Die Nachricht von der Tragödie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt war gerade erst über die Ticker gelaufen, da wusste der Landeschef der AfD in Nordrhein-Westfalen Marcus Pretzell bereits, wer die Schuld daran trägt. Via Twitter verkündete Pretzell zu einem Zeitpunkt, als nicht einmal ansatzweise klar war, ob es sich bei den dramatischen Ereignissen an der Gedächtniskirche um einen Unfall, einen apolitischen Amoklauf oder einen terroristischen Anschlag gehandelt hatte: "Wann schlägt der deutsche Rechtsstaat zurück? Wann hört diese verfluchte Heuchelei endlich auf? Es sind Merkels Tote!" Dabei übersah der AfD-Politiker allerdings, dass gerade er und seinesgleichen den Terroristen in die Hände spielen. Denn Rechtspopulisten zählen – wenn auch unfreiwillig – zu den wichtigsten Verbündeten der Islamisten im globalen Dschihad.
Die islamischen Gotteskrieger verfolgen eine perfide und bislang sehr wirkungsvolle Strategie, die in zahlreichen, u.a. im Internet verbreiteten Schriften nachzulesen ist: Da sie nicht die Mittel besitzen, die westlichen Demokratien auf militärische Wege ernsthaft zu gefährden, sollen viele terroristische Einzelaktionen die Bürgerinnen und Bürger in Angst und Schrecken versetzen und entsprechende Aversionen gegen "die Muslime" wecken, was wiederum zu einer weiteren Radikalisierung unter Muslimen führen soll.
Den Masterplan für diese Strategie hat der einflussreiche Islamist Abu Musab al-Suri in seiner 1.600-seitigen Propagandaschrift "Aufruf zum weltweiten islamischen Widerstand" dargelegt. Darin heißt es: "Wenn wir zwölf Angriffsteams in der gesamten islamischen Welt bilden könnten und jedes dieser Teams würde eine Operation im Jahr ausführen, dann gäbe es jeden Monat einen Angriff. Wenn sie zwei Operationen schaffen, wäre das alle fünfzehn Tage ein Angriff." Bezüglich der Angriffsziele gab al-Suri folgende Empfehlung: "Die Angriffsart, die Staaten abschreckt und Regierungen stürzt, ist der Massenmord an der Bevölkerung. Man muss Menschenmengen ins Visier nehmen, um maximale Opferzahlen zu erzielen. Das ist sehr einfach, weil es viele solcher Ziele gibt, wie zum Beispiel gefüllte Sportstadien, jährliche gesellschaftliche Veranstaltungen, gut besuchte Marktplätze, Hochhäuser und andere Gebäude mit vielen Menschen."
Für die Umsetzung dieser Strategie brauche es nur 100 entschlossene Kämpfer, meinte al-Suri. Sie könnten mit gezielten Attacken die Rechtsstaaten destabilisieren – und dabei auf die unfreiwillige Unterstützung westlicher Nationalisten und "Kreuzzügler" rechnen. Denn diese würden, so das Kalkül al-Suris, reflexartig Gegenmaßnahmen gegen "die Muslime" einleiten. Die damit einhergehende Unterdrückung der Muslime sei eine großartige Stütze im globalen Dschihad. Denn sie führe zu größerer Ungerechtigkeit und zu massiveren Konflikten, was viele junge Muslime dazu motivieren würde, sich am bewaffneten Kampf gegen "die Ungläubigen" zu beteiligen.
Derzeit sieht es so aus, als sei der 23-jährige Pakistani, der in Berlin festgenommen wurde, al-Suris Anweisungen gefolgt, als er mit einem gestohlenen LKW in die Menschenmenge auf dem Berliner Weihnachtsmarkt raste. Gesichert ist diese Annahme im Augenblick noch nicht. Fest steht aber schon jetzt, dass sich Rechtspopulisten wie Marcus Pretzell geradezu sklavisch an das Terror-Drehbuch der Dschihadisten halten. Sie sind, ohne es zu ahnen, die wirkungsvollsten Verstärker des globalen Dschihad. Wenn wir dem Islamismus wirksam entgegentreten wollen, können wir es uns nicht erlauben, weiterhin in diese Falle zu laufen.
