Frei und immer noch unverdrossen

INTERNET. Am 22. April 2007 feierte das Freigeisterhausforum sein 5-jähriges

Bestehen. Das ist im schnelllebigen Internet schon eine beachtliche Lebensdauer. Man kann diesem Internet-Forum eine bewegte Geschichte attestieren, mit etlichen Brüchen und Neuanfängen.

Der hpd hatte Gelegenheit, mit dem „Hüter der Matrix" zu sprechen, um anlässlich dieses ‚Jubiläums' einen kurzen Rückblick für die neu Hinzugekommenen zu dokumentieren.

 

hpd: Wenn das Freigeisterhaus nun fünf Jahre besteht, muss es nach Adam Riese im Jahr 2002 begründet worden sein?

HdM: Entstanden ist die Idee, ein modernes deutschsprachiges Diskussionsforum für Atheisten, Agnostiker und Freidenker im Internet zu etablieren, bereits im Jahre 2001. Zur damaligen Zeit gab es im säkular/freigeistigen Spektrum diverse Gästebücher und einfach strukturierte Webforen. Ein attraktives Webforum, welches mit Plattformen wie dol2day oder dem Politikforum mithalten konnte, gab es jedoch nicht. Daher fragte der Forengründer ihm bekannte Internetaktivisten der säkular/freigeistigen Szene, ob Bedarf für ein modernes Diskussionsforum bestände und ob man dies unterstützen würde. Unter anderem sprach er auch den Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) an. Der IBKA zeigte zwar verhaltenes Interesse, konnte sich dann aber letztlich doch nicht dazu durchringen, ein neues Diskussionsforum durch eine offizielle Trägerschaft zu unterstützen.

hpd: Normalerweise wäre diese mangelnde Unterstützung doch ein Grund, mit einem derartigen Projekt gar nicht erst zu beginnen.

HdM: Der Forengründer lies sich zum damaligen Zeitpunkt aber nicht entmutigen und eröffnete am 22. April 2002 das Freigeisterhausforum. Der Name "Freigeisterhaus" wurde zuvor im internen Diskussionsbereich der "Antichristlichen Initiative" (SCI) bei dol2day im Rahmen eines Brainstorming geboren.

hpd: Das hört sich dann aber doch sehr einfach ein, ein derartiges Forum zu eröffnen.

HdM: Menschen, die niemals selbst ein Diskussions-Forum gegründet haben, können vermutlich kaum nachvollziehen, wie viel Energie und Zeit man da investieren muss, um es zum Erfolg zu führen. Die Technik spielt da eine untergeordnete Rolle. Werbung, Werbung und noch einmal Werbung für die Teilnahme ist notwendig. Ein Forum braucht eine kritische Masse an Usern, damit es wiederum für neue User interessant ist. Das ist die eigentliche Herkulesaufgabe, die man bewältigen muss. Hieran scheitern üblicherweise 80 Prozent aller neuen Diskussionsforen.

hpd: Da das Freigeisterhaus heute ja noch existiert, sind dort also diese Aufgaben erfolgreich gelöst worden.

HdM: Nein, erst einmal nicht. Kurz nach der Eröffnung des (alten) Freigeisterhausforums etablierte sich ein neues Diskussionsforum, welches die gleiche Zielgruppe adressierte. Das "Denkerforum" bot ihren Usern im Gegensatz zum Freigeisterhausforum einen attraktiven Spaßbereich. Mit der Zeit wanderten immer mehr Stammuser des Freigeisterhausforums in das Denkerforum ab. Nachdem der IBKA ein erneutes Angebot zur Übernahme abgelehnt hatte, wurde das Freigeisterhausforum im November 2002 vom Forengründer an den Betreiber des Denkerforums übergeben. Aufgrund zwischenmenschlicher Konflikte zwischen dem Betreiber des Denkerforums und seiner Community wurden dann jedoch das alte Denkerforum (zusammen mit dem alten Freigeisterhausforum) überraschend von seinem Betreiber gelöscht.

hpd: Heißt das so in etwa, „Gelöschte leben länger"?

HdM: Wenn es dafür Geburtshelfer gibt, ja. Nach der Löschung beider Foren gab es im Juli 2003 einen Neuanfang. Dank der Initiative zweier Userinnen des Denkerforums wurde kurz nach der Abschaltung beider Internetforen unter der Domain humanisten.the.abc.de ein Auffangforum für die Communities des Denkerforums und des Freigeisterhausforums eröffnet. Nach einem kurzen Intermezzo entschloss sich dann der IBKA, das Freigeisterhausforum unter IBKA-Trägerschaft auferstehen zu lassen, aber dennoch eine relative Unabhängigkeit des Forums zu gewährleisten. Und der Forengründer des (alten) Freigeisterhausforums kehrte als technisch Verantwortlicher zum Forum zurück.

hpd: Hatte diese offizielle Trägerschaft des IBKA nun Konsequenzen?

HdM: Zuvor wurde das Freigeisterhaus/Denkerforum vom jeweiligen Admin in Eigenverantwortung geführt. Nun wurden Elemente der Usermitbestimmung und ein festes Regelwerk eingeführt. Aufgrund der Probleme mit den Forum-Administratoren wurde eine grundsätzliche Trennung zwischen technischer und inhaltlicher Administration implementiert. Das (neue) Freigeisterhausforum vereinigt seit 2003 die Traditionen und Communities des alten Freigeisterhausforums und des ehemaligen Denkerforums. Dazu besitzt das Forum für die freigeistig säkulare Szene eine Rahmen- als auch Inkubatorfunktion, die weit über den Rahmen des IBKA hinausgeht. So beherbergt das Freigeisterhausforum die öffentlichen Foren für die Giordano Bruno Stiftung, für den Zentralrat der Ex-Muslime und für das Deschner Portal. Ideen wie Athpedia und die neue Hochschulgruppe für Säkularisierung sind in den internen Foren des Freigeisterhauses geboren worden. Manche Initiativen wie die neue Hochschulgruppe für Säkularisierung verlassen das Freigeisterhaus, damit sie unabhängig von den Sachzwängen eines großen Internetforums ihre eigenen Strukturen aufbauen können.

hpd: Das hört sich beinahe wie „Alles eitel Sonnenschein an" oder gab und gibt es auch Probleme?

HdM: In einem so lebhaften Forum wie dem Freigeisterhaus bleiben natürlich zwischenmenschliche Konflikte nicht aus. Das liegt nun mal in der Natur des Menschen und lässt sich auch nicht gänzlich vermeiden. Da spielen persönliche Sympathien und Antipathien, aber auch weltanschauliche Differenzen eine große Rolle. Es ist dem Team des Freigeisterhauses zu verdanken, dass solche Konflikte in einer möglichst sachlichen Atmosphäre gelöst werden können.

hpd: Danke für die Informationen und viel Erfolg für die kommenden fünf Jahre.

Die Fragen stellte Carsten Frerk.