An der Universität Würzburg hat es einen Streit über das Kopftuch einer Studentin gegeben, nachdem alle Anwesenden einer Vorlesung aufgefordert wurden, ihre Kopfbedeckung abzunehmen. Der Politologe und Islamkritiker Hamed Abdel-Samad ruft in einem Kommentar zur differenzierten Debatte auf.
In Würzburg soll eine Professorin eine muslimische Studentin aufgefordert haben, das Kopftuch abzulegen. Das darf die Professorin natürlich nicht. Genau wie wir gegen Kopftuchzwang sind, müssen wir gegen alle anderen Formen von Bevormundung sein. Aber gleichzeitig ist es auch falsch, das Kopftuch als Zeichen der Freiheit und Selbstbestimmung zu verkaufen. Jede Frau, die das Kopftuch trägt, trägt damit das Patriarchat auf der Schulter, egal ob sie das so meint oder nicht. Sie transportiert dadurch bewusst oder unbewusst ein bestimmtes Frauenbild, das nichts mit Freiheit zu tun hat.
Dennoch darf kein Mensch sie zwingen, das abzulegen, es sei denn sie repräsentiert den Staat. Ich habe genau das bei einer Vorlesung an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd am Dienstag vorgetragen. Daraufhin ist eine Studentin, die Lehrerin werden wollte und das Kopftuch trägt, demonstrativ aufgestanden, sie klappte ihren Stuhl laut hoch und spazierte langsam durch den Saal, schaute mich aggressiv an, verließ den Saal und sagte herausfordernd: "Dann Tschüss mal!"
Ich habe ihre anscheinend vorgeplante Aktion kritisiert und sagte, dies ist ein Zeichen vor Diskursunfähigkeit, und von einer zukünftigen Lehrerin erwarte ich Gegenargumente statt Beleidigtsein. Ein Professor für katholische Religionspädagogik antwortete, dass er die Studentin verstehe, denn sie muss in einer Vorlesung bleiben, wo ihre Gefühle verletzt werden und wo man mit ihr nicht auf Augenhöhe diskutiert. Meine Antwort war: Wenn eine Studentin, die auch noch zukünftige Lehrerin nicht imstande ist, auf Argumente mit Argumenten zu reagieren, dann hat nicht nur sie, sondern auch ihre Professoren versagt!
Ich muss aber dazu sagen, dass eine andere muslimische Studentin mit Kopftuch und viele andere ohne Kopftuch im Saal geblieben sind und danach mitdiskutiert haben! Falsch ist es, Muslime zu bevormunden, aber falsch ist es auch, sie kollektiv als Opfer zu stilisieren! Und es lohnt sich über die Freiheit zu streiten, denn keinem wird sie in die Wiege gelegt!
25 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
War das Kopftuch der Studentin so hübsch wie die Tücher im Bild oben?
Habe ich mich jetzt als Kopftuchverfechter geoutet?
Und warum ging die Studentin beleidigt? Wurde sie irgendwie verletzt?
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Ein sehr guter und ausgewogener Artikel. Danke!
Ein interessanter Diskussionspunkt anhand des Artikels wäre: Dürfen Menschen in einem demokratischen, liberalen Staat öffentlich zeigen, dass sie gegen Demokratie und Freiheitsrechte sind? (Damit meine ich nur Meinungsäußerungen und Symbole, keine entsprechenden gesetzwidrigen Handlungen.) Und: Dürfen das auch Funktionäre des Staates, z.B. Lehrer?
Der Autor würde anscheinend die erste Frage mit "Ja", die zweite mit "Nein" beantworten.
david am Permanenter Link
da bin ich anderer meinung. die freiheit wird einem in die wiege gelegt, nur sie wird den kindern von den erwachsenen genommen und wenn man selber erwachsen sein will muss man sich die freiheit nehmen
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Eines ist sicher: Das Kopftuch - wie auch andere Äußerlichkeiten intoleranter Religionen - ist ein Symbol für diese intoleranten Ideologien. Gerade weil sie äußerlich UND spezifisch sind.
Es ist eben nicht so, dass alle Männer und Frauen aller Monotheismen Kopftücher tragen, weil dies ein Zeichen sei, anhand dessen "Gott" seine Anhänger besser erkennen könne. Falls es diesen "Gott" gibt, sollte er seine Anhängerschaft an anderen Eigenschaften erkennen. Angeblich sind diese: Nächstenliebe, Friedensliebe, Hilfsbereitschaft und Gutmütigkeit.
Inwiefern ein Kopftuch oder ein beschnittener Penis einen Menschen zu einem besseren Anhänger seines "Gottes" macht, geht mir nicht auf. Dies ist bestenfalls aus der Sicht eines Kontrollfreaks erklärbar, doch als diesen will doch sicher kein monotheistischer Anhänger seinen "Gott" sehen. Oder?
Da also irdische Instanzen die Gottesanhängerschaft mit Leben - sprich mit Regeln - erfüllen, sind sie - und eben nicht ein "Gott" - für die Riten verantwortlich. Somit suchen wir den Kontrollfreak im Himmel vergeblich, wir finden ihn und seine Nachfolger aber auf der Erde. Da der "Kopftuchritus" auf Frauen beschränkt ist, haftet ihm die Ungleichheit der Geschlechter an, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Und Geschlechterapartheit ist kein Kennzeichen einer freiheitlicher Gesellschaft. Frauen sollen also gerne - außer im Staatsdienst - alle Arten von Maskierungen tragen, aber sie müssen sich darauf einstellen, als Propagandistinnen einer undemokratischen und vormodernen Ideologie bezeichnet oder angesehen zu werden.
Dazu passt durchaus die Reaktion des lautstarken Stuhlhochklappens. Denn Menschen mit einer integrativen Grundeinstellung "halten die Klappe" (Der Ausdruck kommt vom Vermeiden unnötigen Lärms in einer Kirche - wo es Klappsitze gab -, um die andächtig Lauschenden nicht zu stören). Lärm macht nur der, der kein Argument hat - um das Schweigen seiner geistigen Möglichkeiten zu übertönen...