Update 21.12.: Dieser Kommentar wurde am Dienstagmorgen (20.12.2016) verfasst, als die Sicherheitsbehörden den 23-jährigen Pakistaner noch als "dringend tatverdächtig" einstuften. Die vorsichtige Formulierung des Kommentars (die viele empörte, da sie hier "Gutmenschentum" witterten) erwies sich dabei als überaus berechtigt, denn schon am Dienstagabend wurde der Mann aus der Untersuchungshaft entlassen. Aktuell (Mittwochmorgen) gilt es zwar als wahrscheinlich, aber eben nicht als gesichert, dass es sich bei dem Anschlag um einen islamistischen Terrorakt handelte. Theoretisch denkbar wäre noch immer, dass die Tat von einem Amokläufer ohne Bezug zum Islamismus begangen wurde. Solange diese Hintergründe nicht geklärt sind, ist es unverantwortlich, einen Zusammenhang zwischen der Berliner Tragödie und der Flüchtlingspolitik herzustellen. Wer so verfährt wie Pretzell, der argumentiert nicht nur "postfaktisch", sondern betreibt eine politische Propaganda, die die tödlichen Strategien der Dschihadisten tragischerweise noch verstärkt, statt sie abzuschwächen.
Übernahme von der Giordano-Bruno-Stiftung.
17 Kommentare
Kommentare
Gerhard Streminger am Permanenter Link
MSS hat recht: Eine Krise wird erst dann zur echten Krise, wenn wir ihr nicht mit aufgeklärter Vernunft, sondern unbegründeten Vorurteilen begegnen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ja, WIR dürfen nicht in diese Falle laufen. Denkende Menschen tun das auch nicht. In der Regel jedenfalls. Doch wie erreicht man die Pretzells in Deutschland?
Muslime müssten dabei aktiv mitwirken. Wenn der Islam als vormodernes Gesellschaftsregelwerk kritisiert wird, sollten sie sich nicht persönlich angegriffen fühlen, auch wenn - eventuell - ihr Selbstverständnis an dieser tribalistischen Lebensweise hängt. Hier müssen WIR auf einen offenen Dialog drängen. Der Islam - bzw. die diversen islamischen Entwürfe unter dem Dach des Korans - muss kritisierbar werden. Auch und vor allem von muslimischer Seite.
Nicht die Menschen sind das Problem; es ist ihr Umgang mit ihren Ideologien. Nicht die Deutschen mussten nach dem Zweiten Weltkriege gehen, sondern ihre menschenverachtende Nazi-Ideologie. WIR haben das gelernt - mühsam, schmerzhaft. Das können und müssen WIR auch von anderen erwarten, die ähnlich in Ideologien feststecken.
WIR müssen Muslimen verdeutlichen, dass WIR sie nicht als Menschen ablehnen und viel Verständnis dafür aufbringen, wenn sie sich ihrer ideologischen Fesseln nicht ohne Weiteres entledigen können. WIR müssen mit ihnen gemeinsame Strategien entwickeln, wie dies respektvoll geschehen kann. Dass dies geschehen muss, zeigen uns die dummen Reaktionen der Pretzells, die weltweit für Spaltung sorgen, für Gräben, in die künftige Generationen stürzen könnten.
WIR müssen unsere amtierenden Politiker davon überzeugen, dass Kritik am Islam keine Kritik an den Menschen ist, die unfreiwillig in dieses Glaubenssystem hineingeboren wurden. WIR müssen aber mit vielen fundierten Islamkritikern nachweisen, dass der koranische Islam auch seinen Gläubigen nicht guttut und dass er selbst einen Graben zur modernen offenen Gesellschaft schaufelt, den die Prezells mit deutscher Gründlichkeit noch fleißig vertiefen.
WIR müssen auf die Medien einwirken, dass die Sprache der Berichterstattung überprüft wird. Wie oft höre ich - quasi als Entschuldigung - dass sich dieser oder jener religiös radikalisiert hätte. Oft noch in Turbo-Geschwindigkeit. Ist nun "religiös" oder "radikal" das besorgniserregendere Wort? Was ist denn "radikal"? Hätte ich Angst vor jemandem, der "radikal demokratisch" ist? Oder "radikal hilfsbereit"? Aber wenn jemand "radikal religiös" ist, dann ist das negativ? Dann doch nur wegen der Religion.
