Keine Freiheit, die ich meine

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Felix Thiessen / Foto: F. Navissi

FREIBURG. (hpd) Der Bundesvorsitzende der Jungen Atheisten, Felix Thiessen, war Mitglied in der Partei „Die Freiheit“ geworden. Das löste Irritationen aus. Nach einiger Überlegung hat er jetzt in einem Offenen Brief erklärt, dass seine Mitgliedschaft ein Irrtum war und warum er sie beendet hat.

 

Offener Brief

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder, liebe Kollegen, liebe Mitstreiter,

hiermit möchte ich mich zu meiner Mitgliedschaft in der Partei „Die Freiheit“ äußern, die ich im Mai dieses Jahres beendet habe.

Ich hatte mein Vertrauen und viel Arbeit in eine politische Organisation gesetzt, von der mir viele meiner engsten Vertrauten abrieten, da mich der Großteil des Grundsatzprogramms begeistert und ich die Illusion hatte, die Dinge, die ich für deutlich unzureichend differenziert und für meine humanistische Überzeugung unvereinbar gehalten habe, ändern zu können.

Diese Illusion wurde jedoch bereits am Anfang meiner Arbeit für diese Partei in den Grundfesten zerstört, weshalb ich dann auch die Konsequenzen zog und zügig aus derselben austrat.

Ich habe mein Amt bei den Jungen Atheisten trotz der Proteste aus den humanistisch/atheistischen Verbänden (eingeschlossen meinem) als auch aus der Partei beibehalten und bin heute froher denn je, nach wie vor dieses innezuhaben.

Junge Menschen sind dafür bekannt, hin und wieder idealistisch und aufbrausend zu sein. Ich denke hier keine Ausnahme darzustellen und tatsächlich bin ich auch froh darüber, denn Idealismus bedeutet, sich über seine Ziele und seine Vorstellungen im Klaren zu sein, auch wenn er blind machen kann.

Und so war ich von der Idee überwältigt, meine politischen Ideen in eine noch nicht feststrukturierte Partei einbringen zu können, um diese Partei durch eine menschlich philosophische Komponente zu verändern, deren Fehlen sie meiner Meinung nach berechtigt in einem schwierigen Licht dastehen lassen hat.

Meine Hoffnung war, dass Vieles richtig gemeint, nur falsch formuliert war, die traurige Realität war, dass es meist so gemeint war wie formuliert und noch viel schlimmer.

Ich bin in der Zeit Menschen begegnet, die mir erklärten, Homosexuelle seien krank und ein schwerer Schaden für die Gesellschaft, da sie ja noch nicht mal Kinder bekommen könnten. Auf meine Einwände, sie könnten ja welche adoptieren, schaute man mich schockiert an und entgegnete mir „Toll, damit die auch noch krank werden“.

Aber ich dachte, vielleicht ist das so in einer neuen Partei, egal welcher Richtung oder Strömung, dass man auch einige arme Verirrte am Anfang dabei hat, sich dann aber rasch von ihnen befreien kann. Als dann aber in verschiedenen Sitzungen, an denen ich teilnahm, in ähnlicher Weise völlig unqualifiziert pauschal über andere Bevölkerungsgruppen hergezogen wurde und diese Meinung auch noch bis in den Vorstand befördert wurde, war ich erschrocken und verließ diese Partei.

Auch wenn Viele sich es nicht vorstellen können, aber ich habe in meiner Zeit auch Menschen getroffen, die gebildete, höfliche, freundliche, aufgeschlossene Leute waren,  die mit den oben genannten Erlebnissen nichts zu tun hatten und die ähnlich erschrocken und angewidert waren, als sie von den Vorgängen erfuhren und so bin ich vielleicht nicht der Einzige, der in eine Ruffalle gelaufen ist voll Idealismus, aber mit Sicherheit einer der Jüngsten.

Die Meinung dieses jungen Menschen war, er könne die Welt verändern, aber er stolperte bereits über die falschen Schuhe, die er trug auf dem Weg dorthin.

Bitte sehen Sie mir meine Worte nach, aber wenn ich diese Meinung verlieren würde, müsste ich es gar nicht versuchen und das will ich nicht.

Ich entschuldige mich bei all jenen, die ich durch meinen Aufenthalt in dieser Partei verwirrt, vor den Kopf gestoßen oder gar verletzt habe, bitte aber um Nachsicht und einen Neuanfang, es wäre nicht genug Platz, in diesem Brief meine Beweggründe dezidiert zu äußern, aber es bleibt mir genügend Platz, um Ihnen zu versichern: Ich war Humanist, ich bin Humanist und ich plane bei aller Unvorhersehbarkeit Humanist zu bleiben.

Herzlichst
Felix Thiessen