Asinello am Permanenter Link
@Bernd Kammermeier
> Es ist eben nicht so, dass alle Männer und Frauen aller Monotheismen Kopftücher tragen (...)
Pardon,
# in Israel tragen viele israelische und arabische Frauen Kopftücher (nur verschieden geknotet). Und in Jerusalem kann man sogar mit etwas Glück im Viertel der besonders Strenggläubigen jüdische Frauen in Vollverschleierung sehen. (Wer nicht so weit reisen will, ich hab sowas mal in der youTube gefunden, als ich "jüdisches Kopftuch" suchte.)
# Noch in den frühen 70er Jahren sah ich in Berlin viele deutsche Katholikinnen mit Kopftuch. Zwar eher die schlesischer Herkunft, zwar in auffälligen Maße eher Sonntags beim Kirchgang. Aber da habe ich noch die Reste einer vormals üblichen Kleiderordnung gesehen: In der Kirche hatte das Frauenhaupt bedeckt zu sein, das Männerhaupt frei.
Das unbedeckte Frauenhaupt wurde im Deutschland der 70er Jahre ausdrücklich zur Mode ausgerufen. Es wurde sogar im Erklärfernsehen berichtet, dass das Kopftuch nicht verpflichtend sei, und die moderne Frau "mit Ohne" also nicht unschicklich, sondern chique und modern sei. Ich hab das damals gehört und in schwarzweiß gesehen. Und den eher zögerlichen Erfolg in der eigenen Familie, da alle befürchteten, die Einzige "oben ohne" zu sein und Anlass zu Getuschel zu geben. Und dann, im Herbst, die Befürchtung, ein Kopftuch wider der Witterung Unbill könnte als Rückfall in eine unzeitgemäße Erscheinung gedeutet werden.
# Auf dem hiesigen Hauptfriedhof bittet eine große Tafel zu Allerheiligen die Männer, eine Kopfbedeckung zu tragen.
# Wenn man hier auf Mittelaltermärkten die Augen offen hält, sieht man, dass fast alle gewandeten erwachsenen Mannsleute und Weibspersonen eine Kopfbedeckung tragen, da dies Anno Dunnemals im katholischen Gottesstaat Europa so schicklich war.
# Ich bin gerade unmotiviert, die Stelle im AT zu suchen. Aber ich meine, mich zu erinnern, dass es da eine Anweisung des HERRN gäbe, wer was zu bedecken habe (zB der Priester auf Heiligem
Boden seine Blöße, die dann selbst von unten nicht zu sehen sein dürfe).
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Beschneidung ist ein Opfer "pars por toto" - aus jener Zeit, als zu bestimmten Gelegenheiten von allem gehaltenen (Feder-)Vieh und allem Geernteten das Wertvollste, Beste und Schönste dem Gotte geopfert wurde (der ja, wie die Geschichte Jesu zeigt, nur durch ein Opfer gnädig zu stimmen ist). Was ist das Wertvollste einer bronzezeitlichen Familie? Richtig: die Söhne, der Erstgeborene voran. Da wird eben stellvetretend ein Teil "vom eigenen Fleische" geopfert.
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Du hast schon recht, religiös motivierte Kopftücher sind bei uns nicht mehr üblich. Aber selbst im amerikanisierten Deutschland ist das noch gar nicht so lange her.
A. S. am Permanenter Link
Religionen sind nunmal psychologische Herrschaftsinstrumente,
so wie Gewehre physikalische Herrschaftsinstrumente sind.
Das Problem ist die Herrschaft!
Gewöhnliche Diktatoren herrschen mit der "Waffe Gewehr" und der Drohung mit Erschießen, innerhalb des Herrschaftsgebiets der Diktatur. Flucht ist schwierig, aber möglich.
Priester herrschen mit der "Waffe Religion" und der Drohung mit Gottes Strafe, die jederzeit, überall und sogar posthum erfolgen kann. Flucht ist unmöglich.
Soldaten und Gewehre haben wir per Gesetz unter demokratische Kontrolle gestellt, damit kein gefährlicher Unfug mit den Gewehren getrieben wird.
Priester und Religionen sollten wir ebenso per Gesetz unter demokratische Kontrolle stellen, damit mit Religion kein Unfug mehr getrieben werden kann.
Unsere Gesellschaft versteht den Islam deswegen nicht, weil wir von Kindesbeinen an beigebracht bekommen, dass Religion harmlos sei und glücklich mache.
Das ist vorsätzliche Täuschung durch unsere Schulen und die Ö.R. Medien!
Die Religionen sind die Herrschaftsmittel der Priester!
Die Frage, ob es einen Gott gibt oder nicht, ist aus demokratischer Sicht nebensächlich.
Für die Demokratie zählt, das die Herrschaft unter der Kontrolle der Bevölkerung steht. Das gilt auch für die Herrschaft der Priester.
... und für die Herrschaft des internationalen Großkapitals und die Herrschaft der Datenkraaken und , und, und, gilt das Gleiche.
Kay Krause am Permanenter Link
Da haben Sie 100%ig recht, liebe(r) A.S. !
Sim am Permanenter Link
Ja dem Kommentar stimmt ich völlig zu. Differenzieren und diskutieren. Argumente und ein höfflicher Umgangston. So sollte es sein.
Roland Fakler am Permanenter Link
Man sollte die Dame nicht zur Märtyrin für eine schlechte Sache machen!
Zwang erzeugt Trotz und Trotz führt zu schlimmen Handlungen.
Thomas Reutner am Permanenter Link
"Sie dürfen mich nicht kritisieren, weil das meine Gefühle verletzt..."
Wahrscheinlich einer der peinlichsten Sätze überhaupt.
Klarsicht am Permanenter Link
Diskriminierung von Männern und „Ungläubigen" seitens Muslimas durch deren „Verkleidung".
