Kurz vor Ende des Kirchentags bieten die Ungläubigen Dortmunds noch einmal alles auf, was sie haben. Am heutigen Samstag jagt eine säkulare Alternativveranstaltung die nächste.
Das enorme Aufgebot an säkularen Gegen- und Alternativveranstaltungen zum Dortmunder Kirchentag bringt mich heute ziemlich aus der Puste. Meine erste Anlaufstelle wie an jedem Vormittag die "säkulare Meile" an der Reinoldikirche. Am vierten Tag in Folge leisten hier die Aktionsgruppe "Das 11. Gebot" mit den Skulpturen von Moses und nacktem Luther sowie die Aktiven von Religionsfrei im Revier (RiR), dem Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) sowie der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) mit Infostand und bischöflichem Geldhamster unermüdliche Aufklärungsarbeit. Die Stadt ist für einen Samstag moderat gefüllt. Auch heute hatte ich übrigens wieder kein Problem, einen Parkplatz mitten in der Innenstadt zu finden. Im zentralen Parkhaus Kuckelke waren auf jedem der fünf Parkdecks genügend Plätze frei.
Gegen 13 Uhr düse ich in den Süden der Innenstadt. In der Küpferstraße setzt der Landesverband NRW des Humanistischen Verbands Deutschlands (HVD) sein dreitägiges Straßenfest zum Welthumanistentag fort. Hier gibt es Workshops, Informationen rund um humanistische Themen und das charmante Zelt der Begegnung "Meet a Humanist" – eine Möglichkeit für Interessierte, mit Humanisten in Kontakt zu kommen und zu fragen, was sie über Humanisten schon immer wissen wollten. Zum Beispiel, wie man ohne Gott gut sein oder überhaupt leben kann. Vor allem aber stehen im Zentrum des Festes Lesungen und Diskussionen rund um wichtige gesellschaftliche Themen aus humanistischer Perspektive.
Das Programm beginnt mit einem Vortrag der ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten und aktuellen Vorsitzenden der Säkularen Sozis Lale Akgün zur Frage, ob Religion ein Integrationshemmnis ist. Weitere Vorträge und Diskussionsrunden behandeln Alternativen zum Religionsunterricht an Grundschulen sowie die Themen Werte ohne Gott, Organspende oder die Selbstbestimmung am Lebensende. Gegen Abend wird das Straßenfest mit Improvisationstheater und Live-Musik ausklingen. Doch so weit ist es noch lange nicht.
Bereits um 14 Uhr geht es in der Innenstadt weiter mit einer Veranstaltung der Säkularen Grünen zum Thema Staatsleistungen in den Räumlichkeiten des grünen Kreisverbands, der amüsanterweise an der Wallstraße Ecke "Gnadenort" liegt. Die Podiumsdiskussion trägt den Titel "100 Jahre Staatsleistungen an die Kirchen – 100 Jahre Missachtung der Verfassung – was kann NRW tun?". Während diese Frage von Jacqueline Neumann (Institut für Weltanschauungsrecht – ifw), Diana Siebert (Säkulare Grüne NRW, Bündnis altrechtliche Staatsleistungen abschaffen – Basta), Thomas Oppermann (Humanistischer Verband Deutschlands – HVD NRW) und Ansgar Hense (Institut für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands) diskutiert wird, sammeln sich wenige Meter weiter vor dem Kino Schauburg bereits die Anhänger der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters.
Die Anhänger der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters, kurz "Pastafari" genannt, beeindrucken die erstaunten Passanten – mit und ohne Kirchentagsschal – zunächst vor allem durch ihre Piratenkleidung. Pastafari betrachten das Tragen dieser Kleidung sowohl als religiöses Gebot als auch als Beitrag zur Bekämpfung der Erderwärmung. Die Begründung hierfür ist ebenso vernünftig hergeleitet wie religiöse Regeln anderer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften: In eben jenem Maß wie die Zahl der Piraten im Laufe der Geschichte abnahm, nahm die Erderwärmung zu. Darum gibt es für Pastafari nur ein sinnvolles Mittel im Kampf gegen die Erderwärmung: die Zahl der Piraten muss steigen.
Um für die "einzig wissenschaftliche Religion" des Pastafarianismus – die übrigens von einigen Menschen tatsächlich als Religionsparodie betrachtet wird – zu missionieren, veranstalten die Anhänger der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters heute eine Prozession durch die Dortmunder Innenstadt. Sie bieten den interessierten Passanten neben 'monströsem Gebäck' kostenfreie ambulante Enttaufungen an. Das alles mit 30-Tage-Gott-zurück-Garantie: Sollte die neue Religion nicht gefallen, so wird der alte Gott den frisch Enttauften innerhalb dieser Frist unter Garantie zurücknehmen.
