Der Satanische Tempel hat in mehreren US-Schul-Bezirken eine Genehmigung zur Gründung von After School Satan Clubs beantragt. Die Aktion richtet sich gegen staatlich anerkannte christliche After School Clubs.
Obwohl in der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika die Trennung von Staat und Religion festgeschrieben ist, sieht die Realität anders aus. Insbesondere christlich-fundamentalistische Organisationen versuchen immer wieder, diese Trennung zu unterlaufen und Einfluss auf staatliche Bereiche zu erlangen. Besonders beliebt sind hierbei Schulen.
Wegen des Grundsatzes der Trennung von Staat und Religion gibt es an öffentlichen Schulen zwar keinen Religionsunterricht, aber da der Staat Glaubensgemeinschaften auch nicht in der Ausübung ihrer Religion und mithin auch nicht im Anbieten bestimmter religiöser Dienstleistungen einschränken darf, gibt es etliche, vor allem christliche After School Clubs, in denen Schüler nach der regulären Schulzeit betreut und nebenbei im christlichen Glauben unterwiesen werden. Und das im unmittelbaren Umfeld der Schulen und mit Genehmigung der Schulbehörden. Anders gesagt:
"Fundamentalistische christliche Organisationen versuchen, öffentliche Schulen zu Indoktrinations-Camps für Kinder umzufunktionieren. Mit mehreren Millionen Dollar und einem Team von aggressiven Anwälten ist es ihnen gelungen, die Trennung von Staat und Kirche aufzuweichen."
So formuliert es der Satanische Tempel auf seiner Homepage. Was auf den ersten Blick wirkt wie eine Glaubensgemeinschaft von Satanisten, entpuppt sich auf den zweiten Blick als ein ziemlich gewitztes Projekt von Menschen, die versuchen, die Religion mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. Denn woran sich viele Atheisten und Freidenker in den USA jahrzehntelang vergeblich die Zähne ausbissen, das gelingt dem Satanischen Tempel heute mit einem Trick: Zum Beispiel die Abschaffung von Gebeten von Religionsvertretern vor Ratssitzungen.
Diese Tradition, die in einigen Rathäusern der USA noch immer gelebt wird, wird von Gerichten nicht beanstandet, solange keine Religionsgemeinschaft von einer solchen Tradition ausgeschlossen wird, sprich: keine Religionsgemeinschaft durch staatliche Vertreter bevorzugt oder benachteiligt wird. Entsprechende Klagen von Freidenkern waren erfolglos.
Da sich der Satanische Tempel als Glaubensgemeinschaft definiert, darf auch er von solchen Praktiken nicht ausgeschlossen werden – ihm steht dasselbe Recht zu wie jeder anderen Religionsgemeinschaft. Da viele Amerikaner jedoch keine satanischen Gebete und Praktiken wünschen, bleibt ihnen nur eine Möglichkeit: Sie müssen die religiöse Tradition im öffentlichen Raum komplett abschaffen.
Dieses Prinzip macht sich der Satanische Tempel nun auch bei den After School Clubs zunutze. In landesweit neun US-Schulbezirken beantragte der Tempel die Genehmigung zur Einrichtung von After School Satan Clubs. In allen diesen Bezirken gibt es genehmigte christlich-fundamentalistische After School Clubs, sogenannte Good News Clubs (Frohe Botschaft Clubs), betrieben von der Child Evangelism Fellowship (Kinder-Evangelisierungs-Gemeinschaft).
"Es ist wichtig, dass Kinder die Möglichkeit bekommen, zu verstehen, dass die evangelikalen Materialien, die sich in ihre Schulen schleichen, nur eine religiöse Meinung unter vielen repräsentieren", erklärt der Satanische Tempel sein Vorhaben. "Während der Good News Club sich auf die Indoktrinierung der Kinder konzentriert und ihnen die Angst vor der Hölle und vor Gottes Zorn einimpft, werden sich die After School Satan Clubs auf das freie Denken und den Rationalismus konzentrieren, die wissenschaftliche Basis aufgrund derer wir von der Welt um uns herum wissen, was wir wissen. Wir wollen Kindern die Wertschätzung der Wunder der Natur um sie herum nahebringen und nicht die Angst vor ewigen Schrecken in einer anderen Welt."
