Kommentar

Der "grüne" Papst

papst_fransziskus.png

Jorge Mario Bergoglio
Jorge Mario Bergoglio

ODERNHEIM. (hpd) Der Seelenfänger aus dem Vatikan hat es schon wieder fertiggebracht, fast die halbe Welt über seine neue Enzyklika jubeln zu lassen. Sein päpstliches Rundschreiben zur Ökologie "Laudato si" mache den Weißgewandeten geradezu zum "Grünen Papst", zum Vorreiter der Naturschutzbewegung, frohlocken große Teile der Medien.

In gewisser Weise den Vogel schießt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ab. Als ob sie noch nie von den jahrzehntelangen gewaltigen Anstrengungen, Ideen und Aktionen der verschiedenen Umweltverbände gehört hätte und die Tatsache übersehend, dass kein einziger Gedanke in dieser Ökologie-Enzyklika des Papstes wirklich neu ist, erklärt die Ministerin in fast schon grenzenloser Einfalt, dass "die klare Sprache dieser Enzyklika und die Tiefe der Gedanken Anstöße bieten, die weit über die katholische Welt hinaus Wirkung entfalten werden."

Die Grünen der ersten Stunde – die Gruhls, Kellys, Bahros usw.- müssen sich geradezu im Grab umdrehen, denn zunächst wurden sie jahrzehntelang, auch von offiziellen Vertretern der Kirche, verächtlich gemacht, beschimpft, verunglimpft, zu Exoten und Narren erklärt.

Auch Papst Franziskus bildete da keine Ausnahme. Noch in seinem ersten päpstlichen Rundschreiben "Evangelii gaudium" und in einigen Interviews machte er sich lustig über Umweltschützer, die in ihrer Begeisterung für die Natur "Bäume anbeten oder Gott in einem Baum sehen". Er verspottete "das spirituelle Bad", das Ökologen "im Kosmos" nähmen. Aber auch ganz seriös theologisch verwies der Papst zum Zeichen seiner Linientreue auf einen seinen päpstlichen Vorgänger, den Wojtyla-Papst Johannes Paul II., den er ja inzwischen auch heiliggesprochen hat und der die unverrückbare Linie der Amtskirche im Hinblick auf Tier- und Pflanzenwelt offiziell markiert. Wojtylas Dekretierungen bezüglich unseres Verhältnisses zur außermenschlichen Natur sind eine Katastrophe, das Dokument einer überaus verengten, arroganten Anthropozentrik, und der neue Papst hatte sich in all seinen bisherigen theologischen Publikationen nie davon distanziert.

"Tiere, Pflanzen und leblose Wesen", verkündet der Wojtyla-Papst in seinem zur verbindlich-offiziellen Lehre der Kirche gehörenden Katechismus der Katholischen Kirche, "sind von Natur aus zum gemeinsamen Wohl der Menschheit von gestern, heute und morgen bestimmt … Gott hat die Tiere unter die Herrschaft des Menschen gestellt", den er allein und exklusiv nach seinem Bild geschaffen habe. "Somit darf man sich", dekretiert der Katechismus weiter, "der Tiere zur Ernährung und zur Herstellung von Kleidern bedienen".

Schlachthäuser und Textil- wie Pelzindustrie konnten dem Papst dankbar sein! Man darf die Tiere der Papstdoktrin zufolge auch "zähmen, um sie dem Menschen bei der Arbeit und in der Freizeit dienstbar zu machen". Auch Tierversuche erlaubt der Katechismus großzügig: "Medizinische und wissenschaftliche Tierversuche sind in vernünftigen Grenzen sittlich zulässig".

Allerdings widerspreche es "der Würde des Menschen, Tiere nutzlos leiden zu lassen und zu töten". Aber wenn dies zum Wohl und Nutzen des Menschen geschehe, wenn es "der Sorge um die Lebensqualität des Nächsten" und "einer gerechten Befriedigung menschlicher Bedürfnisse dient", leiden und sterben sie der päpstlichen Lehre zufolge ja nicht nutzlos. Deshalb sei es des Menschen auch nicht würdig, "für sie Geld auszugeben", und man sollte ihnen auch nicht "die Liebe zuwenden, die einzig Menschen gebührt". Legitimiert, so der Katechismus, sei diese Verkündigung der Kirche durch die Bibel. Gott habe "die Tiere dem Menschen unterstellt". Der biblische Text (Gen. 1,28) "legt die Weite und Tiefe der Herrschaft an den Tag, die Gott dem Menschen schenkt. Es geht … um die Herrschaft über die Erde und alle Tiere."

Das also ist die Kultur des Lebens, die der mit höchstem Geltungsanspruch auftretende Katechismus der Katholischen Kirche gestalten möchte und in der Tiere, Pflanzen und unbelebte Materie im positiven Sinn gar nicht vorkommen, vielmehr zu totalen Sklaven des Menschen, zu Nutz- und Ausbeutungsobjekten desselben degradiert sind und keinerlei Eigenrechte besitzen. Der Katechismus hinkt den modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen über Intelligenz, Leistungen und Sozialleben der Tiere und Pflanzen erschreckend hinterher, aber man wird schwerlich eine Aussage von Papst Franziskus in all seinen bisherigen Schriften und auch in seiner neuesten Enzyklika finden, die der im Katechismus dargestellten offiziellen Lehre der Kirche widerspricht.