Andreas Edmüller, Privatdozent an der Ludwig-Maximilian-Universität in München, drückt sich nicht um eine klare Position: Bei einer Veranstaltung des Düsseldorfer Aufklärungsdienstes (DA!) bespricht er ein Beispiel für Wokeness aus Neuseeland. Und überträgt dies auf die Diskussionskultur auch hierzulande. Mit dem Ergebnis: Wokeness und Aufklärung seien nicht miteinander vereinbar.
Woke, das heißt wachsam zu sein gegenüber Diskriminierung und ungerecht verteilter Macht. Einen stets wachen Blick zu haben für Ungerechtigkeiten aller Art. Doch längst ist aus dem Eintreten gegen Diskriminierungen oder dem berechtigten Aufzeigen von Rassismus eine Ideologie geworden. Erbitterte Auseinandersetzungen um gendergerechte Sprache, Cancel Culture, das Nicht-zu-Wort-Kommen-Lassen anderer Standpunkte, das Anprangern kultureller Aneignung zeigen das. Bis hin zu hysterischen Warnungen, dass Schaden nehmen könne, wer Bücher von Mark Twain, Karl May, Astrid Lindgren oder Michael Ende liest.
Andreas Edmüller ist einer, der besonders pointiert gegen das Woke-Phänomen argumentiert. Er hat in München und Oxford Philosophie, Logik/Wissenschaftstheorie und Linguistik studiert. Seit seiner Habilitation 1996 ist er Privatdozent für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seine Forschungsschwerpunkte sind Moral-, Rechts- und Staatsphilosophie.
Und nun hat ihn der Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!) in den Vortragssaal des Stadtmuseums eingeladen. Thema: "Das Woke-Phänomen: Frontalangriff auf die Werte von Wissenschaft und Aufklärung?" In der Einladung zu dem Abend steht hinter dem Satz noch ein Fragezeichen. In der ersten Folie des Vortragenden ist es ein Rufzeichen.
Eine Art doppelte Triggerwarnung wird Edmüllers Vortrag vorangestellt: Zunächst hat Moderatorin Eva Creutz eine vorsorgliche Bitte an das Publikum in Düsseldorf: Man möge in der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion den jeweils anderen ausreden lassen, sachlich bleiben und einander nicht beleidigen. Und dann sagt der Vortragende noch, er werde seine Thesen an einem Beispiel aus Neuseeland darlegen. "In der Hoffnung, dass die physische Distanz auch für emotionale Distanz bei meinen Zuhörern sorgt". Doch so ganz gelingt die Friedlichkeit denn doch nicht an diesem Abend. Eben weil Edmüller trotz des von ihm gewählten Beispiels vom anderen Ende der Welt seine These eben auch pointiert in unsere Breiten überträgt und folgert: "Aufklärung und Woke-Phänomen sind nicht vereinbare geistige Koordinatensysteme. Wir haben es hier mit einem Frontalangriff auf die Werte von Wissenschaft und Aufklärung zu tun." Er appelliert denn auch ultimativ an sein Publikum: "Man muss sich entscheiden, auf welcher Seite man steht."
Beide, Wokeness und Aufklärung, setzten sich zwar für die richtigen Anliegen ein - gegen Rassismus, gegen Diskriminierung. "Doch die Aufklärung tut das mit sehr guten Argumenten, die Woke-Bewegung hingegen tut das mit schlechten Argumenten und schadet damit dem guten Anliegen."
Wokeness in Neuseeland – der Fall
Und dies ist das Neuseeland-Beispiel von Edmüller, das dieser als exemplarisch für die gesamte Woke-Diskussion sieht:
Die neuseeländische Regierung habe im Jahr 2005 ein Programm mit dem Titel "Vision Matauranga" beschlossen. Es ging um die Kultur der Maori, der Ureinwohner Neuseelands. Ziel war es, nach Jahrzehnten des Rassismus und der Kolonialisierung zu Versöhnung zu kommen. In diesem Rahmen machte eine Regierungskommission den Vorschlag, die Lehren der Maori als gleichberechtigtes Modell im Schulunterricht neben den Naturwissenschaften (Biologie, Physik, Chemie) als Weltbild zu unterrichten.
