MÜNCHEN. (hpd) Wie jedes Jahr findet auch heuer am ersten Freitag im März der sogenannte „Weltgebetstag“ statt, diesmal, bezugnehmend auf die biblische Geschichte der wundersamen „Massenspeisung“ am See Genezareth, unter dem Motto „Wie viele Brote habt ihr?“ Ein schreiender Zynismus.
Laut Johannesevangelium soll Jesus zwei Brote und fünf Fische so vermehrt haben, dass fünftausend Menschen davon satt wurden und danach noch „zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten“ eingesammelt werden konnten (Joh 6,1-14).
Partnerland des Weltgebetstages 2011 – genaugenommen heißt das globale Gesinge und Kumbaya-Geklampfe „Weltgebetstag der Frauen“ - ist in diesem Jahr Chile. Mit der Kollekte aus den Weltgebetstagsgottesdiensten weltweit sollen chilenische Frauenprojekte unterstützt werden. Den Weltgebetstag gibt es seit 1887, jedes Jahr mit einem anderen Partnerland. Im letzten Jahr war es Kamerun, das Jahr davor Papua; 1977 wurde die damalige DDR bedacht, 1992 Deutschland, Österreich und die Schweiz zusammengenommen.
Neben den formalen Weltgebetstagsgottesdiensten werden hierzulande auch allerlei öffentliche Weltgebetstagsgebetsveranstaltungen durchgeführt: quer durch die Republik wird auf Plätzen, in Fußgängerzonen und Einkaufszentren gebetet, was das Zeug hält. Zentrales Element des Ganzen ist die Weltgebetstagskollekte, im letzten Jahr wurden allein vom deutschen Weltgebetstagskommittee 2,9 Millionen Euro eingesammelt.
Wieso trotz all des weltumspannenden Betens die Zahl hungernder Menschen in den letzten Jahren dramatisch angestiegen ist - über eine Milliarde Menschen leiden an Unter- oder Mangelernährung -, weiß die hauptamtliche Geschäftsführerin des deutschen Weltgebetstagskommitees, Petra Heilig (!), erwartungsgemäß nicht zu beantworten. Auch nicht die Frage, weshalb der global angesprochene Christengott es zulässt, dass jedes Jahr fast neun Millionen Menschen, Kinder hauptsächlich, an Hunger sterben: alle drei Sekunden ein Kind.
Da wird die spendenträchtig verkündete Mär der wundersamen Brotvermehrung sehr schnell zum schreienden Zynismus.
Colin Goldner