Kinderrechte ins Grundgesetz? Nicht nach dem Willen der Evangelikalen

Die Bundesregierung denkt mehr oder weniger darüber nach, den jahrzehntelangen Forderungen nach einer Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz nachzugeben. Das aber passt der evangelikalen "Evangelischen Allianz" überhaupt nicht.

Es wäre ja auch ein Unding, wenn grundgesetzlich verboten werden würde, Kinder zu schlagen, so wie die "Zwölf Stämme" es zum Beispiel handhaben. Oder vielleicht gar verbieten würden, Kinder zu Hause zu unterrichten und sie so früh zu indoktrinieren. Oder aber aus religiösen Gründen männlichen Kindern die Vorhaut zu amputieren – ach nein, das waren ja andere Regionen.

Und womit begründet die Evangelische Allianz (EA) ihre Ablehnung? Laut idea, dem Portal der Evangelikalen in Deutschland, damit, dass "die geplante Verfassungsänderung … die Rechte der Eltern aushöhlen" könnte. Es scheint, als würden die Damen und Herren der EA nicht wahrhaben wollen, dass Kinder Persönlichkeiten mit eigenen Rechten sind. Nun ja, das widerspricht ja auch der Bibel, nach der Kinder ihren Eltern Gehorsam schuldig sind.

Den EA-Leuten ist sicherlich bewusst (auch wenn sie das nicht laut aussprechen würden), dass eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz genau diese Persönlichkeitsrechte der Kinder stärkt. Und das untergräbt die Macht der evangelikalen Eltern über ihren Nachwuchs. Denn – und auch das dürfte den Evangelikalen bewusst sein – Kinder hätten dann Rechte, die denen der (unterdrückenden) Eltern gleichgestellt sind. Und der Staat eine Handhabe, sich für die Kinder einzusetzen, die das bisherige Maß überschreitet. (Er könnte zum Beispiel vorsorglich eingreifen.)

All das macht natürlich den Evangelikalen Angst. Evangelisch.de zitiert aus einem Schreiben der EA: Das ausgewogene Verhältnis zwischen "elterlicher Erziehungsverantwortung und staatlichem Wächteramt" müsse unangetastet bleiben. Man möchte also nicht, dass der Staat hinter die Kulissen schaut. Weiter heißt es in dem Schreiben der EA: "Kinder dürfen nicht in eine rechtliche Distanz zu ihren Eltern gebracht werden". Richtig wäre: Kinder sollen nicht selbst bestimmen, ob sie Teil der Mehrheitsgesellschaft sein wollen. Es kann ja nicht angehen, dass Kindern vom Staat Rechte eingeräumt werden, die den Auffassungen der Eltern widersprechen. Zum Beispiel das Recht, nicht geschlagen zu werden.

Im Übrigen: Deutschland hat bereits am 6. März 1992 die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet (Inkraft getreten am 5. April 1992). Damit ist es ein logischer Schritt, die Kinderrechte gesondert im Grundgesetz aufzunehmen. Ob das den Evangelikalen passt oder nicht.