Die meisten Einheimischen und erstaunlicherweise auch viele Kirchentagsbesucher sind von der Pastafari-Prozession begeistert. Viele zücken ihre Handys und filmen oder machen Selfies von sich und den Piraten. Und tatsächlich gehen auch einige auf das Enttaufungsangebot ein – darunter jedoch bedauerlicherweise niemand mit Kirchentagsschal. Allerdings gibt es auch einige merkwürdige Reaktionen. Eine Kirchentagsmutti, die ihren kleinen Jungen christliche Flugblätter verteilen lässt, schlägt dem Kind einen Pastafari-Aufkleber aus der Hand – mit dem Hinweis, dass das alles Bekloppte seien. Wer soviel Angst vor einer Infektion mit kritischem Denken hat, muss große Furcht um seinen Glauben haben. Ein weiterer Kirchentagsbesucher wählt eine andere Strategie. Er wirft sich mitten auf dem Bürgersteig vor der Prozession der Pastafari auf die Knie und beginnt, für die armen fehlgeleiteten Seelen zu beten. Die Polizisten, die die Prozession begleiten, fordern ihn auf, sich zu erheben. Er weigert sich mit dem Hinweis, dass er überall beten dürfe, wo er wolle. Die Polizei belehrt ihn darüber, dass das nicht für die Mitte des Bürgersteigs zur Behinderung einer angemeldeten Demonstration gelte und entfernt ihn unsanft. Schön zu sehen, dass die Polizei in Dortmund Gläubigen doch nicht alles durchgehen lässt.
Während die Pastafari zum Abschluss der Prozession eine Nudelmesse feiern, muss ich mich bereits wieder auf den Weg zum nächsten Termin machen. Diesmal nutze ich die U-Bahn, denn ich muss zum zentralen Veranstaltungsort des Kirchentags, dem Dortmunder Messegelände "Westfalenhallen". In den Medien war mehrfach zu lesen, dass die U-Bahnen in Dortmund überfüllt seien. Das stimmt. Aber nur zum Teil. Die U-Bahnlinien, die Richtung Westfalenhallen fahren, sind in der Tat ziemlich gut gefüllt – mehrheitlich mit Grünschalträgern. Doch dieser Füllstand wird wahrscheinlich nur von Dortmundern als ungewöhnlich empfunden, während er für andere Großstädter in Deutschland völlig normal wäre. Ich selbst habe an stinknormalen Tagen bereits weitaus vollere U-Bahnen und Bahnsteige im Berufsverkehr von München oder Berlin erlebt. Die Bahnlinien, die nicht zwischen der Dortmunder Innenstadt und den Westfallenhallen verkehren, sind nach meiner Beobachtung übrigens eher leer.
Als ich an der Station "Westfalenhallen" aussteige, lauert im Bahnhof bereits ein Chor, der die Fahrgäste mit christlichen Liedern beschallt. Die musikalische Vergewaltigung der Stadt durch den Kirchentag ist das, was mir inzwischen am meisten auf den Keks geht. Überall in der Stadt bauen sich regelmäßig Gesangs- und Gebläse-Gruppen auf und setzen weithin hörbare musikalische Kirchentags-Duftmarken. Übrigens machen diese Gruppen das nicht spontan. Wie ich belauschten Gesprächen entnehme, haben sie regelrechte Einsatzpläne, wann sie wo singen oder blasen sollen.
