Meiner folgenden Bitte um detaillierte Aufklärung über die Gründe bekam ich bis jetzt keine Antwort.
Schwabe am Permanenter Link
""SPD-Politikerin-für-bundesweiten-Islamunterricht" - da kann ich als demokratisch- aber nicht religionstheokratisch gesinnter Bundesbürger nur hoffen, dass die Partei der Frau Griese (ihrem derzeitigen
Kay Krause am Permanenter Link
Der korrekte Titel dieses Artikels wäre:
"In der Bevölkerung Verständnis für Religions- und Weltanschauungs-
Arno Gebauer, ... am Permanenter Link
Guten Tag,
mit dem Thementitel bin ich einverstanden, aber mit dem Artikelinhalt nicht.
Religionspolitik dient der Machtausübung der Religionsorganisationen auf alle Bürger
unseres Staates Gesellschaft.
Die Kirchen sind bereits größter Lobbyist mit direktem Einfluß auf Politiker, Parteien und
Gesetzgebungsverfahren usw.
Die Religionspolitik der Kirchen hat unseren Staat bereits zu einer Kirchenrepublik verkommen lassen.
Mehr zum Thema unter:
http://www.alibri-buecher.de/Buecher/Kirchenkritik/Carsten-Frerk-Kirchenrepublik-Deutschland::550.html
Die Macht der Kirchen und anderer Religionsorganisationen muß drastisch beschnitten werden.
Eine Trennung von Staat und Kirche ist für dieses Land überlebenswichtig.
Es wäre von Vorteil, wenn die Kirchen für immer verschwinden würden.
Viele Grüße
Arno Gebauer
OLiver am Permanenter Link
Apropos Islam...
...mal hören, was ein einflussreicher Fürsprecher des Islam dazu sagte:
"„Die erste und vorrangigste [Erkenntnis] ist sicherlich diejenige von der Unvereinbarkeit des Islams mit nicht-islamischen Systemen. Es kann keinen Frieden oder Koexistenz zwischen dem „islamischen Glauben“ und den nicht-islamischen Gesellschaften und politischen Institutionen geben. (…) Der Islam schließt klar das Recht und die Möglichkeit von Aktivitäten einer fremden Ideologie auf seinem eigenen Gebiet aus. Deswegen stehen irgendwelche laizistische Prinzipien außer Frage, der Staat also sollte ein Ausdruck der Religion sein und er sollte deren moralische Konzepte unterstützen.“"
( https://de.wikipedia.org/wiki/Alija_Izetbegovi%C4%87#Politische_Karriere )
Dieter Bauer am Permanenter Link
Ach hätte sich Frau Bundeskanzlerin Merkel, vor ihren unüberlegten Handlungen und Äusserungen, sich diesen Sachverhaltes angenommen.
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Danke, danke, danke! Seit 30 Jahren wird der Werteunterricht (z.B. Ethik) in der BRD von Kirchen(n) und Staat kleingehalten.