Italien

Frauenhass mit dem Segen der Kirche

Sind Frauen selbst schuld, wenn sie Opfer von Gewalt werden? Diese Ansicht scheint innerhalb der katholischen Kirche in Italien weit verbreitet zu sein, wie der katholische Geistliche Don Giorgio De Capitani erklärt. 

Der Priester Don Piero Corsi hatte vor fünf Jahren mit seinen frauenfeindlichen Äußerungen einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. In einem Flugblatt erklärte er, dass knapp bekleidete Frauen selbst schuld seien, wenn sie Opfer von Gewalt werden. Denn durch ihre knappe Bekleidung würden sie Instinkte provozieren und sich von dem "tugendhaften Leben" entfernen.

Entschuldigt hatte sich Don Piero Corsi für sein frauenfeindliches Pamphlet nie. Stattdessen beschimpfte er einen Radiojournalisten als "Schwuchtel" und wünschte einer weiteren Journalistin, dass sie Opfer eines Unfalls wird. Erst nach öffentlichem Druck wurde er vom zuständigen Bischof versetzt.

Der katholische Geistliche Don Giorgio De Capitani erklärte nun, dass eine solche Täter-Opfer-Umkehr in der katholischen Kirche keine Seltenheit sei. Viele Geistliche hätten diese Einstellung und würden die ihnen bekannt gewordene Gewalt gegen Frauen verschweigen. "Frauenhass ist in unserer Kirche, jedenfalls in Italien, noch sehr weit verbreitet", so Don Giorgio De Capitani laut Deutschlandfunk. Die Kirche müsse daher stärker als bisher in die Verantwortung genommen werden.

Jeden dritten Tag wird in Italien eine Frau ermordet

Die Debatte über Gewalt gegen Frauen wird in Italien regelmäßig durch Berichte von grausamen Verbrechen neu entfacht. Laut offizieller Statistik der Polizei wurden im Jahr 2016 etwa 100 Morde, 13.000 Misshandlungen und 4.000 angezeigte Vergewaltigungen gezählt – die Dunkelziffer nicht eingerechnet. Die Täter sind häufig Partner, Ex-Partner oder Liebhaber.

Während Morde an Frauen im häuslichen Umfeld früher verharmlosend als "delitti passionali" ("Delikte aus Leidenschaft") bezeichnet wurden, hat sich mittlerweile der Begriff "femminicidi" ("Frauenmorde") in der italienischen Öffentlichkeit durchgesetzt.