Doch weiter zum Kirchentagsgelände in den Westfalenhallen. Was mich hierher treibt, ist die sage und schreibe einzige von – nach Auskunft des Kirchentags – knapp 2.400 Veranstaltungen des Events, die sich mit einer säkularen Thematik beschäftigt. Bei früheren Kirchen- und Katholikentagen gab es eigentlich immer verschiedene Veranstaltungen, die sich in irgendeiner Weise mit Atheismus, Gottlosigkeit oder Konfessionsfreiheit auseinandersetzten. Man brauchte sie schon deshalb, weil Kirchentagsveranstalter immer wieder betonen, dass ihr Event für alle gesellschaftlichen Gruppen interessant und relevant sei, um so die massive öffentliche Mitfinanzierung des Kirchentags zu rechtfertigen. Doch auf dem 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund gibt es nur eine einzige Veranstaltung dieser Art. Ihr Titel: "Abschaffung der Staatsleistungen an die Kirchen jetzt?", organisiert von der Bundsarbeitsgemeinschaft Christinnen und Christen der Grünen. Pikanterweise hat es diese einzige Veranstaltung des Kirchentags, die auch für nicht-gläubige Menschen interessant sein könnte, nicht ins gedruckte Kirchentagsprogramm geschafft. Es muss daran liegen, dass die Veranstaltung erst nach der Drucklegung ins Programm aufgenommen wurde, anders ist das kaum zu erklären. Auch dass im Online-Programm, wo die Veranstaltung aufgeführt ist, ein falscher Ort genannt wird, ist sicher nur ein Zufall. Die Angelegenheit erinnert ein wenig an Arthur Dent, den Protagonisten des Buchs "Per Anhalter durch die Galaxis", und sein Erlebnis mit wichtigen städtischen Plänen, die öffentlich ausliegen – ganz zuunterst, in einem verschlossenen Aktenschrank, in einem unbenutzten Klo, an dessen Tür steht: Vorsicht, bissiger Leopard!
Wie viele Menschen deshalb mit Absicht der Podiumsdiskussion über die Abschaffung der Staatsleistungen beiwohnen oder nur zufällig die Sitzgelegenheit vor der Bühne nutzen, um ihre Füße vom Tag auf dem Messegelände auszuruhen, darüber darf spekuliert werden. Die meisten Diskutanten haben sich bereits heute Nachmittag bei der Veranstaltung der Säkularen Grünen kennengelernt. Jacqueline Neumann (Institut für Weltanschauungsrecht – ifw), Diana Siebert (Säkulare Grüne NRW, Bündnis altrechtliche Staatsleistungen abschaffen – Basta) und Ansgar Hense (Institut für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands). Neu hinzugekommen ist lediglich Friedel Battenberg von der Bundesarbeitsgemeinschaft Christinnen und Christen bei den Grünen. Das Erstaunliche an der Diskussion: Grundsätzlich sind sich alle Beteiligten – auch der Kirchenvertreter – einig darin, dass die Staatsleistungen an die Kirchen abzuschaffen sind. Uneinigkeit herrscht lediglich hinsichtlich der Modalitäten und des zeitlichen Ablaufs. Soll eine Einmalzahlung als Ablösesumme gezahlt werden oder nicht? Wenn ja, wie hoch soll sie sein? Soll die Angelegenheit einvernehmlich mit den Kirchen geregelt oder zur Not von den Bundesländern auch ohne kirchliches Placet gelöst werden? Während in diesen Punkten unterschiedliche Meinungen herrschen, sind sich alle Beteiligten in einem weiteren Punkt wieder einig: Aktuell sind es vor allem die Regierungsparteien, die die Abschaffung der Staatsleistungen blockieren, obwohl selbst die Kirchen mit dieser Abschaffung einverstanden wären.
Auf zum Endspurt: Vom Messegelände mache ich mich auf den Weg zur Schauburg, wo heute Abend der viertägige Ketzertag von RiR, IBKA und gbs zu Ende gehen wird. Als Highlight für den letzten Abend haben sich die Veranstalter einen besonderen Leckerbissen ausgedacht. Das religiös-atheistische Streitgespräch "Vernünftig glauben – ein hölzernes Eisen?" zwischen dem Katholiken Klaus von Stosch, Professor für Systematische Theologie an der Universität Paderborn, und Michael Schmidt-Salomon, gottlos glücklicher Philosoph, Bestsellerautor und Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, moderiert vom evangelischen Pfarrer Friedrich Laker aus Dortmund. Eine Veranstaltung, die offenbar auch Kirchentagsbesucher anspricht, denn heute ist der erste Abend, an dem im Ketzertags-Publikum auch Grünschalträger zu sehen sind. Die rund 150 Sitzplätze im Großen Saal der Schauburg reichen für das rege Interesse bedauerlicherweise nicht aus, so dass nicht wenige Interessierte vor den Toren des Kinosaals bleiben müssen.
