Ein Paar stirbt bei einem Bergsturz im italienischen Val Vigezzo. Der Bruder der tödlich Verunglückten glaubt, Gott habe es so gewollt. Ein ungeheuerlicher Gedanke, wenn man ihn zu Ende denkt.
Wenn Gläubige gewisse Vorkommnisse oder Ereignisse nicht erklären können, greifen sie gern auf den geflügelten Spruch zurück: Gottes Wege sind unergründlich.
Übersetzt heißt das: Gott, egal welcher Couleur oder Provenienz, beobachtet uns, begleitet uns, lenkt uns möglicherweise und greift in unseren Alltag oder unser Leben ein. Primär natürlich helfend.
So jedenfalls verkünden es viele Geistliche und Seelsorger. Ein Credo, das Trost und Hoffnung spenden soll. Und uns Menschen anhalten, ein möglichst gottgefälliges und sündenfreies Leben zu führen. Strenggläubige sind denn auch überzeugt, von Gott schon im Diesseits belohnt zu werden, indem er sie vor Krankheiten und Unglücksfällen bewahrt.
Doch selbst die Kirchen scheinen Zweifel zu haben, dass Gott omnipräsent sei und seine schützende Hand über alle Gläubigen halten kann. Deshalb setzt er sein Bodenpersonal in Bewegung, nämlich die Schutzheiligen.
Davon gibt es ein ganzes Heer. Für die Katholiken ist Maria die erste Anlaufstelle. Viele Berufsgattungen haben sogar eigene Schutzheilige. Die Mineure zum Beispiel hoffen auf die heilige Barbara, wenn sie beim Tunnelbau tief im Berg ihre gefährliche Arbeit verrichten. Für die Autofahrer und Reisenden ist der heilige Christopherus als Schutzpatron zuständig, für die Feuerwehrleute der heilige Florian.
Auf dem Weg zur Blutenden Madonna tödlich verunglückt
Passiert trotz Wohlverhalten und intensiver Fürbitte doch ein Unglück, sind die Gläubigen ratlos und greifen – wie bereits erwähnt – auf den Spruch von den unergründlichen Wegen Gottes zurück.
Es gibt aber tragische Situationen, bei denen alle religiösen Heilsversprechen und Erklärungsversuche in sich zusammenfallen. So passiert am Ostersonntag im Centovalli unweit der Schweizer Grenze zum Tessin. Ein Ehepaar aus Minusio TI war auf der Pilgerfahrt zur Blutenden Madonna in der Wallfahrtskirche im italienischen Re. Die Tessiner wollten etwas für ihr Seelenheil tun.
Zwischen den beiden Ortschaften Olgia und Meis krachten riesige Felsbrocken vom Berghang herunter und begruben die Pilger unter sich. Das Paar kam beim Unglück ums Leben.
Der Unfall wirft für Gläubige viele Fragen auf. Wie kann Gott es zulassen, dass Gläubige auf tragische Weise ihr Leben verlieren, die zu seinen Ehren unterwegs waren? Oder ist es Gott egal, was mit uns hienieden passiert? Kann er allenfalls nicht eingreifen, weil ihm die Macht dazu fehlt? Oder ist er bei den Milliarden von Menschen, die permanent beobachtet und begleitet werden möchten, heillos überfordert?
Denkbar ist eine weitere Variante: Es gibt Gott gar nicht, weshalb jede Hoffnung auf Schutz, jede Fürbitte und jede Wallfahrt vergebliche Liebesmühe ist.
Für Gläubige sind dies ketzerische Fragen. Auch der Bruder der tödlich verunglückten Frau hat keinen Gedanken an eine solche Möglichkeit verschwendet. Gegenüber dem Blick sagte er, Gott habe es so gewollt, der Erdrutsch müsse Bestimmung gewesen sein.
Eine unerträgliche Vorstellung
Ein ungeheuerlicher Gedanke, wenn man ihn zu Ende denkt. Er bedeutet, dass Gott die Felsen absichtlich auf seine Gläubigen hat niederdonnern lassen – aus welchen Motiven auch immer. Diese Vorstellung stellt den Glauben an einen barmherzigen Vater im Himmel völlig auf den Kopf.
