Vor drei Tagen wurde der politisch engagierte Sportler Navid Afkari im Iran hingerichtet, das Geständnis war unter Folter erzwungen worden. Die Bundesregierung hätte mehr für ihn tun müssen. Für ihn ist es nun zu spät, bei der Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotoudeh gäbe es noch die Möglichkeit, etwas zu unternehmen, bevor sie ihrem Hungerstreik erliegt.
Navid Afkari wurde am 12. September im Iran hingerichtet. Er wurde mit seinen zwei Brüdern Vahid und Habib in Shiraz festgenommen. Sie wurden unter Folter gezwungen zu erklären, dass Navid einen Regimeanhänger auf der Straße umgebracht habe. Am Anfang hatten diese drei Personen keinen Anwalt und keine Möglichkeit, sich zu verteidigen. Zwei Jahre lang hat das Regime die Familie unter Druck gesetzt, so dass sie keinen Kontakt mit Menschen im Iran und der Weltöffentlichkeit aufnehmen und über diese Folter und die Vorbereitung der Hinrichtung sprechen konnten. Navid selbst und seine Familie dachten, man könne mit diesem Regime reden und alles klären, aber vor weniger als einem Monat, als Navid sah, dass alles auf die Hinrichtung hinausläuft, hat er einen Aufruf veröffentlicht und klargestellt, um was es hier geht: "Es gibt in diesem verdammten Fall keinen einzigen Beweis, der zeigt, dass ich schuldig bin. Aber sie wollen uns nicht zuhören. Mir wurde klar, dass sie einen Hals für ihr Seil suchen."
Ja, das ist die bittere Wahrheit. Er hat sich gesagt: Jetzt müssen mich die Weltöffentlichkeit und alle Menschen weltweit hören und helfen, und da es im Iran eine breite Bewegung gegen die Todesstrafe gibt, hat Navids Aufruf eingeschlagen wie eine Bombe. Viele Menschen haben sich beteiligt und in den sozialen Medien war die Hölle los. Wir haben vor einem Monat im Iran gesehen, dass Millionen ihr Nein zur Todesstrafe getwittert haben. Das war ein Referendum gegen den staatlichen Mord im Iran. Navid war Sportler und wir haben auf der ganzen Welt Solidarität mit ihm gesehen, die Weltöffentlichkeit ist aufgestanden und hat gegen diese Todesstrafe protestiert.
Ich stehe indirekt mit Navids Familie in Kontakt und habe gehört, dass er zweimal zum Tode verurteilt wurde – einmal wegen Gotteslästerung und einmal wegen angeblichen Mordes. Seine Brüder wurden auch verurteilt, einer zu 54 Jahren Haft und der andere zu 17 Jahren. Alles wegen ihres Kampfes gegen das Islamische Regime, Beleidigung Chameneis und angeblicher Aktivität gegen Irans Sicherheit. Wie alle wissen, war Navid aktiv gegen das Islamische Regime und hat 2018 an Demonstrationen gegen das Regime in Shiraz teilgenommen. Das islamische Regime hat Navid trotz aller internationalen Appelle hingerichtet.
Laut seiner Mutter wurde sie am Morgen des 12. September angerufen. Der Anrufer habe wissen wollen, wer sie sei; als sie antwortete, dass sie Navids Mutter sei, habe er gesagt: "Wir haben ihn getötet", und aufgelegt. Ja, das ist das islamische Regime im Iran. Obwohl es verboten wurde, haben die Menschen eine Trauerfeier organisiert und Blumen geschickt.
Ich bin sehr empört und traurig und ich denke, die deutsche Regierung sollte mehr tun. Ich war in diesem Monat zweimal in Berlin und hatte gehofft, der Außenminister oder sogar die Bundeskanzlerin würden etwas unternehmen. Was wir gehört haben, ist dieser langweilige Satz: "Wir sind gegen jede Form von Hinrichtung" – das ist alles. Ich bin der Meinung, es muss jetzt Schluss sein mit der Beschwichtigungspolitik mit den Mördern im Iran und wir müssen das iranische Regime nach diesem unmenschlichen Akt politisch boykottieren. Wir sollten die Beamten des Regimes von internationalen Arenen und Reisen verbannen und die Fifa und alle anderen internationalen Institutionen unter Druck setzen.
Für Navid Afkari ist es nun zu spät. Aber für jemand anderen kann man noch etwas tun: Nasrin Sotoudeh ist iranische Menschenrechtlerin und Anwältin und hat Menschen geholfen, die zum Tode verurteilt wurden, besonders für Kinder und Jugendliche setzte sie sich ein. Anfang des Monats wurde sie mit dem Menschenrechtspreis des Deutschen Richterbunds (DRB) geehrt. Vergangenes Jahr hat man sie zu 33 Jahren Haft und 148 Peitschenhieben verurteilt, ihr werden "Störung der öffentlichen Ordnung" und "sündhaftes Auftreten in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch" angelastet, schreibt der Tagesspiegel.