In einem kurzen Eingangsstatement stellen beide Kontrahenten ihre Antwort auf die Frage vor, ob Glauben vernünftig sein könne oder nicht. Statements, die unterschiedlicher nicht sein könnten – ebenso wie auch die Beiträge der Diskutanten im anschließenden Streitgespräch. Während von Stoschs Argumente durchweg in sehr hohen geistig-philosophischen Sphären schweben, versucht Schmidt-Salomon die Diskussion auf den Boden der Empirie zu führen. Während von Stosch versucht, pragmatische Gründe für Glauben anzuführen, macht Schmidt-Salomon darauf aufmerksam, dass sein Kontrahent keinen einzigen empirischen Beleg für den Glauben benennen kann, sondern seinen Glaubenswunsch als Argument für den Glauben nutzt. Im Laufe der Diskussion gewinne ich zunehmend den Eindruck, dass beide Kontrahenten in ihrem Denken auf unterschiedlichen Planeten leben. Und nicht nur mir scheint es so zu gehen. An den Reaktionen und Fragen des Publikums ist deutlich zu erkennen, dass der Großteil der anwesenden Ketzer den Planeten mit Michael Schmidt-Salomon teilt, die anwesenden Kirchentagsbesucher hingegen auf dem Planten von Klaus von Stosch leben. Ob das Streitgespräch eine der beiden Gruppen für eine Expedition auf den jeweils anderen Planeten hat begeistern können, wage ich zu bezweifeln, doch ein spannender und unterhaltsamer Abend ist es auf jeden Fall.
Für mich ist nun nicht nur das Ende des sehr gelungenen "Ketzertags Dortmund 2019" gekommen, sondern auch das Ende meiner diesjährigen Kirchentagsberichterstattung. Zum morgigen Abschlussgottesdienst werde ich nicht mehr nach Dortmund reisen, obwohl auch der HVD parallel den Abschluss seines dreitägigen Straßenfestes zum Welthumanistentag feiert. Muss ich auch gar nicht, denn schließlich wird der Großgottesdienst unter Aufbietung einer Menge öffentlich-rechtlicher Gelder live im Fernsehen übertragen. Im nächsten Jahr habe ich dann frei, denn es findet ausnahmsweise kein Kirchentag statt, über den ich berichten könnte – und müsste. Beide christlichen Konfessionen sammeln vereint ihre Kräfte für den Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt 2021. Bleibt zu hoffen, dass es auch dort ein so massives säkulares Gegenprogramm geben wird wie in diesem Jahr in Dortmund.
8 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Volles Programm!
"ob Religion ein Integrationshemmnis ist" - was für eine Frage...
Aber die pastafarianische ambulante "Enttaufung per Fön" - herrlich!
Zum Abschluss die Diskussion - das sind keine "unterschiedlichen Planeten", sondern Welten!
Danke für deine Geduld, Daniela.
G.B. am Permanenter Link
Vielen Dank für die Berichterstattungen vom Kirchentag, sicher war dies eine schweißtreibende Arbeit, welche Sie Frau Wakonnig geleistet haben Chapeau!
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
ein sehr guter Bericht!
Ich habe leider im Fernsehen und Rundfunk nichts gesehen und gehört über
die säkularen Alternativveranstaltungen zum Kirchentag 2019 in Dortmund.
Hier ist die säkulare Öffentlichkeitsarbeit wirklich gefordert!
Viele Grüße
Arno Gebauer
Lisa K. am Permanenter Link
Besten Dank für die tägliche Berichterstattung!
War auch bei allen ketzerischen Veranstaltungen (außer am Freitag) anwesend und fand das Programm sehr gelungen, insbesondere die Diskussion am Samstag.
Klaus Bernd am Permanenter Link
Was für ein Vertrauen Fragezeichen oder Ausrufezeichen ??? 2. Buch der Könige 18,19
>(csi/dpa) auf RP Online :Botschaften aus Dortmund : Was von diesem Kirchentag bleibt
„Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte vor „einem vollkommenen Verlust“ der Glaubwürdigkeit in die staatlichen Institutionen, sollte der Fall Lübcke nicht aufgeklärt werden.“<
Hierzu ist anzumerken, dass schon das seltsame Prozedere der Staatsanwaltschaften bei den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche – statt Akten zu beschlagnahmen ermittelt die Staatsanwaltschaft aufgrund von Akten, die von den Verdächtigen ausgesucht und zensiert wurden – das Vertrauen/die Glaubwürdigkeit in staatliche Institututionen schwer erschüttert wurde.
>„Misstrauen wird mancherorts gar zur Regierungspolitik erklärt“<
>Spiegel ONLINE "Vertrauen als Grundlage internationaler Politik". Ohne Vertrauen könne "Zusammenarbeit nicht gelingen!", ruft sie (Merkel) in die Halle.<
Nun, ich bin davon überzeugt, dass Frau Merkel weiß und davon ausgeht, dass Misstrauen und Vertrauen siamesische Zwillinge sind, die man nicht trennen kann. Zwei Hälften auf der gleichen Skala, die eine negativ, die andere positiv. Und je nach Partner muss man mal mehr und mal weniger Misstrauen oder Vertrauen walten lassen.
