OSNABRÜCK. (hpd) Kaum ein Zoo, in dem nicht derzeit über ein "Sommerfest" o.ä. zahlende Kundschaft angelockt werden sollte. Im Zoo Osnabrück fanden insofern an letzten Wochenende die alljährlichen "Dschungelnächte" statt: "Livemusik, Feuershows und heiße Tänze warten auf die Besucher", wie es im Festprogramm heißt. Es gab ein eigenes Kinderprogramm mit Zaubershow, Puppentheater, Stockbrotbacken und Rodeoreiten, für Erwachsene gab es afrikanische Trommelgruppen, orientalischen Bauchtanz und weitere "Attraktionen", bei denen man sich fragt, was das alles mit "Zoo" zu tun haben soll; und: wie's den zu lebenden Kulissen degradierten Tieren geht bei all dem Lärm und Rummel.
Anlässlich des 80. Geburtstags des Osnabrücker Zoos wird zudem ein "Zoo-Königspaar" ermittelt. Es geht um Quizfragen und ungeheuer originelle "Prüfungen", wie sie aus dem RTL-Dschungelcamp bekannt sind (z.B. Schubkarren mit Mist fahren).
Bei all den Feierlichkeiten zum 80. Geburtstag des Zoos bleibt notorisch unerwähnt, dass dieser nur mit finanzieller und propagandistischer Unterstützung der Nazis eingerichtet werden konnte: die NSDAP-Gauleitung förderte den neuen Zoo ausdrücklich, zudem stand er unter persönlicher Schirmherrschaft von "Reichsjägermeister" Hermann Göring.
Am 19. September 1935, "im dritten Jahre der nationalen Erhebung unter der Führung Adolf Hitlers“, wie es in der hakenkreuzverzierten Gründungsurkunde hieß, wurde der Grundstein des "Heimat-Tiergartens Osnabrück" gelegt, am 26. Juli 1936 fand im Beisein zahlreicher Nazi-Bonzen die Eröffnungsfeier statt: "Osnabrück zur Ehr, der Jugend zur Lehr!"
In der Tat eigneten sich die Zoos hervorragend als NS-Propagandainstrumente: sie dienten als Stätten "darstellender Biologie", in denen zentrale ideologische Themen des NS-Staates wie Vererbungslehre oder Rassenkunde anschaulich gemacht werden konnten. Die sogenannten "Heimat-Tiergärten" sollten zudem der Stärkung vaterländischer Volksgesinnung dienen.
Eine wirkliche Aufarbeitung der Verstrickung der deutschen Zoos in den Nationalsozialismus wurde bis heute nicht vorgenommen. In den Verlautbarungen heutiger Zoos und Zooverbände wird die Geschichte zwischen 1933 und 1945 entweder komplett verschwiegen oder aber kaschiert und beschönigt. Die NSDAP-Mitgliedschaften der seinerzeitigen Direktoren, Verwaltungsräte und Geldgeber bleiben bis auf wenige Ausnahmen unerwähnt.
Der Berliner Zoo hat, wenngleich viel zu spät und keineswegs freiwillig, einen ersten Schritt gemacht. In Dutzenden anderer Zoos - Köln, München, Dresden, Leipzig, Hamburg und eben auch Osnabrück - steht dies noch an.
4 Kommentare
Kommentare
Johannes am Permanenter Link
Ich war übrigens schonmal dort. Hat mir sehr gut gefallen. Der Zoo ist sehr schön angelegt.
Meine Schwester geht mit ihren Kindern ganz oft dorthin.
struppi am Permanenter Link
Bei aller Betroffenheit, aber auch viele Autobahnen wurden im 3.
Zumal der Flyer davon spricht, den Menschen die heimischen Tierwelt nahezubrigen, um ein "natürliche Verhältnis zwischen Mensch und Tier wieder herzustellen", ein Anliegen, dass der NaBu, BUND oder PETA sicher unterstützen würden.
Elke am Permanenter Link
@Struppi: Die Antwort auf Ihre Frage steht doch in dem Artikel zu lesen:
"Eine wirkliche Aufarbeitung der Verstrickung der deutschen Zoos in den Nationalsozialismus wurde bis heute nicht vorgenommen." Und diese tut not, nicht nur aus geschichtsschreiberischen Gründen, sondern weil diese Verstrickung teils bis heute fortwirkt: nicht zuletzt im Zoo Berlin, der sich nur aufgrund massiven Drucks von außen seiner braunen Vergangenheit zu stellen beginnt. Eine Entschädigung der seinerzeit enteigneten jüdischen Aktionäre (bzw. ihrer Nachfahren) wird bis heute abgelehnt; und dies, obgleich der Zoo Berlin (wie die meisten anderen Zoos auch) mit öffentlichen Geldern subventioniert wird.
"In den Verlautbarungen heutiger Zoos und Zooverbände wird die Geschichte zwischen 1933 und 1945 entweder komplett verschwiegen oder aber kaschiert und beschönigt. Die NSDAP-Mitgliedschaften der seinerzeitigen Direktoren, Verwaltungsräte und Geldgeber bleiben bis auf wenige Ausnahmen unerwähnt." In mehreren Zoos gibt es bis heute völlig unkommentierte "Ehrenmale" für Nazi-belastete Zoodirektoren.
Im Übrigen muß der Frage nachgegangen werden, weshalb die Nazis so großes Interesse an Zoos hatten; und wehalb dieses Interesse von heutigen Zoobetreibern so notorisch geleugnet und abgestritten wird.
ps: das ist kein "Flyer", der da abgebildet ist, sondern die offizielle (mit Hakenkreuzen verzierte) Gründungsurkunde des Zoos, als dessen Schirmherr Göring firmierte. Weshalb sollte da nicht drüber gesprochen werden dürfen?
struppi am Permanenter Link
Wurden durch die Gründung aktiv Juden oder Regimegner zum Vorteil des Zoos enteignet?
Dann bleibt nur, die Verstrickung ist die, dass der Zoo im 3.Reich gegründet wurde.
Wieso muss der Zoo das aufarbeiten?
Ich verstehe nicht, welchen Erkenntnisgewinn du davon erwartest, dass die Nazis gerne Zoos gebaut haben?
Ich kann daran nichts schlimmes erkennen. Im Gegenteil die Aussagen in der Urkunde sprechen eher von einem positiven hintergrund, sogar aus heutiger Perspektive.
Es bedeutet im Endeffekt, dass du die positiven Seiten des Nationalsozialismus darstellen willst?
Der damit ja laut Gründungurkunde ein Interesse für die heimische Natur vermitteln wollte - oder hälst du das für Verwerflich?