Honigbienen lernen Nullkommanix

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Honigbiene
Honigbiene

Wie aktuelle Forschungen zeigen, haben Honigbienen ein numerisches Verständnis für die Zahl Null. Bienen sind in der Lage, Kategorien wie "gleich" vs. "unterschiedlich" oder "symmetrisch" vs. "nicht symmetrisch" zu lernen.

Die Revolution der Null

Die Inder waren wohl die ersten, die die Null bereits vor 2000 Jahren verwendeten. Es sollte noch etwa 1000 Jahren dauern, bis die Araber die Zahl nach Spanien brachten, von wo sie sich mit den anderen arabischen Zahlen schnell in ganz Europa durchsetzte und das schwerfällige System der römischen Zahlen ablöste. Das Konzept von "nichts ist weniger als etwas" gab es aber sicherlich schon vor Einführung der Null.

Bienen haben ein Verständnis für die Null

Konditionierungs-Studien konnten zeigen, dass auch Affen und Papageien ein numerisches Verständnis der Null haben. Doch nun überraschte ein internationales Team von WissenschaftlerInnen aus Australien und Frankreich mit ihrer Studie an Honigbienen.

Sie konditionierten die Insekten auf weiße Täfelchen mit Mengensymbolen (siehe Abb.), von denen entweder die Täfelchen mit den vergleichsweise vielen oder die mit den wenigen Symbolen mit einer Zuckerlösung ausgestattet waren.

Bienen sind in der Lage Kategorien, wie "gleich" vs. "unterschiedlich" oder "symmetrisch" vs. "nicht symmetrisch" zu lernen. In der aktuellen Studie konnten die schlauen Honigsammlerinnen nun zeigen, dass sie auch die Kategorie Menge ("wenig" vs. "viel") lernen können. Das Überraschende: Sie waren darüber hinaus in der Lage "nichts" mit "weniger als etwas" gleichsetzen zu können.

Abb.
Abb.

Belohnte man sie in der Lernphase, wenn sie die "weniger" Täfelchen anflogen, entschieden sich etwa 65 von 100 Bienen im (unbelohnten) Test für die völlig unbekannten leeren Täfelchen (siehe Abb.), also signifikant mehr als wenn sie zufällig entschieden hätten. In einem zweiten Versuch lernten die Bienen, dass eine Anzahl von ein oder zwei gegenüber vielen Symbolen stets belohnt wurde. Im Test ("zwei" vs. "nichts") waren sie jedoch unentschlossen (50:50).

Die WissenschaftlerInnen interpretieren das Ergebnis mit einem Lern-Konflikt: Wird die Anzahl "zwei" oder die Kategorie "weniger" belohnt? Man könnte das Ergebnis aber auch anders interpretieren: Die Bienen haben in diesem Versuch einfach nicht gelernt.

Je stärker der Unterschied zu Null, desto besser lernten die Bienen

In einem dritten Versuch lernten die Versuchstiere jedoch den Unterschied zwischen "nichts" (null) und "etwas" ("eins" bis "sechs"), wobei die leeren Täfelchen immer belohnt wurden. Im (unbelohnten) Test zeigten sie, dass ihr Lernvermögen mit dem Kontrast zwischen den Anzahlen stieg: Je größer die Differenz der angebotenen Stimuli, desto besser der Lerneffekt, bei "null" vs. "sechs" entschieden sich z. B. etwa 75 von 100 Bienen für "null". Kritiker könnten einwenden, dass die Tiere einfach auf die Anzahl der Pixel konditioniert wurden. Das haben die WissenschaftlerInnen aber ausgeschlossen, weil die schwarze Fläche der Symbole bei allen Anzahlen gleich groß war.

Sind Bienen nun besonders schlau oder ist das Konzept der Null sehr einfach?

3-6jährige Vorschulkinder können die Null jedenfalls nicht hundertprozentig links von der Zahl 1 einordnen, Erwachsene hingegen schon. Da in der Wissenschaft leider selten negative Ergebnisse veröffentlicht werden, wissen wir nicht, ob ähnliche Versuche bereits mit Mücken oder Regenwürmern gemacht wurden, jedoch scheiterten. Ein Negativbeispiel für eine andere Tierart würde zumindest mich noch mehr überzeugen.

Howard et al. 2018: "Numerical ordering of zero in honey bees", Science Vol. 360, Issue 6393, pp. 1124–1126.