Die Tatsache, dass es gegenwärtig zu beobachten ist und es auch schon in der näheren Vergangenheit zu beobachten war, dass sich in Deutschland und anderen westlichen Ländern muslimische Mädchen und Frauen (Muslimas) mit zunehmender Tendenz mehr oder weniger vollständig „verkleiden“ (z. B. durch Kopftuch, Burka und Bukini), hat seinen primären Grund sicher darin, dass sie es, religiös motiviert, vermeiden wollen, dass insbesondere ihre männlichen Mitmenschen und sogenannte „Ungläubige“ beiderlei Geschlechts sie in dem äußeren Erscheinungsbild in Augenschein nehmen können, wie es ganz normale und ortsübliche Kleidung möglich machen würde. Als „ungläubig“ gelten Frauen und Männer, die keine Muslime sind und wohl auch Muslimas, die keine „Verkleidung“ tragen, die sie als Muslimas ausweisen würde.
Der Dünkel, der durch die „Verkleidung“ der Muslimas zum Ausdruck gebracht wird, hat seinen Ursprung in dem Glaubenssystem (1), dem die Muslimas regelmäßig schon in frühester Kindheit unterworfen wurden. Dem Glaubenssystem können die Muslimas explizit und implizit entnehmen, dass Muslime / Muslimas im Verhältnis zu sogenannten „Ungläubigen“ beiderlei Geschlechts eine herausgehobene Position inne haben (z. B. Sure 3, Vers 110). Dabei ist es völlig unwichtig, dass in dem Maße, wie sich z. B. Muslimas gegenüber Männern und sogenannten „Ungläubigen“ beiderlei Geschlechts als qualitativ bessere Menschen empfinden und deswegen meinen, sich ihnen gegenüber durch eine „besondere Kleidung“ abgrenzen zu dürfen, sie diese Menschen im gleichen Maße in ihrem Menschsein qualitativ abwerten.
Neben der Diskriminierung durch die Abwertung in ihrem Menschsein werden Männer und sogenannte „Ungläubige“ beiderlei Geschlechts durch die „Verkleidung“ der Muslimas zusätzlich noch auf dreifache Art und Weise objektiv diskriminiert, auch wenn die Diskriminierung möglicherweise subjektiv mehrheitlich nicht von den Betroffenen wahrgenommen wird.
Wer sich einmal sorgfältig nachdenkend den Grund für die „Verkleidung“ der Muslimas durch den Kopf gehen lässt, dem müsste der Grund eigentlich als menschenverachtend, diskriminierend und fast schon als krank erscheinen, wenn er einigermaßen klar und vernünftig nachgedacht haben sollte. Denn wie kann der Grund dafür anders wahrgenommen werden ?
Wodurch ist die jeweilige Diskriminierung gegeben ?
1. Durch die negative Tatsache, dass sich die Muslimas allein durch die bloße Existenz von Männern und sogenannten „Ungläubigen“ gezwungen sehen müssen, im öffentlichen Raum die „Verkleidung“ tragen zu sollen, von der sie vor ihrem religiösen Glaubenshintergrund meinen, dass es die richtige sei. Die Schuld für das, zudem sich die Muslimas hier gezwungen sehen müssen, werden sie natürlicherweise auf die Männer und „Ungläubigen“ projizieren !
2. Durch die negative Tatsache, dass ständig die Möglichkeit vorhanden ist, dass die Muslimas durch ihre „Zwangsverkleidung“ vielfältige, mehr oder minder große Beeinträchtigungen bei ihrer Teilnahme am öffentlichen Leben zu erdulden haben, die bei ihnen z. B. Frust, Unmut oder sogar Feindschaftsgefühle entstehen lassen können. Auch für die negativen Folgen, die für die Muslimas wegen ihrer „Verkleidung“ eintreten können, werden sie natürlicherweise die Schuld auf die Männer und „Ungläubigen“ projizieren !
3. Durch die negative Tatsache, dass den Männern und sogenannten „Ungläubigen“ deutlich gemacht wird, dass ihre Existenz der Grund für die „Verkleidung“ darstellt, und durch die negative Tatsache, dass es ihnen zugemutet wird, einen derart gegen sie gerichteten, menschenverachtenden Grund ertragen zu müssen. Das alles nur, weil es die Muslimas für sich offensichtlich als partiell schädlich empfinden würden, wenn sie von Männern und sogenannten „Ungläubigen“ in dem äußeren Erscheinungsbild in Augenschein genommen werden könnten, wie es ganz normale und ortsübliche Kleidung möglich machen würde.
Eine Muslima übertreibt maßlos, wenn sie die mögliche in Augenscheinnahme ihres normalen äußeren Erscheinungsbildes durch Männer und „Ungläubige“ als derart schädlich beurteilt, dass sie sich dadurch veranlasst sieht, sich durch „besondere Kleidung“ (z. B. Kopftuch, Burka und Burkini) in ähnlicher Art und Weise zu schützen, wie man es etwa prophylaktisch gegen Krankheiten, Viren und Bakterien zu tun pflegt. Das Verhalten der Muslimas gegenüber Männern und sogenannten „Ungläubigen“ ist somit klar als abwertend, menschenverachtend und diskriminierend zu be- und verurteilen !
Jede Muslima, die Wert darauf legt, sich in die westliche Gesellschaft, in der sie lebt, zu integrieren, sollte sich bemühen, es nicht als partiell schädlich zu beurteilen, wenn Männer und „Ungläubige“ beiderlei Geschlechts sie in dem äußeren Erscheinungsbild in Augenschein nehmen könnten, wie es normale und ortsüblich Kleidung möglich machen würde. Sie sollte versuchen zu akzeptieren, dass es in westlichen Gesellschaften als völlig harmlos und normal gilt, wenn ihre Mitglieder ihr äußeres Erscheinungsbild wechselseitig in Augenschein nehmen. Aus der Akzeptanz sollte dann der Verzicht der Muslimas auf eine „Verkleidung“ hervorgehen.
Irgendeine zivil- oder strafrechtliche Norm wird gegenüber Männern und sogenannten „Ungläubigen“ beiderlei Geschlechts durch diese Diskriminierungsarten zwar nicht verletzt, aber sie sind signifikant dafür geeignet, z. B. die zwischenmenschlichen Beziehungen nachhaltig zu vergiften, was inzwischen schon mehr oder minder leider geschehen ist.