9 Kommentare
Kommentare
pavlovic am Permanenter Link
Das ist doch echt gewitzt.... gefällt mir gut. Da sieht man was für ein Druck von religiöser Seite ausgeübt wird bis manche sich etwas wirksames ausdenken. Und: man sieht wie Christen sich vor Begriffen fürchten.
nihil jie am Permanenter Link
Zumindest scheint diese Methode Früchte zu tragen.
Ich wurde auch mal ziemlich seltsam beäugt, als ich einen christlichen Bekannten fragte warum ich den Teufel nicht lieben darf, wo es bei Matthaeus 5:44 steht ich solle auch meine Feinde lieben *gg Natürlich liebe ich keinen Teufel, weil das für mich nur die andere Seite der religiösen Medaille wäre. Aber diese Frage konnte ich mir in dem Kontext unseres Gesprächs einfach nicht verkneifen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Smart & cool.
Mark Keller am Permanenter Link
Es könnte durchaus sein, dass hier eine ähnliche Strategie auch bald nötig sein könnte.
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
Wir werden in Deutschland keine dem Namen nach satanischen Organisationen gründen müssen die eigentlich humanistisch sind um als organisierte Atheisten oder Humanisten formal gleichberechtigt zu sein.
In den USA sind sind nur Religionsgemeinschaften gleich zu behandeln, nicht-religiöse Weltanschauungsgemeinschaften werden im First Amendment leider nicht genannt...
"Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof (...)"
Aus diesem Grundsatz, dass der Kongress kein Gesetz gegen eine Religionsgemeinschaft machen darf, leitet sich in den USA auch die Religionsfreiheit im Allgemeinen, als auch auf niedrigeren Ebenen des Staatswesens ab.
Man merkt halt schon, dass unser Grundgesetz entstand nachdem die Aufklärung in die Weimarer Republik gewissen Einfluss hatte. Dass wir mit der Gründung der BRD hinter diesen Stand zurück gefallen sind ist traurig.
Die Regelungen zu Staat und Religion wurden von der Weimarer Rechsverfassung in Grundgesetzt Art 140 übernommen. Weggelassen wurde jedoch WRV Art 135:
"Alle Bewohner des Reichs genießen volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die ungestörte Religionsübung wird durch die Verfassung gewährleistet und steht unter staatlichem Schutz. Die allgemeinen Staatsgesetze bleiben hiervon unberührt."
Schade ist es um den Dritten Satz. Dieser hätte nach Meinung mancher Juristen auch in der BRD einen Riegel vorgeschoben bezüglich der rechtlichen Privilegien (z.B. Kirchliches Arbeitsrecht, das eben nicht nur in kircheninternen Regeln besteht, sondern auch Niederschlag in den Staatsgesetzen fand).
Grundsätzlich wäre dies nach naiver Lesart eines nicht-Juristen auch von Art 137 Abs 3 WRV der in GG Art 140 aufgenommen wurde zu erwarten gewesen
"Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. (...)"
wenn nicht meiner Meinung nach in rechtsbeugender Weise das Bundesverfassungsgericht eine laufende Rechtssprechung etabliert hätte die es den Kirchen erlaubt die Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu unterlaufen.
agender am Permanenter Link
und das ergibt das Problem, wie völlig absurde BVG- und BGH-Urteile korrigiert werden können!
Die Urteile wegen 218, Arbeitsrecht, "Drogen", Embryonen"schutz"gesetz, etc. haben aber, soweit ich mich erinnere, keine Einschränkung - d.h. solange auch nur 1 deutsche/r Staatsangehörige/r solchen Quark glaubt, könnte "die Rechtsprechung" das religiöse Verständnis von Verbrechen = Sünde uns allen aufhalsen!
Rainer Bolz am Permanenter Link
Satanische Verse:
Der Mensch ist die dümmste Spezies!
Er verehrt einen unsichtbaren Gott und tötet eine sichtbare Natur, ohne zu wissen, dass diese Natur, die er vernichtet, sichtbar göttlich ist.
David am Permanenter Link
grossartig.
Mark am Permanenter Link
Laut Bibel ist Satan ein Erfüllungsgehilfe Gottes und nicht sein Gegner. Im Buch Hiob stellt er Glauben Hiobs auf die Probe, indem er seine Kinder umbringt und ihn mit Krankheiten heimsucht.