Das Beispiel zeigt, dass unsere konkreten Lebenserfahrungen oft in einem krassen Widerspruch zu den religiösen Dogmen und Heilskonzepten stehen. Es demonstriert uns auch, wie verstörend der Glaube sein kann. Wen wundert's, dass es heute vielen Menschen schwer fällt, an einen Gott zu glauben?
Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors von watson.ch.
28 Kommentare
Kommentare
Wolfgang am Permanenter Link
Schon ein seltsamer Glaube. In meinem persönlichen und beruflichen Umfeld haben sich
ca.20 Menschen das Leben genommen und das überraschende, es waren alles Christen.
Soweit der göttliche Beistand.
Paul am Permanenter Link
Was muss dat doch für ein verkommener Charakter sein, wenn ein Gott seine treuesten Anhänger zermamlt, was braucht es da noch Schutzheilige, wenn der Chef doch jeden nach belieben vernichtet.
Andreas Pohlmann am Permanenter Link
Der Autor hat hier eine Erklärung scheinbar völlig übersehen, welche dem Bruder aber offensichtlich erscheint: Gott hat die beiden zu sich geholt als "Belohnung" für ihr gottesfürchtiges Verhalten.
annen anne Nerede am Permanenter Link
Sobald ein Pfaffe seine Stimme erhebt, reagiere ich verstört.Religion ist in der Tat verstörend.
Wolfgang am Permanenter Link
Bei dem Christentum stößt man auf eine Art von Gespaltensein der Persönlichkeit (Schizophrenie)das weiterhin für ganz normal gehalten wird, ja das man jungen Menschen
Vorstellungen, wie die, das irgendwo ein geheimnisvolles Wesen walte, von dem alles abstamme, bei dem die Fäden zusammenliefen, das, mit einem Wort, die Welt erschaffen habe und sie lenke, - Gott - solche Vorstellungen mögen einen Kinderhimmel schmücken können, einer irgendwie gearteten Wahrheitsgehalt haben sie nicht.
Auszug aus Wunder, Wahn und Wirklichkeit Theo Löbsack Goldmann Sachbuch
Theologen lügen.
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Gott schaut nicht nur unbarmherzig auf das Elend von Tier und Menschen. Ohne ihm fällt ja nicht einmal ein Sperling vom Dach. Warum soll ich damit rechnen, dass er gerade mir nach meinem Tode Barmherzigkeit erweist?
Dieter Bauer am Permanenter Link
Dr. Emmerich Lakatha,
Es ist anzunehmen, dass von Verkündern und Verfechtern solch märchenhaften Tun's bewusst, ihnen eigentlich zur Kenntnis gelangten Tatsachenverhaltes, Schindluder getrieben wird.
In der Annahme, dass dies nicht wieder als "Wirres Geschwafel" (wie Dr. Emmerich Lakatha an anderer Stelle sich zu äussern gemüsigt sah) abqualifiziert wird.
Freundliche Grüße!
Dieter Bauer
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Ich weiß nicht, was du meinst. Ich habe doch schon öfters zum Ausdruck gebracht, dass ich Monist bin. Ist es so schwer zu erkennen, dass meine Ausführungen ironisch gemeint sind?
Dieter Bauer am Permanenter Link
Was sollte dem Realist verborgen bleiben?
MfG! DB
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
"Füttere keinen Troll", daran sollte ich mich bei dir halten. Warum hast du eine derart schlechte Einstellung zu mir, dass du immer nur (auch unsachlich) kritisierst?
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Ha, wie blind bin ich doch! Erst jetzt habe ich dein "MfG" wahrgenommen. Kann es sein, dass wir auf dem Weg sind, uns gegenseitig zu verstehen? Wäre schön.
Dieter Bauer am Permanenter Link
Die Antwort gibt Michael Schmidt-Salomon in "Es gibt keine Alternative zu Fakten!"