Im übrigen stigmatisieren sich Muslimas in westlichen Gesellschaften durch ihre „Verkleidung“ selbst, wenn hinter der „Verkleidung“ kein fremder Wille, sondern nur ihr religiöser Glaube steckt.
Wird die „Verkleidung“ aufgrund fremder Intention getragen, so könnte man sich an die „Nazi-Zeit“ erinnern, in welcher es Menschen mit jüdischem Hintergrund in menschenverachtender Weise durch das „Nazi-Regime“ zur Pflicht gemacht wurde, ihre äußere Kleidung mit einem „gelben Sterns“ zu versehen. Sie wurden also gezwungen, sich selbst zu stigmatisieren.
Müssen Muslimas die „Verkleidung“ also aufgrund fremder Intention tragen, dann ist der Sachverhalt vornehmlich ihnen gegenüber als menschlich abwertend, menschenverachtend und diskriminierend zu be- und verurteilen und weniger gegenüber Männern und sogenannten „Ungläubigen“ beiderlei Geschlechts !
„Liebhaber(innen)“ der in Deutschland und in anderen Ländern dominierenden Religionen werden durch den Inhalt von ihnen explizit dazu angestiftet, sich als auserwählt betrachten zu sollen (1). Das führt bei einer mehr oder weniger großen Anzahl der „Liebhaber(innen)“ dazu, scheinbar zwanghaft ihre religiöse „Liebhaberschaft“ äußerlich sichtbar machen zu müssen. Deswegen hat man es bei ihrem äußeren Erscheinungsbild oft mit skurrilen Accessoires, Kleidungsstücken und skurrilem Verhalten zu tun.
Verweis:
(1) Auserwähltheitsdünkel in Bibel und Koran:
http://klarsicht-blog.blogspot.de/2015/01/auserwahltheitsdunkel-in-bibel-und-koran.html
https://www.youtube.com/watch?v=b3dykW-HCYs
Siehe:
Diskussionen und Verbote führten zur Stigmatisierung der Muslime:
http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-der-krieg-um-den-burkini-1.3135497-2
Siehe auch:
Burkini-Verbot in Marokko:
http://www.atheisten-info.at/infos/info3194.html
Alle reden von der Burka, wir reden übers Kopftuch:
http://www.achgut.com/artikel/alle_reden_von_der_burka_wir_reden_uebers_kopftuch
Diskriminierung von Männern und „Ungläubigen" seitens Muslimas durch „Verkleidung":
https://www.youtube.com/watch?v=dgwlSJKUbm4
Gruß von
Klarsicht(ig)
Hans Trutnau am Permanenter Link
Frauen nicht Opfer, sondern Täter? So lese ich das. Ist das so richtig?
Tine am Permanenter Link
Jede Frau, die sich schminkt und im Minirock mit Stilettos zeigt,
oder ein Kreuz trägt, oder ein Dirndl repräsentiert damit auch das Patriarchat
Sind Schminke, Kreuze, Stilettos, Dirndl im Staatsdienst verboten?
Ich finde, dass die Kopftuchverbotdiskussion einen sehr einseitigen, auch gefährlichen Diskurs eröffnet und der Sache (Einschränkung des politischen Islam) nicht förderlich ist.
Zwang führt nicht zu mehr Toleranz, auf keiner Seite.
In Österreich gibt es jetzt de facto schon Kleidervorschriften für alle.
Das ist für mich nicht der Weg in die Freiheit.
Religiöse Muslima von vorne herein vom Staatsdienst auszuschließen, wenn sie nicht auf das Kopftuch verzichten ohne Rücksicht auf ihre übrigen Kompetenzen ist für mich die Reduktion einer Person auf ihren Glauben bzw. auf ihr Äußeres und so lange Diskriminierung, wie nicht über die eigenen ("deutschen, westlichen," in dem Sinne) patriarchalen Dresscodes, Verhaltensmuster, Diskriminierungen kritisch reflektiert wird.
Der lange, mühsame Weg der Aufklärung ist meiner Meinung nach der richtige Weg.
Nicht Verbote, die wie Pflaster auf einer viel zu großen Wunde wirken.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Jede Frau, die sich schminkt und im Minirock mit Stilettos zeigt,
oder ein Kreuz trägt, oder ein Dirndl repräsentiert damit auch das Patriarchat
Inwiefern repräsentieren Schminke, Minirock etc. das Patriarchat? Ich empfehle einen Blick in die 60er-Jahre des 20. Jh. Damals kämpften Frauen (!) für diese von Männern verbotenen Freizügigkeiten. Außerdem sind diese Äußerlichkeiten der Frauen kein Zwang, dessen Nichtbeachtung in die Hölle führt.
Für muslimisch konditionierte Frauen indes, die in ihrer Community nicht anecken wollen, ist das Kopftuch Pflicht. Es hat ansonsten keinen praktischen Nutzen. Der soziale Druck wird ausschließlich durch das patriarchale System des Islams produziert. Sie sollten hier also nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.
"Sind Schminke, Kreuze, Stilettos, Dirndl im Staatsdienst verboten?"
Warum lassen Sie in dieser Aufzählung den Minirock weg? Weil dieser im Staatsdienst in der Tat verboten ist, zumindest ab einer gewissen Kürze? Ich glaube nicht, dass sich eine Lehrerin oder Richterin aufgetakelt zum Dienst melden dürfte.
"Ich finde, dass die Kopftuchverbotdiskussion einen sehr einseitigen, auch gefährlichen Diskurs eröffnet und der Sache (Einschränkung des politischen Islam) nicht förderlich ist."
