US-Professorin klagt gegen Universität

Entlassen wegen Mohammed-Bild

Weil sie in ihrem Kunstgeschichts-Seminar eine historisch bedeutende Abbildung des Propheten Mohammed zeigte, hat eine amerikanische Professorin den Job verloren. Nach Beschwerden von islamischen Studierenden hatte die Universität die Verwendung des Bildes im Unterricht als "islamfeindlich" krititisiert. Inzwischen hat die Professorin Klage gegen den Rauswurf eingereicht, die Universität hat den Vorwurf der Islamfeindlichkeit zurückgezogen.

Studierende hatten der Professorin Erika Lopez Prater Diffamierung und religiöse Diskriminierung vorgeworfen. Durch Übernahme dieser Anschuldigungen habe die Universität ihrem privaten Ansehen und ihrer Karriere geschadet, argumentieren Lopez' Anwälte.

Dabei hatte Lopez Prater, außerordentliche Professorin für Kunstgeschichte an der Hamline University in Saint Paul (US-Bundesstaat Minnesota), das Konfliktpotential bereits im Vorfeld einkalkuliert. Schon in der Ankündigung ihrer Lehrveranstaltung im Herbst 2022 hatte sie darauf hingewiesen, dass darin unter anderem Darstellungen des Propheten Mohammed gezeigt würden. Viele Muslime lehnen jegliche Abbildungen von Mohammed als Gotteslästerung ab. Ihrer Aufforderung an Studierende, sich bei Bedenken bei ihr zu melden, sei niemand nachgekommen, so die Professorin. Auch im Seminar selbst habe sie den Teilnehmern Gelegenheit gegeben, die Veranstaltung zu verlassen, ehe sie das Bild zeigte. Niemand habe davon Gebrauch gemacht.

Erst nach Ende der Sitzung habe eine Teilnehmerin ihr gegenüber Unbehagen über das Geschehen geäußert, Aram Wedatalla, die auch als Präsidentin der muslimischen Studierendenvereinigung fungiert. Sie war es auch, die sich bei der Universität über den Vorfall beschwerte – gemeinsam mit anderen muslimischen Studierenden, die das Seminar gar nicht besucht hatten. Sie alle verurteilten die Veranstaltung als einen Angriff auf ihre Religion und forderten von der Uni-Leitung Konsequenzen.

Zwar habe die Fachbereichsleitung zunächst Unterstützung für Lopez Prater signalisiert. Dagegen reagierte die nächsthöhere Etage wenige Tage später mit massiver Kritik. Dekanin Marcela Kostihova habe in einem Gespräch die Verwendung des Mohammed-Bildes mit einem rassistischen Schmähwort für schwarze Menschen verglichen, erinnert sich die Professorin. Und in einem von Universitätspräsidentin Fayneese Miller mitunterzeichneten Schreiben hieß es, der Respekt gegenüber muslimischen Studierenden solle "Vorrang vor der akademischen Freiheit haben".

Die Universitätsverwaltung kritisierte das Zeigen der Abbildung als "islamfeindlich"– ein Fehler, wie sie inzwischen einräumt.

Erika Lopez Prater arbeitete als außerordentliche Professorin in Hamline. Ursprünglich sollte sie die Lehrtätigkeit dort im darauf folgenden Semester fortsetzen. Doch nach dem Vorfall kam ihre Entlassung. Damit war der Fall noch nicht erledigt. Auf einem eigens einberufenen Forum im Dezember schilderte Aram Wedatalla, die Wortführerin der Kritiker, unter Tränen ihre Emotionen. Vor mehreren Dutzend Kommilitonen, Lehrkräften und anderen Uni-Beschäftigten beklagte sie, die Abbildung sei eine Missachtung und Beleidigung ihrer Religion. Weitere schwarze muslimische Studentinnen meldeten sich ebenfalls tränenreich zu Wort. Sie brachten die Vorkommnisse in Verbindung mit rassistischen Vorfällen, die sich in der Vergangenheit ereignet hätten. Ihr Vorwurf: Die Universität leiste bezüglich Diversität lediglich Lippenbekenntnisse, ohne die Studierenden institutionell zu unterstützen.

Doch wie verhält es sich überhaupt mit dem Vorwurf der Islamfeindlichkeit? Islamische Organisationen in den USA kommen zu einer unterschiedlichen Beurteilung. So stellte sich Jaylani Hussein, Chef der Bürgerrechtsgruppe Council on American-Islamic Relations (CAIR) in Minnesota, auf die Seite der muslimischen Studierenden. Die landesweite Führung von CAIR sieht hingegen laut einer Stellungnahme im Zeigen von historischen Mohammed-Darstellungen im akademischen Kontext keinerlei islamfeindliche Haltung. Eine weitere Interessengruppe, das Muslim Public Affairs Council, äußerte sich ebenfalls unterstützend für Lopez Prater. Die Professorin habe nicht islamfeindlich gehandelt, sondern im Gegenteil ein Grundprinzip religiöser Bildung dargestellt: dass Religion in sich vielfältig sei. Und die kulturwissenschaftlich orientierte Middle East Studies Association (MESA) weist darauf hin, dass Darstellungen des Propheten in der islamischen Kunst eine lange Tradition besitzen.

Auch die Arbeit, an der sich der Konflikt entzündet hat, wurde von einem islamischen Künstler im Auftrag eines islamischen Würdenträgers angefertigt. Sie stammt aus einem der frühesten Geschichtsbücher der islamischen Welt, der "Sammlung von Chroniken" (Dschāmiʿ at-tawārīch), das Anfang des 14. Jahrhunderts von Raschīd ad-Dīn verfasst wurde. Sie zeigt den geflügelten Engel Gabriel, der dem Propheten Mohammed die erste Offenbarung des Korans überbringt.

Von einem "Meisterwerk der persischen Manuskriptmalerei" schreibt Christiane Gruber, Professorin für islamische Kunst an der Universität von Michigan. Sie weist weiter darauf hin, dass im akademischen Umfeld in jüngerer Zeit Mohammed-Darstellungen immer häufiger zu sehen seien, aufgrund von Bestrebungen, den Kanon zu dekolonisieren und die Lehrpläne über die westliche Kunst hinaus zu erweitern. Die fragliche Abbildung befindet sich in der Universität von Edinburgh und stehe allen interessierten Forschenden und Laien online für eine Betrachtung zur Verfügung, so Gruber. Ein Studium der islamischen Kunst ohne die "Sammlung von Chroniken" wäre, als würde man Michelangelos "David" aus dem Lehrplan streichen.

Auch der Autorenverband PEN America hat eindeutig Position für die Professorin bezogen und bezeichnet den Vorfall als einen der "ungeheuerlichsten Verstöße gegen die akademische Freiheit in jüngerer Zeit". Um akademische Freiheit wird es auch in weiteren Diskussionen um den Vorfall gehen: In den nächsten Monaten will die Universität das Thema in zwei öffentlichen Debatten diskutieren.

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