Hier müssen WIR die Finger in die Wunde legen: Wie viel Religion - wie viel entradikalisierte Religion - verträgt eine globale offene Gesellschaft, die zwangsläufig für die ganze Welt und damit für alle Kulturen offen stehen muss? OFFEN! Nicht geschützt durch hohe Mauern, Betonpfeiler und schusssichere Westen. Den "schusssicheren Westen" wird es nie geben.
Wer hilft mit, alle Religionen zu entradikalisieren, zu privatisieren, bis von ihnen keine Gefahr mehr ausgeht? Dies kann nur im Dialog gelingen. Warum zieht man nur mühsam seine Schlüsse aus der Tatsache, dass ein Zwölfjähriger, der muslimisch erzogen wurde, radikalisiert werden kann, WEIL er muslimisch erzogen wurde? Könnte man einen zwölfjährigen Jungen einer atheistischen oder areligiösen Familie überhaupt zu solch absurden Taten "radikalisieren"? Gar zu Selbstmordanschlägen?
Das Problem ist ein fatales Wechselspiel zwischen "normaler" religiöser Erziehung und der in Ausnahmefällen darauf aufbauenden Radikalisierung. Heute kann ich mir keine christlichen Kreuzzüge mehr vorstellen, die ähnlich fanatisiert durchgeführt werden. Schlimm genug, dass sich immer noch andere Motive für Kriege finden lassen. Wenn WIR es schaffen, dass Muslime - gegen die Interessen ihrer Verbandsvertreter - mit UNS an einem Konzept eines entschärften Islams arbeiten, der den Menschen ihre Folklore lässt, aber ihrer Religion den (auch nach innen gerichteten) Schrecken nimmt, dann wären wir auf einem guten Weg, den Pretzells den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Denn wovor ich mehr Angst habe, als vor gelegentlichen Anschlägen muslimischer Terroristen ist eine geschlossenen, auf rechts gebürstete Gesellschaft, in der es die gleiche Gesinnungsschnüffelei geben wird, wie in allen derartigen Systemen - ob sie sich links oder rechts sehen. Es liegt an UNS...
Ralph Knauf am Permanenter Link
Solche Anschläge sind immer schrecklich und zu verurteilen. Zu verurteilen ist aber auch, mit welcher Dreistigkeit die Kirchen wieder die Hoheit über die Art der Trauer übernehmen.
Michael am Permanenter Link
Lieber Michael, der Masterplan steht im Koran und der wird seit Jahrhunderten befolgt.
Ich habe einen.
Weniger Islam im Land bedeutet weniger Kriminalität, weniger Paralellgesellschaften, weniger Terror, weniger Konflikte, weniger Überwachungsstaat und weniger Rechtspopolismus.
Ich fürchte, einige haben das immer noch nicht begriffen und werden es aus ideologischen Gründen auch nie tun.
Die beißende Ironie des Ganzen sind schwer bewaffnete Polizisten auf unseren Weihnachtsmärkten und eine offene Grenze, wie ein Schweizer Käse.
Ob die wohl einen Schießbefehl haben?