Gerade zur Einschränkung des politischen Islams ist sie zwingend geboten. Denn das Kopftuch ist die Fahne des politischen Islams. Arzu Toker hat dies sehr viel drastischer ausgedrückt: "Jede Kopftuchträgerin ist eine Islamistin." Das Kopftuch sollte nicht aus modischen oder sonstigen Gründen im Staatsdienst verboten werden, sondern als Symbol für ein faschistoides Unterdrückungssystem. Es ist eben keine Modeaccessoire, wie Minirock oder Schminke, sondern eine politische Botschaft. Und es ist auch als politische Botschaft gemeint.
"Zwang führt nicht zu mehr Toleranz, auf keiner Seite."
Da bin ich bei Ihnen. Wir dürfen aber das Kopftuch nicht zu einem x-beliebigen Kleidungsstück degradieren, sondern müssen es in seiner Funktion benennen. Frauen, die es tragen, sollten wissen, was sie da tragen. Wobei wir uns bei anderen verfassungsfeindlichen Symbolen mit dem Zwang leichter tun. Versuchen Sie mal mit einer Hakenkreuzbinde durch Berlin zu laufen. Nur so als Tipp.
"Religiöse Muslima von vorne herein vom Staatsdienst auszuschließen, wenn sie nicht auf das Kopftuch verzichten ohne Rücksicht auf ihre übrigen Kompetenzen ist für mich die Reduktion einer Person auf ihren Glauben bzw. auf ihr Äußeres..."
Die Musliminnen selbst reduzieren ihren Glauben auf Äußerlichkeiten. Sie legen sogar so großen Wert auf diese Äußerlichkeiten, dass sie lieber aus dem Staatsdienst ausscheiden, als dieses ideologisch aufgeladene Stück Stoff abzulegen. Das lässt für mich auch tief blicken, was diesen Musliminnen wichtiger ist: Staatsdienst oder der Glaube an den Weltraumgeist.
"... und so lange Diskriminierung, wie nicht über die eigenen ("deutschen, westlichen," in dem Sinne) patriarchalen Dresscodes, Verhaltensmuster, Diskriminierungen kritisch reflektiert wird."
Wie gesagt: Diese "Dresscodes" wurden teilweise von Frauen gegen die Männerherrschaft erkämpft. Andere Büro-Dresscodes sind nicht ideologisch aufgeladen, repräsentieren kein Unterdrückungssystem, weil sich gerade Männer diesen Dresscodes wesentlich restriktiver unterwerfen müssen, als Frauen, die eine gewisse "Bandbreite" in der Wahl ihrer Kleidung haben. Vor etlichen Jahren - ich habe es selbst miterlebt - kam ein Mann - auch als Besucher - ohne schwarzen Anzug nicht in die Verwaltungsgebäude großer amerikanischer Filmverleiher. Frauen konnten dort in unterschiedlichsten Kostümen herumlaufen.
Das entscheidende ist aber immer, was steht hinter dieser "Normierung". Ist es einfach der "Look", der in dem Haus gepflegt wird, oder ist es eine undemokratische Ideologie, die damit Propaganda betreibt.
"Der lange, mühsame Weg der Aufklärung ist meiner Meinung nach der richtige Weg."
Der ist immer richtig! Nur müssen WIR uns dem Kopftuch gegenüber anders verhalten. Bei Hakenkreuzbinden würden wir das auch tun...
Tine am Permanenter Link
"Ich empfehle einen Blick in die 60er-Jahre des 20. Jh. Damals kämpften Frauen (!) für diese von Männern verbotenen Freizügigkeiten.
Gerne. Vielleicht haben sie dafür Quellen? Ich dachte immer Feministinnen haben auch in den 60ern vorrangig für gleiche Rechte, gleichen Lohn, körperliche Selbstbestimmung (Abtreibungsdebatte), gegen Gewalt, gegen Objektivierung (Reduktion als Sexualobjekt) gekämpft und nicht dafür wenig anzuziehen?
Aber da ich in den 60ern noch nicht gelebt habe, ist mir vielleicht das Wichtigste entgangen.
Direkter Zwang sind die mannigfachen Facetten der Selbstoptimierung nicht, aber sehr hilfreich sowohl im Berufsleben wie im Privaten.
Auch nicht jede Muslima wird zum Kopftuch gezwungen.
Das patriarchale System des Islam mit unserem immer noch patriarchal funktionierendem System in Beziehung zu setzen ist gerade kein Äpfel-Birnen- Vergleich.
Das Modebeispiel wurde bewusst gewählt.
Ich hatte schon oft die Freude verklemmte, christlich religiöse Frauen kennenzulernen,
die sich aber kleideten, als ob sie in der Prostitution arbeiten würden.
Denen ist eben auch nicht bewusst, was sie mit ihrer Kleidung für Signale senden,
ansonsten würden sie sich vielleicht anders kleiden.
Auch aufgetakelte Lehrerinnen waren zumindest in meiner Schulzeit keine Seltenheit.
Wenn sie wirklich nicht wissen was bestimmte, beliebte Stereotype mit dem
Patriarchat zu tun haben, empfehle ich z.B. den Besuch der Webseite "Pinkstinks" oder
Bücher wie die "Hellblau-Rosa Falle" zum Thema Sozialisation und Manifestation von Geschlechterklischees.
Wenn Männer in Kleidern herumlaufen können, ohne dass jemand blöd schaut oder
sich dadurch zu Gewalt aufgerufen fühlt, sind wir vielleicht in der richtigen Richtung.
Solange allerdings Mädchen in rosa erzogen werden und ihnen von Mutter, Mitschülerinnen, Medien Werte wie "Schmink dich, mach dich hübsch, putz dich heraus, denn sonst bekommst du keinen Mann, bist nicht angesagt, und dein Chef entscheidet sich auch eher für das hübschere Exemplar"eingetrichtert werden sind wir noch auf dem falschem Weg.
Damit negiere überhaupt nicht, dass Männer/Jungen nicht anderen Zwängen unterliegen.
Diese sind ebenso in Frage zu stellen.
Das Kopftuch mit der Hakenkreuzsymbolik gleichzusetzen ist kennzeichnend für ein etabliertes Feindbild.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Ich dachte immer Feministinnen haben auch in den 60ern vorrangig ..."
