„Der Mensch ist das Leben…“

Hominide nackte Altwelt-Trockennasenaffen

Um eine „haarige Sache“ ging es auch im nächsten Vortrag. Colin Goldner berichtete über die Geschichte der Behandlung der Großen Menschenaffen seit dem 17. Jahrhundert, über die (verzweifelte) Suche nach der Grenze zwischen Mensch und Tier, die besonders durch die Menschenaffen gefährdet erschien. Eine der Grundlagen dafür war und ist die biblische Überlieferung und Interpretation, „Macht euch die Erde untertan und herrscht!“, also auch über die Tiere. Die entstehende Diskussion über Mensch und Tier in der Aufklärung wurde vehement von Adel und Klerus unterdrückt.

Linné hat es dann gewagt, Menschen und Großaffen in die gleiche Gruppe der Primaten einzuordnen. Allerdings musste er auch noch scholastische Winkelzüge machen, um die überlegene Intelligenz des Menschen zu erhalten. Galten doch bis dahin die Schimpansen als „indische Satyre“, meist mit erigiertem Phallus. Dieses geile Böse musste natürlich weggesperrt werden, am besten hinter Gitter und Panzerglas. Auch heute werden in deutschen Zoos noch immer Menschenaffen  weggesperrt. Schutzlos dem Gaffbedürfnis preisgegeben.

Es ist seit Jahrzehnten belegt, dass der nächste genetische Verwandte von Schimpanse und Bonobo nicht der Orang-Utan ist, sondern der Mensch. Aber die Versuche, die Sonderstellung des Menschen zu begründen, hören nicht auf. Colin Goldner hat einen schier unerschöpflichen Vorrat an Beispielen, die die behaupteten Unterschiede zwischen den großen Menschenaffen und dem Mensch immer mehr einebnen.

Die Sachlage ist eindeutig, dass die Schimpansen und Bonobos mit dem Menschen in eine Gruppe gehören und ihnen der gleiche Respekt entgegen gebracht werden sollte. Das ist eines der Ziele des „Great Ape Projects“: Das Recht auf Freiheit und das Recht auf Unverletzlichkeit in einer Gemeinschaft der Gleichen. Seit einigen Jahren stagnierte das Projekt und wurde 2011 von der Giordano-Bruno-Stiftung wieder aufgenommen. Zuletzt scheiterte der Schutz der Menschenaffen in Spanien gegen den erbitterten Widerstand der katholischen Kirche.

Alter Papst – neuer Papst

Der Übergang zum Thema des Vortrags von Hubertus Mynarek „Die Entwicklung im Vatikan: alter Papst – neue Papst“ war damit gebaut.

Was sagte die Kanzlerin nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI? „Einer der größten Denker sei zurückgetreten.“ Auch der Bundespräsident äußerte sich ähnlich. Aber es gibt einen Unterschied zwischen einem religiösen und einem theologischen Denker. Und, so Mynarek: „Vergessen Sie alles, was dieser Papst von sich gegeben hat!“

Der junge Ratzinger war noch ein offener Geist und betonte die Agnostik des Glaubens, den Gläubigen als Suchenden. Aber kaum war er Papst, ließ er alle Insignien des mittelalterlichen Papsttums aus den Archiven holen.

Und der Neue? Ein Diktator des Lächelns, von dem man keine Beweise für sein Lächeln erwartet. Sind seine bejubelten ‚menschlich bescheidenen’ Gesten ein Zeichen? Nein, meint Mynarek, er wird nichts verändern, er wird keinen einzigen Cent aus dem Vermögen des Vatikans für die Armutsbekämpfung geben. Er wird die Armen mit Worten bereichern und er wird Frauen Nettes sagen, aber wird Ihnen kein Priestertum erlauben.

Wenn dieser Papst sich entscheiden würde, nur einige wenige der tradierten Dogmen in den Müll zu werfen, das wäre revolutionär. Wird er das Zölibat aufheben? Nein, wird er nicht. Es wird bei der „strukturellen Heuchelei“ zu den verschiedensten Frauenverhältnissen von Priestern bleiben. Dazu berichtete Hubertus Mynarek Humoriges und Groteskes aus seinem eigenen Leben.

Jesus selber war ein „religiöser Chauvinist“, der die Heiden verachtete. Später wurde er mit göttlichen Attributen ausgestattet. Gott, so Mynarek, spielt in der katholischen Kirche überhaupt keine Rolle, allein auf Jesus kommt es an. Erst die Protestanten haben mit der ‚Reinigung des Glaubens’ (keine Engel, etc.), Gott wieder in den Mittelpunkt gerückt.

Zudem ist der neue Papst selber Jesuit, die einen absoluten Gehorsam gegenüber dem Papst fordern. Er wird, als Papst, kein Dogma verändern. Die „heilige Ordnung“ wird bleiben.

Wofür es sich zu leben lohnt

Dr. Dr. Joachim Kahl nimmt das Vorwort Bertrand Russell’s Autobiographie zum Anlass für seinen Vortrag. Dieser Text, den Russel mit 95 Jahren veröffentlichte, darf als humanistischer Lebensentwurf betrachtet werden. Er stellte den Text nicht nur vor, sondern verlas ihn in Gänze.