Missbrauch im Bistum Trier

Nach Missbrauchsbericht: Bischof Ackermann zum Rücktritt aufgefordert

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Matthias Katsch ("Eckiger Tisch", links) bei einer Kunstaktion 2020 im Gespräch mit Stephan Ackermann (Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz).
Matthias Katsch im Gespräch mit Stephan Ackermann

Vergangene Woche wurde der erste Zwischenbericht der "Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums Trier" veröffentlicht. Seitdem steht der Trierer Bischof Stephan Ackermann in der Kritik. Vom Saarbrücker Oberbürgermeister wurde er sogar zum Rücktritt aufgefordert.

In ihrem ersten Zwischenbericht erhebt die "Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums Trier" schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen des Bistums. Jahrzehntelang sei der sexuelle Missbrauch durch Priester vertuscht worden, bekannte Missbrauchstäter seien innerhalb und außerhalb des Bistums versetzt worden – unter anderem um die Täter vor Strafverfolgung zu schützen – und an den neuen Tätigkeitsorten habe man überdies keinerlei Maßnahmen getroffen, um potenzielle neue Opfer vor Missbrauch durch diese Täter zu bewahren. Bislang konnte die Kommission 513 Betroffene und 195 überführte und beschuldigte Täter im Untersuchungszeitraum 1946 bis 2021 identifizieren.

Die Ergebnisse des Zwischenberichts weisen große Parallelen auf zu den Ergebnissen der im Juni vorgestellten Missbrauchsstudie im Bistum Münster. Was nicht überraschend ist, erklärte doch auch die Trierer Kommission, das Bistum Trier sei "als Teil einer Weltkirche zu verstehen, in der bis in die jüngste Vergangenheit Vertuschung sexuellen Missbrauchs an der Tagesordnung war".

Der Zwischenbericht führte vor allem zu massiver Kritik am aktuellen Bischof von Trier, Stephan Ackermann, der zugleich seit 2010 Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist. Der Verein Missbrauchsopfer und Betroffene im Bistum Trier (MissBiT) warf Ackermann vor, seine Reaktion auf die neuen Zahlen sei "völlig empathiefrei" gewesen: "In seinem Pressestatement und einer Videobotschaft plaudert Bischof Ackermann anteilnahmslos, dass er die Ergebnisse und Empfehlungen annimmt und mit dem Beraterstab besprechen wird. Dass die Anzahl der Betroffenen und Täter deutlich höher ist [als in der MHG-Studie von 2018 – d. Red.], übergeht er mal eben so wie eine schlechte Halbjahresbilanz in einem DAX-Unternehmen."

Einen Schritt weiter ging der Oberbürgermeister von Saarbrücken, Uwe Conradt. "Es ist Zeit, dass Amtsträger, insbesondere der ehemalige Trierer Bischof Reinhard Marx und der aktuelle Bischof Stephan Ackermann Verantwortung übernehmen und von ihren Ämtern zurücktreten", so Conradt in einem Statement, das er unmittelbar nach Bekanntwerden des Zwischenberichts auf seinen Social-Media-Kanälen veröffentlichte. Zwar sei der Missbrauch in der ganzen Kirche offensichtlich mit System gedeckt worden, doch dies entschuldige nicht das Verhalten der konkreten Amtsträger im Bistum, die ihrer Verantwortung "bis in die jüngste Vergangenheit nicht gerecht geworden" seien. Conradt kritisiert allerdings nicht nur die Amtsträger. "Viel zu lange haben einfache Kirchenmitglieder wie ich zu den Vorgängen in unserem Bistum und in unserer Kirche geschwiegen", so Conradt, der vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals der katholischen Kirche explizit auch in seiner Partei, der CDU, eine Diskussion über kirchliche Privilegien fordert.  

Ackermann erklärte, dass er zwar mehrfach über seinen Rücktritt nachgedacht habe, weil diese Forderung an ihn gestellt worden sei und andere Bischöfe ihren Rücktritt angeboten hätten. Allerdings sähe er derzeit keinen Grund für ein Rücktrittsangebot seinerseits.

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