Ich habe nicht von Feministinnen geschrieben, sondern von den "normalen" Frauen, die sich bei der Wahl ihrer Bekleidung nicht länger von prüden, spießigen Männern bevormunden lassen wollten. Da wurde sogar aus Protest gegen die Männerwelt der BH weggelassen. Ich habe diese Zeit als Kind miterlebt und weiß, wie die Medien darüber berichtet haben.
"Direkter Zwang sind die mannigfachen Facetten der Selbstoptimierung nicht, aber sehr hilfreich sowohl im Berufsleben wie im Privaten."
Ist "hilfreich" gleichbedeutend mit "schlecht"? In einer Bank musste man/frau adrett angezogen sein. Was ist dagegen einzuwenden? Privat - und das ist das entscheidende - durfte man in Jogginghosen und Schlabberpulli rumlaufen. Das dürfen z.B. Musliminnen nicht.
"Auch nicht jede Muslima wird zum Kopftuch gezwungen."
Die, die nicht gezwungen werden, tragen in der Regel auch keines (inzwischen die Mehrheit). Aber ich differenziere hier den Begriff "Zwang": Auch die ununterbrochene Indoktrination der kleinen Mädchen, dass anständige Frauen, die dem Patriarchen alle Ehre machen, sich nur züchtig und islamisch gekleidet zeigen dürfen, ist Teil des Zwangs, wenn auch subtiler. Das mag später für die Betroffenen so erscheinen, als dass sie es freiwillig täten. Doch wir alle wissen, dass man Mensch und Tier zu allerlei Unsinn dressieren kann.
"Das patriarchale System des Islam mit unserem immer noch patriarchal funktionierendem System in Beziehung zu setzen ist gerade kein Äpfel-Birnen- Vergleich."
Doch, denn es ist ein Unterschied, ob ein System, wie das islamische, nur unter Gefahren infrage gestellt werden kann oder ob ein System, wie das demokratischer Länder, schadlos infrage gestellt werden kann. Frauen können sich hierzulande den patriarchalen Strukturen entziehen, wenn auch hin und wieder verbunden mit Einbußen - nie aber mit Todesandrohungen.
Bei uns - um es zusammenzufassen - wurde der Weg zur völligen Emanzipation bereits beschritten, während dies im Islam - auch wegen des Schutzes seiner Riten - noch nicht wirklich erkennbar ist. Frauen, die sich aus dem traditionellen Islam verabschiedet haben, wie z.B. Seyran Ates, werden von ihren Glaubensbrüdern bedroht und leben unter Polizeischutz. Das ist mir von deutschen Feministinnen unbekannt.
"Auch aufgetakelte Lehrerinnen waren zumindest in meiner Schulzeit keine Seltenheit."
Da ich offenbar älter bin als Sie, habe ich solche Lehrerinnen nie erlebt. Allerdings auch nicht an der Schule meiner Kinder.
"Wenn sie wirklich nicht wissen was bestimmte, beliebte Stereotype mit dem
Patriarchat zu tun haben, ..."
Das weiß ich schon. Mir ging es ausschließlich um den Punkt, dass wir bei uns kein Gesetz mehr haben, dass dies bei Androhung staatlicher oder religiöser Strafen vorschreibt. Heute ist die Diversität der Bekleidung maximal möglich, bis auf Nacktgehen. Aber selbst da gab/gibt (?) es in Frankfurt einen Rechtsanwalt, der grundsätzlich nackt joggen ging - mitten in der Stadt - und niemanden hat es gestört.
"Wenn Männer in Kleidern herumlaufen können, ohne dass jemand blöd schaut oder sich dadurch zu Gewalt aufgerufen fühlt, sind wir vielleicht in der richtigen Richtung."
Sollen die Leute doch blöd schauen. Gerade Frauen lästern meiner Erfahrung nach am meisten über die Kleidung anderer. Mich als Mann interessiert es nicht die Bohne, wie jemand angezogen ist. Warum sollte es das auch tun? Solange mich der/die andere nicht dazu zwingt, den gleichen Fummel anzuziehen, ist die Welt für mich in Ordnung.
Womit wir wieder beim Islam angelangt wären, wo in der orthodoxen Ausrichtung die Frauen geradezu uniform gekleidet sein MÜSSEN, weil sie sonst in ihrer Gemeinde sozial ausgegrenzt würden. Das ist der Unterscheid.
"Solange allerdings Mädchen in rosa erzogen werden und ihnen von Mutter, Mitschülerinnen, ... sind wir noch auf dem falschem Weg."
Völlig d'accord! Aber dies zeigt doch nur, wie wichtig es ist, diese Traditionslinie der frühkindlichen Indoktrination zu unterbrechen. Bei uns ist das möglich und geschieht auch immer mehr, während in traditionellen islamischen Familien darüber nicht einmal diskutiert werden darf. Weil der Vater in die Hölle käme, wenn er seine Töchter nicht zum islamischen Verhaltenskodex anhalten (zur Not prügeln) würde.
"Das Kopftuch mit der Hakenkreuzsymbolik gleichzusetzen ist kennzeichnend für ein etabliertes Feindbild."
Welches Feindbild? Ja, ich bin dem Nationalsozialismus feind, weil es eine menschenverachtende Ideologie ist. Aber ist denn der Islam besser? Ich spreche vom politischen Islam, nicht von den humanistischen Versuchen eines Mouhanad Khorchide. Der politische Islam ist eindeutig faschistoid, er steht für Geschlechterapartheit, für die Unterdrückung der Frau, für permanente Kontrolle der Loyalität zur Gemeinde, für die totale Unterordnung des Individuums unter die Familie/den Stamm (er ist also tribalistisch/familiaristisch), für undemokratische Unterordnung unter vermeintlich göttliche Gesetze. Auch ein solches System ist mir feind, nicht aber die Menschen, die in seine Fänge geraten sind.