Edmüller schildert den Kern des Selbstverständnisses der Kultur der Maori so: Es gebe einen Schöpfungsmythos mit zwei Gottheiten, Lebensenergie werde permanent von diesen abgestrahlt und sorge dafür, dass wir am Leben bleiben: diese Energie sei präsent in aller Materie und halte dort alle Partikel zusammen.
Die Kontroverse eskalierte im Jahre 2021, als sich sieben Professoren per offenem Brief gegen die Pläne stemmten, die Lehre in die Lehrpläne aufzunehmen. Die Professoren verteidigten die Wissenschaften und argumentierten, Kreationismus und Vitalismus hätten nichts in Physik, Biologie und Chemie verloren. Der Lehre der Maori fehle es an wissenschaftlicher Methodik, Tabus würden aufgestellt - anders als in der Wissenschaft dürfe nicht jeder alles jederzeit hinterfragen. Niemand wolle den Maori Böses, aber dies gehöre nicht als Alternativmodell in den wissenschaftlichen Unterricht, so die sieben Professoren. Über die dann sogleich ein Shitstorm hereinbrach. Sie seien attackiert worden mit exakt den typisch woken Argumenten, die man auch hierzulande oder in den USA kenne, sagt Edmüller und zählt auf: Rassismus und Diskriminierung; der Forderung nach Gleichwertigkeit; verletzte Gefühle. Die woke Kritik an den Professoren im Einzelnen und Edmüllers Einordnung:
Drei typische Beispiele für woke Argumentation
Erstens: Die Professoren, die der Maori-Kultur die Gleichstellung verweigern, verhielten sich rassistisch und diskriminierend. Für Edmüller eine typisch woke Argumentation: So werden Naturwissenschaften als koloniale rassistische Machtbasis gegen indigenes Wissen ausgespielt.
Zweitens: Die Professoren verletzten die Gleichwertigkeit der Systeme der Weltbeschreibung. Auch das für Edmüller eine typisch woke Argumentation: So sollen die Naturwissenschaften von ihrem Sockel geholt werden. Wenn es um Welterkenntnis gehe, werde verlangt, dass Ideen wie Homöopathie, Parapsychologie, Dianetik, Intelligent Design und indigene Wissenssysteme gleichberechtigt neben den Naturwissenschaften stehen. So würden die Naturwissenschaften zu einem von mehreren Erkenntnissystemen degradiert.
Drittens: Wenn ihr System der Weltbeschreibung diskriminiert wird, würden die Maori in ihren Gefühlen verletzt. Erneut eine für Edmüller typisch woke Argumentation: So wie in Neuseeland die Kritik angeblich alle Maori verletze, werde dieses Argument auch in hiesigen Gefilden verwendet. Edmüller nennt das Beispiel eines Schweizer Reggae-Musikers, bei dessen Anblick (blonde Rastalocken) Festival-Besucher sich unwohl fühlten (kulturelle Aneignung) und der deshalb nicht auftreten durfte. Zu dem Argument der verletzten Gefühle sagt Edmüller: "Unsere Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit, Wissenschaftsfreiheit sorgen doch immer dafür, dass sich irgendwer verletzt fühlen kann. So wie zum Beispiel auch ein Nicht-Gläubiger sich an einer Fronleichnamsprozession stoßen könnte. Es geht um die Fähigkeit, Emotionen zu managen."
Edmüller fasst zusammen, was das Woke-Phänomen für ihn so gefährlich macht: Woke heiße, das das Weltbild der Naturwissenschaften und der Aufklärung als rassistisches Unterdrückungswerkzeug angesehen werde und als nur eines von vielen gleichermaßen korrekten Weltbildern gelte. Denke man dies weiter, so gebe es auch keine universal verbindlichen Werte wie zum Beispiel die Menschenwürde.