Bernie am Permanenter Link
Ich kann mich Michael Schmidt-Salomon nur anschließen, aber möchte ergänzen, dass man nicht allein hier ansetzen muss, denn dieser Terroranschlag, wenn es denn einer war, hat eine Vorgeschichte, ebenso wie die AfD, un
Gruß
Bernie
KDL am Permanenter Link
Da sie nicht die Mittel besitzen, die westlichen Demokratien auf militärische Wege ernsthaft zu gefährden, sollen viele terroristische Einzelaktionen die Bürgerinnen und Bürger in Angst und Schrecken versetzen und ent
Wieder einmal die Folgerung aus dem Berliner Terrorakt zu ziehen, dass sich Aversionen wechselseitig verstärken, sich gegenseitig aufschaukeln, ist eine Binsenweisheit. Aber natürlich durchaus richtig. Was aber dieser Perspektive auf den islamistischen Terror fehlt, ist der Blick auf andere Optionen. Hilft denn der Hinweis auf das Verstärkungsargument wirklich weiter? Die Falle, die - umgekehrt - im Verstärkungsargument lauert, weist uns direkt auf manch schlimmes Verschweigen der Nationalität bzw. der Konfession von Attentätern hin nach der Maxime: Keinesfalls die Wut, den Zorn auf eine Gruppe schüren. Und sofort wird als allzeit probates Mittel das Argument bemüht, dass man mit Nennung von Nationalität bzw. Konfession eine ganze Gruppe unter Generalverdacht stellt. Hilft denn eine Strategie gegen den Masterplan des Islamisten al-Suri, die in der Furcht aufgeht, dass sich eine Gesellschaft gegen gewaltbereite Muslime (Gefährder) zurückhaltend zeigen muss, nicht den Zorn über erlittene Gewalt zeigen darf? Gilt denn nicht auch - vom GG her gedacht - dass sich Bürger für ihre Freiheit einsetzen und gegen Gewalt wehren müssen? Ist es nicht notwendig, auch in der Öffentlichkeit, sich offensiv für unseren Way of Life stark zu machen? Bedingt das nicht auch, dass manche der häufig religiös vorgetragenen Forderungen von Muslimen, die die Stellung der Frau im Islam, sog. Kinderehen, Apostasie u. Ä. betreffen, keinen Platz beanspruchen dürfen in der sich als liberal und emanzipiert verstehenden Gesellschaft Deutschlands? Ein Fall von selbstverschuldeter Unmündigkeit droht dann einzutreten, "nicht aus Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes..." (KANT). Sapere aude! Oder sollen wir etwa in die - nicht von al – Suri genannte - umgekehrte Falle tappen, und unsere Art zu leben aufgeben, weil sie andere irritiert, gar wütend macht und gewalttätig? Das ist die andere Seite der Medaille des immer wieder betonten Verstärkungsarguments. Lasst uns jetzt Weihnachten feiern, uns frohe Weihnachten wünschen, auf die Weihnachtsmärkte gehen, auch wenn Muslime damit überhaupt nichts anfangen können.
Käthe am Permanenter Link
"Und sofort wird als allzeit probates Mittel das Argument bemüht, dass man mit Nennung von Nationalität bzw. Konfession eine ganze Gruppe unter Generalverdacht stellt.
Mal ehrlich: mir persönlich ist es egal, ob der Attentäter Muslim, Christ, Atheist ist. Ob er in Saudi-Arabien, Timbuktu oder Deutschland zur Welt kam.
Die Tat wird dadurch kein Stückchen besser oder schlechter.
Und in wiefern soll der Bürger sich wehren?
Wie gibt man dem Bürger die Chance sich zu wehren, indem man ihm die Information über Staatsbürgerschaft oder Religionszugehörigkeit einen Täters gibt?
Zumal es im konkreten Falle gar nicht zur Debatte steht, die Religion des Attentäters nicht zu nennen.
Sie beziehen sich damit auf "alltägliche" Fälle (Raubüberfälle, Körperverletzungen etc.).
Die genauso auch von deutschen ausgeübt werden.
Sollen die Bürger das Gesetz selber in die Hand nehmen?
Sind dafür nicht andere Institutionen zuständig?
Und wie wehrt man sich konkret gegen diese Gewalt?
Doch nicht, indem man anfängt willkürlich Muslime auf der Straße zu verpügeln o.ä.
Und auch nicht, indem man Vorurteile schürt und eine Stimmung gegen Muslime aufheizt, die mitunter an den Antisemitismus des 3. Reiches erinnern (sie müssen nur mal in beliebigen Kommentaren die Begriffe "Moslem/Muslime" durch "Jude/n" ersetzen).
"Ist es nicht notwendig, auch in der Öffentlichkeit, sich offensiv für unseren Way of Life stark zu machen? "
JA! Und genau das sagt Michael Schmidt-Salomon aus mit seinem Beitrag.
Das wir jetzt und gerade jetzt unsere Werte verteidigen. Und dazu gehören insbesondere die libertären Werte. Die Toleranz. Die Gleichberechtigung aller (nicht nur deutscher) Menschen.
Wenn sie hingegen der Meinung sind, dass es die Pretzells, Seehofers und Petrys sind, die gerade die deutschen Werte verteidigen, dann reden wir aber wohl von ziemlich verschiedenen Werten.
"Oder sollen wir etwa in die - nicht von al – Suri genannte - umgekehrte Falle tappen, und unsere Art zu leben aufgeben, weil sie andere irritiert, gar wütend macht und gewalttätig? "
Eben nicht. Aber genau das tun wir und genau davor wird im Beitrag gewarnt!