Ich bin ja auch nicht gegen die Deutschen, weil sie in die Fänge des Nationalsozialismus geraten sind (nicht alle waren Täter). Deshalb bin ich für schonungslose Ideologiekritik, die dem Betroffenen helfen sollte. Dazu gehört auch, das Kopftuch als Symbol einer schädlichen Ideologie zu erkennen, so dass irgendwann die Voraussetzungen geschaffen sein können, auch den muslimischen Männern und Frauen die Freiheit zu geben, die sie wirklich pluralistisch und individualistisch leben lässt.
Dass wir auf diesem Weg auch noch ein gutes Stück zu gehen haben, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der traditionelle Islam hier meist noch vor seinem ersten Schritt steht...
Thomas Göring am Permanenter Link
Wie sehen denn bitte die österreichischen "Kleidervorschriften für alle" aus? Können Sie das etwas genauer darstellen?
Tine am Permanenter Link
Das im Oktober in Österreich in Kraft getretene Verhüllungsverbot betrifft nicht nur
Thomas Göring am Permanenter Link
Könnten Sie mir jetzt bitte noch mitteilen, wo ich das im Detail nachlesen kann?
Und: Was sagen jetzt die Radfahrer & Performancekünstler & Atemschutzmaskenträger & mißvergnügten Asiaten, wenn dem so ist, wie Sie es hier darstellen? Einfach nur im alten 70er/80er-Jahre-Stil: "Weg mit dem Verbot!"? Oder aber: "Korrigieren & Präzisieren der Bestimmungen, um nicht die Falschen zu treffen!"? Dürfen die überhaupt was dazu sagen?
Roland Weber am Permanenter Link
Man sollte in dieser unsäglichen Diskussion den Ball flachhalten und einfach zur Kenntnis nehmen, was eine Kopftuchträgerin aussagen möchte:
1. Der Islam geht weltlichen Gesetzen vor
3. Alternativen:
3a. Ich lehne Integration generell ab (freiwillig rede nur mit Muslimen_innen)
3b. ich will von keinem nicht-muslimischen Mann angesprochen werden (der sexuelle Aspekt kommt stets zu kurz).
Antworten:
1. Was geht es irgendjemanden als Bürger an, was jemand mit seiner Bekleidung aussagen will? Es geht dann allein den Staat etwas an, wenn diesem signalisiert wird, dass jemand seine Ordnung und Gesetze als nachrangig ansieht. Aber auch da kommt es auf die Situation an. Die Kopftuchträgerinnen stehen damit exakt auf der gleichen Stufe wie "Reichsbürger". Auch deren Auftritte sind nicht bürgerlich, sondern staatlich relevant
2. Das ist spezielle Glaubenssache und ist durch die Religionsfreiheit gedeckt – man kann niemanden eine wünschenswerte Sicht auf die Welt oder Anpassung vorschreiben
3. Die Alternativen sind nicht gleichwertig!
3a – Jemand signalisiert, dass er bzw. sie eine Gegenkultur vertritt (ohne Wertung);
3b – würde sich vermutlich mit den Ansichtigen vieler Frauen decken, wenn da nicht die religiös-weltanschauliche Verbindungen zu den anderen Aspekten bestünden
Ich bin der Auffassung, wer sich an diesen Linien orientiert, weiß, wie er/sie reagieren sollte, wenn er/sie unsere andersartigen a-religiösen, humanistischen oder andersgläubigen Werte vertreten will.
Andreas Hofmann am Permanenter Link
Ein ausgewogener Kommentar. Es ist tatsächlich schwierig.
Das Kopftuch ist genauso ein modisches Accessoir wie ein Che Guevara T-Shirt oder ein Thor Steinar Hoodie. Gegen Thor Steinar-Läden protestiert unsere "Zivilgesellschaft" allerorten. Warum nicht auch gegen islamische Läden mit "modest fashion" (= anständige Mode), wie das inzwischen heißt?
David Z am Permanenter Link
Das Problem sind nicht primär die beleidigten Leberwūrste (die gab es schon immer in jeder Kultur) sondern Menschen wie der Professor, der in bester gesinnungsethischer Naivität fröhlich vorgibt, die beleidigte Leberw
Ich teile im ūbrigen Samads Einschätzung, dass der Vorfall geplant war, was einmal mehr eine Facette offenlegt, die viel zu selten beleuchtet wird. Nämlich der Umstand, dass hier fast imner eine politische Agenda im Spiel ist und bewusst die Konfrontation mit dem Staat und dessen Gesellschaft gesucht wird, bei der man dann entweder sein Ziel erreicht oder fröhlich die Opferrolle zelebrieren kann. Fūr die beleidigte Leberwurst eine win/win Situation.
Roger am Permanenter Link
Im Iran wurden tausende Frauen, die das Kopftuch nicht anlegen wollten, brutal unterdrückt. Es kann niemals ein Symbol für Freiheit sein. Nach meinem Empfinden ist es eher ein Symbol für Spaltungsbereitschaft, z.B.
Thomas am Permanenter Link
"aber falsch ist es auch, sie kollektiv als Opfer zu stilisieren!"
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Asinello am Permanenter Link
Der Autor wünscht eine differenzierte Debatte? Da hätte ich einen Beitrag.
1. >"Dennoch darf kein Mensch sie zwingen, das abzulegen, es sei denn sie repräsentiert den Staat."<
Soweit ich weiß, gilt das derzeit für Rechtsreferendarinnen und Richterinnen. Meines Wissens ist aber auch das nur ein Zwischenstand, der sich aus der Ablehnung eines Eilantrags ans BVerfG ergibt (BVerfG-Beschluss 27.06.2017, Az: 2 BvR 1333/17). Ich nehme zudem an, dass es überall dort so gehandhabt wird, wo bei Dienstausübung Uniform getragen wird. Ob es in allen öffentlichen Verwaltungen Deutschlands dort gilt, wo Publikumsverkehr und Angestellte bzw. Bedienstete in Zivilkleidung zusammenkommen (zB Rathäuser, Bürgerämter), entzieht sich leider meiner Kenntnis. Jedenfalls meine ich zu wissen, dass die umfassende höchstrichterliche Entscheidung zum Thema "Neutralität im öffentlichen Dienst und muslimisches Kopftuch" noch ausstünde.
