Nicht-religiöse Menschen erfahren in 85 Ländern weltweit Diskriminierung, in 7 Ländern werden sie sogar aktiv politisch verfolgt. So das Ergebnis des Freedom of Thought Report 2017, den die International Humanist and Ethical Union (IHEU) in der vergangenen Woche veröffentlichte.
Seit 2012 veröffentlicht die International Humanist and Ethical Union (IHEU) jährlich einen Bericht darüber, wie es um die Diskriminierung und Verfolgung von Atheisten, Humanisten und Nicht-Gläubigen aller Art weltweit bestellt ist – den Freedom of Thought Report (Gedankenfreiheits-Bericht). Bereits der Vorjahresbericht kam zu dem Ergebnis, dass es eine neue weltweite Welle der Unterdrückung von humanistischen Werten und Säkularismus gibt. Ein Trend, der sich laut dem jüngst veröffentlichten Bericht für das Jahr 2017 auch in diesem Jahr fortgesetzt hat.
Der Bericht dokumentiert, dass nicht-religiöse Menschen in 85 Ländern weltweit unter Diskriminierung leiden. In 7 Ländern werden sie mit staatlicher Unterstützung aktiv politisch verfolgt, in 12 Ländern steht auf den Wechsel der Religion oder den Abfall vom Glauben die Todesstrafe. In mehreren Ländern wurden im Verlauf der vergangenen zwölf Monate Nicht-Gläubige aufgrund ihres Nicht-Glaubens ermordet.
Die Verfasser des Freedom of Thought Report 2017 weisen darauf hin, dass die Fälle von politischer Verfolgung und von Mord an Nicht-Gläubigen nicht als isolierte Ereignisse betrachtet werden dürfen. Vielmehr zeige sich in ihrer Zunahme ein "Muster des weltweiten Rückschritts". Während derzeit der Fokus der globalen Aufmerksamkeit auf der zunehmenden Verbreitung von Populismus und autoritären Regierungen liege, müsse man sich darüber klar werden, dass die wahre Bedrohung von demokratischen Normen und Menschenrechten Diskussionen um "Fake News" bereits jetzt bei Weitem übersteige.
"Immer mehr Menschen kommen zu uns (...) aus Saudi Arabien oder Afghanistan oder Pakistan und erzählen: 'Ich bin Humanist' oder 'Ich bin Atheist, aber ich kann nicht frei sprechen (…), nicht mal online", sagt IHEU-Präsident Andrew Copson. "Sie haben Angst, dass man sie angreift oder vielleicht sogar tötet. Dieser Bericht zeigt, dass das keine unbegründete Angst ist. In mehreren Ländern wurden Menschen umgebracht und ihre Mörder gingen weitgehend straffrei aus. Die internationale Gemeinschaft darf nicht mit ihrem Kuschelkurs gegenüber Staaten fortfahren, die das Ablegen der Religion als Kapitalverbrechen kriminalisieren. Wir rufen die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Verfolgung von Humanisten und Atheisten zu verurteilen und mit Verfechtern der Menschenrechte auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten, um diese Ungerechtigkeit zu beenden."
Vor allem in vorwiegend muslimischen Ländern werden Atheisten, Humanisten und Nicht-Gläubige aller Art diskriminiert. Doch nicht nur dort. Auch in nicht-muslimischen Ländern erfahren nicht-religiöse Menschen Diskriminierung – das gilt auch für Deutschland, an dem der Freedom of Thought Report 2017 einiges zu bemängeln hat. Beispielsweise, dass es dort – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – noch immer ein 'Blasphemie-Gesetz' gibt, das für die Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen Gefängnisstrafen vorsieht, führt zu einer Negativ-Einstufung Deutschlands. Doch auch die vielfältige staatliche Bevorzugung und finanzielle Unterstützung religiöser Vereinigungen und Organisationen durch den Staat kritisiert der Bericht.
Der Freedom of Thought Report 2017 steht als Download zur Verfügung. Möglich ist außerdem die Nutzung einer interaktiven Weltkarte, über die Informationen jeweils pro Land abgerufen werden können.
12 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Negativ-Einstufung Deutschlands" - einverstanden.
Nico Schmelzle am Permanenter Link
Hallo Hans,
ich persönlich finde die Einstufung Deutschlands überzogen, insbesondere wenn man nur einen Blick auf die Weltkarte wirft. Bei aller begründeten Kritik an Kirchenprivilegien in Deutschland halte ich die Einstufung orange, d. h. systematische Diskriminierung, für irreführend. Ich fühle mich im Alltag nicht diskriminiert und erlebe eine sehr offene Gesellschaft, die zu großen Teilen religionsfern lebt.
