"Secular Talk" im Internet

Progressiver Säkularismus mit Kyle Kulinski

BERLIN. (hpd) Die amerikanische Medienöffentlichkeit ist von christlichem Starrsinn und religiösem Fundamentalismus durchdrungen. So denken vermutlich viele Menschen hierzulande. Doch bei genauerer Internetrecherche stößt man auf äußerst interessante Newsforen und Talkshowformate, die sich mit religionskritischen Inhalten zum Teil erfolgreich einen Namen gemacht haben.

Natürlich gibt es prominente Vertreter wie den Stand-up-Komiker Bill Maher, der seit vielen Jahren die erfolgreiche Sendung Real Time with Bill Maher moderiert und durch seinen satirischen Dokumentarfilm Religulous große Aufmerksamkeit erregte. Die neue Generation macht aber auch von sich reden und hat interessanten Nachwuchs parat. Kyle Kulinski ist einer dieser Menschen und sucht die Konfrontation mit religiösen und erzkonservativen Plattformen.

In seiner Internet-Show Secular Talk beschäftigt er sich überwiegend mit tagespolitischen Ereignissen, wobei er einen Schwerpunkt auf konservative Sender wie Fox News setzt, dessen Inhalte er kritisch bis polemisch analysiert. Hinzu kommen Demontagen etwaiger republikanischer Politikerinnen und Politiker mit christlich-fundamentalistischer Orientierung wie etwa Ted Cruz oder Sarah Palin, doch auch vor Angehörigen der Demokratischen Partei macht er keinen Halt. Selbst Mitglied der Demokraten, kritisiert er nicht selten das Establishment seiner Partei und spricht sich stark gegen die Präsidentschaftskandidatur Hillary Clintons aus und unterstützt stattdessen ihren Konkurrenten Bernie Sanders.

Darüber hinaus diskutiert er kontrovers sowohl über innen- als auch über außenpolitische Themen. Dazu zählen der Nahost-Konflikt, die Legalisierung von Drogen, Überwachung und Feminismus. Im Falle des Nahost-Konflikts vertritt er die These, dass Islamismus und Terrorismus nicht allein für die gegenwärtige Lage verantwortlich sind, sondern sieht in der amerikanischen und israelischen Außenpolitik eine Mitverantwortung für die Radikalisierung von Bevölkerungsteilen. Damit bezieht er allerdings nicht eine klare Position zugunsten der Gegner bzw. Feinde Israels. Als überzeugter Atheist betrachtet er den Islam als gleichermaßen problematische Religion wie alle anderen, wobei er sich antimuslimischer Bigotterie strikt verwehrt.

Was macht seine Show interessant? Im Vergleich zu anderen YouTube-Shows ist Secular Talk vergleichsweise schlicht produziert. Kein Greenscreen, keine aufwendige Musik, kein umfangreiches Skript. Aber das ist auch nicht nötig, denn dadurch wirkt die Show authentischer und erzeugt den Eindruck als fokussiere sie sich hauptsächlich auf die Inhalte anstatt das Drumherum. Kulinski selbst zieht den Zuschauenden durch Eloquenz und Witz rasch in seinen Bann und seine elegant improvisierten Redebeiträge machen die Show erfrischend. Leider fehlt es dieser Show noch an Spielräumen zur Auseinandersetzung mit dem Moderator. Zum einen fehlt es an regelmäßigen Showgästen, die eine Diskussion beleben können und zum anderen wäre es noch spannender zu sehen wie Kulinski in einem direkten Schlagabtausch mit seinen Gegnern umgeht. Er sollte sich vielleicht etwas an konfrontierende Interviewformate á la Philipp Möller orientieren. Nichts desto trotz ist Kulinski’s Sendung eine spannende Abwechslung, eröffnet neue Blickwinkel auf die amerikanische Politik und orientiert sich als eine Plattform von wenigen an säkulare Interessen.