Im hier erwähnten Vorfall an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd geht es um das Lehramt. Was den Schuldienst betrifft, meine ich mich zu erinnern, dass es nach - noch gültiger - aktueller Rechtsprechung für ein Kopftuchverbot an Schulen eine gesetzliche Grundlage geben müsse (BVerfG 24.09.2003, Az. 2 BvR 1436/02), und auch dann für ein Verbot eine abstrakte Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität nicht ausreiche, sondern im Einzelfall schon eine konkrete Gefahr erforderlich (sprich: nachgewiesen) sein müsse (BVerfG 27.01.2015, Az. 2 BvR 471/10).
Leider fehlt mir für eine abschließende Beurteilung der Gesamtsituation die Information, ob derzeit alle angefragten Schulen für ihren speziellen Einzelfall eine konkrete Gefährdung von Schulfrieden oder Neutralität nachweisen. Ich vermute allerdings, dies sei nicht der Fall. Mir scheint, die Stellensuche könnte zwar schwierig werden, Unterrichten mit Kopftuch sei aber möglich.
Differenziert betrachtend komme ich daher zum Schluss, die zitierte pauschale Aussage, wer den Staat repräsentiere, habe dabei kein muslimisches Kopftuch zu tragen, sei zumindest bei Lehrerinnen (bislang) unzutreffend.
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2. >"Aber gleichzeitig ist es auch falsch, das Kopftuch als Zeichen der Freiheit und Selbstbestimmung zu verkaufen. Jede Frau, die das Kopftuch trägt, trägt damit das Patriarchat auf der Schulter, egal ob sie das so meint oder nicht. Sie transportiert dadurch bewusst oder unbewusst ein bestimmtes Frauenbild, das nichts mit Freiheit zu tun hat."<
Diese Sätze sagen meines Erachtens weniger über die adressierten Frauen aus als über den, der sie sagt. Der sieht offenbar stets und immer nur das Eine. Das sei ihm unbenommen.
Freiheit kommt zur Geltung, wo ohne Zwang oder Not eine Entscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten getroffen wird. Das eigene Tun und Lassen selbst zu bestimmen, schließt das Tragen von Schmuck- oder Kleidungsstücken ebenso mit ein wie Selbstbeschränkung oder Verzicht.
Eine der in Deutschland garantierten Freiheiten gestattet es, über die Wahl einer eigenen Religion selbst zu entscheiden und die eigene Religiosität auch durch die Wahl der Kleidung zum Ausdruck zu bringen. Die einzige Einschränkung dieser Freiheit gilt dort, wo ein Gesetz der Darstellung staatlicher Neutraltät Vorrang einräumt.
Zugleich gilt in besonders frommen muslimischen Kreisen die Verhüllung von Frauen als verpflichtend, was dann von außen zutreffend als patriarchales und unfreies Frauenbild bezeichnet werden kann.
Das Ergebnis ist paradox: Selbstgewähltes An- oder Ablegen eines "Symbols der Unfreiheit" ist in Deutschland Ausdruck von Freiheit.
Eine solche Differenzierung lässt die Wortwahl des Dozenten nicht zu. Sie verkündet eine Meinung, die in puncto Freiheit in ihrer Absolutheit einem Reality-Check nicht standhält, und in puncto Frauenbild gegen Kritik abgeschirmt wird: "ob sie das so meint oder nicht" und "bewusst oder unbewusst" sind Schlüsselpunkte zur rhetorischen Immunisierung. Eine Diskussion würde absehbar nur dahin führen, dass einer der Immunisierungs-"Gründe" als wahr betrachtet wird, weshalb die gesamte Behauptung wahr sein müsse.
So argumentieren Fundamentalisten.
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Der Dozent trägt dialektisch vor:
Einerseits dürfe eine Muslima nicht aufgefordert werden, in der Ausbildungsstätte ihr Kopftuch abzulegen (womit er die Freiheit des religiösen Bekenntnisses bestätigt).
Andererseits sei es "auch falsch, das Kopftuch als Zeichen der Freiheit und Selbstbestimmung zu verkaufen" (womit er die eben bestätigte Freiheit negiert). Er polemisiert, jede kopftuchtragende Frau trage "damit das Patriarchat auf der Schulter" und transportiere damit "ein bestimmtes Frauenbild, das nichts mit Freiheit zu tun hat" (wobei er diese Polemik gegen Einrede immunisiert).
Wieder einerseits: "Dennoch darf kein Mensch sie zwingen, das abzulegen,"
Andererseits: "es sei denn sie repräsentiert den Staat."
Nehmen wir mal an, die erwähnte Studentin sei (zB aus den oben genannten Gründen) der Auffassung, Unterricht mit Kopftuch sei nach bisheriger Rechtslage durchaus möglich.
Dann erlebt sie einen Dozenten, der ihr die (im bekannte) Freiheit abspricht, das Kopftuch mit einer negativen, immunisierten Polemik bedenkt, um abschließend mitzuteilen, wer das trüge, könne sich beim Lehramt die freie Berufswahl unters Kopftuch schmieren.
Sollte er im letzten Punkt recht haben, wäre das Lehramtsstudium für sie verschenkt, und sie bräuchte keinen Augenblick länger bleiben. Sollte er irren, hätte er eine unzutreffende Meinung als Fakt präsentiert. Unabhängig davon hatte er ein Grundrecht negiert und dessen Wahrnehmung in Reklame für eine rückständige Gesellschaft umgemünzt.
Da er dabei einen Absolutheitsanspruch vertrat und seine Argumentation immunisierte, kann eine Diskussion als zwecklos eingestuft werden. Warum sollte sie sich länger beleidigen lassen.
Dies als Diskursunfähigkeit einzustufen, auf bereits immunisierte Argumentation Argumente einzufordern, und schließlich der Studentin und ihren Professoren Versagen vorzuwerfen, läd zu einer Bewertung ein, die sich hier in Heiterkeit äußert.