Heftige Debatte auch nach dem Vortrag
Die vom Referenten aufgemachte Alternative "woke oder aufgeklärt - beides zusammen geht nicht" provoziert Teile des Publikums. Was sei schlecht daran, sich gegen Diskriminierung oder Rassismus einzusetzen?, wird ihm entgegen gehalten. Wokes Denken sei doch der Versuch, sensibel mit anderen Menschen umzugehen. Wissenssysteme indigener Völker dürften nicht in eine Reihe mit Homöopathie oder Esoterik gestellt und damit gleichgesetzt werden, so eine Gegenthese.
Eine Zuhörerin sagt selbstkritisch, sie sei definitiv rassistisch geprägt. Nur wer sich das bewusst mache, könne sich davon frei machen. Auch kenne sie als Frau Diskriminierungen, die Edmüller als männlicher Vortragender so nicht nachempfinden könne. All das müsse differenzierter dargestellt werden. Auch wären andere Ergebnisse in den Naturwissenschaften erlangt worden, wenn in früheren Zeiten mehr Frauen mitgeforscht hätten - so die These aus dem Publikum. Wenn man die Perspektive von Frauen etwa bei medizinischer oder technischer Forschung oder auch bei Menschenrechten mehr berücksichtigt hätte und dies nicht nur "weißen Männern" überlassen hätte. Eine andere Zuhörerin pflichtet bei, wirft Edmüller Oberflächlichkeit vor und sagt, es gebe sehr wohl Sexismus in der Wissenschaft. Edmüller gesteht zu, dass die Themenwahl bei wissenschaftlicher Forschung bei anderer personeller Aufstellung der Forschenden (statt männlicher Dominanz) anders sein könnte - "aber doch nicht die Ergebnisse der Wissenschaft". Und er wird durch einen Ruf aus dem Publikum unterstützt: Die Schwerkraft wäre doch wohl dieselbe.
Dass die Woke-Debatte ihren Peak, ihren Höhepunkt, überschritten hat, wie Edmüller glaubt, erscheint nach der teilweise hitzigen Diskussion, die so ja auch anderswo geführt wird, denn doch zweifelhaft.
Eine Aufzeichnung der Veranstaltung wird in wenigen Tagen auf dem YouTube-Kanal des Düsseldorfer Aufklärungsdienstes (DA!) zu sehen sein.
24 Kommentare
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Kommentare
Katharina Klein am Permanenter Link
Ich empfehle den Besuch im "Humboldt Forum" oder irgendeinem anderen "Ethnologischen Museum".
A.S. am Permanenter Link
Kulturen sind Zwangsjacken, in die Menschen qua Geburt gesteckt werden.
Katharina Klein am Permanenter Link
@ A.S. Schade, daß Sie nicht im "Humboldt Forum" waren: es würde Ihnen vielleicht helfen, sich einmal fremde Kulturen anzuschauen. Vielleicht.
Jens am Permanenter Link
Kultur ist so viel mehr! Es ist die Sprache, der Umgang miteinander, Kunst, Musik, Religionen, Essgewohnheiten und was uns sexuell anzieht.
A.S. am Permanenter Link
Man kann sich natürlich z.B. an der griechisch-römischen Kultur erfreuen. Aber dabei auszublenden, dass das sehr kriegerische Sklavenhalter-Gesellschaften waren, die ihre Imperien ausbeuteten, darf man nicht.
Heute ist es in Mode, bestimmte Kulturen zwangsweise am Leben zu erhalten. Dabei werden sehr viele Menschen um ihr Selbstbestimmungsrecht gebracht, wenn sie gezwungen werden in eine bestimmten Kultur verbleiben zu müssen.
Gefängnisse sind alles, wo man nicht raus darf. Wenn man z.B. aus einer Religion nicht raus darf, dann ist diese Religion ein Gefängnis.
Wenn man aus einem Land nicht raus darf, dann ist dieses Land ein Gefängnis.
Wenn man aus einer Kultur nicht raus darf, dann ist diese Kultur ein Gefängnis.
