„München liest – aus verbrannten Büchern“

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Kunstaktion „Brandspur München“ / Fotos: Institut für Kunst und Forschung

MÜNCHEN. (hpd) Am morgigen Donnerstag wird es in München auf dem Elisabeth Castonier Platz (Königsplatz) von 10 - 18 Uhr eine Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Jahrestag der Bücherverbrennungen in Deutschland (10.5.1933) geben. „Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ (Heinrich Heine, 1821)

Bücherverbrennungen durch totalitäre Systeme haben eine lange Geschichte. Während früher jedoch die Kirchenglocken dazu läuteten, ist man seit dem Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland, unter dem Gejohle von Studenten und der SA, leiser geworden. Umso wichtiger ist es, die Erinnerung an diese Mörderbanden als Mahnung wach zu halten.

Die Veranstaltung in München wird gemeinsam mit der Stadt München, der Universität, dem Börsenverein des Buchhandels, dem PEN-Ausland, dem deutschen PEN, mit DGB und ver.di, Mit Volkshochschule und Stadtbibliothek, mit der Evangelischen Kirche und der Oskar-Maria-Graf-Gesellschaft durchgeführt und steht unter der Schirmherrschaft von Alt-OB Hans-Jochen Vogel.

An der protzigsten Brandstiftung (neben Berlin) nahmen damals ca. 50.000 Menschen nachts um 23.30 Uhr bei strömendem Regen teil.

Morgen um 10 Uhr wird Wolfram P. Kastner zum zehnten Mal seit 1994 zur Erinnerung an die von den Nazis und ihren Sympathisanten verbrannten Bücher und an ihre AutorInnen – einen Brandfleck in den Rasen des Platzes brennen. Er nennt die Kunstaktion: „Brandspur München“

Ab 11 Uhr werden Schüler und Schauspieler, Autoren und Hausfrauen, Politiker und Studenten Texte aus Büchern der verfolgten SchriftstellerInnen vorlesen.

Die Lesung beginnt mit Texten von Elisabeth Castonier, gelesen von Monika Manz. Schüler/innen von sieben Münchner Schulen werden Texte von Vicki Baum, Bertolt Brecht, Franz Kafka, Mascha Kaleko, Erich Kästner, Klaus Mann, Joseph Roth und Arthur Schnitzler. Die Schüler/innen haben ihre Texte zusammen mit Lehrer/innen ausgewählt und zur Lesung vorbereitet. „Durch diese aktive Erinnerung werden die ‚verbrannten Bücher‘“, so der Aktionskünstler Wolfram P. Kastner, „in das kulturelle Gedächtnis zurückgeholt.“

Sein Institut für Kunst und Forschung ist bestrebt, ein dauerhaftes Erinnerungszeichen auf dem Königsplatz zu installieren, das diese unersetzliche Form aktiver Erinnerung ergänzt. Die Initiatoren hoffen,  dass dies zum 80. Jahrestag (2013) möglich sein wird.

Am 3. Mai 2012 wurde der Münchner Königsplatz in einer Kunstaktion von Wolfram P. Kastner mit sechs Straßenschildern in Elisabeth Castonier Platz umbenannt. Elisabeth Castonier war eine Schriftstellerin, die in München 1917 bis 1923 lebte und vor den Nazis nach England floh. Ihre Bücher wurden verbrannt und verboten. Sie starb 1975 in München und wurde auf dem Friedhof an der Maria-Ward-Straße beerdigt. In ihrem Buch „Stürmisch bis heiter. Memoiren einer Außenseiterin“ schildert sie sehr persönlich die Münchner Lebensverhältnisse vom 1. Weltkrieg bis zum Hitlerputsch, den Antisemitismus, die Bücherverbrennung  und ihre Flucht aus Deutschland. Auszüge daraus sollten in Schulbüchern stehen. Das Buch ist nur noch antiquarisch zu bekommen. Bisher wurde keine Straße in München nach ihr benannt.

C.F.