Im Juni dieses Jahres fanden in Mexiko Wahlen statt. Gewählt wurden dabei die Abgeordneten des Bundes. Zudem wurden weitere Posten auf Bundes- und Landesebene sowie in den Rathäusern neu besetzt. Für Mexiko war es eine der gewalttätigsten Wahlen mit über 30 Toten und fast 800 weiteren Übergriffen von Schlägen bis zu Entführungen.
Mitten im Wahlkampf fand sich auch die katholische Kirche, die ihre Chancen nutzte, die zahlreichen katholischen Menschen dazu aufzurufen "Kandidaten zu wählen, die ihre Werte vertreten".
Für Mexiko waren die Wahlen im Juni 2021 die bisher größten. Gewählt wurden 500 Bundesabgeordnete, 30 Lokalkongresse, 15 Gouverneur*innen, 1.900 weitere Personen für Posten auf lokaler Ebene, in zum Beispiel Rathäusern. Seit September 2020 ein großes Thema im Land, das mit Gewalt und Drogenhandel zu kämpfen hat. Allein der Wahlkampf kostete 35 Menschenleben und führte zu 782 Gewalttaten wie Prügel, Entführung oder Vergewaltigung. Ein Umstand, den die meisten Organisationen, unter ihnen auch die katholische Kirche, thematisierten.
Noch immer bezeichnet sich die Mehrheit der Personen in Mexiko als katholisch. Ein Umstand, den die katholische Kirche nutzte, um ihre Rolle festzulegen, ihren Einfluss im Wahlkampf geltend zu machen. Unterstützen wollte die Kirche ihre Gläubigen vor allem dabei, am politischen Geschehen teilzunehmen, gegen Gewalt und Korruption anzuwählen und die Kandidaten zu finden, die die eigenen Werte vertreten. Ihre Aufgabe sah die Kirche auch darin, nicht zu schweigen und sich dem Bösen entgegenzustellen, welches sich auf zahlreiche Arten manifestieren könne. Eine wohl nicht geringe Aufgabe für eine Glaubensgemeinschaft, bei der noch hunderte Fälle sexueller Übergriffe auf Minderjährige offen sind.
Um während der Pandemie möglichst viele Menschen zu erreichen, richtete das Magazin Desde la fe (Aus dem Glauben), das Sprachrohr der Erzdiözese Mexiko Stadt, drei Online-Foren unter dem Titel Wahlen im Hinblick auf den Glauben ein. Erreichbar über soziale Medien wie Facebook oder YouTube, aber zum Beispiel auch über die Seiten der mexikanischen Bischofskonferenz und der katholischen Hochschule Universidad Pontificia de México. In diesen drei Foren, die am 6., am 20. und am 27. Mai stattfanden, sollten gesellschaftlich relevante Fragen besprochen und Möglichkeiten zum Ausloten guter Kandidaten gefunden werden.
Das erste Forum sollte sich um den Wiederaufbau des sozialen Gefüges mit einem würdigen Leben für alle und das Thema Einwanderung und Menschenwürde an den Grenzen drehen. Eingeladen zu sprechen waren unter anderem Bischöfe, Priester, eine Expertin zum Thema Gewalt, Sicherheit und Waffenkontrolle, eine Betroffene von Gewalt sowie eine Leiterin einer Organisation, eine Politikerin und ein Leiter einer Unterkunft für Migranten. Das zweite Forum vom 20. Mai umfasste Politik und Gemeinwohl und wurde besprochen von einem Erzbischof sowie Sprecher*innen zu Politik-Ethik und Kommunikation. Das dritte und letzte Forum vor der Wahl sollte drei Möglichkeiten besprechen, um das soziale Gewebe des Landes zu reparieren. Ins Auge gefasst wurden die Armut sowie die Entwicklung des Menschen, die ökonomische Krise und die Ökonomie Papst Franziskus' sowie das Leben, die Familie und Erziehung als Grundlage für den Frieden. Mit dabei waren neben religiösen Sprechern auch ein Verantwortlicher einer Einrichtung zur Speisung Bedürftiger sowie der Direktor der Caritas in Mexiko.
In den drei mehrstündigen Foren wurden nicht nur Segenswünsche ausgetauscht. Auch die Gewalt gegen Politiker*innen, gegen Frauen, die Armut und weitere wichtige Themen wurden besprochen. Für die Kirche womöglich unangenehme Themen wie das immer noch herrschende Abtreibungsverbot oder die Kandidatur von Valeria Barrientos Velázquez, einer Politikerin mit Transhintergrund, die für die grüne Partei antrat, wurden ausgespart. Während keine Namen von Kandidat*innen oder Parteien genannt wurden, wurde doch immer wieder darauf hingewiesen, dass es notwendig sei, Kandidaten, die die Werte der Kirche und der Gläubigen vertreten, zu wählen.
Wie viele Menschen den Foren gefolgt sind, ist unklar. Während die auf der sozialen Plattform Facebook von Signis, einer weltweit agierenden katholischen Kommunikationsorganisation, geteilten Videos nur wenig Aufmerksamkeit erhielten, schauten allein bei YouTube mehrere Tausend Menschen zu.
Nach den Wahlen rief die katholische Kirche dazu auf, das Wahlergebnis zu akzeptieren, Wahlversprechen einzuhalten und im Dialog zu bleiben. Zugelegt hatten bei den Wahlen besonders die Grünen und die Christdemokraten. Stimmen verloren hatte dagegen vor allem die sozialdemokratische Partei.