Ich habe gestern "ausversehen" Facebook-Kommentare gelesen - es waren eigentlich welcher unter einem Artikel einer Person, wo man derartige Kommentare nicht erwartet.
Was man dort liest ist erschreckend.
Die Reaktion auf die Tat ist eben nicht "jetzt erst recht unsere Werte leben!". Stattdessen wird der Ruf nach einem autoritären Polizeistaat laut, die Menschen fordern die Grenzschließung inkl. Schießbefehl, die Aufgabe aller humanitärer Werte, Sippenhaft der Muslime etc.
Es kommen Menschen, die sich die Strukturen Nordkoreas wünschen (dort sind die Grenzen ja sicher... ) und die Ausländerfeindlichkeit nimmt immere groteskere Züge an.
Darauf spielt Schmidt-Salomon an und nicht auf die Menschen, die Toleranz und Menschlichkeit verteidigen, die fordern, dass Frauen tragen können was sie wollen (und wenn es Burkas sind...), dass alle Kinder ein Recht auf körperliche Unversehrtheit haben etc.
Von denen ist hier an keiner Stelle die Rede und eigentlich sollte das auch offensichtlich gewesen sein.
Man muss sich einen Schuh nicht anziehen, wenn er nicht passt ;-)
Prof. Hermann S... am Permanenter Link
Von Philosoph zu Philosoph gesprochen: Die Intention des Kommentars von MMS bleibt unklar. Wieso Rechts("populisten"?) dem IS in die Hände spielen, erschließt sich mir aus dem Text nicht.
Lars am Permanenter Link
Ich finde die Theorie von Schmidt-Salomon abstrus ausgerechnet die, die am ersten vor den Gefahren des politischen Islam und der unkontrollierten Zuwanderung gewarnt haben hier als "wichtigsten Verbündeten der Is
Mit dieser Logik könnte man auch die Feuerwehr für Brände verantwortlich machen
Käthe am Permanenter Link
"Für die Umsetzung dieser Strategie brauche es nur 100 entschlossene Kämpfer, meinte al-Suri.
So schwer ist das doch nicht zu verstehen, oder?
Mal vereinfacht: es gibt 2 Gruppen, nennen wir sie A und B. Extremisten der Gruppe A greifen Gruppe B an. Das führt dazu, dass Teile der Gruppe B beginnen, eine undifferenzierte Abneigung gegen Gruppe A zu entwickeln - ich nenne sie jetzt im Folgenden die "Nationalisten".
Bis dahin friedliche Vertreter von Gruppe A fühlen sich unterdrückt/ungerecht behandelt, was wiederum dazu führt, dass sich mehr den Extremisten ihrer Gruppe anschließen und für diese kämpfen.
Was wieder zu mehr Attentaten führt und dazu, dass die Nationalisten der Gruppe B sich zum einen bestätigt fühlen in ihrer Abneigung und politischen Meinung, aber auch, dass sich mehr Leute der Gruppe B diesen Nationalisten anschließen.
Was wiederum zu mehr Intoleranz und Unterdrückung der Gruppe A zugehörigen Menschen führt, was wiederum.... ich denke ich muss das jetzt nicht weiter ausführen.
Ein altbekannter Mechanismus, auf Grundlage dessen seit quasi Ewigkeiten Menschengruppen gegeneinander agieren.
Am Ende haben wir viele Verlierer (sowohl Gruppe A als auch Gruppe B) und wenige Gewinner (die anfänglichen Extremisten der Gruppe A).
Ergo unterstützt man am Ende ausschließlich die Extremisten, indem man diesen (von den Extremisten einkalkulierten) Teufelkreis weiter anheizt.
Ihr Vergleich zeigt hingegen leider nur, dass sie die Komplexität des Problems nicht verstanden haben.
Wir reden nicht von Feuer, sondern von Gruppendynamiken.
Es geht nicht darum, dass die Islam- und Fremdenfeinde den Islam selber toll finden. Es geht darum, dass gerade ihre Abneigung dazu führt, im mehr Gewicht zu verleihen.
