(hpd) Mit niedlichen Teufelchen startete die katholische Organisation Adveniat eine Geiz-ist-gottlos-Kampagne. Um für sich selbst Gelder einzuwerben, versteht sich, und gegen Probleme anzugehen, die die Kirche selbst verursacht hat.
Wir können es nicht leugnen, wir müssen aufwachen, hinausziehen in die Welt, die Taschen öffnen, vornehmlich doch bitte die mit dem Brief vorne dran. Ja, und wer ist unsere große Leitfigur, unser Lichtstrahl, der uns den Weg aus der alles umfangenden Dunkelheit weist, die sich da Geiz schimpft? Geiz... Verderber, Zermürber der Humanität, großes Laster der Menschheit. Oh wer, wer rettet uns? Doch niemand Geringeres als der Erhalter der Menschlichkeit, das – man verneige sich vor Ehrfurcht – Christentum.
Und, wie könnte es anders sein (ja kann es denn überhaupt anders sein?), muss das vor allem den jungen Menschen, vorzüglich den Jugendlichen, doch am besten den noch jüngeren klar gemacht werden. Christentum – das ist das natürliche Baumharz, das die Liebe unter den Menschen und zu Gott zusammenhält. Am Besten ist Gott zudem der Katalysator, der das Harz noch klebriger macht – oder lieber gleich der Erschaffer von Harz. Hauptsache der Gott ist irgendwie die Liebe und der Erschaffer und das Christentum ist toll... oder so... irgendwie eben... ja...
Und wie macht man jungen Menschen klar, dass das Christentum (und damit natürlich die Kirche) eigentlich so richtig nützlich für die Gesellschaft und die Welt ist? Richtig, man verschweigt die Geschichte des Christentums – oder, und da sind die Christen alles andere als sparsam, man startet 'ne Kampagne. Und welche hat sich da die katholische Missionier... äh, Hilfsorganisation ADVENIAT überlegt? (Man beachte die äußerst interessant klingende Übersetzung: Er bzw. es komme/möge kommen. Das klingt zwar mehr wie ein Schlachtruf der Zeugen Jehovas, doch die sind ja noch eigener Aussage viel zu human denkend, als dass sie in diverse Schlachten zögen. Wie kämen schwulen- und wissenschaftsfeindliche Sektierer auch auf solche Ideen?)
Doch zurück zu ADVENIAT. Die Organisation hat nämlich wieder einmal in der katholischen Mottenkiste gestöbert und ein wunderschön christliches Klischee aus dem Papstärmel gezaubert. Geiz ist gottlos, so der Titel der Kampagne, die direkt jüngere Menschen ansprechen und auf die Ungleichheiten zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern hinweisen soll. Eines mal vorweg: Natürlich gibt es große, ja gar monströse Unterschiede bezüglich der Lebensqualität der verschiedenen Regionen der Welt. Und natürlich liegt es jedem human denkenden Menschen am Herzen, diese Disparitäten möglichst zu minimieren. Und es ist äußerst lobenswert, wenn Organisationen – seien sie humanistisch oder religiös motiviert – in diese Länder gehen, um zu helfen.
Doch halten wir auch einmal fest, was gerne unerwähnt bleibt. Ein wichtiger Faktor (keineswegs der Ausschlag gebende) für die Armut dieser Länder ist nicht zuletzt die Religion bzw. die religiöse Vergangenheit dieser Länder. Betrachten wir uns einmal Südamerika. Ein stark katholisches Stück Erde. Ein Stück Erde, dessen teils erbärmliche Entwicklung zweifelsfrei auf den Einfluss der ehemaligen (christlichen!) Kolonialherren und deren von Blut durchtränkte Willkürherrschaft zurückzuführen ist. Hier seien insbesondere Spanier und Portugiesen genannt. Und heute? Die obere klerikale Schicht ist größtenteils korrupt, bereichert sich auf Kosten der Armen, sorgt dafür, dass Freidenker schweigen (wenn auch nicht mehr mit Scheiterhaufen, obwohl sie das bestimmt als bequemes Mittel ansehen würde). Falsche Vorstellungen über Verhütungsmittel, den Glauben an einen Teufel und eine Hölle, und weitere christliche Hirngespinste bilden einen von vielen Klötzen, die das Rad des Umbruchs behindern.
Nicht zu unterschätzen sind zudem die wahren Absichten kirchlicher bzw. kirchennaher „Hilfs“-Organisationen. Bei so mancher dieser Organisationen ist die Missionierungsabsicht nicht wegzudiskutieren.
Und Geiz ist gottlos? Der Katholizismus könnte kaum plumper für seinen Glauben werben. Auf der entsprechenden Homepage findet man unter der Rubrik „Kampagne“ folgenden Textausschnitt unter der Frage Geiz ist gottlos?:
Wer geizt, hat nichts übrig.
Nichts für andere.
Nichts für Liebe.
Und was ohne Liebe ist, ist ohne Gott.
Lieblosigkeit ist gottlos.
Lieblosigkeit macht trostlos.
Geiz ist gottlos.
Was wie die Einleitungsworte für ein theologisches Anfängerseminar klingt, ist in Wahrheit der halbherzige Versuch eines unglaubwürdigen Katholizismus, Anhänger unter denen zu finden, die noch am leichtesten beeinflussbar sind, den jungen Menschen.
Doch „altruistisches“ Verhalten, Mitmenschlichkeit, Ethik, Humanismus braucht keine Götter – und einen einzelnen erst recht nicht, ob er nun dreigeteilt oder am Stück auftritt.
Und bei all den Spendenaufrufen, bei all den Becherrasslern, da frage ich mich persönlich – heißt es doch immer, schon ein Euro sei eine große Hilfe – ob denn der alte Mann in Rom die Spenderhosen schon angehabt und die millionenschweren vatikanischen Konten für die Armen dieser Welt geöffnet hat.
Nun, man wird ja noch glauben dürfen.
Dennis Häufglöckner