Aktuell befindet Nasrin sich im Hungerstreik. Aus Protest dagegen, dass politische Gefangene als einzige ausgenommen waren, als Häftlinge wegen der Corona-Infektionsgefahr nach Hause geschickt wurden. Nasrins Gesundheitszustand hat sich nach Angaben ihrer Familie in den vergangenen Tagen rapide verschlechtert. Ihr Mann und ihre zwei Kinder machen sich große Sorgen um sie. Doch noch könnte man sie retten.
Es gibt eine Petition, die die internationale Gemeinschaft zur Verurteilung der Tötung Navid Afkaris aufruft sowie einen politischen und sportlichen Boykott Irans fordert. Darüber hinaus ruft sie zur Beendigung der Hinrichtungen und zur Freilassung aller politischen Gefangenen auf.
12 Kommentare
Kommentare
A.S. am Permanenter Link
In unserer Regierung sitzen viele Deppen, die Religion als etwas gutes, schützenswertes sehen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Es macht einen beklemmend Sprachlos was für ein Regime im Iran an der Macht ist und wie lapidar unsere Regierung interveniert.
Roland Fakler am Permanenter Link
Dieses Regime verdient es, weltweit geächtet zu werden…und ein Gott, der hier tatenlos zuschaut, beweist damit seine Bösartigkeit oder seine Nichtexistenz.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Auf den Punkt Roland !!!
M. Landau am Permanenter Link
>> die deutsche Regierung sollte mehr tun.
KANN sie mehr tun? Sie kann, auch wenn den Mullahs das ziemlich egal sein dürfte, denn die Auswirkungen von weiteren Sanktionen, zum Beisiel, treffen meist die Menschen die von den religiösen Schergen im Iran seit Jahrzehnten terrorisiert werden.
Die Frage ist WILL sie mehr tun? Nö. Sie halten sich Optionen offen, wie es so schön heißt. Dass das nicht bringt, müsste, nach über 40 Jahren Mullah-Terror, sogar dem letzten Optimisten klar geworden sein.
Aber was kann man überhaupt tun? Was wäre geeignet die Mullahs derart unter Druck zu setzen, dass sie nachgeben müssten? Missverstehen Sie mich nicht, ich persönlich halten einen sinnvollen Dialog mit religiösen Fanatikern für relativ aussichtslos, da sie durchweg kompromissunfähig sind, aber die Frage erörtern sollte man schon.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Der Widerstand muss aus den eigenen Reihen der unterdrückten Völker kommen, wir können nur die Flüchtlinge, welche nicht die Kraft oder den Mut haben sich gegen das herrschende Regiem zu wehren, aufnehmen und ihnen hi
Hans Trutnau am Permanenter Link
"... Millionen ihr Nein zur Todesstrafe gewittert" - oder getwittert?
Humanistischer ... am Permanenter Link
Danke für den Hinweis! Wurde korrigiert.
Edward von Roy am Permanenter Link
Beim menschenfeindlichen — sehr islamischen — Regime des heutigen Iran denke man an das überwundene System Südafrika ...
Ein Plakat von einst:
»Apartheid tötet – boykottiert Südafrika!«
... könnte heute aussagen:
»Gottesstaat tötet – boykottiert den Iran!«
In den letzten sechs Wochen sind im Iran 50 Menschen hingerichtet worden. Solange aber der deutsche Mainstream jedes Mal murmelt: "Bedauerlicher Einzelfall, hat aber nichts mitdem Islam zu tun" wird das nichts.
Der Richter kannte seine Religion, Navid Afkari ist islamrechtlich korrekt hingerichtet worden. Moharebe (Krieg gegen Gott), Qisas (islam. Talionsrecht) ist Scharia pur, angewandte Religion, Islamkonsequenz.
Jeder Staat, ob Ägypten oder Pakistan, ob der Iran oder Afghanistan, braucht endlich ein säkulares Recht, Europa keine Scharia.
Der Islam trifft jeden Lebensbereich und ist ein komplettes Rechtssystem. Ein islamischer Richter arbeitet auf das Jenseits zentriert, berücksichtigt die große Gerichtsverhandlung nach dem Tag der Auferstehung, die Stunde der Scheidung der Menschen in die Bewohnerschaft von Paradies oder Hölle.
Weltweit müssen die Paragraphenzeichen — § ! — frei werden von Religion.
Säkularität ist nicht die Trennung von Politik und Religion, sondern die Trennung von Politik und Recht.
Edward von Roy am Permanenter Link
- mein letzter Satz, ich korrigiere -
Säkularität ist nicht die Trennung von Religion und Politik, sondern die Trennung von Religion und Recht.
Edward von Roy am Permanenter Link
(Erläuterung von "Säkularität ist nicht die Trennung von Religion und Politik, sondern die Trennung von Religion und Recht.")
.