Wenn Deutschland in der Weltkarte orange dargestellt wird, wird damit die katastrophale Situation in anderen Ländern (rot bzw. dunkelrot) relativiert. In der anderen Richtung finde ich es auch verwunderlich, dass die USA als grün (frei und gleich) eingestuft wird. Ich frage mich, wo sich wohl mehr Menschen als Atheisten "outen", in Deutschland oder in den Vereinigten Staaten?
Gruß
Nico
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ja, Nico, so hat halt jeder seine persönliche Einschätzung. Ist auch gut so.
Kay Krause am Permanenter Link
Die heutige weltweite Diskriminierung und Verfolgung Andersdenkender ist lediglich die Fortsetzung einer Jahrtausende alten Tradition! Der "hpd" hilft dabei, diesem Unwesen entgegen zu wirken.
Wolfgang am Permanenter Link
Man kann ja Atheisten alles mögliche anhängen, aber nicht die Scheinheiligkeit!
Der Mensch hat Millionen Jahre benötigt, um zu seinem aufrechten Gang zu kommen und dann machten die Religionen den Menschen wieder zu einem Kriechtier, körperlich und geistig.
Michael Lappe am Permanenter Link
In allen Punkten "einverstanden"!
Gerhard am Permanenter Link
Weshalb diskriminiert das "Blasphemie-Gesetz" denn nicht-religiöse Menschen, es gilt doch sowohl für religiöse als auch für nicht-religiöse Menschen?
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
Das Problem ist mitunter, dass atheistische Weltanschauungsgemeinschaften den 166 StGB niemals gegen Angriffe durch religiöse nutzen können wird, da Atheisten schlichtweg das allwissende allmächtige Wesen höherer Würd
Das heisst der Paragraph schützt damit de facto religiöse Überzeugungen mehr, da deren Inhaber der Natur der Sache nach und wie die Geschichte zeigte gewaltbereiter sind. Dies diskriminiert Atheisten.
Das besondere des deutschen Blasphemieparagraphen ist ja, dass nicht religiöse Vorstellungen sondern die öffentliche Ordnung geschützt werden. Das heisst wenn ich mich über religiöse Vorstellungen lustig mache und die Religiösen einen Lynchmod organisieren, dann werden nicht die die mich lynchen wollten bestraft, sondern ich weil ich der Anlass für die Entstehung des Lychmobs der die öffentlich Ordnung stört bin.
Oder anders. Weil insbesondere Muslime häufiger mit Gewalt reagieren könnte man dem Blasphemiker unterstellen, dass er durch ketzerische Äußerungen die Terrorgefahr erhöhe, diese also geeignet sind die öffentliche Ordnung zu stören - also den Tatbestand des 166 StGB erfüllen. Der Blasphemiker wird also bestraft, weil die Religiösen als gewaltbereit gelten. Dies macht wenn ohne Rücksicht auf Meinungsfreiheit angewandt jegliche Religionskritik, die auch immer Teil einer Atheistischen Weltanschuung ist, zu einem zu sanktionierenden Delikt. Nicht weil die Kritik so verletzend ist, sondern weil die Religiösen als unreif, nicht kritikfähig und Gewaltbereit gelten.
Müsste man nicht vielmehr eine Organisation oder Lehre die im besonderem Maße gewaltbereite Menschen hervorbringt verbieten, denn die Kritik an dieser Organisation oder Lehre zu sanktionieren?
Hubert Gossens am Permanenter Link
Das Problem heute ist, dass natürlich alle religiösen Organisationen auch fest organisiert sind, während Atheisten in vielfältigen Erscheinungsformen ohne feste Organisation dastehen, was einerseits sehr positiv ist,
Wenigstens den evolutionären Humanismus sollte man viel mehr public machen undstärker in eine eigene festere Organisationsform bringen
Wolfgang am Permanenter Link
Wahre Atheisten sind deshalb weniger organisiert, weil sie etwas gegen "Vereinsmeierei" haben und das gerade auf dem religiösen Gebiet sehr stark vertreten wird. Theologen= Vereinsvertreter.
Dieter Bauer am Permanenter Link
Erschaffe eine Scheinwelt, die sich allem Beweisbaren entzieht, so ist die Fantasie grenzenlos.
E. H. am Permanenter Link
Religion ist das Gift, das den Geist vergiftet.
Religion ist der Wurmfortsatz des Aberglaubens.