Es hilft derzeit weder, alle Muslime als potentielle Attentäter zu betrachten, noch hilft es, im Zuge des Attentates nun nach einem totalitären Polizeistart zu schreien.
Und gewiss hilft es auch nicht, die Probleme des Islams aus Angst vor den Terroristen zu verschweigen.
Aber doch bitte sachlich. Und ja, ich sehe ein Problem darin, diese Debatte immer direkt dann anzuheizen, wenn gerade ein Attentat geschehen ist.
Denn dann sind die Menschen emotionsgeladen und schwer zugänglich für rationale, differenzierte Argumente. Stattdessen sucht man verzweifelt nach einer schnellen und möglichst simplen Lösung - diese gibt es aber nicht, das kann also nur schief gehen.
Weiterhin muss ich gestehen, sehe ich leider das Problem, dass die islamische Aufklärung von innen heraus geschehen muss.
"Wir" können Unterstützung und Argumente anbieten, aber wir können nicht von außen den Islam revolutionieren.
Unser Part ist es, unsere eigenen Werte zu verteidigen (allen voran Freiheit und Menschenrechte, dazu gehört auch das Recht auf Asyl), Gesetze durchzusetzen und NICHT in Panik zu verfallen, sondern stattdessen die Flüchtlinge und auch die schon lange hier lebenden Muslime aktiv bei der Integration zu unterstützen.
Wenn die erstmal die Vorteile der freiheitlichen Werte, der Toleranz und des Humanismus erleben (im wahrsten Sinne des Wortes), dann werden sie sich diesen freiwillig anschließen (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Auf diese Weise kann man wohl am besten gegen den politischen Islam angehen, indem man ihm seine Berechtigung nimmt.
So funktioniert Aufklärung und Fortschritt. Natürlich funktioniert das nicht perfekt, Ausreißer sind unumgänglich, aber die Erfahrung zeigt, dass dies doch deutlich besser funktioniert als vorurteilsbasierter Hass und Totalitarismus.
Aber solange hier so brav mitgespielt, AfD gewählt, Pegida hinterhergelaufen und den Muslimen die Möglichkeit gegeben wird, sich als Opfer des "bösen libertären Westens" zu sehen, solange wird der politische Islam blühen und an Unterstützung wachsen.
KDL am Permanenter Link
„…ich nenne sie jetzt im Folgenden die ‚Nationalisten‘“. Es spricht Bände,
Sim am Permanenter Link
Versuchst du hier die Rechtspopulisten als eine homogene Gruppe friedliebender Warner zu verklären? Das finde ich sehr ungünstig.
Es gibt ja wohl einen Unterschied zwischen warnen, unken und hetzen. Und zuallererst haben (humanistische) Religionskritiker vor den Gefahren des politischen Islam gewarnt. Da war von Flüchtlingskrise noch keine Spur. Erst im Zuge dieser Krise haben rechte Hetzer die "Islamkritik" für sich entdeckt. Aber sie haben eben eine völlig unreflektierte gegen Menschen gerichtete Islamkritik betrieben und keine humanistisch, intellektuell redliche Islamkritik welche nur die Idee aber nicht den Menschen an sich in Frage stellt.
Jedenfalls würde ich mich mit diesen unreflektierten Leuten nicht gemein machen.
Übrigens bin ich gegen Nachwuchs. Denn wir wissen nicht wer da zu uns kommt. Manche Kinder werden später Verbrechen begehen und wenn es soweit ist dann will ich Recht bekommen, dass ich ein so großartiger Warner war. Und dann werde ich sagen, dass ich es ja schon immer gesagt habe: Kinder sind des Teufels und dürfen gar nicht erst geboren werden.
Lars am Permanenter Link
Ich gehe gerne auf die zwei Antworten ein.
@Sim:
@Käthe:
Du schreibst sehr ausführlich, ich habe mich bemüht dich richtig zu verstehen. Ich hoffe ich fasse dich kurz hoffentlich korrekt darin zusammen, dass du die jetzigen Vorgänge auch als Konflikte zweier Extreme (Islamisten und Nationalisten) interpretierst. ("Gruppendynamiken")
Konflikte und Parallelen zwischen Extremen fallen mir auch ein. Beispielsweise könnte man die Hamas und die israelischen Rechten auch als "Bruder im Geiste" wahrnehmen, obwohl sie sich bekämpfen.
