Auf der Frühjahrvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz wurden Zahlungen an Missbrauchsopfer zwischen 5.000 und 50.000 Euro angekündigt. Die Leistung dieser Zahlungen sei vor allem für ostdeutsche Bistümer sehr schwierig, erklärte der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing. Eine Aussage, die einer genaueren Prüfung nicht standhält.
Auf der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) fragte ein anwesender Journalist nach der Finanzierung der "Entschädigungszahlungen" an Missbrauchsopfer (die die Bischöfe nicht "Entschädigungen" nennen wollen), speziell nach der Kirchensteuer. In seiner Antwort erklärte der neue DBK-Vorsitzende Georg Bätzing:
"Das ist für einzelne Diözesen ganz schwierig. Es gibt Diözesen, die haben keinerlei andere Quellen, gerade im Osten unseres Landes, als die Kirchensteuern."
Das sind zwei Unwahrheiten in zwei Sätzen. Alle Bistümer erhalten außer der Kirchensteuer auch Staatsleistungen, darüber hinaus verfügen sie über Finanzerträge, zum Beispiel aus Wertpapieren, Beteiligungen oder Zinsen. Diese Zahlen sind auch aus den Jahresabschlüssen der Bistümer bekannt. (Außer in Erfurt, wo die Staatsleistungen im Jahresabschluss nicht ausgewiesen werden.)
Schaut man sich diese Zahlen an, muss man sich fragen, für welches ostdeutsche Bistum die Zahlung der in Aussicht gestellten Beträge von 5.000 bis 50.000 Euro "schwierig" werden soll:
Erzbistum Berlin
Das Erzbistum Berlin wies im Jahresabschluss für 2017 Staatsleistungen in Höhe von 4,9 Millionen Euro aus, dazu Finanzerträge von 11,4 Millionen. Selbst, wenn man von der avisierten Bandbreite der Zahlungen (5.000 bis 50.000 Euro) den oberen Betrag ansetzt, könnten allein aus den jährlichen Staatsleistungen jedes Jahr 98 Opfer entschädigt werden, aus den Finanzerträgen zusätzlich 228. Daneben sei erwähnt, dass das Erzbistum Berlin in den letzten Jahren im Durchschnitt Jahresüberschüsse von 28 Millionen Euro erwirtschaftet hat. Ein Jahresüberschuss würde also für 568 Opfer reichen.
Legt man die Zahl der Opfer aus der MHG-Studie zugrunde (3.677) und verteilt sie proportional zur Katholikenzahl auf die Bistümer, so entfallen auf das Erzbistum Berlin 65 Opfer.
Bistum Dresden-Meißen
Das Bistum Dresden-Meißen wies für 2017 Staatsleistungen in Höhe von 0,8 Millionen Euro aus, dazu Finanzerträge von 17,4 Millionen. Die Staatsleistungen würden für 17 Opfer (á 50.000 Euro) reichen, die Finanzerträge für 348 Opfer. Das Bistum Dresden-Meißen hat in den letzten Jahren im Durchschnitt Jahresüberschüsse von 20 Millionen Euro erwirtschaftet. Ein Jahresüberschuss würde für 407 Opfer (á 50.000 Euro) reichen.
Im Zuge der MHG-Studie wurden im Bistum Dresden-Meißen 28 Opfer gezählt.
Bistum Erfurt
Das Bistum Erfurt weist in seinen Jahresabschlüssen nicht aus, wie hoch die Staatsleistungen sind, die es erhält. Immerhin weist es Finanzerträge aus – im letzten Jahresabschluss für 2016 waren das 1,8 Millionen Euro. Das würde für 36 Opfer reichen. Das Bistum Erfurt hat in den letzten Jahren im Durchschnitt Jahresüberschüsse von 23 Millionen Euro erwirtschaftet. Das würde jedes Jahr für 468 Opfer (á 50.000) reichen.
Gemäß einer Aufstellung von September 2018 hatten sich im Bistum Erfurt damals 18 Opfer gemeldet.
Bistum Görlitz
Das Bistum Görlitz wies für 2018 Staatsleistungen in Höhe von 0,6 Millionen Euro aus, dazu Finanzerträge von 0,5 Millionen. Die Staatsleistungen würden für 13 Opfer (á 50.000 Euro) reichen, die Finanzerträge für 9 Opfer. Das Bistum Görlitz hat in den letzten Jahren im Durchschnitt einen Jahresüberschuss von 0,3 Millionen Euro erwirtschaftet. Das würde jedes Jahr für 5 Opfer (á 50.000 Euro) reichen.
Das Bistum Görlitz ist allerdings auch das kleinste Bistum (gemessen an der Katholikenzahl), was sich auch in der Opferzahl niederschlägt. Gemäß der Aufstellung vom September 2018 hatte sich damals eine betroffene Person beim Bistum gemeldet. Verteilt man die Zahl der Opfer aus der MHG-Studie (3.677) proportional zur Zahl der Katholiken auf die Bistümer, so entfallen auf das Bistum Görlitz 5 Opfer.
Bistum Magdeburg
Das Bistum Magdeburg wies für 2017 Staatsleistungen in Höhe von 5,9 Millionen Euro aus, dazu Finanzerträge von 2,2 Millionen. Die Staatsleistungen würden für 118 Opfer (á 50.000 Euro) reichen, die Finanzerträge für 45 Opfer. Das Bistum Magdeburg hat in den letzten Jahren im Durchschnitt einen Jahresüberschuss von 4,8 Millionen Euro erwirtschaftet. Das würde jedes Jahr für 96 Opfer (á 50.000 Euro) reichen.
Gemäß der Aufstellung vom September 2018 hatten damals im Bistum Magdeburg 18 Personen Anträge auf Anerkennungszahlungen gestellt.
Fazit
Es ist erbärmlich, dass der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing in Anbetracht der vergleichsweise lächerlichen Beträge, um die es hier geht, meint, er müsse so tun, als ob diese Zahlungen für manche Bistümer "ganz schwierig" würden.
7 Kommentare
Kommentare
Epikur am Permanenter Link
Gemessen an der Katholikenzahl, müsste es im Osten ja viel weniger Opfer geben. Proportionnel wäre dieselbe Entschädigung wie im Westen also kein Problem.
A.S. am Permanenter Link
Worum geht es denn bei Religion? Um Macht und Geld für den Klerus.
Der Rest ist Schwindel.
Wie wenig es den Kirchen um die Menschen in Wirklichkeit geht, zeigen die Mißbrauchsskandale augenfällig.
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
Selbstverständlich ging und geht es um Macht, Herrschaft, Aufau und Erhalt von Sozialordnungen. Warum sonst hat man mir als Kind eine Gehirnwäsche verpasst? Warum faken ARD + ZDF Jesus-Dokus?
Meine Ahnen hat man belogen, betrogen, genötigt, arglistig getäuscht, verdummt, ausgenommen ... sie geistig versklavt und ihnen ein Leben nach dem Tod versprochen. Meine Ahnen (und mich) hat man geistig missbraucht .... darauf basiert die Macht dieser kriminellen Vereinigung.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Vielen Dank für die Klarstellung.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Das Fazit ist ja passend. Erbärmlich. Genauer, eine dreiste Lüge - wie so oft bei diesem Verein.
Sepp Rothwangl am Permanenter Link
Die Verjährung im zivilen Recht Aufheben und alles löst sich von selbst. Derzeit sind durch den Verjährungseinwand der Betroffenen die Hände gebunden.
Rüdiger Pagel am Permanenter Link
Bitte leiten Sie diese Klarstellung doch an die Bischofskonferenz weiter, damit die Bischöfe auch informiert sind.