Es wäre schön, wenn der "Wink mit dem Zaunpfahl" verstanden würde. MfG DB
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Faktum ist, dass ich an kein dualistisches Weltbild glaube. Ebenso scheint es ein Faktum zu sein, dass du MSS zwar zitierst, ihn aber nicht verstanden hast. Darum rennst du bei mir immer offene Türen ein.
Kapier das bitte endlich!
Dieter Bauer am Permanenter Link
.... die Frage sei erlaubt, wer hier wen füttert: "Füttere keinen Troll" oder "füttert keinen Proll"? - "Schon kapiert"? -
Und Tschüss!!!
Rene Goeckel am Permanenter Link
Mich wundert nur zu welchen geistigen Verrenkungen diese Leute in der Lage sein müssen, um die einzig richtige Antwort rausfiltern und ungelesen in den Papierkorb verschieben zu können. Hut ab!
Roland Weber am Permanenter Link
So hat man denn die Wahl zu glauben, dass Gott für alles verantwortlich ist (allmächtiger Gott) - oder zu glauben (auch das ist Glaube), dass Gott mit gar nichts etwas zu tun hat!
Denken statt glauben!
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Am 1. November 1755 veränderte ein ungleich dramatischeres Ereignisse das Denken vieler Menschen. Ein verheerendes See- und Erdbeben in und um Lissabon ließ zehntausende von Menschen sterben.
Künftig durfte wenigstens der Gedanke gedacht werden, dass "Gott" mit Naturkatastrophen nichts zu tun hat. Warum der Bruder wieder diesen Rückfall in die Zeit vor Lissabon hatte, bleibt mir schleierhaft. Oder hat er seine Schwester so sehr gehasst, dass er ihr öfters ein Gottesgericht an den Hals gewünscht hat? Dann wird er bald ein Fall für den Psychiater, weil er in seiner Glaubenswelt eine Mitschuld an ihrem Tod trüge.
Letztlich ist es das Dilemma der Theodizee, in der der arme Bruder steckt. Religionen trösten nämlich nicht wirklich, sondern bringen Gläubige hin und wieder um ihren Verstand...
Lea H. am Permanenter Link
Tja, wer's glaubt, wird selig. Und sein Herrgott hilft mit, dass das Selig-Werden schneller geht...
HERR am Permanenter Link
Gott ist nicht schuld;sondern der Mensch selbst....
Wir sollen kein Götzen Statuen verehren,sie anbeten,den so was wird Gott bestrafen,Die Menschen haben sich von Gott abgewendet und kehren Gott den rücken und gehen fremd,Es ist genau wie bei einer ehe....
2. Mose 20:3-6
Du sollst außer mir keine anderen Götter verehren! Fertige dir keine Götzenstatue an, auch kein Abbild von irgendetwas am Himmel, auf der Erde oder im Meer. Wirf dich nicht vor solchen Götterfiguren nieder, bring ihnen keine Opfer dar! Denn ich bin der Herr, dein Gott. Ich dulde keinen neben mir! Wer mich verachtet, den werde ich bestrafen. Sogar seine Kinder, Enkel und Urenkel werden die Folgen spüren! Doch denen, die mich lieben und sich an meine Gebote halten, bin ich gnädig. Über Tausende von Generationen werden auch ihre Nachkommen meine Liebe erfahren.
Die aber, deren Herz an den widerlichen Götzen hängt, werde ich bestrafen. Alles, was sie getan haben, fällt auf sie zurück. Mein Wort gilt!«
Hesekiel 11:21
Die Menschen sollen umkehren zu den einziegen lebenigen Gott
Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zugrunde gehen, sondern das ewige Leben haben. Gott hat nämlich seinen Sohn nicht zu den Menschen gesandt, um über sie Gericht zu halten, sondern um sie zu retten. Wer an ihn glaubt, der wird nicht verurteilt werden. Wer aber nicht an den einzigen Sohn Gottes glaubt, über den ist wegen seines Unglaubens das Urteil schon gesprochen.