Es lohnt sich ein Blick auf die Gefängniswärter. Denn die sind in der Regel die Profiteure.
So sind die Sklavenhalter die Profiteure der als Sklaverei bekannten Gefängnisse. Jede Kultur hat ihre Profiteure (die Herrschaftseliten) und ihre Verlierer (die Ausgebeuteten). Die Herrschaftseliten wollen die ihnen nützlichen Kulturen erhalten und reden den Ausgebeuteten ein, dass ihre Kultur unersetzlich und wertvoll sei. Und die dummen Ausgebeuteten plappern das auch nach. Klassisch: Frauen, die selber durch Religion und Kultur (Patriarchat!) unterdrückt werden, wollen ihre Religion und Kultur erhalten.
Gesellschaftliche Verbesserungen sind immer mit Veränderungen von Kultur und Religion verbunden.
Katharina Klein am Permanenter Link
@ Jens Kennen Sie das Buch "The Dawn of Everything: A New History of Humanity“?
https://en.wikipedia.org/wiki/The_Dawn_of_Everything
"(...) Describing the diversity of early human societies, the book critiques traditional narratives of history's linear development from primitivism to civilization.[4] Instead, "The Dawn of Everything" posits that humans lived in large, complex, but decentralized polities for millennia.[5] (...)
The authors open the book by suggesting that current popular views on the progress of western civilization, as presented by Francis Fukuyama, Jared Diamond, Yuval Noah Harari, Charles C. Mann, Steven Pinker, and Ian Morris, are not supported by anthropological or archaeological evidence, but owe more to philosophical dogmas inherited unthinkingly from the Age of Enlightenment. The authors refute the Hobbesian and Rousseauian view on the origin of the social contract, stating that there is no single original form of human society. Moreover, they argue that the transition from foraging to agriculture was not a civilization trap that laid the ground for social inequality, and that throughout history, large-scale societies have often developed in the absence of ruling elites and top-down systems of management.
Rejecting the "origins of inequality" as a framework for understanding human history, the authors consider where this question originated, and find the answers in a series of encounters between European settlers and the Indigenous populations of North America. They argue that the latter provided a powerful counter-model to European civilisation and a sustained critique of its hierarchy, patriarchy, punitive law, and profit-motivated behaviour (...)"
Mit meinen Worten: „There are many alternatives“. Der hegemoniale „Westen“ bekämpft – im Namen der „Aufklärung“ – jede Alternative. Man leugnet sogar deren Existenz: „TINA – there is no alternative“
Die „Alternativen“ kann man unter anderem auch im „Humboldt Forum“ sehen, wenn man denn sehen will. Wir könnten aus fremden Kulturen lernen, aber stattdessen vernichten wir sie, ein von „Humanisten“ vielgebrauchter Euphemismus dafür heißt „Universalismus“.
malte am Permanenter Link
Als ich diese Diskussion gelesen habe, musste ich sofort an einen Text von Kenan Malik denken. Da geht es zwar um Sklaverei und nicht um Kolonialismus, aber er passt trotzdem sehr gut:
"Die Sklaverei war ein Gräuel und ihre Folgen für schwarze Amerikaner waren unbestreitbar katastrophal. Doch wie inhuman die Behandlung der Sklaven auch immer war, es ist dennoch fraglich, weshalb ein Nachkomme von Sklaven "seiner Kultur beraubt" sein sollte. Dies kann nur der Fall sein, wenn wir glauben, [ein Nachkomme von Sklaven] SOLLTE sich auf irgendeine Weise anders verhalten, als er es tatsächlich tut - und zwar sollte er sich so verhalten, wie seine Vorfahren es taten. Wir müssten demnach glauben, dass das, was ein Mensch tun sollte, durch das vorgegeben wird, was seine Vorfahren taten. Kultur wird auf diese Weise über biologische Abstammung bestimmt. Und "biologische Abstammung" ist nur eine vornehme Art, "Rasse" zu sagen." (Kenan Malik, Das Unbehagen in den Kulturen)
Ich finde es auch übertrieben, Kultur als Zwangsjacke zu verstehen. Der Mensch ist von Natur aus ein kulturschaffendes Wesen, ein Mensch ohne Kultur ist nicht vorstellbar. Ein Problem aber ist das Denken in scharf voneinander abgegrenzten, statischen kulturellen Blöcken, und genau das feiert in der "woken" Bewegung ein Revival.
