MIZ 1/19: Internationale Solidarität für säkulare Blogger

Um die Situation säkularer Blogger in Bangladesch geht es im aktuellen Heft der MIZ (Materialien und Informationen zur Zeit). Deren Lebensumstände haben sich in den letzten Jahren drastisch verschlechtert, seit die islamische Rechte regelrecht Jagd auf sie macht. In ihrem Schwerpunkt lässt die MIZ zwei von ihnen zu Wort kommen.

Arnab Goswami, der selbst fliehen musste und heute in Deutschland lebt, beschreibt es als "größten, von den Medien erschaffenen Mythos", dass Bangladesch ein säkularer Staat sei. Denn seit einiger Zeit begegnet die Regierung den Forderungen islamistischer Führer (darunter Geschlechtertrennung und Todesstrafe für Atheisten) "respektvoll", während sie freidenkerische Bangla-Blogger verfolgt und nicht vor gewalttätigen Übergriffen schützt.

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Eines der Opfer war der Verleger Shahjahan Bacchu, der letztes Jahr auf offener Straße erschossen wurde. Seine Tochter Durba Zahan, die als Bloggerin ebenfalls Drohungen erhielt und Asyl in Deutschland suchte, hat einen sehr persönlich gehaltenen Text beigesteuert. Auch ihr Fazit fällt ernüchternd aus: "Fundamentalisten geben ihre Statements mit Waffen ab, nicht mir Worten". Trotzdem bleibt sie entschlossen, Veränderungen herbeizuführen: Sie bereue keinen ihrer Blogeinträge.

Auf die Schwierigkeiten, mit denen Menschen zu kämpfen haben, die aufgrund ihrer atheistischen Einstellung oder ihres laizistischen Engagements nach Deutschland geflohen sind, macht Nicole Thies in ihrem Editorial aufmerksam. Insbesondere die derzeit diskutierte Verschärfung der "Residenzpflicht" verlängert die Gefährdung von Dissidenten in die Gemeinschaftsunterkunft hinein.

Recht und Realität

Zwei weitere Beiträge befassen sich mit dem Themenkreis Säkularismus und Flucht. Tarek Azizeh stellt auch für sein Herkunftsland Syrien die Frage, ob das herrschende Regime säkular ist. Und im Gegensatz zu den deutschen Medien vertritt er die Auffassung, dass dies nicht der Fall ist. Dazu führt er einschlägige Stellen der syrischen Verfassung an (die beispielsweise als Religion des Präsidenten den Islam festlegt), verweist aber auch darauf, dass Assad gerade in den letzten Jahren die Konfessionalisierung der Gesellschaft stark vorangetrieben hat.

Auf ein paradoxes Phänomen verweist Alia Ahmad: Frauen, die nach Deutschland geflüchtet sind, haben auf dem Papier zahlreiche Rechte, können diese aber aufgrund vielfältiger Zwänge nicht wahrnehmen oder verzichten sogar von sich aus darauf. So ist die Lebensrealität vieler Frauen mit mehr Einschränkungen verbunden als in ihrem Herkunftsland; sie profitieren von ihren Rechten nur, wenn sie sich diese erneut erkämpfen.

Querfront gegen Säkularismus

Die anhaltenden Auseinandersetzungen um die Verschleierung von Kindern resp. ein Verbot derselben nimmt Gunnar Schedel zum Anlass einer grundsätzlichen Kritik jenes Flügels der Linken, der im Kampf gegen die rassistische Rechte nicht vor einem Schulterschluss mit der religiösen Rechten zurückschreckt. Anhand einer Stellungnahme des "Netzwerkes rassismuskritische Migrationspädagogik" und von Beiträgen auf der Antirassismuskonferenz der Bundestagsfraktion der Linken warnt er vor einer "Querfront gegen Säkularismus". In der Diffamierung von Kritik an reaktionären islamischen Gesellschaftsvorstellungen als Rassismus sieht er eine rhetorische Strategie, die darauf abzielt, laizistische Positionen aus dem politischen Diskurs auszuschließen. Dahinter stehe das unter anderem von der religionspolitischen Sprecherin der Linken Christine Buchholz verfolgte Ziel, ungestört die Verleihung des Körperschaftsstatus an konservative Islamverbände vorantreiben zu können – was einen deutlichen Rechtsruck darstellen würde.

Bewegung und Beharren

Zwei innenpolitische Themen werden in längeren Interviews mit Michael Schmidt-Salomon und Kristina Hänel behandelt. Der Sprecher der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) stellt die Ziele der Buskampagne vor und macht sich Gedanken, wie eine erfolgversprechende säkulare Strategie, die Gesellschaft in Bewegung zu bringen, aussehen könnte. Die "Abtreibungsärztin", die wegen "Werbung" für den Schwangerschaftsabbruch verurteilt wurde, schildert nicht nur ihren Fall, sondern erläutert auch, inwiefern sich in der Debatte über den § 219a die Auseinandersetzung um selbstbestimmte Schwangerschaft spiegelt.

Sehr beharrlich zeigen sich die Konkordate; das französische ist über 200 Jahre alt und auch das Reichskonkordat wurde noch in der NS-Zeit abgeschlossen. MIZ dokumentiert einen von mehreren europäischen Verbänden unterzeichneten Aufruf, der eine Abschaffung dieser anachronistischen Verträge mit dem "Heiligen Stuhl" fordert.

Daneben gibt es noch die Rubriken Blätterwald, Zündfunke und Internationale Rundschau, die Glosse Neulich... und eine Buchbesprechung.

Mehr zur aktuellen MIZ findet sich auf der Webseite der Zeitschrift.