Ein säkularer Staat, anders gesagt ein freiheitlich-demokratischer Staat, ist zunächst und vor allem für den Einzelnen da, dessen Grundrechte Abwehrrechte gegen den Staat sind, seine Freiheiten vor Übergriffen der öffentlichen Gewalt schützend. Ob der Mensch einer Religion angehört oder nicht, ob er das Bekenntnis beibehält oder wechselt, im stehen die vollen Rechte und Pflichten zu. Der säkulare Staat kennt kein Gefüge von Kollektivrechten, in dem die Religionszugehörigkeit der Eltern das rechtliche Schicksal des Einzelnen und damit dessen Biographie vorzeichnet, drei islamtypische Beispiele: der männliche Muslim darf polygam leben und kann die Frau verstoßen (Talaq), es bestehen Heiratsverbote für die muslimische Tochter, die verheiratete Muslima verliert bei Trennung das Sorgerecht über die Kinder. Der an seinem Fortbestand interessierte freiheitliche Rechtsstaat wird allen Versuchen entgegentreten, die sein einheitliches und gleiche Individualrechte gewährleistendes Recht abschaffen oder aushöhlen wollen, Bestrebungen etwa, welche die islamrechtlich zwingende Rechtsungleichheit zwischen Mann und Frau verwirklichen möchten, zunächst durch Implementierung der Scharia im Familienrecht. Um den Vorrang der Individualrechte gegenüber etwaigen Gruppenrechten zu erhalten und um einen "Rechtspluralismus" (Christian Giordano) zu verhindern, hält die freiheitliche Demokratie jeden Paragraphen frei von den Forderungen der Religion und es lässt sich über sie sagen: Säkularität ist nicht die Trennung von Religion und Politik, sondern die Trennung von Religion und Recht.
Edward von Roy am Permanenter Link
Als Jurist, zweites Staatsexamen, muss Heiko Maas bewusst sein, dass Deutschland neben der bestehenden keine zweite Rechtsordnung braucht.
Im genauen Einhalten der Ahkam al-Chamsa – verpflichtend (fard, wadschib), erwünscht (mandub, mustahabb, sunna), erlaubt (halal, mubah), verpönt (makruh), verboten (haram) – gehorchen die Koran und Sunna folgenden Menschen dem Befehl und strengen Blick des Allgegenwärtigen auf das Weltgeschehen. Die Fünf Bewertungen zielen, obschon sie jeden Bereich des menschlichen Leben im Diesseits bewerten und regulieren, vorrangig auf das Entscheidende schlechthin, den Tag der Auferstehung und die nachfolgende endgültige Gerichtsverhandlung, Vorsitzender Richter wird der Schöpfer und Erhalter der Welt sein. Dieses eingedenk folgt jede heutige islamkonforme Richtertätigkeit dem vorbildlichen, vollkommenen Wesen, Mohammed, der in Personalunion Islamverkünder, Staatsgründer, Heerführer, Finanzminister und eben auch oberster Richter war, auspeitschen ließ und Hinrichtungen anordnete.
Das Diesseits ist laut Koran die Dunya (dunyā), das Jenseits hingegen die Achira (āḫira) als der Ort der Aufteilung in ewige Gottesnähe und ewiges Feuer, in Paradies und Hölle. Das Diesseits repressiv mit Blick auf das Jenseits zu regeln, macht das doppelte Wesen Islamischen Rechts aus, seinen diesseitig-jenseitigen Doppelcharakter. Zu diesem allahzentrischen Ordnen aller menschlichen Lebensbereiche gehört die Hinrichtung des Missetäters bei Hadd-Vergehen wie Krieg gegen Gott oder Verderbenstiften auf Erden. Auch das heutige iranische Strafrecht verwirklicht damit lediglich die 1400 Jahre alte Religion, wenn es beispielsweise, Artikel 133, erläutert, wie man Hadd und Qisas addiert (Article 36 … moharebeh and efsad-e fel-arz, Article 133 … In the case of multiple offenses punishable by hadd and qisas, the punishments shall be added).
„Um die Gesellschaft wiederherzustellen, reicht ein Gesetzeswerk nicht aus. Man benötigt eine Exekutive, damit die Gesetze zum Wohle der Menschen Anwendung finden können. Deshalb hat Gott der Allmächtige nicht nur Gesetze, genauer gesagt die islamische Gesetzlichkeit offenbart, die Scharia, sondern auch einen Staat, eine Exekutive und ein Verwaltungssystem gewollt und errichten lassen. … Der hochehrenwerte Prophet führte die exekutiven und administrativen Institutionen der muslimischen Gesellschaft. Er wusste sich verpflichtet, … um den Staat zu begründen, … das Islamische Recht zur Wirkung zu bringen. … Er ließ Hände abhacken und regulierte die Auspeitschungen und Steinigungen.“ (A body of laws alone is not sufficient … at the same time, cutting off hands and administering lashings and stonings. Ayatollah Chomeini, Hokumat-e Islami: Velayat-e faqih.)
Jedes nicht aufs Jenseits zentrierte und dabei schariakonforme, sondern rein menschengemachte Gesetz lästert Allah und führt mit ziemlicher Sicherheit in die Hölle, denn: „Wer nicht nach dem waltet, was Allah [als Offenbarung] herabgesandt hat, das sind die Ungläubigen“ (Koran 5:44). Die Richter im Iran kennen ihre Religion, Navid Afkar ist islamisch korrekt getötet worden.