Fotografie

Vernissage mit Braunkohlegruben

Die Photoausstellung "Kohletagebau – Kulturlandschaft brachial" von Peter Menne wurde in der Stadtbibliothek Offenbach von Stadtrat Paul Gerhard Weiß eröffnet. Er lobte Mennes Beitrag zur "Route der Industriekultur" als ganz aktuellen in einem Umfeld, das sonst eher museal an Vergangenes erinnert. Der Künstler erläuterte, warum er die gar nicht schönen Mondlandschaften in den Blick genommen, wie er zu dem umweltpolitisch wichtigen Thema gefunden hat.

Stadtrat und "Flughafendezernent" Weiß stellte den engagierten Offenbacher vor. Mit Bezug auf die Bilder beklagte Menne die Diskrepanz zwischen hehren Zielen der Umweltgipfel seit Rio 1992 und der deutlich zu langsamen Umsetzung bzw. den Rückschritten, wenn heute noch Dörfer zwangsumgesiedelt werden, um dem gigantischen Landschaftsverbrauch des Kohletagebaus Platz zu machen. Doch reiche es nicht, zu nörgeln – sondern Menne zeigte auf, dass die Alternativen vorhanden sind. "Eigentlich gar nicht so neu", und wies dabei auf ein Photo, auf dem vor den schlanken Rotoren des modernen Windparks eine historische holländische Windmühle steht.

Unter den Gästen waren Werner Neumann, Sprecher des BUND-Arbeitskreises Energie, Salvatore Granatella, Leiter der "Route der Industriekultur" und drei Vorstandsmitglieder des Kunstvereins Offenbach: Gisela von Slatow, Sabine und Frank Leithäuser.

Stadtrat Weiß wies auf den Wandel der Bibliothek hin: vom einstmals ruhigen Ort, in dem man sich nur auf ganz leisen Sohlen bewegt, zum heute lebendigen Treffpunkt gerade auch von Jugendlichen, die sich hier zum Lernen und zu lebendiger Diskussion treffen. Einer Diskussion, die auch Peter Menne vorantreibe: zum dritten Mal stelle der in der Stadtbibliothek aus, zunächst "Marokko – Herkunftsland vieler Offenbacher" (im Rahmen der Interkulturellen Woche), dann "Venedig – Markusplatz unter Wasser". Sein gesellschaftspolitischen Anspruch wurde in den Ausstellungen zum architektonischen Brutalismus deutlich, z.B. "Wohnwelten: sind die Visionen von gestern die Albträume von heute?" Weiß wies auf das vielfältige Engagement des Wahl-Offenbachers hin: Veranstaltungen zu Bürgerrechten und Datenschutz. Ein Engagement, das auch ganz handfeste Eingriffe in rauher Wirklichkeit einschließe: als ein Paar von betrunkenen Schlägern attackiert wurde, mischte Menne sich ein. Für seinen selbstlosen Einsatz und die Inkaufnahme eigener Verletzungen wurde er mit der Hessischen Medaille für Zivilcourage ausgezeichnet.

Peter Menne erzählte, wie er zu den – eigentlich unansehnlichen – Motiven gekommen war: Diskussionen um Garzweiler und andere Tagebaue waren ihm aus der Presse bekannt. Für seine Fahrt zu einem Jazzfestival in NRW hatte er sich eine hübsche Kurvenstrecke über die Eifel ausgesucht – und beim Wechsel ins rheinische Flachland das Hinweisschild auf die Grube Garzweiler entdeckt. Kurzentschlossen wollte er sich ein eigenes Bild machen – und war überwältigt, wie aus sattem Grün plötzlich eine gigantische braune Grube wurde: Landschaft in unfaßlichen Dimensionen umgepflügt. Die riesigen Bagger wirkten wie klein wie eine Spielzeugeisenbahn. Genaues Hinschauen helfe, die Größenverhältnisse zu erfassen: auf einem Bild kurvt ein Laster um den Bagger – so lang, wie schon eine einzige der acht Ketten breit ist.

Mennes Bilder zeigen Kohlegruben in Ost und West: aus der Gegend um Leipzig ebenso wie von Garzweiler und Hambach. Weiter die nächsten Verarbeitungsschritte: die dampfenden Kraftwerksschlote aus dem sächsischen Böhlen genauso wie den Offenbacher Kohlekran. Aber eben auch die regenerative Alternative.

Nach dem offiziellen Teil stand der Künstler zu weiterem Gespräch bereit, führte durch die Ausstellung in der attraktiv gestalteten Bibliothek. Die Hälfte der Bilder steht im großzügigen Foyer; die andere Hälfte verteilt sich über den Bücherturm: vier Etagen, deren offene Galerien über eine Wendeltreppe erschlossen sind. Ein hoher, lichter Raum, der zum Stöbern in den Regalen einlädt – oder dazu, wie auf einer Schnitzeljagd auf die Suche nach der nächsten der großformatigen Photographien zu gehen.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 24. August in der Stadtbibliothek Offenbach, Herrnstr. 84, Offenbach. Geöffnet montags und  samstags von 10:00 bis 16:00 Uhr, dienstags bis freitags von 10:00 bis 18:00 Uhr. Der Eintritt ist frei.