Auf Deutschland bezogen passt das aber nicht. Die AfD ist keine bewaffnete Gruppe, und führt auch keine Anschläge durch (sonst wäre sie auch ein Fall für die Justiz), oder heisst solche gut. Ich denke den Leuten wäre ein Land ohne die Million muslimischer Zuwanderer, von denen einige jetzt Anschlägen und Kriminalität verüben (nach dem Berliner Anschlag machte die versuchte Verbrennung eines Berliner Obdachlosen durch 7 Flüchtlinge aus Syrien sowie Libanon von sich Reden) lieber, als politisch Recht zu haben.
Von daher bleibe ich dabei, dass es logisch unsinnig ist, diejenigen, die am deutlichsten vor den Gefahren gewarnt haben, dafür als "Verbündete" der Islamisten zu sehen, so wie es der geschätzte Schmidt-Salomon gemacht hat.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Ich habe eher die Sorge um Recht, Freiheit und Sicherheit im eigenen Land.
Schöne Worte sind keine Lösung. Die zu erwartenden Probleme auf ganzer Linie ( Polizei, Schulen, Arbeitsämtern, Sozialversicherungen, in den Wartezimmern der Ärzte) werden nach wie vor ignoriert.
Wir alle sind weitgehend stolz auf unser Land, aber bei den Konflikten sollten wir darauf achten, dass Kolateralschäden am wenigsten bei der einheimischen Bevölkerung entstehen.
Wer hier ohne Pass einreisen möchte, kann sich unmöglich frei bewegen. Wenn der Asylantrag abgelehnt wurde ebenfalls nicht.
Käthe am Permanenter Link
"Ich habe eher die Sorge um Recht, Freiheit und Sicherheit im eigenen Land.
Aus Angst, die Freiheit zu verlieren, wollen sie die Freiheit einschränken?
Aus Angst vor der fremden Kultur wollen sie die eigene Kultur aufgeben?
Sie merken schon, dass das nicht besonders sinnig ist?
Zu unserer Freiheit gehören die offenen die Grenzen, das Recht darauf, dass jeder einen Asylantrag stellen darf, die Gleichberechtigung, die Religionsfreiheit etc.
1 Mio zugezogene Muslime zerstören nicht unsere Kultur. Wenn sie das wirklich schaffen sollten, dann haben "wir" es auch nicht besser verdient.
"Wir alle sind weitgehend stolz auf unser Land, aber bei den Konflikten sollten wir darauf achten, dass Kolateralschäden am wenigsten bei der einheimischen Bevölkerung entstehen."
Bitte streichen sie das "wir" im ersten Satzteil. Ich habe zum Glück genug andere Dinge auf die ich stolz sein kann (universitäre Erfolge, Familie etc.), so dass ich mich meinen Stolz nicht auf einem imaginären Konstrukt aufbauen muss.
Das mit den Kolateralschäden: wieso am wenigsten bei der einheimischen Bevölkerung?
Sind die deutschen irgendwie besser? Wertvoller? Oder warum haben diese ein besonderes Recht auf Leben in Freiheit und Sicherheit? Wieso nicht die syrischen Flüchtlinge?
Ich verstehe schon, dass Menschen sich wünschen, dass der Staat ihr eigenen Leben besonders schützt, mehr als das der Menschen in anderen Staaten. Dafür sind dann ebendiese anderen Staaten zuständig.
In sofern gehe ich auch bei Ihnen davon aus, dass ihre Gedankengänge nicht auf offener Fremdenfeindlichkeit oder Herrenmenschendenke beruht.
Aber da mir das Konzept Staat und das Konzept Nationalität so fremd ist, da ich mich in erster Linie als Mensch und Weltbürger sehe, komme ich leider nicht umhin, doch fremdenfeindliche Gedanken in diesem Wunsch zu erkennen. Nicht bewusst. Nicht explizit. Aber vielleicht wäre es schön, wenn der eine oder andere mal seine Gedanken dahingehen hinterfragt und sich überlegt, warum die einheimische Bevölkerung in den eigenen Gedankengängen nun bevorzugt wird.
P.S.: Und ja, ich stimme ihnen vollkommen zu, dass jemand mit abgelehntem Asylantrag das Land zu verlassen hat und dies von staatlicher Seite auch konsequent durchgesetzt werden muss.
