"Ausmerzung antichristlicher Vorurteile"

Donald Trump und die Neuinterpretation der Religionsfreiheit

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Pastorin Paula White (2021)
Paula White

Am vergangenen Donnerstag lud Donald Trump zum "Nationalen Gebetsfrühstück" ein – ein Anlass, den er nutzte, um die "Ausmerzung antichristlicher Vorurteile" (Eradicating Anti-Christian Bias) zu verkünden. Mit dieser jüngsten Volte hat Trump die Religionsfreiheit auf den Kopf gestellt. Seine Wortwahl erinnert an das Zeitalter der Religionskriege, und man könnte fast befürchten, dass der amerikanische Präsident demnächst zu einem Feldzug gegen Ungläubige aufruft.

Donald Trump ist um keine neue Provokation verlegen, um seine politische Agenda auf allen Regierungsebenen durchzusetzen. So kündigte er beim "Nationalen Gebetsfrühstück" die Gründung einer Task Force unter der Leitung der neuen Justizministerin Pam Bondi an, die gegen antichristliche Gewalt vorgehen soll. Gleichzeitig attackierte er die Demokratische Partei frontal: "Sie sind gegen Religion. Sie sind gegen Gott."

Für Trump sind Zweifel an seiner Person gleichzusetzen mit Zweifel am Glauben selbst – schließlich war es Gott höchstpersönlich, der ihn bei dem Attentatsversuch beschützt hatte. Es überrascht nicht, dass nur wenige Kirchenvertreter gegen diese Anmaßung protestierten. Stattdessen zollten sie seinen Erlassen Beifall. Trump versteht es meisterhaft, auf der Klaviatur der christlichen Rechten zu spielen und seine konservative, evangelikale Basis zu umschmeicheln. So begnadigte er radikale Abtreibungsgegner wie Paulette Harlow, die verurteilt worden war, weil sie den Zugang zu einer Abtreibungsklinik blockiert hatte – ein Fall, den Trumps Regierung als ein Beispiel für die Verfolgung von Gläubigen wertet.

Trumps Executive Order vom 6. Februar ist als "Eradicating Anti-Christian Bias" eine klare Kampfansage. Der Präsident betonte, es sei die Politik der Vereinigten Staaten und der Zweck dieser Anordnung, die religiösen Freiheiten der Amerikaner zu schützen und das antichristliche Vorgehen der Regierung zu beenden. Er forderte Gerechtigkeit für die gegen die Kirchen "verübten Gewalttaten, Diebstähle und Brandstiftungen", die seiner Meinung nach von der Biden-Administration ignoriert worden seien. "Die vorherige Regierung nahm in ungeheuerlicher Weise friedliche Christen ins Visier, während sie gewalttätige, antichristliche Straftaten ignorierte. Das Biden-Justizministerium versuchte, den Glauben in der Öffentlichkeit zu unterdrücken, indem es gegen fast zwei Dutzend friedliche Christen, die sich für das Leben einsetzten, Strafanzeige erstattete und in zahlreichen Fällen mehrjährige Haftstrafen erwirkte, weil sie vor Abtreibungseinrichtungen gebetet und demonstriert hatten."

Trump inszeniert sich als wahren Verteidiger der christlichen Werte und verspricht: Kein Amerikaner soll wegen seines Glaubens diskriminiert werden – weder am Arbeitsplatz noch durch den Staat. Er versichert, dass seine Regierung sicherstellen werde, dass "alle ungesetzlichen und unangemessenen Verhaltensweisen, Strategien oder Praktiken, die sich gegen Christen richten, identifiziert, beendet und korrigiert werden." Seinem Amtsvorgänger Joe Biden warf er vor, Christen gezwungen zu haben, "radikale Transgender-Ideologien zu bejahen, die gegen ihren Glauben verstoßen". Konsequenterweise sollen alle Programme zum Schutz und zur Gleichstellung sexueller und ethnischer Minderheiten eingestellt werden. Trump sagte, er glaube, dass die Menschen "ohne Religion, ohne diesen Glauben nicht glücklich sein können. Lasst uns die Religion zurückbringen. Bringen wir Gott zurück in unser Leben". Daher will er sein Land wieder als eine Nation unter Gott zusammenzuführen.

Als amerikanischer Präsident vertritt er ein sehr spezielles Verständnis von Religionsfreiheit – sie konzentriert sich vor allem auf den Schutz christlicher Interessen. Dennoch blieb der demokratische Widerstand gegen seine Pläne bislang überraschend verhalten. Doch ganz unumstritten sind sie nicht.

Rachel Laser, Präsidentin der Americans United for Separation of Church and State, kritisierte deutlich: "Wenn es Trump wirklich um Religionsfreiheit und die Beendigung religiöser Verfolgung ginge, würde er sich mit Antisemitismus in seinem eigenen Umfeld, antimuslimischer Bigotterie, Hassverbrechen gegen People of Color und der Diskriminierung anderer religiöser Minderheiten auseinandersetzen." Stattdessen, so Laser, sei die neue Task Force ein Versuch, "Amerika in ein ultrakonservatives, christlich-nationalistisches Land zu verwandeln."

Dieser religiöse Rollback zeigt sich auch in einem weiteren Vorhaben: Künftig soll es im Weißen Haus ein eigenes "Büro für den Glauben" geben, das unter der Leitung von Trumps langjähriger geistlicher Beraterin, der Fernsehpredigerin Paula White, stehen soll.

Diese gesellschaftspolitische Entwicklung wird auch Auswirkung auf die Nachfolge im Präsidentenamt haben. Die Chancen für eine Frau stehen schlecht – für eine offen lesbische Kandidatin noch viel schlechter. Und eines scheint gewiss: Ein Atheist wird niemals zum amerikanischen Präsidenten gewählt werden.„"

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