Johannes 3:16-18
Kay Krause am Permanenter Link
Es ist gut, dass solche"Predigten, wie die von Herrn oder Frau HERR auch im hpd veröffentlicht werden.
Herr / Frau HERR übersieht jedoch eines: da nach christlichem Glauben ALLES Leben auf unserem Globus von einem Gott geschaffen wurde, kann der Mensch gar nicht Schuld sein für seine Missetaten, oder gar für einen Bergrutsch oder Zunami. denn kondequenterweise ist der Mensch auch mit seinen Fehlern und Unzuläglichkeiten von Gott geschaffen, so dass wir hier logisch folgern könnenGott hat ein Fehlprodukt geschaffen. Da er aber allwissend und allmächtig ist (?), hat er dieses Fehlprodukt BEWUSST geschaffen. Insofern muß Gott schon selbst ein Fehlprodukt sein, was sich wiederum schon logisch daraus ergibt, dass Gott ein vom Menschen geschaffenes Fehlprodukt ist Alles klar?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
HERR, seid Ihr es wirklich, der hier zu uns spricht? Hosianna...
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Toternst gemeinte Fragen:
> sondern der Mensch selbst.
Wie kann man den Schuldigen finden oder wen meinen Sie genau?
> keine anderen Götter verehren
> einziegen lebenigen Gott
Sind die andere Götter bereits tot?
Kann man das irgendwie beweisen?
Wieso ist nur ein einziger Gott noch lebendig?
Wie gesagt, diese sind sehr ernst gemeinte Fragen.
KS
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Ich dachte, das Problem sei seit dem großen Erdbeben von Lissabon am 1. November 1755 abgefrühstückt.
Wie war Einsteins Spruch von der Unendlichkeit des Universums und der menschlichen Dummheit? Ja, sie sterben nicht aus.
Jesusimpuls am Permanenter Link
Wenn wir davon ausgehen dass es nichts gibt was nicht an Gott vorbeiging...
Thomas am Permanenter Link
Sicher wird die Bestattung der beiden Pilger voller Lobgesänge auf ihren Mörder sein. Wer es nicht schafft, sich z.B.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"... aber für Theisten und ihren "lieben" Gott gelten natürlich andere Maßstäbe."
Das lese ich so oft. Tenor: "Gott" ist der Eigentümer von allem, weil er es selbst gebastelt hat. Daher darf er damit machen, was er will. Wir haben das hinzunehmen und zu dulden, wir sind seine Sklaven...
Thomas am Permanenter Link
""Gott" ist der Eigentümer von allem, weil er es selbst gebastelt hat. Daher darf er damit machen, was er will."
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Ein inspirierender Gedanke für alle Eltern...
Hellmuth Scheunemann am Permanenter Link
Religion ist halt ein Kollektiver Irrtum, und diese kollektiven Irrtümer sind gefährlich.
Dieses Reaktionschema ist viel älter als der Homa Sapiens, alle höher entwickelten Lebewesen haben es. Und es ist also nicht im Großhirn , sondern in viel älteren Schichten unseres Gehirns angesiedelt und also nur schwer zu kontrollieren.
Also suchen wir auch nach Ursachen, wo es keinen Zusammenhang gibt, Diese zwanghafte Frage nach dem Warum ist zwar einerseits die Grundvoraussetzung für jede Wissenschaft, aber diese Suche "entgleist" sozusagen, wenn in der Fragestellung falsche Vorausetzungen enthalten sind. Es gibt ganz viele "falsche" Fragen, es seien nur einige als Beispiel angedeutet.
"Warum verprügeln Sie Ihre Frau, Herr Bürgermeister?" (Die Frage emthält eine falsche Behauptung.)
"Warum hat Gott solches Unglück zugelassen?" (gleich drei Behauptungen: a) es gibt einen "Gott", b) er hätte es verhindern können, c) er ist gerecht.)
Die ehrliche Antwort auf diese letzte Fage kann dann nur sein: "Er wird schon wissen, wofür er die beiden bestrft hat." Eine wirklich perverse Deutung, aber nur so kann die Vorstellung des gütigen allmächtigen Gottes gerettet werden.