Allerdings sagt Michael Schmidt-Salomon in seinem Beitrag auch nichts gegenteiliges.
Der Staat HAT an der Stelle versagt, ich sehe aber nicht, wieso dieses Versagen an der Stelle dazu führen soll, dass ich als Mensch dem IS in die Hände spiele, indem ich Polemik ala "alle Muslime raus", "Merkel ist Schuld!" oder "Grenzen zu!" schreie und die rechten Parteien, die ja eben NICHT "unsere" Werte und Freiheit verteidigen sondern angreifen, unterstützen soll.
Paul Hauptmann am Permanenter Link
In der jetzigen Situation, die durch Anschläge und versuchte Anschläge von Islamisten, die hier als Asylbewerber hereinspaziert sind gekennzeichnet ist, ist es (ein politisch motiviertes) Ablenkungsmanöver jetzt mit d
Schmidt-Salomon sollte sein Augenmerk lieber auf den zu erwartenden Abbau säkularer / religiöser Toleranz, durch den zunehmenden islamischen und islamistischen Einfluss in unserer Gesellschaft richten. Das werden die Probleme von Morgen für Agnostiker und Atheisten hierzulande sein!
KDL am Permanenter Link
KÄTHE löst Irritation aus und gibt zu Kritik Anlass:
"Oder sollen wir etwa in die - nicht von al – Suri genannte - umgekehrte
gar wütend macht und gewalttätig? "
Käthe: „Eben nicht. Aber genau das tun wir und genau davor wird im Beitrag gewarnt!“ Hier scheint von Käthe überlesen bzw. nicht verstanden worden zu sein, dass an dieser Stelle ein Perspektivenwechsel zu denken ist. Hier geht eben nicht um die Zugewanderten aus islamischen Herkunftsgebieten, es geht um die Lebensweise der Menschen hier – bei uns in Deutschland. Nicht Nah – und Mittelost, nicht Nordafrika, nicht Subsahara. Um den Zusammenhalt in einer als liberal und tolerant sich verstehenden Gesellschaft, die Apostasie, aber keine Kinderehen, keine Diskriminierung von Frauen duldet. Und erst recht keine islamistischen Terrorakte wie in Ansbach, Würzburg, Berlin…
Aufschlussreich ist Käthes Stellungnahme zu einem anderen Beitrag in HPD:
„…ich nenne sie jetzt im Folgenden die ‚Nationalisten‘“. Es spricht Bände,
wie denunzierend die von K.W. gewählte Zuschreibung auf Menschen wirken muss, die dem wachsenden Islamismus unter Muslimen skeptisch, besorgt, ablehnend gegenüberstehen. Sie alle werden vereinnahmt unter dem Stigma des Nationalismus. Welch eine Ausgrenzung nimmt hier jemand denen gegenüber vor, die islamischen Extremismus mit Leib und Seele praktizieren.
Und weiter zu Facebook-Kommentaren
„Was man dort liest ist erschreckend.
Die Reaktion auf die Tat ist eben nicht "jetzt erst recht unsere Werte
leben!". Stattdessen wird der Ruf nach einem autoritären Polizeistaat laut,
die Menschen fordern die Grenzschließung inkl. Schießbefehl, die Aufgabe
aller humanitärer Werte, Sippenhaft der Muslime etc.
Es kommen Menschen, die sich die Strukturen Nordkoreas wünschen (dort sind
die Grenzen ja sicher... ) und die Ausländerfeindlichkeit nimmt immere
groteskere Züge an“.
Wenn man diese Quellen ernsthaft als Referenz heranzieht für Widerstand im Sinne einer „wehrhaften Demokratie“, - also diese extremen Meinungen, die wie aus der Hüfte geschossen wirken - macht man es sich allzu leicht. Abweichende Auffassungen von „Warnern“ werden so gleich unter der Rubrik „Nationalisten“ oder „Ausländerfeindlichkeit“ abgeheftet. Thomas Steinfeld in der SZ von heute bringt diese Art mit abweichenden Auffassungen - die aber auch auf anderen Erfahrungen beruhen – umzugehen, auf die Formel:
„Das Gespenst der anderen – Die linke Political Correctness und das rechte Ausschlussprinzip teilen denselben Grundgedanken“.