>Den Religionen komme für die Gestaltung des Miteinanders eine wichtige Rolle zu, schließt sie ihre Rede: "Deshalb bin ich dankbar, dass auch dieser Evangelischer Kirchentag Vertrauen stifte."<
Dass sie das ihren Freunden in der evangelischen Führungsriege schuldet sei ihr nicht weiter angekreidet. Merkwürdig ist jedoch der Konjunktiv „stifte“, was jedoch auch eine fehlerhafte Wiedergabe ihrer Aussage sein könnte.
(Übrigens: Der ehemalige EKD-RatsVorsitzender Wolfgang Huber hat vor einigen Jahren ein Buch zu diesem Thema geschrieben, das bei Amazon als „aktueller Buchtipp zum Kirchentag“ angeboten wird: „Vertrauen erneuern“. (Es ist allerdings nur noch ein gebrauchter Artikel im Angebot; an prominenterer Stelle rangieren „Toleranz“ von Joachim Gauck und „Regieren“ von Thomas de Maizière.))
Nichtsdestotrotz habe ich die beiden Bibelverse und die Erläuterungen dazu unter https://www.kirchentag.de/programm/losung/losung_2019/ mal durchgelesen und finde da von
Hans Leyendecker
>Und es soll ein Kirchentag sein, in dem viel über Gottvertrauen geredet wird. Denn Christen haben in einer unsicheren Welt die Sicherheit, dass sie einen Ansprechpartner haben, dem sie vertrauen können – egal, was geschieht.< (ja, es ist ihm offenbar „egal was geschieht“)
und von
Annette Kurschus – außer einigen richtigen Überlegungen über die vielschichtige Bedeutung des Wortes Vertrauen - immerhin, dass der „Textzusammenhang (ist) sperrig und verwirrend“ ist, dass es aber im Kern um „Gottvertrauen“ geht.
>Menschliches und kluges Handeln und zugleich ein unbedingtes Vertrauen in Gottes Zugewandtheit und Da-Sein treffen dabei aufeinander, ebenso wie unerbittlicher Machtkampf und überraschend friedliche Lösungen.<
Friedliche Lösungen ? Wer 2. Könige 19 so interpretiert verdient größtes Misstrauen, denn „die überraschend friedliche Lösung“ sieht so aus:
>„der Herr sagt's. 34 Und ich will diese Stadt beschirmen, dass ich sie errette um meinetwillen und um meines Knechtes David willen. 35 Und in dieser Nacht fuhr aus der Engel des Herrn und schlug im Lager der Assyrer hundertfünfundachtzigtausend Mann. Und als man sich früh am Morgen aufmachte, siehe, da lag alles voller Leichen. 36 So brach Sanherib, der König von Assyrien, auf und zog ab, kehrte zurück und blieb zu Ninive.“<
Diese Art von Gott-Vertrauen macht „Staunend. Fröhlich. Widerständig“ meint Annette Kurschuss abschliessend.
Fast schon nicht erwähnenswert, weil im AT gang und gäbe, dass dieser kuriose Kriegsbericht damit beginnt, dass der König von Juda die Kultstätten anderer Religionen zerstört.
Auch fast nicht erwähnenswert, dass 2.Könige 18 ein gutes Beispiel für die irre Egozentrik der Gläubigen liefert, denn Jerusalem wurde zwar verschont aber „Sanherib zieht gegen Jerusalem 13 Im vierzehnten Jahr des Königs Hiskia zog herauf Sanherib, der König von Assyrien, gegen alle festen Städte Judas und nahm sie ein.“ Gottvertrauen ist also nur angebracht, wenn man in Jerusalem wohnt.
Fazit: Wer solche Texte zu Heiligen Schriften erklärt, daraus Honig saugen will und sie selbst Kindern (siehe #heilig) als Lektüre ans Herz legt, verdient kein Vertrauen.
(Bibelzitate nach Lutherbibel 2017)
kater abraham am Permanenter Link
so, so, das war also ein leckerbissen: mss gegen kvst. wenn ich es hier nicht lesen würde, ich käme nie drauf.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Hatten Sie mit einer Annäherung gerechnet? Herr von Stosch wird doch nicht seinen Job riskieren. Das sah man daran, das er recht viele selbst widersprüchliche Klopse von sich gab.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Wer Religion für vernünftig hält, kann dies nur behaupten, wenn sein Begriff von Vernunft mit dem eines Rationalisten nicht das Geringste zu tun hat. Ich denke, Klaus v.