War es richtig, fremde Kontinente zu kolonialisieren und die dort lebende Bevölkerung zu missionieren? Selbstverständlich nicht. Aber es ist auch falsch, Kultur zu einem per se schützenswerten Gut zu erklären. Auch in den indigenen Gesellschaften Nord- und Südamerikas gab es Traditionen, die wir heute als unmenschlich bezeichnen müssen.
Katharina Klein am Permanenter Link
@ malte "Kultur" hat immer eine Tradition. Wenn Sie von dieser Tradition abgeschnitten werden – weil sie zerstört wurde –, haben Sie ein Problem. IM JETZT.
Können Sie sich das nicht vorstellen, weil es Ihnen nicht passiert ist? – Gehen Sie ins "Humboldt Forum", da gibt es unter anderem auch Videos mit "Native Americans", die beschreiben, wie sie versuchen, die verloren gegangene Tradition zurückzugewinnen. Nicht einfach: es scheitert schon daran, dass die "WEISSEN" – wer eigentlich sonst? – die Ur-Wälder abholzten, und jetzt keine Bäume mehr da sind, die man zu einem Kanu machen kann ...:
https://www.humboldtforum.org/de/programm/dauerangebot/ausstellung/tsuu-zeder-46537/
Ts'uu - Zeder
Von Bäumen und Menschen
bis 12.01.2025
„…when the trees are gone, we’ll just be like everybody else.“ – Gidansda Guujaaw, Künstler und ehemaliger Präsident der Haida Nation
Seit Jahrtausenden sind in den kanadischen Küstenregenwäldern Menschen und Land untrennbar miteinander verbunden. Ein Beispiel hierfür ist die besondere Bedeutung der Zedernbäume für die dort lebenden First Nations: Zedern spenden den Rohstoff für eine Vielzahl von Alltagsgegenständen und zeremoniellen Objekten. Sie spielen eine zentrale Rolle in überlieferten Erzählungen, Traditionen und Zeremonien (...)"
malte am Permanenter Link
Im Humboldt-Forum war ich noch nicht. Allerdings bin ich schon in zahlreichen historischen Museen gewesen. Nichts, was dort zu sehen ist, existiert in dieser Form heute noch.
Ich bin auch mehrfach an der kanadischen Westküste gewesen und habe dort auch mit "Natives" gesprochen. Diese Menschen sind nicht "untrennbar mit den Küstenregenwäldern verbunden", sie leben in modernen Häusern und fahren Autos, wie alle anderen Menschen auch. Es gibt keinen Grund für diese Menschen, in Holzkanus herumzufahren, in Schweden segelt man ja auch nicht mehr auf Wikingerschiffen mit Drachenköpfen.
Ich bestreite gar nicht, dass die indigenen Gesellschaften im Pazifischen Nordwesten wertvolle Kulturgüter hervorgebracht haben. Ich liebe die Kunst die dort entstanden ist. Und es gibt ja auch viele zeitgenössische Künstler, die von der traditionellen Kunst z.B. der Haida beeinflusst sind und sie modernisiert haben. Aber ihren Wert haben diese Kulturgüter für die gesamte Menschheit, es gibt keine schicksalhafte Verbindung zwischen Abstammung und Kultur.
„…when the trees are gone, we’ll just be like everybody else.“
Ich kenne die Küstenregenwälder, und ich bin sofort dabei, wenn es um deren Schutz geht. Aber was soll das für ein Argument sein? Was ist denn schlimm daran, „like everyone else“ zu sein?
