Papst Franziskus spricht sich für eingetragene Lebenspartnerschaften aus

In einem vergangene Woche erstmals gezeigten Dokumentarfilm spricht sich Papst Franziskus für die universelle Einführung eingetragener Lebenspartnerschaften für Homosexuelle aus. Der Film schlug immense Wellen, kurze Zeit später jedoch stellte sich heraus, dass die Aussagen des Papstes in Wirklichkeit unveröffentlichtes Material aus dem Jahr 2019 sind.

Am 21. Oktober erschien die Dokumentation "Francesco" des israelisch-amerikanischen Filmproduzenten Evgeny Afineevsky, die ein neues Licht auf das Leben und Wirken von Papst Franziskus zu werfen versuchte. Afineevsky wollte den Papst darstellen, wie er ihn sieht.

In Afineevskys Film sagt der Papst:

"Homosexuelle Menschen haben das Recht, Teil einer Familie zu sein. Sie sind Kinder Gottes und haben ein Recht auf eine Familie. Niemand sollte deswegen verstoßen oder misshandelt werden."

Dem schob er hinterher:

"Was wir brauchen, sind eingetragene Lebenspartnerschaften; so sind sie rechtlich abgesichert."

Gewichtige Worte, angesichts der bisherigen vatikanischen Position, die zivilrechtlichen Lebenspartnerschaften – konservativ ausgedrückt – ablehnend gegenübersteht. Worte, die nicht ohne Folgen blieben: Schlagzeilen überschlugen sich, mit Meldungen über einen wahren Weltenwandel, Experten konstatierten, diese Worte würden das Fundament der katholischen Kirche verändern.

Wie sich jedoch herausstellte, waren die päpstlichen Aussagen zusammengeschnitten. Das erste Zitat stammt aus dem Jahr 2019. Der Papst war zu Besuch in Südamerika und nun auf dem Rückweg nach Rom; er gab der mexikanischen Journalistin Valentina Alazraki ein Interview. Die drei Sätze wurden vom Papst nicht zusammenhängend geäußert, die fraglichen Szenen allerdings bekam die Weltöffentlichkeit in "Francesco" erstmals zu sehen.

Auf den ersten Blick scheint der päpstliche Originalton, berücksichtigt man den Kontext, nicht allzu diversitätsfreundlich. Auf den zweiten Blick aber, und das gelingt Afineevsky überaus geschickt darzustellen, steckt Zündstoff in der Aussage von Franziskus, Homosexuelle seien (ebenso) Kinder Gottes – selbst, wenn er ein "und so" hinterherwirft.

Des Weiteren wirft die Ausstrahlung des 2019 gefilmten Materials ein düsteres Licht auf die vatikanischen Presse-Gepflogenheiten: Der Vatikan besteht darauf, sämtliche Aufnahmen mit eigenem Equipment aufzunehmen und das Material einer Revision zu unterziehen, bevor es den entsprechenden Journalist:innen zurückgegeben wird.

Das zweite Zitat stammt ebenfalls aus dem im Mai 2019 geführten Interview, wurde jedoch einer anonymen mexikanische Quelle zufolge vom Vatikan gelöscht, berichtet APNews.

Summa summarum macht es wenig Unterschied, ob sich Franziskus 2019 oder 2020 für eingetragene Lebenspartnerschaften ausspricht. Diese Aussage hat Signalwirkung, sie schafft einen Präzedenzfall: "Der Papst" verlangt von den Staaten dieser Erde, homosexuellen Menschen rechtlich entgegenzukommen. Gleichzeitig birgt sie immenses Konfliktpotential, angesichts des zunehmend homophoben Klimas in zahlreichen katholischen Ländern.

Vermutlich wäre der Aufschrei deutlich leiser aufgefallen, wäre die Szene einfach letztes Jahr ausgestrahlt worden – ein schönes Beispiel für den Streisand-Effekt: Die Schlagzeile, der Papst habe sich ausdrücklich und endgültig für die rechtliche Anerkennung homosexueller Lebenspartnerschaften ausgesprochen, ist längst um die Welt gegangen.

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