BERLIN. (hpd) Bei der Verleihung des Preises zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmaler in Deutschland bewertete der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Bernd Neumann, die Kirchen als „zentrale kulturpolitische Akteure“. Damit bedient er eine Legendenbildung der Kirchen und trägt offiziell eine dicke Lüge weiter.
Ein Kommentar.
Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung verbreitete am vergangenen Donnerstag in einer Pressemitteilung die Darstellung: „Kirchen sind zentrale kulturpolitische Akteure“.
Dazu schreibt die Stimme der Bundesregierung: „In seiner Rede zur Verleihung des ‚Preises der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (Stiftung KiBa)’ in Rostock erklärte Kulturstaatsminister Bernd Neumann: ‚Die beiden christlichen Kirchen in Deutschland geben zusammen jährlich rund vier Milliarden Euro für die Kultur aus – so viel wie jeweils alle Bundesländer oder alle Kommunen zusammen.’ “ Eine Darstellung, mit der Bernd Neumann bereits seit Januar 2008 öffentlich unterwegs ist..
Er ist damit in bester lobbyistischer Gemeinschaft mit der EKD. Der Ratsvorsitzende der EKD, Präses Nikolaus Schneider, hatte dazu im Juni 2010 erklärt, dass Religion und Kultur untrennbar zusammenhingen und: „Die EKD, die seit 2006 ein eigenes Kulturbüro unterhält, beziffert die finanziellen Aufwendungen für Kulturförderung der evangelischen und katholischen Kirche auf insgesamt rund 4,4 Milliarden Euro im Jahr. Damit liegen die Kirchen den Angaben nach auf einer Ebene mit den Bundesländern (3,4 Milliarden Euro) und den Kommunen (3,5 Milliarden Euro). ‚Das ist eine beeindruckende Zahl, derer wir uns auch in der Kirche erst einmal bewusst werden mussten’, sagte Schneider. Eine Darstellung, die prompt auch vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken aufgenommen wurde.
Diese Darstellungen gehen zurück auf ein Gutachten für die „Enquête-Kommission Kultur“ der 15. und 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages. Ausgehend von einem Auftrag aus dem katholischen Umfeld der CDU sind die Feststellungen des Gutachtens über den 4,4 Milliarden Euro „Beitrag der Kirchen zum kulturellen Leben" nicht nur eine groteske Peinlichkeit für den Gutachter und die daran beteiligten Kirchen, es ist ein wissenschaftliches und politisches Armutszeugnis, dass die Enquête-Kommission ein derartiges „Gutachten" angenommen hat und es nun im Schlussbericht der Enquête-Kommission (BT-Drucksache 16/7000, S. 144 ff.) als Tatsachenbehauptung verbreitet wird. Diese Zusammenstellung von Halbwahrheiten und realitätsfernen Berechnungen kann nur als vorsätzliche Täuschung, als Lüge bezeichnet werden. Und die beste Lüge ist offensichtlich eine, an die man selber glaubt.
Insofern ist es auch bemerkenswert, dass „Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien“, so die offizielle Amtsbezeichnung von Bernd Neumann, als „Kulturstaatsminister“ bezeichnet wird, und damit, in dieser Verkürzung, eine Forderung des ominösen Gutachtens sprachlich umgesetzt wird: die Einrichtung eines Bundesministeriums für Kirchen- und Kulturangelegenheiten.
Carsten Frerk
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