Katharina Klein am Permanenter Link
@ malte For me you are just "like everybody else" who doesn’t wish to have a cultural identity of his own: "Ich selbst bin kulturell wahrscheinlich stärker von angelsächsischen Einflüssen geprägt als vo
malte am Permanenter Link
Meine Antwort hat Ihnen nicht gefallen, so viel kann ich herauslesen. Argumente lese ich aber keine.
Nein, ich habe kein Bedürfnis nach einer eigenen "kulturellen Identität" - ich bin Kosmopolit und Universalist.
Katharina Klein am Permanenter Link
@ malte: "ich bin Kosmopolit und Universalist" ganz große Worte!
A.S. am Permanenter Link
@malte: Kultur ist um so mehr eine "Zwangsjacke", als sie nicht verändert werden darf und als man sich nicht aus ihr verabschieden darf.
Mich stört, wenn Kultur einseitig verklärt wird ohne Blick auf die oft miserablen Zustände im "Maschinenraum" selbiger. Man kann die Kultur des Feudalismus, den Prunk und die Verschwendung toll finden. Aber wollen wir den Feudalismus zurück? Ich jedenfalls nicht.
Mutant77 am Permanenter Link
Die Aufklärung war genau das, die Zerstörung des religiösen Eifers und das Ende der alleinigen Verkündigung der Wahrheit.
Katharina Klein am Permanenter Link
@ Mutant77 Täter-Opfer-Umkehr fehlte noch.
Mutat77 am Permanenter Link
Welche Umkehrung?
heilige Kriege, Hexenverfolgungen, Steinigungen usw. usf. sind alles reale Verbrechen
Katharina Klein am Permanenter Link
@ Mutat77 "heilige Kriege, Hexenverfolgungen, Steinigungen" sind Beispiele für "Naturalismus"? Erklären Sie erst einmal, was Sie überhaupt mit "Naturalismus" meinen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Doch, der Peak des Wokismus ist definitiv überschritten.
Wir brauchen wieder eine Zeit, die Erkenntnis zulässt, anstatt sie ideologisch für unmöglich erklären zu lassen. Denn nur, wenn man Erkenntnis zulässt, kommt man in allen Bereichen weiter. Auch, dass Rassismus schädlich ist, musste erst erkannt werden, um ihn wirksam zu bekämpfen.
Aussagen wie die, mehr Frauen in der Forschung hätten andere Ergebnisse hervorgebracht, zeugen von einer neofeministischen Hybris, die statt eines (angeblichen) Patriarchats nun ein radikalfeministisches Matriarchat wünschen. Und plötzlich ist die Erde ein Würfel?
Wissenschaftler arbeiten entweder exakt oder schlampig. Die Ergebnisse sind dann exakt oder schlampig. Ob das Frauen oder Männer sind, ist vollkommen nebensächlich. "Sex doesn't matter!" Nur die Qualifikation sollte zählen. Und die müssen beide Geschlechter ohne unüberwindliche Hemmnisse erlangen können.
"Es geht um die Fähigkeit, Emotionen zu managen."
Das ist für mich der zentrale Satz, der den "woken" vorgehalten werden sollte. Wenn wir immer mehr auf die Weinerlichkeit von wem auch immer mit noch mehr Watte reagieren, verändern wir nur das Level, ab wann jemand weinerlich wird. Wäre es nicht besser, Menschen stark zu machen? Ihnen Abwehrkräfte zu geben, um vermeintliche oder tatsächliche Beleidigungen an sich abprallen zu lassen?
Bevor es Mobbing gab, nannte man das Hänselei. Jeder in der Schule wurde früher irgendwann gehänselt. Fanden wir das als Schüler lustig? Nicht unbedingt. Aber wir haben gelernt, es als Schwäche des Gegenübers einzuordnen. Der, der hänselte, war in Wahrheit schwach, man selbst - obwohl gerne als Opfer gewünscht - war der Starke.
