Der IS ist ein Kind des Kalten Krieges und zugleich der Beginn eines totalen Krieges gegen die Länder des arabischen Ostens.
Zu dieser Einschätzung kommt der Kommentator bei Qantara. Der libanesische Autor Elias Khoury schreibt in einem langen Beitrag, dass das Erstarken des "Islamischen Staates" vor allem den "Erbrepubliken von Syrien über Ägypten, Irak, Libyen bis nach Tunesien und Jemen" zu "verdanken" sei.
Dort haben sich Parteien, Armeen und Landeseliten während des Kalten Krieges auf den Trümmern der Freiheit erhoben - unterstützt von westlichen Bündnispartnern - und "statt die versprochene soziale Gerechtigkeit zu schaffen, zerstörten sie die Mittelschichten, machten die Armen noch ärmer, zerstörten moralische Werte und hinterließen eine jedem Angriff schutzlos ausgesetzte Gesellschaft."
Auf diesem Boden hatte der IS dann leichtes Spiel, indem er eine Art staatliche Struktur vorgaukelt.
Als die beiden ungleichen Arten arabischer Monarchien in einer saudisch-ägyptisch-syrischen Achse zusammenfanden, verbreitete sich ein rückwärtsgewandtes Denken wie Feuer auf einer Benzinlache. Von Algerien bis Ägypten kam es in Mode, sich den Glaubenskämpfern in Afghanistan anzuschließen, sich "islamisch" zu kleiden und Salafistenbärte zu tragen, bis uns diese Mode um die Ohren flog, als das arabische Staatensystem nach dem Ende des Kalten Krieges zusammenbrach.
"Die irakische Baath-Partei ließ unter Saddam Hussein ein 'Allahu akbar' auf die Landesflagge setzen, während ihre Schwesterpartei in Syrien aus Syrien einen Sammelpunkt für Al-Qaida-Kämpfer machte, die von dort in den Irak zogen. Saudi-Arabien und Qatar versteckten sich hinter der Parole des 'Schutzes für die Sunniten'. Aber statt der repressiven Ölmonarchien des Schweigens, die sich als Alternative darboten, kamen Vertreter eines noch radikaleren Wahhabismus, die Menschen abschlachten, kreuzigen oder enthaupten."
Für den Autoren ist klar, "dass der Wendepunkt zur heutigen Situation einsetzte, als die demokratischen Kräfte der arabischen Revolutionen daran scheiterten, den politischen Übergang in ihren Ländern zu steuern."
"Der IS ist die späte Rache der Wüste und ein Racheschrei angesichts des Zusammenbruchs politischer, moralischer und sozialer Werte – ein Zerfall, der unsere Länder zu Geiseln in den Händen mafiöser Offiziere und unsere Frauen zu Lustsklavinnen der Diktatur und ihres Gefolges gemacht hatte."
Elias Khoury ist pessimistisch, ob der IS durch Bombenangriffe besiegt werden könne. Für ihn ist der Kampf gegen die Terrormiliz "ist ein Kampf menschlicher Werte gegen die Barbarei, und dieser Kampf wird lange dauern."
2 Kommentare
Kommentare
David am Permanenter Link
"...statt die versprochene soziale Gerechtigkeit zu schaffen, zerstörten sie die Mittelschichten, machten die Armen noch ärmer, zerstörten moralische Werte und hinterließen eine jedem Angriff schutzlos ausgesetzt
Dieses Szenario haben wir auch in anderen Teilen der Erde, ohne dass dort Menschen das Mittelalter wieder auferstehen lassen. Die Einschätzung von Khoury kann nicht überzeugen und läßt wie so häufig die Anziehungskraft einer religiösen Ideologie und die daraus resultierenden Handlungen außen vor.
bud am Permanenter Link
"vorgauckelt" ist bestimmt ein freudscher vertipper..