Katar

Nach der Anzeige einer Vergewaltigung droht einer Mexikanerin Gefängnis und Folter

Nachdem Paola Schietekat den Behörden in Katar einen körperlichen Angriff meldete, drohen der Mexikanerin bis zu 100 Peitschenhiebe und sieben Jahre Gefängnis. Ihr Anwalt riet der Frau sogar dazu, ihren Vergewaltiger zu heiraten, um dem Urteil zu entgehen.

Dass es in Katar um die Menschenrechte schlecht steht, war schon lange vor den grausamen Enthüllungen bekannt, die von sklavenähnlicher Ausnutzung der WM-Bauarbeiter berichteten. Nachdem der Wüstenstaat auf zweifelhafte Weise den Zuschlag zur Ausrichtung der nächsten Fußballweltmeisterschaft erlangen konnte, ist bisher schon von bis zu 15.000 toten Arbeitern die Rede. Die rund zwei Millionen eingesetzten Arbeitsmigranten arbeiten unter widrigsten Umständen teilweise für einen Hungerlohn oder sogar umsonst, damit im Winter dieses Jahres alles hergerichtet ist, um der Welt ein fulminantes Fußballereignis zeigen zu können.

Für das nationale Komitee, das die Weltmeisterschaft in Katar vorbereitet, arbeitete auch die 28-jährige Verhaltensökonomin Paola Schietekat aus Mexiko. Schietekat ist konvertierte Muslimin und lebte seit ihrem neunzehnten Lebensjahr im Nahen Osten. Im Juni vergangenen Jahres wandte sich Schietekat an die örtlichen Behörden und berichtete, dass sie während der Nacht in ihrer Wohnung von einem Arbeitskollegen lateinamerikanischer Herkunft überfallen, verprügelt und vergewaltigt worden sei. Beweisbilder und ein ärztliches Attest legte sie vor.

Daraufhin begann für die Mexikanerin nach der Tat selbst ein weiteres schlimmes Martyrium. Da der Täter angab, eine sexuelle Beziehung zum Opfer unterhalten zu haben, drehte sich die Ermittlungsarbeit der Behörden plötzlich um 180 Grad. Trotz der Beweise für die schwere Körperverletzung Schietekats stand sie nun gemeinsam mit dem eigentlichen Täter unter Verdacht, Unzucht außerhalb der Ehe begangen zu haben. "Es ist verrückt!", berichtet die Mexikanerin in einem Interview mit Noticias Telemundo. "Mir drohten auf einmal bis zu sieben Jahre Gefängnis und da ich zum Islam konvertiert bin, hätten sie mir sogar 100 Peitschenhiebe geben können." Auch einem Jungfräulichkeitstest sollte sich die Mexikanerin unterziehen. Ihr Anwalt riet ihr daraufhin, den Täter zu heiraten, um dem drohenden Urteil zu entgehen. 

Mittlerweile ist Schietekat nach Mexiko ausgereist, von wo aus sie nun den Ausgang ihres Gerichtsprozesses verfolgt. "Das alles war eine schwere Erniedrigung", berichtet die Mexikanerin. "Meine große Sorge ist nun, dass ich in Abwesenheit verurteilt werden könnte, dann wären alle meine Karrierepläne zerstört, da ich in keines dieser Länder mehr reisen könnte."

Derartige Gerichtsfälle kommen in der islamischen Welt regelmäßig vor, da die Aussagen eines Mannes vor Gericht nach den Gesetzen der Scharia höher gewichtet werden als die einer Frau. Zusätzlich stehen auf Ehebruch sowie außerehelichen Sex schwere Strafen, die in einigen islamischen Ländern sogar bis zur öffentlichen Steinigung führen können. Oft ist es für die vergewaltigte Frau der einzige Ausweg, ihren Vergewaltiger zu heiraten, um schweren körperlichen Strafen zu entgehen.

Die ausländische Staatsbürgerschaft könnte daher Paola Schietekats Rettung gewesen sein. Allerdings schlägt ihr Fall mittlerweile international hohe Wellen und könnte unbequemen Druck auf das fundamentalistische Regime in Doha ausüben. Wie auch immer nun das Urteil des Gerichts in Katar ausfallen wird, der FIFA aber auch dem Rest der Weltgemeinschaft sollte spätestens nach einem derartigen Fall klar sein, dass es eine sehr schlechte Idee war, die WM in diesem Land auszutragen.

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