Die heutige Wattepackerei ist aus meiner Sicht kontraproduktiv. Sie verringert nämlich nicht das Mobbing (im Gegenteil, solche In-Watte-Gepackte sind ideale Opfer für noch mehr Hänselei), sondern schafft Gräben.
Wir müssen aufhören, die Welt in Opfer und Täter aufzuteilen. Jeder kann Täter, jeder kann Opfer werden. Und der Starke, der freundlich zu seinen Mitmenschen ist, ist weder Täter noch Opfer. Wir müssen unsere Mitmenschen emotional festigen. Wir müssen wieder aushalten lernen. Nicht Taten, die kriminell sind, sondern alltägliche Frotzeleien oder manchmal sogar das Leben an sich.
Dazu gehört auch, einen unwissenschaftlichen Kreationismus zurückweisen zu dürfen als Alternative für fundiertes Wissen, ohne angefeindet zu werden. Natürlich prallen bei Religion/Naturglaube vs. Naturwissenschaft Welten aufeinander. Das müssen alle aushalten, die auf der einen oder anderen Seite stehen. Doch daraus darf keine faktische Gleichheit der unterschiedlichen Auffassungen abgeleitet werden.
In der Wissenschaft gibt es ähnliche Konflikte, wenn unterschiedliche Hypothesen zu einer Frage aufgestellt werden. Doch am Ende der sachlichen Untersuchung wird sich eine Hypothese mit den besseren Belegen durchzusetzen und zur Theorie und die Kontrahenten geben sich die Hand.
In der Schule sollte jeweils nur die aktuell anerkannte Version gelehrt werden. Naturglaube mag interessant sein, aber eher in "Weltanschauungsgeschichte".
Das Problem, das ich mit woken habe, ist, dass sie oft Argumenten gegenüber verschlossen sind, weil sie ja keinerlei neue Erkenntnis brauchen. Sie besitzen ja schon die absolute Wahrheit. Und mit der würde man am liebsten die ganze Welt unterdrücken. Im Namen von Antirassismus und Gleichberechtigung. Fehler erkannt?
Jörg Elbe am Permanenter Link
Der letzte Absatz erinnert mich doch sehr an das Verhalten von Gottesgläubigen. Insofern erscheint der Wokismus wir eine Religion, die jedoch ohne einen Gott oder mehrere Götter daherkommt.
A.S. am Permanenter Link
In meinen Augen ist der Wokismus nichts anderes als systematische emotionale Erpressung.
Katharina Klein am Permanenter Link
@ Bernd Kammermeier Haben Sie versucht, "machismo" ins Humanistische zu übersetzen?
A.S. am Permanenter Link
Hinter all diesen "Glaubenskriegen" stehen Machtfragen: Wer bestimmt den Diskurs? Wer bestimmt was "wahr" ist?
Feminismus, Wokeismus, Postkolonialismus u.a. sind letzlich nur Ideologien, bei denen es den Verkündern um ihre eigene, persönliche Macht geht. Oder ums Geschäft. Ganz wie bei Religion.
Wissenschaft unterscheidet sich daurch, dass sie sich selbst als vorläufig auffasst und selber permanent fordert, bessere Erklärungen als die aktuellen zu entwickeln. Wissenschaft bejaht Kritik. Ideologie kriminalisiert Kritik.
G.B. am Permanenter Link
@A.S.
Mutant77 am Permanenter Link
Das was als Wokeismus gerade praktiziert wird ist ganz klar der Ersatz von vermeintlich progressiven Menschen für herkömmliche Religion.
Es ist wohl das Gefühl einer fehlenden eigenen Kultur und metaphysischen Weltbild, das dazu führt diese zu suchen. So werden andere - die vermeintlich besseren - Kulturen überhöht und sollen als Heiligtum geschützt werden. Das verbunden mit dem Gefühl der Erlösung das Gute zu tun, ist eine Religion und widerspricht jeder säkularen Weltanschauung. Von Wissenschaft gar nicht zu reden, das ist im Grunde die suche nach dem Zweifel und das finden des neuen. Damit lässt such keine Religion assoziieren.