TRIER. (hpd) Die SPD-Bundestagsabgeordnete Katarina Barley diskutierte mit dem Trierer Bischof Stephan Ackermann über den ärztlich assistierten Suizid. Insbesondere die Positionierung von Katarina Barley wäre eine gute Gesprächsgrundlage für tiefer gehende Betrachtungen gewesen. Trotz kontroverser Standpunkte verlief die Diskussion jedoch weitgehend oberflächlich.
Zunächst klärte Katarina Barley über die verschiedenen Formen der Sterbehilfe und die aktuelle juristische Situation auf. Sie betonte, dass der assistierte Suizid deutlich von der Tötung auf Verlangen abzugrenzen sei. Letztere sei schließlich ein Straftatbestand, der nicht zur Diskussion stehe.
Zwar wurden die Sterbehilfeformen von Katarina Barley korrekt kategorisiert. Dennoch sprach sie – wie auch später Stephan Ackermann – bei ihrer Begriffsklärung von „aktiver“ und „passiver“ Sterbehilfe. Bereits 2006 wies der Nationale Ethikrat in einer Stellungnahme auf die Missverständlichkeit dieser Terminologie hin, welche zugunsten präziserer Begriffe aufgegeben werden solle.
Als Unterstützerin des Gesetzentwurfs von Peter Hintze und Carola Reimann forderte Barley Rechtssicherheit für die behandelnden Ärzte und lehnte die strafrechtliche Kriminalisierung des ärztlich assistierten Suizids ab. „Ich finde, dass die Ärzte eine Sicherheit brauchen, ob sie etwas dürfen oder nicht“, erklärte sie. Handlungsbedarf bestehe daher insbesondere bei der standesrechtlichen Regelung bestimmter Landesärztekammern, welche die Suizidassistenz untersagen.
Grundsätzlich plädierte Katarina Barley für ein selbstbestimmtes Sterben. „Die Frage, ob ein Leben würdevoll ist, kann für mich nur ein einziger beurteilen, und das ist der Mensch selbst. Der Mensch in seiner eigenen Situation“, meinte Barley und erklärte, „dass niemand sich an dessen Stelle setzen kann und darf.“
Stephan Ackermann nahm in seinen Redebeiträgen eine dezidiert theologische Position ein. Da es sich bei der Sterbehilfe um ein existenzielles und komplexes Thema handele, verbiete sich „eine plakative Schlachtordnung“. Über das eigene Leben könne der Mensch zwar verfügen. Allerdings sei es ein besonderes Geschenk Gottes, das Ehrfurcht vor der eigenen Würde abverlange. Was dies nun konkret für den einzelnen – insbesondere nicht-religiösen – Menschen am Lebensende bedeuten könnte, blieb auch im weiteren Verlauf der Diskussion ungeklärt.
Gemeinsam mit Katarina Barley sprach sich der Trierer Bischof gegen jede geschäftsmäßige Sterbehilfe aus. Ein weiterer Konsens unter den Diskutanten bezog sich auf die palliativmedizinische Versorgung sowie das Hospizwesen. Diese müssten dringend ausgebaut und gestärkt werden.
Stephan Ackermann warnte zudem vor einem Dammbruch. Sterbehilfe dürfe keine Dienstleistung sein, die regelmäßig angeboten wird. „Da ziehe ich eine Grenze, weil das irgendwie eine gewisse Form von Normalität bekommt“, erklärte er.
Die Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Klartext: In Würde leben – in Würde Sterben“ war Teil einer Themenwoche, in der sich Katarina Barley intensiv mit der Sterbehilfe befasste. Barley lenkte die Diskussion immer wieder auf wichtige Aspekte der aktuell geführten Debatte. Diese konnten aber nicht weiter ausgeführt werden. Wichtige Bezüge auf empirische Daten sowie auf die Erfahrungen aus anderen Ländern fehlten in der Diskussion leider gänzlich.
Interessanter Klärungsbedarf bestand diesbezüglich auch bei den streitbaren Positionen des von Barley unterstützten Gesetzesentwurfs. Warum werden dort etwa Personen, die zwar noch nicht final erkrankt, aber multimorbide sind, prinzipiell ausgeschlossen? Wie könnten die Potenziale einer organisierten und transparenten Freitodhilfe für die professionelle Suizidversuchsprophylaxe genutzt werden? Inwiefern Sterbehilfe also auch Lebenshilfe sein kann, wurde an diesem Abend jedoch nur oberflächlich thematisiert.
3 Kommentare
Kommentare
Stefan Wagner am Permanenter Link
Wem will Gott mein Leben schenken wenn ich nicht schon da bin? Wenn ich aber schon da bin braucht er mir nichts mehr zu schenken.
Wir haben es hier nur mit einer der üblichen Hirneintrübungsstrategien zu tun.
Die 2. Frage die sich anschließt, weil Hr. Ackermann wohl nicht willens ist diesen Widerspruch zu begreifen ist, ob der Bischof nur an einer unverbindlichen Empfehlung der Kirche für ihre Gläubigen arbeitet, oder ob er und sein Verein Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen will, die dann für alle gilt, ob für Protestanten, Moslems, Atheisten oder religiös Diffuse. Was ist seine Legitimation mit seinem Schenkergott hausieren zu gehen?
Wichtig ist zu realisieren, dass er nicht von den ca. 1/3 Katholiken der Bevölkerung legitimiert ist, denn die Kirchenfürsten sind nicht vom Volk gewählt - er spricht nur für den Klerus und Rom. Im Zusammenhang mit Sex und Ehe hat man kürzlich erst gesehen, dass nur ca. 10% der Katholiken den Kirchenstandpunkt ernst nehmen. Das sind also ca. 3% der Bevölkerung, für die er vielleicht spricht.
Wenn mir jemand eine Reise schenkt, und dort gefällt es mir nicht, darf ich dann die Reise aus Respekt dem Schenker gegenüber nicht abbrechen? Muss ich ihm gegenüber Freude heucheln? Herr Ackermann beherrscht das Handwerk die Leute mit rhetorischen Kniffen reinzulegen nur unzureichend, stelle ich fest. Eine ähnliche Argumentation habe ich übrigens schon bei Hr. Huber von der Konkurrenz gehört - wer plagiiert da eigentlich?
Aber auch für die allgemeine Diskussion mit Vernünftigen habe ich eine Frage: Wieso darf man nicht wiederholt (geschäftsmäßig) tätig werden? Es müsste doch im Sinne der Beratenen sein, dass der Helfer Erfahrung gesammelt hat. Oder ist mit geschäftsmäßig gemeint "mit Gewinnerzielungsabsicht"?
Claudia am Permanenter Link
Ackermann spricht in einer Sterbehildedebatte von "Schlachtordnung"???
Mustafa am Permanenter Link
Warum ist das "geschäftsmäßige" daran eigentlich so ein Tabu, sogar im Konsens der meisten Diskutanten zum Thema?
Ganz im Gegenteil würde ich anführen, dass finanzielle Entlohnung eine (wenn auch kleine) Barriere gegen den Suizid darstellt, was es bei "kostenloser" Sterbehilfe ja nicht gibt.